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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187109267
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18710926
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18710926
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1871
- Monat1871-09
- Tag1871-09-26
- Monat1871-09
- Jahr1871
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1871
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d Kr, »II, »Nb, «Ni Erschcr«« früh 6' r llh7. ßM,», u») Stpctilil» g^rmnegasse 4/5. ditt-utcur Fr. Lnmirr. ^cL'Nüide t. «cdacricn "N ll—12 Ulr I«trn!^e rcn 1—L Udr. brr rür dir ncichil- NüN'.:ncr dcs.imMkcn in tcn Lyüchrnttigeil s»t ^ Ulir ^nchnuliags. Tageblatt Anzeiger. D 2t»V. klwlkblatt dcS Kenigl. Bczirkßgcrichtk und dcS NaO dn Stadl Lciezig. Dienstag den 2<i. September. Autlagc 9:!00. Rl>onnt>nent»vrkis Bicrtcliclbrlich I Tblr 'V^ 'Rgr, lücl Bmigerlobn l Tulr. ttiRgr. Icke cuizcluc 2»uii»iier 2'/« Agr. v^.l'ül rcn ^ iknralcilazoi '> TI-lr. Zilyratr die Spaltzcile I'^Rgr. I'.lciaiiicli unlcr d. Uc-acüeiisßlich die Spattzeile 2 '2,'gr. Filiale ^lto >Urmm. UiüvcrsilätSstr. 22, voc»!-tsvinpioir H-nnsiraße 21. 187l. dt» Eladi i. Hol» Me», »om,«. St ^ ^ di, Si. ^«wird, , W. > M.. Z d - ». A g Si». vt Dmt, j nd «.Mi!»»-, lork, und de Pich alh. 0, u»d Mlldg.ui! iinchv« /aimdW». M-^de». ö >e v»o« »sche» Hut ünchon H» lel de Press!. St. Dreßda I. Load»». PalwbM. t. Aüritaz ^.HHach- . de Presse, u röcht« Hotel >w Hotel je» . w. Schiru 'ebe'« -otil. zer Schwee »roßschöie«, Hotel ze» stabt, Hetet de Vaeien. Palm»«», .'ondoe. de Resste, müsse. ». «I -ch>- e« Sie». Resste, und H. de Resste St. k,I»»L Bekanntmachniuz. lie Vorsichtsmaßregeln gegen die Cholera, welche wir in unserer Bekanntmachung vom hegest d. I. anriethen, sind leider, wie die angestelllen Revisionen ergeben haben, von einem xni Theile der hiesigen Grundstücksbesitzer nicbl in Anwendung gebracht worden. Wir sehen unS daher veranlaßt, nunmehr Folgendes zu verordnen: 1) In allen Grundstücken müfscn die Abtritte in allen Giagen so wie die Pissoir- deLinficirt werden. 2) In allen Gasthöfen so wie auf den Bahnhöfen muß die unter 1 angeordnere Des infektion täglich erfolgen. 3) In allen übrigen Grundstücken hat die unter l angeordnete Desinfektion mindestens dreimal in jeder Woche und zwar am Montag, Mittwoch und Freitag bis Mittags 12 Uhr zu erfolgen. 4) In allen Grundstücken, in welchen zur Zeit rock, sei eS mit wohlfahriSpolizeilicher Gestattung, sei es ohne solche gegen die bestehende Ordnung, die AbtrittSgruben mit den öffentlichen Sckleußen in Verbindung stehen und ihren Inhalt ganz ober tbeil- weise in dieselben abführen, darf zur Desinfektion lediglich die Süvern sche DeS- infectionSinaffe verwendet werden. 5) Zur Vermeidung belästigender und gesundheitsschädlicher Ausdünstungen sind die zu räumenden AbtrittSgruben vor, während und nach der Räumung zu deSinficiren. Für pünktliche Befolgung dieser unter 1, 2, 3, 1, 5 getroffenen Anordnungen machen wir die «fitzer bez. die Administratoren der Grundstücke verantwortlich und werden Zuwiderhandlungen dieselben, bez. deren Richtbefolgung mit Geldstrafe b.s zu Fünfzig Thalern oder verhält- äßiger Haftstrafe geahndet werden. Tie Hausbesitzer sind berechtigt, ihre Abmiether zur aniheiligen Tragung der durch Desinsec-ion Abtritte erwachsenden Kosten herbeizuziehen. Leipzig, den 18. September 1871. