Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.07.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187107028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18710702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18710702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar; Titelblatt fehlt; Ausgabe beschädigt
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1871
- Monat1871-07
- Tag1871-07-02
- Monat1871-07
- Jahr1871
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.07.1871
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erste Beilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. M I8Z, Souritag den 2. IuLr. 1871. i -Mr Tagrsgeschichtliche Aebersicht. Dem soeben zwischen der Krone Preußen und dem Herzogthum Lauenburg abgeschlossenen Receß zufolge erhält der König und Herzog von dem landesherrlichen Domanium im H rzogthum Lauenburg den gesammten, dem Domanium zum vollen Elgenlhum gehörigen Grundbesitz im Amte Schwarzenveck, einschließlich der Com munications- und Feldwege, Brücken und Siele, und die mit diesem Grundbesitze verbundenen Gerechtsame und sonstigen Zubehöre, einschließlich de- landesherrlichen IagdrechtS im Amte Schwar- zenbeck und der Fischerei in der Bille, einige namentlich aufaeführte Grundstücke ausgenommen. Die Nummer deS amtlichen Lauenburger Wochen blattes vom 28. Juni bringt nun folgenden Erlaß: „Ich habe Mich veranlaßt gefunden, den zu dem Domanium des HerzogthumS Lauenburg gehörigen Grundbesitz im Amte Schwärzende«!, welcher Mir zum freien und unbeschränkten Ligenthum durch l den mit der Ritter- und Landschaft des Herzog thumS unterm IS. d. M. abgeschlossenen, von Mir am 2l. d. M. genehmigten Receß überlassen worden ist, mit allen daraus resuliirenden Privatrechten und Befindlichkeiten dem Kanzler des Deutschen Reichs, Fürsten von Bismarck, in Anerken nung seiner Verdienste als eine Dotation zum Eigenthum zu überreichen. Berlin, den 24. Juni 1871. Wilhelm." Aus Hannover wird vom 30. Juni gemeldet: / Se. kaikerl. und königl. Hoheit der Kronprinz wur oei seiner Ankunft am Bahnhofe vom Oberpräsioenten, vom LandtagSmarschall Graf RuSsche-Jppenburg, von der Generalität, der Geistlichkeit bcider Confessionen, dem Stadt ministerium, dem Magistrate, Deputirten des ProvinziallandtageS und dem EmpfangScomite in enthusiastischer Weise begrüßt. Stadtdirector Nasch hielt "'^mens des Magistrates eine Ansprache, in wela ungefähr sagte: ES war ani 1. August ^qrüßung Sr. Majestät deS Königs ^cc». ^ so rasch so Großes geschehen 'er er Zweifel an dem Erfolg 1870 bei der ' °r Feldzug sei über "icht zu hoffen, bc.., 'en, Dank der Mrde und Viele hegten der erlittenen A" zechten Sache. Aber o. Erwarten hinaus glorreich gewe, Gnade de- Allmächtigen. Trotz Opfer herrschte Jusel ln der Stadl Provinz da nun die Hoffnung auf ei N» Schließlich sprach der Dank für die Ehre aus, welche dem io. ? der Stadt und der Provinz durch das E, - zukünftigen Trägers der Macht deS Deuts erwiesen worden sei. Der Kronprinz b. Liese Ansprache. Er sprach zunächst sein uber die Nichtanwesenheit des Kaisers durch em leichtes, nicht bedeutendes veranlaßt sei, doch erscheine wegen der > den Badereise Vorsicht nothwendia. der Kaiser leider nicht Zeuge dieses Empfanges sein. Er drücke jedoch de nungen auS, wenn er der Stadt und t seinen Dank ausspreche für die wä ganzen Krieges bewiesene patriotische Hannover sei, was die Opfcrfteudic Classen anbelange, ein Vorbild gewesen alSdann folgende Ansprache des Senio NN Gallien der Geistlichkeit antwortete Prinz mit dem Wunsche, daß aus de Segen und Wohlfahrt für Jedermann möge. Vor dem Bahnhofe war eine u Volksmenge versammelt, welche