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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1853
- Erscheinungsdatum
- 1853-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185307188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18530718
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18530718
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1853
- Monat1853-07
- Tag1853-07-18
- Monat1853-07
- Jahr1853
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1853
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Md Anzeiger. iss. Montag dm 18. Juli. I8SS Das Trinkgeld. Di« üble Sill«, „Trinkgeld zu fordem und Trinkgeld geben zu müssen," artet auch bei un- in Sachsen so au-, daß eS wohl der Mütze «erth sein dürfte, darüber einmal einiae Worte zu sagen. Ursprünglich hat die Sitte ihren Grund, wie schon der Name be weist, darin gehabt, daß wir Jemand, der un- Dienste geleistet, eine Kleinigkeit schenkten, damit er sich zu seiner Erholung einen „Trunk" kaufen konnte, denn der Deutsche sucht nun einmal seine Erholung gern beim Trinken; jetzt aber hat da- Wort ganz seine Bedeutung verloren, denn eS ist diese Abgabe zu einer solchen Höhe gestiegen, daß alle die, welche Trinkgeld erhalten müssen, immer betrunken sein müßten, wollten sie da-, wa- sie erhalten, auch wirklich v e rtrinkeu. Deutsch gesagt ist das Trinkgelderunwesen zu einer unverschämten Bettelei ausgeartet, und der Vorwurf, daß die- so geworden ist, trifft weniger die, welche diese Bettelei auS- lübe» oder durchführen müssen, als die, welche dazu die Veran lassung geben und die Trinkgeldempfänger nöthigen, zu Bettelleuten sich zu erniedrigen. Ein Beispiel wird die- am Besten erläutern. Wenn ich irgendwo in einem Gasthofe einkehre und übernachte, bedarf ich natürlich außer Speise, Trank und einem Bett auch der Bedienung, und ssßte Alle-> also auch die Bedienung an den Wirth zu berahlm haben. Bei der letzteren sind nun thatjg: der Kellner, welcher dir Speisen aufträgt, da- Dienstmädchen, welche- die Stube in Ordnung brirwt, und der Hausknecht, welcher dies Kleider reinigt und meine Sachen tranSportirt, der Portier u. s. w. Alle «ollen ein Trinkgeld haben. Warum? weil sie vom Gast- Halter darauf angewiesen sind, weil sie von diesem für ihre Dienste nicht, wie sich'- gehört, bezahlt werden. Da wird der Fremde in Contribution gefitzt. Daraus entsprin gen eine Masse Uebelstände, der größte davon aber ist, daß die Unsitte „de- Trinkgeldes moralisch nachtheilig auf die Dienenden einwtrken muß, weit sie dazu verführt werden, alle Kniffe und Pfiffe anzuwenden, um so viele und reichliche Trinkgelder als mög-1 lich zu erlangen. Geht - doch jetzt bereit- so weit, daß viele so j kecke Bursche beim Wechseln von Geld lieber kleine Summen gar nicht zurückgeben wollen, oder so lange in ihrem Gelde herumsuchen, bi- der Gast spricht: „es ist gut." . In diesem Falle sagen sie doch wenigsten- noch: „ich danke ;" oft aber lassen sie eine Kleinigkeit fehlen und sagen blos: „r- fehlt noch da- und da-," wa- heißen sott: „ich bringe eS noch," aber sie bringen eS nicht. Erinnert man den Vergeßlichen (?) daran, so spricht er höchsten-: „ach, da- hatte ich vergessen," macht aber diyu rin Gesicht» als sei ihm da- größte Unrecht geschehen, und merkt sich gewiß dm Gast, der sich solche- unterstanden hat. Ja einem bekannten Lande waren vor Zeiten alle Grmzbeamte, Forstofficianten und dergl. so schlecht besoldet, daß sie so zu sagm „auf da- Unrechte Rehmen" angewiesen waren, wenn sie leben wollten — und da- will doch jeder Mensch — und die Folge war, daß man nur mit Bestechungen — mit Trinkgeld — etwa- auS- richtm konnte, damit aber auch bi-weilen viel, sehr viel erreichte. Die natürliche Folge davon war eine unerhörte Demoralisation jener Menschen, denn e- fielen Betrügereien vor, welche in'- Un glaubliche ginaen. In neuerer Zeit hat man da- geändert, und der Gewinn ist für den Staat und die