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Koch. Jerusalem. die Feinde derselben eS gern varstellen, obwohl diesseits der Leitha mit Einschluß von Galizien die Deutschen sich zu den verschiedenen slavischen Rationalitäten verhalten wie 2 zu 3, während in Ungarn die Magyaren unbestritten die Oberhoheit über alle slavischen Stämme, über die Rumänen und Deutschen sich zu sichern wußten, obwohl sie nur höchstens ein Drittheil der Einwohnerschaft dcS gesammten Königreichs bilden. Die Ungarn sind so glücklich, ihr Sraatswesen so ziemlich befestigt zu haben; dort ist das Be wußtsein der staatlichen Einheit der östlichen ReichS- hä.fle in Fleisch und Blut der Bevölkerung übcr- gegangen. In CiSleiihanien inachte sich seit Ein führung der Zweitheilung deS Reichs ein ganz anderes Streben geltend. Die Slaven, Feudalen und Ultramontanen haben sich zu unheilvoller Tripel- Allianz vereinigt , um den vorzugsweise liberalen Deutschen das Heft ouS den Händen zu winden Sie streben vor Allem danach, die Befugnisse der einzelnen Landtage auf Kosten deS Reichöralhö zu erweitern und wo möglich jedem kleinen Landtage dieselben Rechte zu verschaffen, welche das ungarische Parlament besitzt. Diese Forderungen wurden zuerst in der Declaration der Czechen und in der Resolution der Polen ausgesprochen. Die Polen haben bereit- einen Theil ihrer Forderungen durch gesetzt und für den Landtag zu Lemberg mehrere wesentliche Zugeständnisse erbeutet; jetzt sollen nun auck die Forderungen der Czechen erfüllt werden. Rach den durch den RegierungS-Einfluß so un günstig für die Deutschen ausgefallenen letzten Wahlen und nach dem neuesten Borgehen de- Ministerium- Hohenwart ist da- AuSgleichSwerk vom Jahre 1867 in seinem Fundamente bedroht. In dem kaiserlichen Rescript au den böhmischen Landtag wird ein specielle- Recht de- Königreichs, Böhmen, ganz abgesehen von der Reich-oersafsung, ausdrücklich anerkannt, dem Landtage wtrv tue Machtbefugniß eines constiluirenden beigelegt, der die Neugestaltung de- längst zu Grabe getragenen Königreich- Böhmen vornehmen soll. Die Wahl ordnung, die demselben vorgelegt ist, verschiebt überdies die bestehende Situation dermaßen, daß die Deutschen beständig in der Minorität bleiben müssen. Endlich bestimmt da- neue Nationalitäten- gesetz, daß kein Beamter in Böhmen fungiren darf, der nicht beider Sprachen in Wort und Schrift mächtig ist. Roch ist der Föderalismus nicht ausgesprochen, aber er liegt bereit- in der Luft und kann nicht lange auf sich warten lasten. Wie einmal die faktischen Verhältnisse find, so ist eine Mäßigung und ein Jnnehalten von Seiten der Czechen und Polen nicht zu erwarten. Von einem Ausgleich im strengen Sinn, von einer vollkommenen Gleich- berechltgung kann nicht die Rede sein, wo eine erbitterte Feindschaft die Gemülher gefangen hält. Die Czechen streben nach unumschränkter Herrschast in Böhmen, Mähren und Schlesien. Die neue Wahlordnung soll ihnen die Handhabe dazu bieten, um daS Reich der «enzelskrone wiederherzustellen und alle Rechte deS ReichSrathS nach und nach an sich zu reißen. In dem Moment, wo die Regierung diesen Forderungen nachgegeben hat, ist sie auf eine schiefe Ebene getreten, auf der kein Aufenthalt möglich ist. DaS dualistische Staats recht, welches die Einheit CiSlrithanienS vorauS- setzt, ist bereit- verleugnet, dem böhmischen Land tage sind Rechte erlheilt, die mit Consequenz eine Auflösung herbeiführen müssen. Schon erheben sich auch in Ungarn Stimmen, die den Vorgängen in der die-seitigen RcichSbälfte mit Besorgniß folgen. Man sagt mit Recht: Bekanntmachung. lie Versalsungskrifis in Oesterreich. ji Auch dem Hoffnungsreichsten muß es nach te bange werden, wenn er an die Zukunft österreichischen Kaiserstaates denkt. Der Staals- »nke ist in allen Theilen der buntgemischten Aerung so vollständig verloren gegangen, daß entsagungsvoll überall der dunklen Ueber- »ng huldigt, eS wüste früher oder später mit alten Reiche zu Ende gehen. 