Leipziger Tageblatt and Anzeiger. ^4^ 30. Montag dm 36. Januar. 1854. Bekanntmachung. Wiederum bat Leipzig zwei Gemeindemitglieder durch den Tod verloren, denen es Bedürfniß war, ihre treue Liebe zu unserer Stadt durch ein bleibendes Andenken zu betätigen. Am 7. d. M. starb die hiesige Bürgerin Fräulein Marie Josephs Schönitz und am 12. d. M. der hiesige Bürger und Tischler-Obermeiuer Herr Garl Wilhelm Reeff. Beide haben in ihren letztwillentlichen Verfügungen die hiesigen milden Stiftungen mit Vermächtnissen bedacht und insbesondere von den unter unserer unmittelbaren Verwaltung stehenden Anstalten Erft ere dem Johannishospitale und dem Waisenhause, und Letzterer dem Jacobshospitale und der Rathsfceischule Legate von je Ein Hundert Thalern ausgesetzt. Indem wir diese rühmlichen Beweise wahren Gemeinsinns und echter Menschenliebe zur öffentlichen Kenntniß bringen, rufen wir den Dahingeschiedenen, die sich auf solche Weise eine dauernde Stätte in den Herzen ihrer Mitbürger begründet haben, im Namen Leipzigs den wärmsten Dank dafür nach! Leipzig, den 29. Januar 1854 Der Rath der Stadt Leipzig. Koch. Bekanntmachung. Degen einer Reparatur an der auf dcm hiesigen RathhauStyurme befindlichen Uhr werden die Schläge der Viertel stunden vom nächsten Montag den 30. Januar früh um 9 Uhr an ungefähr zehn Tage lang daselbst unterbleiben und während dieser Zeit nur die Stundeuschläge stattsinden. Leipzig, den 20. Januar 1854. Der Rath der Stadt Leipzig. Koch Bekanntmachung. Die Inhaber 4'/,-procentiger Leipziger Stadt-Obligationen der Anleihe vom 30. Juni 1849 werden hiermit aufge- fordert, gegen Rückgabe der unter obigem Datum auSgefertigten Talons neue Talons und Coupons auf die Juni- und December-Zinsen-Termine 1854 und 1855 bei unserer Einnahmestube in Empfang zu nehmen. Leipzig, den 26. Januar 1854. Der Rath der Stadt Leipzig. Koch. Sladttheater. Ein schöner Genuß ward den Freunden älterer dramatischer Mufik durch die am 28, Januar aufgeführte Oper „Jacob und seine Söhne in Egypten" von Mehul gewährt. Das herrliche Werk, da- in der Kunstgeschichte eine so bedeutsame Stelle einnimmt, dessen durchaus edler und erhabener Styl, dessen herr liche, unvergängliche Melodien unS noch heute entzücken, hat seit einer langen Reihe von Jahren geruht, war vielleicht bei einem -rosten Theile des Publicum- schon in unverdiente Vergessenheit gefalle«, und nur die in ihrer Einfachheit so rührende und zum Herzen sprechende Romanze des Joseph mag die einzige Nummer der Oper sein, welche sich im Gedächtniß der Welt erhalten hatte. Die Lheaterdirection hat sich durch die Wiederaufnahme de- Mehul- schen Meisterwerkes in da- Repertoir die Kunstfreunde Leipzig- zu bestem Dank« verpflichtet; hoffentlich wird die Oper nun so leicht »icht wieder bei Seite gelegt «erden: sie möge eine bleibende Zierde unseres Opern-Repertoir- bilden. Die große Lheilnahme, welche sie fand, war uns ein erfreulicher Beweis dafür, daß der Sinn für das wahrhaft Schöne nicht erloschen ist, daß dieses selbst seine vollste, mehr als historische Geltung behalten wird, auch wenn die Form, in der es geboten wird, nicht mehr ganz der den herrschenden Anschauungen gemäßen entsprechen sollte. Es ist die- Letztere bei Mehuls „Jacob und seine Söhne" jedoch nicht in dem Maße der Fall, als man eS nach der Zeit, in welcher da- Werk entstand, glauben möchte. Der große, leider oft verkannte französische Meister ist in dieser Oper seiner Zeit weit voraufgeeilt. Gehört sie der Form nach auch der Dkalog'Oper an, über welche Form die Neu zeit bereit- vollständig gerichtet und sie, als dem wahren Wesen de- musikalischen Drama- widersprechend, verworfen hat, so weht doch in diesem Werke ein so erhabener und gewaltiger Geist, daß von Veraltetem hier nirgend die Rede sein kann. Großartig con- cipirt und angelegt, mit dem höchsten künstlerischen Bewußtsein ausgeführt sind die einzelnen Nummern; äußerst glücklich erfaßt und musikalisch reproducirt ist der erhabene Stoff, der belebende Hauch eine- Talente- von GotteS Gnaden weht über da- Ganze — eS kann also bei nur einigermaßen genügender Darstellung dieses Werk bei aller Einfachheit und Prunklosigkeit seine Wirkung auf ein aebildetes und empfängliches Publicum nicht verfehlen. Die Vorstellung erhielt ein erhöhtes Interesse durch das Auf treten zweier junger Gäste: des Herrn Claus, der als Joseph seinen ersten, der Frl. Miller, die als Benjamin ihren zweiten theatralischen Versuch machte. Herr Claus zeigte sich als ein vielversprechender Tenorist, dessen reiche natürliche Begabung ihm