Herrschaften, welche ihre Dimer verhättuißmäsig gut bezahlen, ein sehr großer geworden, abgesehen davon, -aß man der sittlichen Verwilderung jener Men- ( schrN die wöchige Schranke g^llr hat. Die «eisten Uebel fang« klein au und enden groß. Aus dem unbewachten Feuerfunken kann eine verheerende Feuer-brunst ent stehen; arr-adem*Pascher, der wenige Thaler gewinnen will, kann ein Mörder werden, wenn er sich gegen den Grenzjäger wehrt; au- dem Dimck, welcher sich im Kleinen übt, Gewinne für sich zu machen, kann ein untreuer Mensch werden, der im Zuchthause endet, und da- Dienstmädchen, welche- sich bemüht, recht viele Gchwenzelpfennige zu machen, wird bald fähig werden, Große- sich zuzueignen und so weiter. Darum ist eS unserer Aller Pflicht, das Unrechte gleich im Entstehen zu unterdrücken und in keiner Weise dasselbe irgendwie beschönigen zu helfen, am allerwenigsten mit der albernen Rede, die man so oft hört: „ach wa-, man muß leben und leben lassen." In England, wo die Bettelei zu Hause, ist auch da- Trink- gelderunwesen im höchsten Schwünge. In Böhmen und Oester reich, wo man jetzt noch Schaaren von Bettlern antrifft und von ihnen stundenlang begleitet wird, werden die unverschämtesten An forderungen in Betreff „des Trinkgeldes" gemacht. In Nord amerika schämt sich der weiße freie Mann (der Kellner), kür Trinkgeld anzunehmen, und höchsten- der Hausknecht nimmt für'- Stiefelputzen, weil die- für eine höchst fatale Arbeit dort gilt, eine gute Belohnung an; wogegen der Schwarze gierig nach dem Trinkgeld angelt. Dort schämt sich aber auch derwei -e freie Mann, einem weißen Kellner oder einem weißen Dienstmädchen ein Trink geld anzudieten, denn er getraut e- sich nlcht, sie damit zu belei digen. Dagegen fordem der Kellner und da- Dienstmädchen vom Gasthalter ihre richtige Bezahlung und begnügen sich damit. In der Regel zahlt man dort pro Tag ein bestimmtes Gel-, womit Alle-, wa- man braucht, bezahlt ist. Bei un- hat man dem Uebel nun zwar damit abhelfen wollen, daß man das Trinkgeld in einigen Gasthöfen mit auf die Rech nung schreibt; allein man will bemerkt haben, daß damit keinem Theile gedient gewesen sei, weil die Diener immer noch die hohle Hand hingehalten hätten und die Reisenden es nicht gewagt hätten, diese hohl zu lassen, in welchem Falle sie mit doppelten Ruthen zepeitscht worden seien. Ich für meinen Theil halte da- Uebel, o tief es auch bereit- in der Sitte de- Volk- eingewurzelt ist, nicht für unheilbar; eS käme hier nur auf den guten Willen der Reisenden an, obwohl e- schwer halten wird, nur einige Ueberun- stimmung zu erlangen. Wenn da- Ehrgefühl ln diesem Punkte nicht rege zu machen ist, dann wird'- wohl beim Alten bleiben, aber ich sollte denn doch meinen, daß wir noch nicht so weit abge lebt wären, um un- von dieser schimpflichen Sitte nicht endlich doch befreien zu können. j Schwer halten wird e<, ähnlich wie e- mit dem erzwungttUn Augeben von Seiten der ckmfleute ist, wo die Einkäufer oder die von diesen beauftragten Personen sich zu Bettelleuten erniedri gen und dabei noch so dumm sind zu glauben, sie hättest wirklich ein Geschenk erhalten, während es doch auf der Hand liegt, daß der Kaufmann zusehen muß, auf andere Weise wieder sriOm Schü ben beizukommen. Soll'- besser werden, muß man, wie anderwärts, von Oben her mit^ gutem Beispiele vorangehen. E- ist wirklich entsetzlich, mau an einen Kaiser und an einen wenn sie auf auch der üblen Sitte fügen, und sind daraus noch andere Uebelstände entstanden, auf welche wir au- Gründen nicht näher eingehen wollen. Warum soll man den« für geleistete Dienste oder bewiesen« Höflichkeiten — Geschenke geben? Gebe man Jedermann, wa- er im Dienste ver- yer mn gutem roetsptele vorangeyen. ir- ist wir! welche Trinkgeldanforderungen mau an einen Kaiser König so wie andere hochgestellte Personen stellt, Reisen sind. Leider müssen sich die hohen Herren '
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