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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.12.1848
- Erscheinungsdatum
- 1848-12-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-184812049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18481204
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18481204
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1848
- Monat1848-12
- Tag1848-12-04
- Monat1848-12
- Jahr1848
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.12.1848
- Autor
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Leipziger Tageblatt Mid Anzeiger ^ sss. Montag den 4. Deeember. Bekanntmackuna 1848 D. iDtto Liun« Erdmann, d. A. Rector. An meine Wähler. Mitbürger! An dem Tage, an welchem ich als Vertreter der Stadt Leipzig und ihrer Umgegend in die constituirende Nationalversammlung ein trete, bin ich es der Achtung vor meinen Auftraggebern schuldig, geaen Euch, meine Wähler, über meine Gesinnung und Stellung mich auszusprechen. Seid mir billige Hörer! Fast neun Jahre hindurch habe ich in Eurer Mitte an allen politischen Vorgängen mich betheiligt, offen habe ich meine An sichten in Schriften, in Zeitungen, in Reden dargelegt, den Ver lästerungen, den Lügen und Verleumdungen, mit denen feit einigen Monaten giftiger Parteihaß mich verfolgte, konnte ich daS Schwei gen der Verachtung entgegensetzen. Heute noch wie vor 7 Monaten huldige ich den Grundsätzen, welche der deutsche Verein und der Vaterlandsverein in ibren Programmen als die ihrigen hinstellten. Niemals habe ich sie verläugnet, niemals werde ich sie verläugnen. Ader den Vergleich bitte ich meine Mitbürger zu unterlassen zwi schen meinen geringeren Kräften und der glänzenden Begabung des Mannes, der bisher in Eurem Aufträge sprach und dessen trau riges Ende mich nach Frankfurt rief. Robert Blums politisches Wirken konnte in der letzten Zeit (Ihr wißt es) meine Billigung nicht mehr haben; ich hatte sein politischer Gegner werden muffen. Mit seinem Lieblingsdichrer mag ich jetzt sagen: „Der Tod löscht alle Zornesflammen aus." Vergessen wird man die Irrwege, in die er gerathen — so Viele ja betäubte das gewaltige Tosen des Sturmes der Revolution, so Manchen schleuderte er aus seiner Bahn in falsche Richtung, — aber im Gedächtnisse wird man seine Verdienste behalten, seinen jahrelangen männlichen und muthigen Kampf gegen das alte System. Frieden seiner Asche, deutsche Dauer seinem Namen! Feststehen im Sturme, nicht sich fortreißen lassen von hoch- wogendrn Fluten, ein und dasselbe Ziel unverrückt im Auge behalten, da- darf doch wahrhaftig nicht heißen: „seiner politischen Über zeugung untreu werden." Die Volksherrlichkeit sollte zur Geltung gebracht werden. Das alte System der Volksbevormundung war zu stürzen; und da es in seinem Uebermuthe die Sprache billiger Ver ständigung beharrlich zurückwies, da eS eine revolutionaire Er oberung galt, auf daß der Polizeistaat in einen Staat der Freiheit umgewandelt und das zerstückle, zerrissene Deutschland zu einem einigen Reiche geeinigt würde, so mußte jede Kraft benutzt, jede- Mittel angewendet werden, das überhaupt ein rechtlicher Mann ergreifen kann. Der Sieg ward gewonnen. Wenn nun aber nach dem Siege von den Siegern ein Lheil nicht begreift, daß er schon gesiegt hat; wenn dieser Theil, statt seinen Sieg zu ver folgen und zu gestalten, fortfährt, die Opposition zu machen, weil er sich einmal gewöhnt hat und eine Ehre darein setzte, die Oppo sition zu sein, auf der Linken zu stehen, — wenn dieser Theil, nachdem bereit- errungen ward, warum früher heiß gekämpft wurde, ^ ^ ehemals große Gedanken vertritt, sondern blos um Nebensächliches, ja um Kleinigkeiten streitsüchtig hadert oder gar mit der Volksherrschaft freche Pöbelwillkür verwechselt, dann ist es nicht reactionair, sondern ist liberal gehandelt, sobald man ihm zu ruft, zur Besinnung zu kommen und anzuhalten. Leeres Phrasengetön, Wortgeklingel und ehrgeizige Renommisterei verdeckt dem geübten Blick die politische Unfähigkeit so mancher Freiheitshelden von gestern nicht. Die Thatsachen legen laute- Aeuqniß wider sie ab. Der Popanz der Reaction, dem doch die Gelenke zerschlagen waren, wird durch den Wahnsinn der Anarchisten, die nur eine Methode aus früherer Zeit, aber kein Ziel mehr haben, erst wieder zum Leben erweckt und zu Kraft gebracht. Gerade ihr wildes, kopfloses Treiben ge fährdet jetzt die Fortdauer der Freiheiten am meisten. Ihnen, die nichts können, als die Massen fanatisiren, die Gesellschaft zerrütten, die jeden zusammengelaufenen Haufen mit dem souverainen Volk verwechseln: ihnen gilt es jetzt die Spitze zu bieten. Diesen Volks verführern entgegentreten, das heißt jetzt für die Freiheit sorgen. Der Muth dqzu hat mir nicht gefehlt, soll mir in Zu kunft nicht fehlen. Wo aber wirklich die Reaction sich gefahr drohend erhebt, da werde auch ihr gegenüber, wie in der vergan genen Zeit, ich meine Gesinnung als eine energisch freisinnige, in der echten Demokratie wurzelnde bewähren. Unerhört in der Geschichte der politischen Parteien ist der Mei nungswechsel, den eine politische Partei in Sachsen sich hat zu Schulden kommen lassen. Vor wenigen Monaten noch schrieb sie auf ihre Fahnen: „Einheit Deutschlands! Unbedingte Unterwerfung unter deS Reichstags Beschlüsse!" und seit Kurzem predigt sie Verachtung des Parlaments, wühlt sie gegen die Einheit unsere- VaterlandeS, möchte sie die Stände von siebenunddreißig einzelnen Staaten Deutschlands über die deutsche Nationalversammlung er heben. Unerhört, ich wiederhole es, ist ein solcher Umsprung des politischen Glaubens in sein gerades Geqentheil; die Zukunft wird ihn richten. Ich bin meiner frühem Meinung nicht untreu ge worden, und daS schelten sie reactionair werden, diese Leute, deren Ungeduld forderte, daß der im Märr in den Boden gesteckte Kem im Sommer sie schon mit reifen Früchten labe! Vom freien Volke der Briten sollten sie Ausdauer und Beharrlichkeit lernen. In eines einzigen Jahres Laufe kann nicht AUeS geschehen und nicht Alles wird im ersten Wurfe vollendet; die kommenden Zeiten mögen nachbeffern, hinzufügen und ausschmücken, wofern nur in der Hauptsache die constituirende Nationalversammlung ihren Beruf vollbringt. Die Vollendung, die Befestigung der deutschen Ein heit, daS ist die Hauptaufgabe der Gegenwart. Davon! hängt die Freiheit und die Wohlfahrt ab. Nur die Einheit, nur die Eini gung de- gesammten deutschen Volkes sichert beide. Der ist kein Freund de- Vaterlandes, der ihr entgegenhandelt. Die- sind meine Grundsätze, und für diese bitte ich um Eure Unterstützung. In diesem Sinne will ich in Frankfurt wirken. - —
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