den Kr als derselbe nach dem Georasaarten t begeisterten Zurufen begrüßte^ ^ ' Zwischen der deutschen und der französ gieruna ist eine Verständigung darübe )aß die im Frieden-vertrage ftipulirte , Zahlung der ersten halben Milliarde an bläust. Der „Magdeb. Ztg." schreibt man auS 0. Juni: Personen, welche den Marquü riac, französischen Gesandten an ofe, genauer kennen, glauben versichern n, daß er ein ruhiger intelligenter Man, < verstehen wird, zwischen Frankreich und nd ein leidliche- Verhältniß herzustellen ne Aufgabe wird ihm durch die deutsch -ßerordentlich erleichtert werden, denn rd will mit Frankreich fortan in N reden leben und richtet sich auf eine ftre e Haltung ein. Ob Graf Wald erI utschland in Pari- vertritt, dauernd ß bt, wird für zweifelhaft angesehen. E chästSlräger dorthin gegangen und m Zeit möglicherweise einem alteren Di tz. Allein die Wahl Waldersee'S hält : ungeschickt zur Einleitung guter Bez Versailles und Paris im Allgemein 'eht sich von selbst, daß Baron v. L mehr in Rede kommt. Ihm werden arg, gesagt, deren er sich im vorigen Jahre wä er Katastrophe schuldig gemacht habe, nicht üblich, mit einem hohen Beamte Me denn mit einem früheren Gefand Oeffentlichkeit abzurechnen und ihn n, allein Jeder weiß nachgerade, daß 1 ther für immer beseitigt ist, und 'iteschiebung in keiner Weise unver Tr machte dem Herzoge von < chten auf Nachgiebigkeit deS s- zeo, al- dieser schon rundweg er rde mit Herrn Benedetti über mehr sprechen. Die Werther inaen und Actione» waren »ich m,t denen, die in EmS zur Se' . und in der nen langen Redner deu lrmeecorps, scheinen des chen Reiches antwortete , Bedauern aus. die Unwohlsein xvorstehen- So könne begeisterten ssen Gesin- >er Provinz hrend des Haltung, zkeit aller . Auf die r Bödecker der Kron- m Frieden c erblühen nabsehbare on prtnzen, uhr, mit ischen Rc- r erfolgt, Hrist für i 10. Juli Berlin, S de Ga- r hiesigen zu dür- i ist, der Deutsch- . Diese e Politik Deutsch uhe und ng defen- ee, der Gesandter r ist als acht mit plomaten man für .iehungen en. ES öerther : Verstöße hrend der ES ist cn, ge- len vor bloß zu )err von daß seine dient sein Hrammont tönigS von klärt hatte, die Sache scheu An- l auS einem .tung kamen. Gut, daß weder hier ein französischer, noch in Paris ein deutscher Botschafter fungiren wird. Die einfachen Gesandtschaften genügen, ja sie sind bester als die Botschafter mit ^ren gefährlichen Privilegien. Uever die Arbeiter-Unruhen in KknigS- hütte wird der „Schles. Ztg." noch Folgende- geschrieben: Nachdem eS aut eine kurze Zeit den Anschein gewonnen hatte, als ob cs gelingen würde, eine Einigung zwischen der Grubenverwal tung und den Bergarbeitern hrrbeizuführen, ist der Strrke, der Anfangs nur auf die erwähnten Be schwerden begründet war, in eine ganz andere Psasc getreten, da die Bergarbeiter nunmehr höheren Lohn, Aufhebung der Slädteordnung m Königshülte, Ermäßigung der Steuern rc. unter tumultuarischen Excessen verlangen. Ob die Berg arbeiter von irgend welcher Seite her, nachdem Aussicht auf Einigung vorhanden war, wiederum ausgehetzl und zur Stellung derartiger, unbedingt nicht zu gewährender Forderungen aufgestacheu worden sind, läßt sich jetzt noch nicht seststellen. Die Excesse aber, mit denen die obcrschlesischen Bergarbeiter die Gewährung ihrer Forderung zu erzwingen suchen, die Mißhandlung deS hoch geachteten Bergraths Meitzen, des Bürgermeisters Götz, einzelner Bergbeamten, Steiger rc., die De- molirung der Amtölocale der Berg-Inspektion und der Wohnung des Bergraths, die Terrorisirung der noch zum Anfahren geneigten Bergarbeiter, der unter Sturmläuten erfolgende Aufruf zum ener gischen Widerstand