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Leipziger jüdische Wochenschau : 01.12.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id391878840-193112014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id391878840-19311201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-391878840-19311201
- Sammlungen
- Historische Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger jüdische Wochenschau
- Jahr1931
- Monat1931-12
- Tag1931-12-01
- Monat1931-12
- Jahr1931
- Titel
- Leipziger jüdische Wochenschau : 01.12.1931
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.12 31. 4. Jahrgans Nr. 35 Leipzig, den 1. Dez. 1931 Die „Leipziger Jüdische Wochenschau“ erscheint am Freitag Redaktionsschluß: Dienstag mittag 12 Uhr Anzeigenschluß: Mittwoch mittag 12 Uhr Schriftleitung und Geschäftsstelle : Leipzig C 1, Fregestr. 31, Tel. 10562 Anzeigenpreis: Berechnung erfolgt nach Millimeter-Zeilen. Es kostet die 6gespaltene 41 Millimeter breite Zeile 15 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt Sabbath oder Sonntag? Kontradiktorischer Abend der Freien jüdischen Volkshochschule Hans Gosiar gegen Bruno Woyda Die Freie Jüdische Volkshochschule von Berlin ver- anlaßte am vergangenen Montag eine kontradiktorische Ver handlung über einnes der grundsätzlichsten Prinzipien im Judentum, nämlich über Sabbath und Sonntag. Für dieses Thema waren die Herren Hans Goslar und Bruno Woyda gewonnen, und beide Redner waren be müht, die entscheidenden Umrisse der von ihnen vertretenen Weltanschauungen in voller Klarheit zu zeichnen. Goslar als Verfechter des Religionsgesetzes und seiner ewigen Gültigkeit sieht in der Sabbathidee den Felsen, an dem nicht gerührt werden darf, während Woyda als Vertreter der Gedanken welt, wie sie die Reformgemeimde verkörpert, die Lehre der Entwicklung, der Anpassung an Zeit und Umwelt verficht. Goslar begann mit einem persönlichen Bekenntnis zur Gedankenwelt des Sabbath. Im Osten, wo er 1915 als Soldat kämpfte, habe er zuerst in den von Juden bewohnten Städt chen den Sabbath in voller Reinheit kennen gelernt, und es habe ihn erschüttert, zu sehen, wie die Juden jener Ge gend mit persönlichen Opfern am Sabbath festhalten. Erst wer die Heiligkeit der praktisch gewordenen Sabbathidee emp funden habe, begreife, was die geistige Atmosphäre des Sabbath auch für den Juden der heutigen Zeit sei. Die Jugend, die rmch- Ganzheit strebe, solle man; darauf hinwebjcn, daß sie nur nach dem Sabbath zu langen brauche, um diese .Ganzheit im voller Fülle vor sich zu haben. Wichtiger vielleicht als 1 alle Broschüren und sonstigen Mittel zur Bekämpfung des Antisemitismus sei das Festhalten an der Sabbathidee, durch welches der Welt gezeigt werde, daß die Juden einer heroischen Tat fähig .seien. Woyda glaubt nicht, daß der Antisemitismus durch das Festhalten- am Sabbath oder ähnliche Mittel aus der Welt geschafft weiden könne. Ihm scheine, daß jedes religiöse Er lebnis, gleich wo und von wem es empfunden werde, ob nun vpüi1 den Juden im Osten oder von uns in Deutschland, der Größe nicht entbehre. Die Problematik aber sei anders, dort wo Juden in kompakten Massen wohnen, und anders bei tasC In Bezirken mit dichter jüdischer Bevölkerung belstehe die Möglichkeit, die Sonntagsruhe durch, den Sabbath zu ersetzen. Wie aber könne man bei den völlig anders ge lagerten wirtschaftlichen Verhältnissen in Deutschland das Postulat des Sabbaths im voller Strenge aufstellen? Die entscheidende Differenz liege darin, daß Herr Goslar das Re- ligionsgesetz als verbindlich ansehe, während er, Woyda, auf dem Standpunkte der Entwicklung stehe. Für ihn sei die Idee entscheidend, nicht der Kalendertag. Nicht wir haben dem Sabbath aufgegeben, sondern die Isolation, in der wir leben, hat uns aufziugeben ihn gezwungen. Das erkenne man am (besten daran, daß in allen Berliner Gemeindesynagogem nur 13 Prozent der Berliner Juden zu finden seien. Wäre es picht bedeutungsvoller, die Idee zu gestalten als darauf zu bestehen, 'unser Etikett der Welt aufzükleben? Sehr viele derer, (die sich gegen jede Andeutung eines Sonntagsgottes- diemstes sträuben, erkennen für sich die Verbindlichkeit des Religionsgesetzes nicht an. Wir sollten stolz sein, auf die Idee, die wir der Welt geschenkt haben und anerkennen, daß der Sonntag nicht einer Bestimmung der christlichen Kirche seine .Geltung verdanke, sondern den staatlichen Gesetzen, und wir sollten die Sabbathidee durch den Sonntag erfüllen. 