'Niemand weiß Kicke Hülfe zu schaffen, und alle Weisheit, die bi- jyadem bis inS Markshinein kranken Staat herum- kte,bat sich alS unfähig zu feiner Heilung erwielen. r Oesterreicher fühlt sich nur als Mitglied I nationalen BruchlheilS, besten nächstes Schick- aus den treibenden Wogen der Zeit die Summe fei»ts politischen Interesses bildet. Ter Ungar !i! und denkt für sich, er hat selten eine Theil- chuie für die Vorgänge in der andern ReichS- ilste: der Slave in Böhmen und in Mähren, r Slovene in Kärnthen und Krain, sie Alle «den kein andere- Interesse, als für ihre Ratio- Mä! so viel wie möglich vom Reiche abzutrotzen. ln Deutsche allein ist es, welcher der um sich linsenden sichtbaren Auflösung entgegen zu treten xn Aeruf und die Pflicht fühlt, und deshalb haßt Kn der ganze übrige Troß von Völkern und Völk- xn auf das Entschiedenste. A vormärzlichen Zeiten hielten der Absolutis mus der Staatsgewalt und die Allmacht der Kirche schönem Bunde alle Nationalitäten deS Kaiser in- in fast gleicher Unterwürfigkeit und Knecht est darnieder: seit 1848 ist diese- Mittel nicht »ehr von Erfolg gewesen. Seit diesem Jahre ist sie Geschichte Oesterreichs an einen beständigen Kl zwischen CentraliSmuS und Föderalismus hnt. Jede neue Aera — und ihrer giebt eS ht wenige — wurde triumphirend als die end- gefunvene Lösung der großen Frage ver- gt, und jede hat ergebuißloS geendet, um dem entgegengesetzten Principe Platz zu Der letzte bedeutende Abschnitt in diesem ver- »guißvollen Schaukelsystem war der Ausgleich il Ungarn im Jahre 1867, durch welchen die lung de-Reiche- in eine östliche und eine e Hälfte in- Werk gesetzt wurde. Dadurch Ungarn seine au- besseren Zeiten herüber Niete Selbstständigkeit und Selbstverwaltung ltdrr, ohne daß Siebenbürgen und Croatien der kerhrrrsLast der Magyaren wesentliche Hinder- ifse in den Weg zu legen vermochten, und so 1t sich die lranSleithanische StaatShälfte mit m wichtigen Centrum, dem ungarischen Retchs- . alS ein leidlich geschloffenes Ganze« dar ; die Heu undUntheilbarkrit der Länder der Stephans- o»e ist zur unbestrittenen Thatsache geworden. Tanz ander- sieht eS in CiSleithanien auS. wr haben die einzelnen LandeStheile ihre Pro- iziallandtage. welche so recht dazu ange'han >d. daS Aufkommen eine- wahrhaft constitutto- lrellen Lebens und eine- Reichsbewußtseins zu ver hindern. Während in Ungarn der Reichstag auS ter. Wahlen hervoraeht, bilden in der West- e die Provinzial«Landtage die Wahl-Cor- lionev für den cisleithanischen ReickSrath, zwar wird nach den Curien der Großgrund- der Städte, der Landgemeinden und Han- mern gewählt, so daß leicht in einem Land- , in welchem die Deutschen in den einzelnen ln in der Minderheit sinv, nicht ein einziger scher in den Reich-ralh gewählt werden Durch die Verfassung ,st die Obergewalt Deutscben keineswegs so fest begründet, wie Idirrcler. Racddem Herrn <?arl Friedrich Leichsearinq hier von unS am h.'Uligon Tage Concession zur gewerbmäßigen Beförderung von Auswanderern nack überseeischen Häfen und Abscbließung von SchiffScontracken im Aufträge deS HandlungshauseS Ezechiel Kohn in Bremen ertheilt worden ist, ^ bringen wir dies hierdurch zur öffentlichen Kenntniß Leipzig, den 22. September 1871. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Koch. J«rusalem. Bekanntmachung. Die Miethzinsen für städtische Meßbuden sind bei Verlust deS Miethoerlrags spätestens bi- zum Schluß der Böttcherwocke jeder Messe, milkin wäbrend der gegenwärtigen Michaelismeffe bi- zum 36. l. M. zu berichtigen, worauf die Budeninhaber mit dem Hinweis aufmerksam gemacht werden, daß wider säumige Zahler mit Entziehung der Bude verfahren werden wird. Leipzig, den 25. September 1871. DeS Raths Mrsibudcndeputation. Fcldverpachtnug. Das der Stadtgemeinde gehörige, die Parzellen Rr. 2567—6 der Stadislur begreifende Feld stück von 21 Acker IkM lUR. an der Connewitzer Chaussee, s. Z. der Turnfestplatz, soll auf die Jahre 1872 bis mit 1880 anderweit an den Meistbietenden verpachtet werden. Wir fordern Pachtlustige hierdurch auf, in dem auf Donnerstag den 28. September d I, Vormittags II Uhr, anberaunnen Versteigerungstermine an RathSstelle zu erscheinen und ihre Pachlgebote zu thun. Die VersteigerungS - und Verpachtungöbedingungen liegen daselbst schon vor dem Termine zur Einsichtnahme auS. Leipzig, den 15. September 1871. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. K 0 ck. Cerutti. wenn CiSleithanien in mehrere Theile zerlegt wird, mit wem soll dann Ungarn verhandeln und wir soll sich das Verhältniß stellen? Denn der Ausgleich von 1867 ging entschieden von dem Ge sichtspunkte aus, daß zwei auf fester Grundlage ruhende nationale Staaten mit einander Verträge abschließen, von denen in dem einen die Magyaren, in dem andern die Deutschen die Abschließenden sind. Man kann es den Ungarn nicht verdenken, wenn sie _etzl Lust bekommen, den ganzen Aus gleich rückgängig zu machen uud sich auf die reine Personal-Union zurvckzuzirhen Die Axt ist an den Dualismus gelegt, die Zweüheilung deS KaijerstaateS schwer bedroht; der Föderalismus hebt hoffnungsreich und beute lustig sein Haupt, und Polen und Czechen trium- phiren bereits. Aber wie lange wird die Monarchie svlck Wechselspiel gefährlicher Experimente aus- halten? Layesgeschichtliche Ueberslcht. Die Anträge, welche in der Versammlung der Allkatholiken in München eingebracht werden, nehmen daS allgemeine Interesse in Anspruch. Der wichtigste von allen ist ohne Zweifel ein Gesuch um Vertreibung der Jesuiten aus Deutsch land. Wie verlautet, soll dieser Antrag von Pro fessor Michelts aus Braunsberg motimrt werden, und daß er die Unterstützung aller Betheiligten im höchsten Grade findet, liegt wohl auf flacher Hand. Allein nicht blos auf altkatholischer Seite beschäf tigt man sich Mit diesem Plane, auch Anders gläubige werden für besten Durchführung in die Schranken treten, und zweifelsohne mit voller Be rechtigung. Denn bei den staat-gefährlichen und anerkannt politischen Zwecken dieser Gesellschaft sind eS gerade die Andersgläubigen, deren Gleich berechtigung mir den Katholiken am meisten ge fährdet wird, wenn solche Urbergriffe der Hierarchie die Oberhand erhalten würden. Es gilt, für da- Princip der Parität einzutreten, und an diesem haben alle Bürger eine- civiltsirten Staates als solche ihr berechtigtes Interesse. Der erwähnte Antrag wird deshalb, wie man der „Li. Fr. Pr." schreibt, vom Altkatholikentage an den Deutschen Protestantentag gegeben werden, und beide Ver sammlungen werden dem ReicbStaae ein darauf bezügliches gleichlautendes Gesuch überreichen. AuS München, 21. September, wird gemeldet: Zu dem in der Nicolaikirche heute von den Alt- katholiken abgehaltenen Gottesdienste, bei welchem I)r. MicheltS die Messe la«, hatten sich viele Delegirte und eine große Anzahl anderer Andächtiger eingefunden. Nach der Beendigung der Messe wurden nock Gebete kür Abwendung der die Kirche bedrohenden Gefahr, sowie für die verstorbenen Altkarholiken, namentlicb für Professor Zenker, gesvrochen. Die Gerüchte über das Ausscheiden des Grafen Beust aus dem Auswärtigen Amte Oesterreichs haben mehr innere Glaubwürdigkeit als die Mit- theilungen, daß noch vor Schluß des Monats Graf Hohenwart durch Freiherrn v. Gablenz oder den Grafen Alfred Potocki abgelöst werde. Man weiß zwar, daß Graf Beust nach wie vor das Vertrauen seines Monarchen besitzt und daß der Kaiser dessen auswärtige Politik billigt. Selbst in der Ueber- reichung des vornehmsten preußischen Orden- an den Reichskanzler liegt für Diejenigen, welchen der Vorgang bei derartigen Auszeichnungen nicht fremd ist, ein