gegen die Bergbehörde, die ge waltsame Verhinderung von KohlentranSporten nach der Königshütte — AlleS dies sind Momente, die für die Tumultuanten, die unter einer gewissen Leitung zu stehen scheinen, von sehr bedauer lichen Folgen sein werden. Nach den bisher eingetroffenen Meldungen haben auch die Ermah nungen des königlichen Landraehs Solger und der katholischen Geistlichkeit zu keiner Beruhigung der aufgeregten Masse geführt. Vorgekommene Ruhestörungen haben den General-Gouverneur im Elsaß, Grafen Bismarck- Bohlen, veranlaßt, Nachfolgendes zu bestimmen: Entlassene französische Kriegsgefangene, welche, ohne im Elsaß oder Deutsch-Lothringen orlsange- hörig zu sein, sich im Bezirk deS General-Gouver nements in französischer Uniform betreten lasten und sich nicht durch eine in Garnisonstädten bei der Orts-Mtlitairbehörde, in anderen Orten bei den Polizei-Commistaren oder den Gensvarmerie- posten nachzusuchende Aufenihaltserlaubniß auS- welsen können, haben ihre sofortige Arretirung und Abführung nach einer deutschen Festung zu ge wärtigen, woselbst sie bis auf Weiteres iutermrt werden. Werden mit Aufenthaltökarte versehene entlassene Kriegsgefangene bei Aufläufen, Schlä gereien oder Streitigkeiten mit deutschen Militair- personen oder deutschen Beamten betroffen, so findet, vorbehaltlich des weiteren UutersuchungS- und Strafverfahrens, die gleiche Maßregel gegen sie Anwendung. Den im Bezirk des General- Gouvernements orlSangehörigen ehemaligen Kriegs gefangenen wird das berenS früher erlassene Ver bot des Tragens französischer Uniformen aufs Neue eindringlich in Erinnerung gebracht. Aus München entwerfen zurückgekehrte „Rom- pilger" ein Jammerbild Uber ihre Rückreise und den Empfang, der ihnen überall von Beamten und Einwohnern der durchzogenen Länderstriche wurde. Vielfach zeigten sich, besonders auf der österreichischen Bahn, Beamte in hohem Grade un freundlich, und Jene, welche auS Rom kamen, wurden zu den Wagen nicht zugelastrn, so daß mehrere der frommen Pilger 9 Wegstunden nach Innsbruck zu Fuß zurücklegen mußten. Alle be klagten sich über die Haltung der römischen Be völkerung sowie über das zahllose Gesindel, welches auf den Straßen RourS herumlunäevt un» von welchem zumal die Deutschen verhöhnt und ver spottet wurden. Subregens Schmidt auS Mün chen, auf welchen Steine auS den Häusern gewor fen wurden, wandte sich deshalb an die deutsche Gesandtschaft. Neben der Genuathuung, welche für Frankreich auS dem finanziellen Erfolge erwachsen ist — haben die Pariser insbesondere am 2t«. Juni noch die Genugthuung jene- großen mili- t airischen Schauspiels gehabt, welches ihnen das schlechte Wetter bisher wiederholt verdorben hatte. Wie dieS bis jetzt vorliegenden Nachrichten besagen, ist die große Revue ohne die befürchteten Demonstrationen verlaufen. Sollte dieses Schau spiel einerseits der Wiederaufrichtung deS National stolzes zu Hülfe kommen, fo hat es andererseits auch dazu betgetragen, nicht nur die Armee, son dern auch deren Führer, den Marschall Mac Mahon, in den Vordergrund zu stellen. Der selbe ist von den hervorragenderen Namen deS Kaiserreichs trotz Wörth, Beaumont und Sedan der einzige geblieben, welchem die öffentliche Mei nung eine Art Sympathie und zwar schon vor dem Falle von sZariS entgegengebracht und be wahrt hatte. Falls daher der Marschall die ihm wiederholt zugefchriebene Absicht, sich in daS Privatleben zurückzuziehen, nicht zur Ausführung bringt, wird seiner persönlichen Stellung zu den Ereignissen, denen Frankreich in naher oder ferner Zukunft entgegengeht, eine Bedeutung beizulegen sein, die nicht zu unterschätzen sein dürfte. Ein anderer, allerdings ominöserer