1 Goslar bittet zu erwägen, daß es sehr wohl Antisemiten mit geistigem Habutus gebe, die durch eine heroische Hal tung der Juden überzeugt werden können. Der Sonntag sei vom Konzil zu Nicea in bewußter Feindschaft zum Judentum ge schaffen. Wenn man die Zahl ider Besucher in den Berliner Synagogen ermitteln wolle, dürfe man auch die Privatsypa- gogen nicht weglassen, die wesentlich besser besucht seien. Wenn es aber richtig sei, daß die Juden am Sonntag die Sabbathidee verkörpert^ dann müßte das Gotteshaus der Re formgemeinde viel besser besucht sein, als es in der Tat der Fall sei. Er sehe keine Bedenken, den üblichen Schacharith- Gottesdiemst am Sonntag später beginnen zu lassen und ihn durch eine Schrifterklärung auszugestalten. Aber man solle sich hüten, sich von den Quellen des Judentums zu entfernen. Er (sei als Jude stolz darauf, daß es ohne den Sabbath weder den [Freitag der Mohammedaner nach den, Sonnjgg geben würde. Der Sonntag besitze nicht die Atmosphäre, um den Sabbathgedahken zu erfüllen. W o y d a-brstreite+,. daß. der Soc-ptag vom Konzil,zu Niceea eingesetzt worden sei, jedenfalls .licht für Deutschland. Erst in langen sozialen Kämpfen sei in Deutschland der Sonn tag errungen worden. Die Verhältnisse in der Welt und der Wirklichkeit haben sich als stärker erwiesen als der tra ditionelle Sabbath. Wenn es heute eine geistig-heroische Tat gebe, (dann sei es das Judesein, in einer Zeit, in der unsere ganze Existenz bedroht sei. Judentum sei größer als die Frage, ob man den Sabbath am Sonntag begehe. Es gebe stärkere Begriffe im Judentum. Als ein Beweis, wie Tradi tionen entstehen, lenke er die Aufmerksamkeit auf die Thora vorlesung am Montag und Donnerstag, die aus dem Bedürfnis, den Marktfahrern eine Vorlesung aus der Thora ziu bieten, sich herausgebildet habe. Er vermöge nicht einzusehen, wes halb heute eine gleiche Anpassung an die Wirklichkeit nicht vertreten werden könne. Der Sabbath sei die Krönung des sozialen Gedankens, er sei im Grunde der erste Schlag gegen) die Sklaverei gewesen. Wer auf dem Boden des Re ligionsgesetzes stehe, seine Bestimmungen in allen Punkten befolge, der sei der höchsten 'Achtung würdig, aber die gleiche Achtung verlange er für die, welche die Sabbathidee am Sonntag erleben. Man solle nicht vergessen, die Kraft der wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu beachten. Es gebe Formen der Sabbathheiligung, die man heute als Religiosität nicht mehr ansehen könne. Goslar macht darauf aufmerksam, daß es' eine Sonn tagsheiligung schon vor unserer modernen Sozialgesetzgebung gegeben habe. Das Jude-Sein allein erscheine den anderen nicht als etwas Heroisches, sondern als Schicksal, und erst, wenn noch etwas Besonderes dazukömme, könne man von einer s heroischen Tat reden. Mit dem Begriff des Mono theismus und mit dem Sch’ma allein, sei es nicht getan. Das IHK Kathärinenstraße 8 Tel. 18367 Kurze Straße 3*8 Tel. 19146 aller Art für Wohnungen und Geschäftshäuser Reklameplakate für jeden Zweck in Gummi und Metall Judentum fußte auf dem Begriffe des Gehorsams gegen das Prinzip des Gesetzes. Die Krönung des Sabbaths sei nicht nur die soziale Idee, das Wesen des Sabbaths sei die Ein setzung des Schöpfers in seine Rechte. Teile des jüdischen Volkes können verloren gehen, aber das Judentum sei eine ewige Kraft. Es gebe nichts Heroischeres als den Kampf des wirtschaftlich Schwachen um die Erhaltung des Sabbaths. Für bewußte Juden sei es erträglicher, alle Machtpositionen aufzugeben, als den Sabbath zu verlassen. Man solle sich davor hüten, erst die Zäune einzureißen, wenn man das Ganze nicht angreifen wolle. Die Formen seien für uns Mizwoth und der Sabbath! für den Juden die Quelle neuer Kräfte., Woyda glaubt, daß in der Entwicklung des Gesetzes die naturgemäße Konsequenz liege. Die Liberalen aller Rich tungen glauben an eine Entwicklung auch im religiösen Leben. Zeugnis dieser Entwicklung sei die vor 100 Jahren eingeführte deutsche Predigt. Der wesentliche Unterschied sei, ob man die Auffassung vertrete, daß das Religionsgesetz von Gott offenbart sei, oder ob man die Offenbarung als eine solche des Geistes empfinde. Der Gewinn der Auseinandersetzung liege in der Erkenntnis, daß beide Richtungen sich erken nen lernen, und in dem Bewußtsein, daß die Anhänger beider religiösen Ideenwelten Achtung für ihr Streben verlangen können, daß nicht mehr der Liberale lächle, wenn der An hänger der Orthodoxie seine Bestimmungen beachte, aber auch der gesetzestreue Jude anerkennne, daß die Anhänger des Liberalismus und der Reformgemeinde von ehrlichem gei stigen ‘Streben nach tiefer Religiosität erfüllt seien. * Die Veranstaltung, der Hunderte von Zuhörern mit gespann tem Interesse folgten, hat eine Kernfrage des Judentums in ihren verschiedenen Auffassungen hervortreten lassen. Sie hat damit die Diskussion angeregt und in der Tat ein We sentliches dazu heigetragen, die Anschauungen des linken Liberalismus und der Orthodoxie vor einem größeren Kreise von Zuhörern auszubreiten. ft alt* 'st* mmmm a Neue Abteilungen Bettfedern Matratzen Inletts ! Gardinen Teppiche Decken iiiiiiiiiiin 2091
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