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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1866
- Erscheinungsdatum
- 1866-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186604097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18660409
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18660409
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1866
- Monat1866-04
- Tag1866-04-09
- Monat1866-04
- Jahr1866
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1866
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Anzeiger. AMME k< Sliigl. Bezilliiaicht» >id dcS NM der EM LchM. M SS. Montag den 9. April. I8S«. Bekanntmachung. Die Inhaber von Gartenplätzen im großen Johannis-Garten und im IohanniSthale werden hierdurch veranlaßt, das Verschneiden und Einbinden der Hecken und Zäune, soweit es noch nicht geschehen, baldigst bewerkstelligen zu lasten. Zugleich werden Diejenigen, welche noch Pachtzins restiren, zu ungesäumter Abführung desselben aufgefordert. Leipzig, den 4. April 1866. Die Deputation des NatheS zum JohanniShoSpitale. Die Nachhülfeschule. Unter der Überschrift — Schulen für Schwachsinnige — brachte ein Blatt einen Artikel, der Unterzeichneten zu folgenden Be merkungen veranlaßt. DaS Wort „Sinn" wird in unserer Sprache, namentlich bei Zusammensetzungen — Stumpfsinn, Trübsinn, Irrsinn, Blödsinn, Schwachsinn rc. — sehr oft gleichbedeutend für „ Geist" gebraucht. Demnach ist ein schwachsinniges Kind em geistig schwaches Kind und, weil natürlich seine Befähigung zum Auffaffen und Denken ebenfalls schwach ist, auch ein schwachbefähigtes Kind. Sehr oft findet man bei einem solchen Kinde auch geschwächte SinneSwertzeuge, sie hören schwer oder sehen schlecht und dies macht die Erziehung dieser Armen doppelt schwierig. Keineswegs sind aber unter Schwachsinnigen solche zu verstehen, die nur am Gesicht, Gehör oder sonst einem Sinne leiden, bei alledem jedoch geistig sehr begabt sein können. Blödsinn, Idiotie ist geistige Nullität. Bei eigentlich Blöd sinnigen kann von Unterricht und Erziehung nicht mehr die Rede sein; sie können höchstens zu verschiedenen mechanischen Fertigkeiten abgnichtet werden. Für diese Unglücklichen sind also nicht Er- riehungSanftalten. sondern Pfleg- und Versorgungsanstalten daS Nothwendige. Vielleicht könnte hier in Leipzig beim Baue eines neuen Krankenhauses auf derartige Kranke Rücksicht genommen werden. Von den Schwachsinnigen sind sie aber sorgfältig zu trennen, da die Erfahrung zur Genüge gelehrt hat, daß ein solches Zusammensein die Ersteren in Gefahr bringt auf die liefere Stufe herabzusinken. In den meisten bestehenden Anstalten ist bereits eine solche Trennung vollzogen worden. Weiter hat die Erfahrung gezeigt, daß schwachsinnige Kinder recht wohl bildungsfähig sind, daß aber die Volksschule diese Auf gabe nicht lösen kann, weck sie andere Ziele zu verfolgen hat. So md jetzt die armen Schwachsinnigen die Stiefkinder der Volks chule; sie hemmen und hindern dieselbe am weiteren VorwärtS- chreiten, und wo irgend thunlich, sucht die Schule, um ihrer selbst vckleu, sich dieser Kinder zu entledigen. ES ist dies kein Vorwurf gehörigen oder ver Gemeinde zur Last. Ein guter Theil davon ist eS, der später daS Armenhaus bewohnt, in RettungSHLusern uuteraebracht werden muß, der Prostitution verfällt und die Zucht- und Arbeitshäuser bevölkern hilft. Ist denn aber die Zahl der schwachsinnigen Kinder wirklich so groß? In unserm Leipzig hat sich folgendes Resultat herausgestellt. Die städtischen Volksschulen werden von circa 10,000 Kindern be sucht; Procent — etwa 50 — davon ist schwachsinnig, und von diesen 50 kommen auf die Bürgerschulen kaum 20, auf die Armen schulen über 30 Kinder. Sieht man nun bei Errichtung einer Nachhülfeschule zunächst von den ältern Schülern ab, well für diese auch die Wohlchat dieser Anstalt zu spät kommt, so würde die Schule, die sich für die ärmern zur Bewahranstalt erweitert, mit einigen dreißig Schülern eröffnet werden können. Sind dem nach unter der unglücklichen Kinderwelt nicht die schwachsinnigen am meisten vertreten? — Man denke zurück an die eigne Schul zeit. Da steige» in der