Name, der de- Herrn Ollivier, ist neuerdings durch ein Schreiben deS ehemaligen Siegelbewahrer- an die „France" den Franzosen in das Gedächtniß zu rückgerufen worden. Herr Ollivier erklärt darin, daß nach dem Sturz Schweigen und Einsamkeit das Angemessenste sei. Wird ihm auch hierin Jedermann beistimmen, so muß der Schluß seines Schreiben- einen desto seltsameren Eindruck machen. Der Mann, der im Juli v. I. „leichten HerzenS" Frankreich in den Krieg hineinlrieb, nachdem er die Autorität der Regierung und die TiSciplin des HeereS durch sein unglückliches PlebiScitproject untergraben halte, schreibt: „Ich werde meine un gerechte Unpopularität ertragen und, so lange man wollen wird, der einzige SünLenbock für alle Un- glückSfälle bleiben, welche zu vermeiden ick Alles ausgeboten habe." Dieser letzte Satz sollte denn doch fast die sprüchwörtlicb gewordene Geduld des Druckpapier- erschöpfen. War Herr Ollivier etwa nicht der Minister, der Frankreich in den Krieg geführt hat ? Die Prinzen des HauseS Orleans siedeln nach Frankreich über und der Graf Chambord ist in Brügge bereit, alS Heinrich V. ihre Huldigungen in Empfang zu nehmen. Aber trotz alles Geredes von Fusion, trotz aller Pläne zur Wiederherstellung der Monarchie zeigen die Orleans noch wenig Lust, sich dem legitimen Könige von Frankreich zu unter werfen, um so weniger, als in Frankreich Uber hundert Nachwahlen vor der Thür stehen und sie eS denn doch bedenklich finden, ihre Sache mit der des LegitiunSmuS unlösbar zu verflechten. Interessant ist folgende Uebersicht der fran zösischen Finanzen. Die direct auS dem Kriege erwachsenen Kosten — ganz abgesehen natürlich von den Verlusten der Privatleute und Eisenbahn- Gesellschaften — beziffern sich auf mehr denn 8 Milliarden. Darunter bilden 5 Milliarden die an Deutschland zu zahlende Kriegsentschädigung. Bleiben also 3 Milliarden, welche die Regierung der nationalen Vertheidigung auSgegeben — oder richtiger verschleudert har. Diese Mittel sind auf folgende Art aufgebracht worden: 750 Millionen in 3proc. Rente, geliehen von dcr Regierung Napoleons 111., 250 Millionen von der Delegation von Tours in England geliehen, 1 Milliarde und 330 Millionen der Bank von Frankreich entnom men, 300 Millionen vom Staate von den Spar- caffen geliehen. Das Uebrige kommt auS ver schiedenen Quellen, die es nicht verlohnt, einzeln anzuführen. Eine sehr überraschende Erscheinung bei der schrecklichen Finanzlage eines so stark her genommenen und so tief gespaltenen Landes ist der Umstand, daß daS Papiergeld der Bank von Frank reich Nichts gegen das gemünzte Geld verloren hat. Die Vereinigten Staaten haben nach einem Kriege, aus welchem sie als Sieger hervorgingen, das Agio aufs Gold ungemein anwachsen gesehen. In Frankreich hat das Agio bis jetzt noch keine bedenkliche Steigerung erfahren. Das wird später vielleicht der Fall sein, aber für den Augenblick ist das Verhältniß der Anleihe ungemein günstig. Unter der Aufschrift „Victor Emanuel in Rom" enthält das Wiener „Neue Fremdenblatt" einen längeren Artikel, in welchem eS u. A. heißt: „Klerikale Blätter in Italien und Deutschland verkündeten noch vor wenigen Tagen, Victor Ema- nuel werde nicht nach Rom kommen, denn sein Gemüth sei voll ängstlicher Ahnungen, und in seinem Herzen sitze die Furcht, daß die Anwesenheit seiner sündigen Person auf dem heiligen Boden Roms den Rachestrahl deS Himmels herausfordern werde. Diese Vorhersage hat sich nicht erfüllt, und Diejenigen, die sie gestellt, haben sich neuer dings als schlechte Menschenkenner erwiesen. Victor Enranuel fürchtet sich nicht vor einer Uebersiede- lung nach Rom; er war nie abergläubisch, und wenn er