neuer Beweis der Anerkennung, den die Vereinbarungen von Gastein und Salzburg auch an unserem kaiserlichen Hoflager gefunden Ebenso bekannt ist eS, daß die Stellung des Grafen Beust durch die innere Politik des cisleithanischen Cabi- nels nicht unmittelbar berührt wird, daß er jede Einmischung in die VersassungSkämpfe vermeidet und deshalb auch durch die einzelnen Phasen der selben nicht direct in Mitleidenschaft gezogen wird. Schließlich wird aber dock, wenn die AuSgleichSaction weiter sorlschreilet und eine bestimmtere Gestalt gewinnt, für den Reichskanzler eine schwer haltbare Situation geschaffen, weil ferne Gegner im födera listischen Lager mit allen zu Gebote stehenden Mitteln gegen ihn ankämpfen. Die Czechen, sagt die „Presse", können dem Grafen Beust das Ver trauensvotum nicht verzeihen, das er in der letzten Delegation des RcichSralhes von der Berfafsungs- parlez erhalten har; sie können cs ihm nicht ver geben , daß er in der Antwort auf daS famose Memoranvum des Herrn Rieger und seiner Ge nossen ihre Politik, diejenige Politik, welcher jetzt Graf Hohenwart zum Siege verhelfen soll, alS LandeSpreiSgebung bezeichnet hat. Die Ultra montanen kennen keine Nachsicht gegen den Staats mann, der, die „katholischen" Traditionen der österreichischen Politik ignorirend, den gegen wärtigen Stand der Dinge in Italien anerkannt und seinen Namen unter die Kündigung deS Con- cordats gesetzt hat. Sie alle inlriguiren und miniren, um die Position des Grafen Beust zu erschüttern, mit einer Ausdauer und einem Nach drucke, daß man seinen Rücktritt als nicht unwahr scheinlich ansehen muß, fall« das Ausgleich-spiel noch einige Acte fortdauert. — Man nennt bereit- als eventuelle 'Rachfolger deS Grafen Beust die GrafenTraullmanstorffundKarolyi. Elfterer wäre der Mann nach dem Herzen der Ultramontanen, ein abgeblaßter Doppelgänger de- Grafen Blome, der Oesterreich bald genug in irgend eine absurde Abenteuererpolitik zu Gunsten der Curie verwickeln könnte. Der gegenwärtige Botschafter Oesterreich- Ungarn- am Berliner Hofe hingegen könnte wenig stens die Politik dcS Grafen Beust Deutschland gegenüber auch fernerhin innehalten und alS unga rischer Magnat seinen Landsleuten gegenüber sich behaupten. Für die innere Politik Oesterreich- wäre der augenblickliche Schlag, den die Verfas sungspartei durch den Rücktritt deS Grafen Beust erhielte, trotzdem empfindlich genug. Der neue Reichskanzler würde, durch eine föveralistische Jntrigue zu diesem Posten erhoben, ebenso soli darifch mit der föveralistischen Regierung und ihrem Systeme verbunden sein, wie Graf Beust, welcher Pathe gestanden an der Wiege der December-Ver- fafsung, ste>s in sehr naher Berührung mit der deutschen Verfafsungspartei sich befunven hat. Diese verliert, wenn sein Rücktritt unvermeidlich geworden, in ihm einen wcnhvollen Bundesge nossen, der eS endlich verstanden hat, was keinem seiner Vorgänger seit Langem gelungen, die aus wärtige Politik deS Reiches in vollen Einklang zu bringen mit den Anschauungen seiner Abgeordneten in der gemeinsamen parlamentarischen Vertretung. Zu der Altkath 0 liken - Versaminlung in -solothurn am 18. d. M ist noch nachzu- trazen, daß Alt-Landammann Kurti von St Gallen auch den Antrag gestellt hatte, den Austritt auS der römisch-katholischen Kirche zu erklären. Seine Rede war ein langer Anklageakt gegen Rom. Ob gleich das Votum Kurti'S vielfach mit Beifall unterbrochen wurde, stieß fein Scklußantrag doch auf Opposition, welcher Rationalrath Kaiser von Solothurn das Wort lieh. Durch den Protest gegen die Beschlüsse der letzten vatikanischen Ver sammlung erkläre ein Jeder, daß er eure Kirche mit unfehlbarem Papste nicht als die katholische
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