Erinnerung bleiche, verkümmerte Kinder gestalten empor, die immer auf der „faulen Bank" saßen und die Letzten in der Elaste blieben, die trotz aller Schläge nichts lernten und dem Muthwillen und den Neckereien der uebrigen ^gegeben waren. lum Tbell ist'- noch heute so! Die Zahl solcher Kinder ist namentlich in großen Städten im Wachsen begriffen. DaS Haupt- contingent hierzu stellen die untern Volksclasten, denn abgesehen davon, daß diese eben den größten Theil der Bevölkerung bilden, fehlt eS gerade hier so oft an zweckmäßiger Ernährung, gesunder Wohnung und sorgfältiger Erziehung, daß eS kein Wunder ist, wenn sich hier die Zahl als eine wahrhaft erschreckende herau-stellt. Die Einrichtung emer Nachhülfeschule würde also namentlich der ärmeren Bevölkerung zu gute kommen, denn für die Reichen ist durch Privatanstalten, unter denen die des vr. Kern in Möckern einen hervorragenden Rang einnimmt, hinreichend gesorgt. Nun, für die Aermeren ist ja die LandeSanstalt zu HubertuSburg da, die sich ebenfalls eines guten Rufes erfreut! — Leider ist dies für Sachsen die einzige LandeSanstalt, die gegenwärtig auf etwa 45, "age fünf und vierzig, Kinder berechnet ist. Leipzig würde sie ein Men können ; aber Dresden, Chemnitz u. s. w. bis zum kleinsten Dorfe herab haben dieselben Ansprüche, und sonach " Leipzig in Hubertusburg nur einen, höchstens zwei Plätze zu setzen. WaS aber wird mit den Uebrrgen? Der Veickaffer deS erwähnten Artikels schlägt vor: Man er richte zwei Knaben- und zwei Mädchenclasten an einer Bürger schule, wo man Turnplatz, Aufwärter rc. ohne besondere Opfer hat, dadurch erspare man viele Tausende. Mir ist die Forderung deS RatheS nicht bekannt, aber ich glaube kaum, daß die projectirte Nachhülfeschule jährlich viele Tausende kosten wird, indeß etliche Tausende gewiß. Es ist eben eine Humanitätsanstalt und diese sind etwas theuer. Ein Waisen kind kostet der Stadt auch mehr, als ein Bürgerschulkind; Taub stummen- und Blindenanstalten sind ebenfalls nicht billig zu unterhalten. Indeß der in den Leipziger Nachrichten mitaetheille Vorschlag wird nicht viel billiger fern. Vier Elasten erfordern doch wohl vier Lehrer. Da die Arbeit in einer solchen Elaste be sonders schwierig ist, so müssen diese Herren auch angemessen hono- rirt werden, sonst würden sich schwerlich gleich vier dazu bereit finden lasten. Weiter bewegt sich der Unterricht Schwachsinniger in ganz andern Bahnen als der normal entwickelter Kinder. ES bildet sich eben hier ein selbstständiger Zweig der Pädagogik au-, der dasselbe Recht beansprucht wie der Bunden- und Taubstummen unterricht. Es gilt daher auch die Anwendung besonderer Hülfs- mittel, deren die Elementarschule nicht bedarf. Dieser UnterrichtS- apparat müßte nach obigem Vorschläge vierfach angeschafft werden, ließe sich auch theilweis bei unfern Schulen nicht einmal beschaffen, denn hier ist außer dem Turnapparat noch manche- Andere noch wendig. Läßt man es aber an den nöthiaen Unterrichtsapparaten fehlen, so nimmt man den Lehrern die kräftigen Hebel, die sie ein- setzen müssen, um die Bildung der Schwachsinnigen fördern zu können. Mit einfachem Katechiflren richtet man einmal bei diesen Kindern nichts auS, sie müssen die Dinge anschauen und angreifen, um sie verstehen und begreifen zu können. Je mehr Hebel bei diesen Geistern angewendet werden, desto sichrer der Erfolg. Um gekehrt gilt aber dieser Satz auch. Weiteres hierüber auzugebeu erlaubt der Raum dieses Blatte- nicht, ich muß deshalb auf mein Schristchen — Schulen für schwach ^befähigte Kinder — verweisen, in dem Unterricht und Unterrichtsmittel ausführlich behandelt sind. Soviel scheint mir aber klar zu sein, daß vier Elasten eben soviel kosten werden, wie die projectirte Nachhülfeschule. Jedenfalls ist diese Maßregel erst recht eine halbe zu nennen. Anstatt eme- einheitlicheu, gut eingerichteten und wohl auSgestatteteu Ganzen hätten wir dann vier dürftige Anstaltchen. Nun kommt aber noch ein Hauptpunkt hinzu, der bei obigem Vorschläge gar nicht zur Anwendung kommen kann. Die Nachhülfeschule hat nicht nur die geistige Ausbildung chreis
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