eS je gewesen wäre, hätten ihn die Er fahrungen seines Levens von dieser Schwäche hei len müssen.... Die Welt wird also in den nächsten Tagen das Schauspiel genießen, daß in der Me tropole der katholischen Welt zwei Herrscher resi- diren «erden: der König von Jtallen und ein König ohne Land. Diese Thatsache wird für Pius lX. der schwerste von all den Schlägen sein, die ihn während seines langen, an Enttäuschung überreichen Pontisicats betroffen. Der unfehlbare Papst, welcher ein so hohes Gewicht auf seine Souverainetät legt, wird sich an den Gedanken ge wöhnen müssen, daß seine weltliche Herrschaft un wiederbringlich verloren ist. Diese Nothwendigkeit wird ihm mit zwingender Gewalt in dem Augen blicke vor die Seele treten, in welchem Victor Emanuel, von der Bevölkerung mit stürmischen Acclamatwnen begrüßt, mit seinen Ministern, sei nem Hofstaate und seinen Dienern in die heilige Staat einziehen wird." Seit Anfang deS Juni sind in Warschau fast täglich einzelne polnische Emigranten aus Frankreich eingetroffen, welche, weil sie in Folge des Krieges und der Betheiligung der Polen an der Pariser Revolution alle Existenzmittel verloren hatten und den ärgsten Mißhandlungen Seitens oer französischen Bevölkerung Preis ge geben waren, die Begnadigung der russischen Re gierung nachgesucht und erhalten haben. Nach den einstimmigen Aussagen dieser Ankömmlinge ist dcr fernere Aufenthalt dcr polnischen Emigranten in Frankreich unmöglich geworden, und es wird da her von einer großen Anzahl derselben eine Col- lectiv - Petition an den Kaiser Alexander wegen ihrer Begnadigung vorbereitet. Die russische Re gierung hat durch ihren Gesandten in Versailles ein möglichst vollständiges NamenSverzeichniß aller bei der communisttschen Schilderhebung in Paris betheiligt gewesenen Polen zu dem Zwecke anfertigen lassen, um sie von der Begnadigung, um die sie zetzt so häufig von polnischen Emi granten angegangen wird, auszuschließen. Diese- Verzeichniß, daS an alle russischen Grenzbehörden übersandt worden ist, umfaßt über 700 Namen. Die Internationale. (Schluß.) Die Verschiedenheiten der Vereins- sowie über haupt der allgemeinen Gesetzgebung der Länder, die Ungleichheit der Verhältnisse, die Unmöglichkeit, eine Gesellschaft von der Art der in Rede stehenden, von einem einzigen Centralpuncte auS streng cen- tralistisch zu oraanisiren, brachten die damaligen Leiter der Gesellschaft zu dem Entschlüsse, sogenannte „Sektionen" zu gründen. Jede dieser „Sektionen" umfaßt in der Regel ein Land, obwohl eS auch solche giebt, deren Wirkungskreis sich nur auf einen bestimmten Sprengel, dessen eigcnthümlichc ArbeitS- verhältnisse eine solche Ausnahme erfordern, erstreckt. So bestehen eigene Sectionen für den belgischen LisenwerkSbezirk Seraing, bekannt durch die dort wiederholt in Scene gesetzten großen ArbeitS-Ein- stellungen — die Kohftnwerke in BervierS rc.; auch englische Fabriksbezirke und auch die Fabrik- ftadt Mühlhausen im Elsaß haben ihre eigene „Seclivn". Der Hauptsache nach ist die Gesell schaft jedoch in folgende Sektionen getheilt: die englische (umfassend daS gesammte Königreich Großbritannien), die amerikanische (umfassend daS gesammte Territorium Amerikas), die französische, die belgische, die italienische und die deutsche (umfassend die Schweiz und Deutschland); nach der Begründung der Republik in Spanien trat eine spanische und in neuerer Zeit eine Sektion für die Niederlande dazu. Ausgeschlossen von dem Agitationskreise der Internationalen sind so nach von civilisirten Ländern: die Länder nn europäischen 'Norden, Schweden und Norwegen, wo die Großindustrie und damit der Pauperismus — die zwei nothwendigen Grundlagen des So- eialismuö — fast gar nicht vorhanden sind; ferner Rußland, wo eS gleichfalls nur wenig Fabrik arbeiter giebt, und wo die eigenthümlicye Abart deS SocialiSmuS, der Herzen-Bakunin'sche „Ni hilismus" vorzugsweise dem Landvolk gepredigt wird, da diese Lehre die Aufhebung respcctive Vertyeilung deS Grundeigenthums zum Ziele hat; endlich die südamerikanischen Republiken, die sich gleichfalls in Bezug auf Fabrikindustrie sehr im Rückstände befinden. Dagegen hat die Internationale bis nach Asien vorzudringen ge wußt und sogar die „Chinesische Mauer" durch brochen ; durch englische Arbeiter dorthin ver pflanzt, zählt die Gesellschaft heute eine erkleckliche Anzahl der bezopften Söhne des himmlischen Reiches zu den Ihrigen. — Was Oesterreich be trifft, das in der vorstehenden Liste fehlt, so sollte dasselbe anfänglich in die „deutsche Section" ein bezogen werden (Oesterreick war damals noch nicht aus Deutschland ausgeschlossen). So lange aber in Oesterreich kein Vereins- und Versammlungs recht bestand, konnte eine Agitation doch woh. nicht inscenirt weiden und die Gewinnung von Mitgliedern war daher unmöglich. Kaum aber war dieses Recht gesetzlich gewährleistet, als die Regierung auch schon die Internationale als staalSgefäyrltch verbot. Die Vertreter radikaler politischer Tendenzen sind nun zwar im Allge meinen nicht geneigt, einem behördlichen Verbote dieser Art ohne Weiteres Folge zu leisten; wenn jedoch die Leiter der Internationalen nach dem er folgten Verbote dennoch davon abstanden, die Wirksamkeit der Gesellschaft auf Oesterreich aus zudehnen, so geschah dieS aus Gründen der Op portunität. Die Internationale geht in der Aufnahme von Mitgliedern sehr streng vor. Der Angeworbene muß vor Allem von einem erprobten Mitgliede empfohlen sein, er erhält zuerst eine Kane, und erst nach einem Zeitraum von sechs Monaten, wenn derselbe sich veS Vertrauens der Gesellschaft würdig erwieS und seinen Beitrag (der in Deutsch land 2 fl. jährlich beträgt) ordnungsmäßig ent richtete, erhält er daS Diplom der Mitgliedschaft, welches zugleich einen Abdruck der Statuten der Gesellschaft enthält. Durch Entgegennahme und Unterschrift der Statuten erklärt der Betreffende seine Uebereinstimmung und übernimmt zugleich die Verpflichtung, allen Anordnungen der Gesellschaft Folge zu leisten. Die Anzahl der Mitglied'' der Internationale wurde lüngst von Corre^ondeme.. englischer Journale auf 2,300,000 angegeben diese Ziffer kommt der Wirklichkeit ziemlich nahe. Auf die Länder vertheilt sich die kolossale Ziffer folgen dermaßen : Frankreich(incl. PariS) ca. 800.000, Eng land (rncl. London) beiläufig ebensoviel, Belgien (mit Brüssel) beiläufig 200,000, Schwer; 60,000, Deutsch land 300^000, Spanien40,000, Italien l00,000.Auf unanzweifelbare Genauigkeit machen diese Ziffern keinen Anspruch, denn eS sind dem Schreiber die neue sten „Zählungen" de-Centralcomites nicht zur Hand; doch dürsten dieselben annähernd rihtig sein. — Die Organisation der Internationale ist eine vor wiegend centralistische. DaS Centralcomit? hat, wie allbekannt, seinen Sitz in London und ste, unter der Obmannschaft des Professors Karl Marx, dem der deutsche Schneidergeselle I. G- EccariuS, der sich durch Autodidaktik zum national-ökono mischen Schriftsteller emporschwang und seinen 'Namen zuerst durch eine gegen die Theorien I. G. Mills gerichtete Schrift bekannt machte, alS Ge neral-Secretair zur Seite steht. Jede „Section" ist verpflichtet, alljährlich, oder in außerordentlichen Fällen auf Verlangen deS Centralcomitc'S auch außerhalb dieser Zeit, an dasselbe einen drtaillirten
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite