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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187607098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18760709
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18760709
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1876
- Monat1876-07
- Tag1876-07-09
- Monat1876-07
- Jahr1876
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1876
- Autor
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Erscheint täglich früh 6»/, Uhr. Rrtzactt», ,»» Trpr»ttto» Johannisgaste 33. LercmNvortlichrr Redactrur Fr. Hüttner in Reudniy. Sprechstunde d. Redaction »o« ,l—,r Udk Rachm»l>ig« »on 1—L Uhr. Annahme der für die nächst folgende Nummer bestimmten .zmerale an Wochentagen dis ttützr Nachmittags, an Sonn- :md Festtagen früh bis '/,V Uhr. 3» »rv Filiale» sie Z»s. Avaahmc: Otto Klemm, Univcrsitätsstr. 22. öouts Lösche, Katharinenstr. 18,p. . nur bis '/,3 Uhr. M 1«l. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- und GeschWrcrkcbr. N«ft„e I4.1S». 7tt«a»kmt»l»ortt»viertelj.4'/,Mk, incl. Bringerlohn ü Mt., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 30 Pf. Belegexemplar >0 Pf. Gebühren für iLxtrabeilagen ohne Postbeförderung 36 Mk. mit Postbeförderung 4ü Mk Inserate Igesp BourgroiSz. 20 Pt. Gröhere Schriften taut unserem PreiSvrrzeichniß. — TabellariiÄxr Satz nach höherem Tarif, veclameu ualer »em ttedaclloaoftrlS die Spaltzril« 40 Pf. Inserate sind stets an d. Lepedtttoa zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben Zahlung praouu>uor»uüo oder durch Postvorschuß. Sonntag den 9. Juli 187«. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Mittwoch am 12. Juli ». AbeudS Uhr im Saale der I. Bürgerschule. Tagesordnung: I. Gutachten des Verfastunqs- und PolizeiauSschuffes über Begründung einer neuen Polizei wachtmeisterstelle unter Aufhebung der zweiten LieutenantSltelle. II Gutachten deS VersastungsausschusteS über a. Ergänzung des Neubautenregulativcs; d. Berzichtleistung auf das der Stadtcaste gesetzlich zufallende Vermögen der aufgelösten Beutlerinnung; e. die Verleihung der Pensionsberechtigung an die Röbrenwärter der Stadtwasserkunst. II! Gutachten des Oekonomie-, Bau- und Finanzausschusses über den Ankauf der dem Herrn Hüffer und den Leplay'schen Erben gehörigen Parcellen am Scheibcnholze. IV. Gutachten des Oekonomie- und BauauSschusseS über Verbreiterung der Aleranderstraße. V. Gutachten des Oekonomieausschusses über die Pflasterung des Gerichtsweges. VI. Bericht des SchulauSschusies über Prüfung verschiedener Schulcassenrechnungen. VII. Gutachten deS Schul- und BauauSschusseS über die versuchsweise Anwendung verschie dener Constructionsarten bei der Legung harten Fußboden- in den Schulen. VIII. Gutachten des BauauSschusses über Verwilligung eines Honorars für die Skizzen zur Erbauung einer Begräbnißcapelle auf dem neuen Iohannisfriedhofe. Bekanntmachung. Wir beabsichtigen, in kürzester Zeit die Tetchftrafte neu zu pflastern und ergeht deshalb an die Besitzer der angrenzenden Grundstücke und bez. an die Anwohner hierdurch die Aufforderung, etwa beabsichtigte, den bezeichneten Straßentract berührende Arbeiten an den Privat-Gas- und Wasserleitungen und Beischleußen ungesäumt und jedenfalls vor der Neupflasterung auszuführen, da mit Rücksicht auf die Erhaltung eines guten Straßenpflasters dergleichen Arbeiten während eines Zeit raums von 5 Iabren nach beendeter Neupflasterung in der Regel nicht mehr zugelassen werden. Leipzig, am /. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Wangemann. Bekanntmachung. Der Zuschlag der am 1. dieses Monats zur Verpachtung anderweit versteigerten Feldparcelle Nr. 2697 der Stadtflur ist für das im Versteigerungstermine daraus getbaene Höchstgebot erfolgt .md werden deshalb die übrigen Bieter ihrer Gebote in Gemäßheit der Bersteigerungsbedingungen hiermit entlasten. Leipzig, den 7. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Eerutti. Bekanntmachung. Die zur Submission ausgeschriebenen WasterleitungS-Arbeiten nebst Lieferung der hierzu erfor derlichen Materialien sind »ergeben und werben daber die unberücksichtigt gebliebenen Herren Be werber ihrer Offerten hiermit entbunden. Leipzig, am 6. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. 1)r. Georgi. Wilisch, Resdr. Bitte für die Ueberschwemmten im Elsaß und am Rhein. Wie hinlänglich bekannt sind die Bewohner der Rheinniederungen im Elsaß und Baden sowie weiter stromabwärts durch verheerende Ueberfluthungen schwer heinigesucht worden. Die Größe des Unglücks ist derart, daß die ausgedehnten, von diesem Unglück betroffenen Gegenden sämmtlich auf öffentliche Unterstützungen angewiesen sind, wenn sie nur einigermaßen der drohendsten Noth entrissen werden sollen. Wir bitten daher andurcb angelegentlichst um milde Beiträge für diese Calamitosen, geben und der festen Hoffnung hin, eS werde sich auch hier, wie so oft in früheren Fällen, der allezeit hülsS- bereite Sinn unserer Bürgerschaft freudig bethätigen und bemerken, daß unsere StiftungSbuchhalterei (RathhauS 1. Etage) zur Annahme von Beiträgen angewiesen ist. Leipzig, den 6. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Bekanntmachung^ Das 10. Stück deS diesjährigen Gesetz- und Verordnungsblattes für daS Königreich Sachsen ist bei uns eingegangen und wir» biS zu« 2sl. dieses MonatS auf dem Rathhaussaale zur Ein sichtnahme öffentlich aushängen. Dasselbe enthält: Nr. 50. Bekanntmachung, eine Anleihe der Seisersdorser Papierfabrik betreffend; vom 16. Juni 1876! Nr. 51. Decret wegen der Conccssionirung der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesell- schaft zum Betriebe der Bahnstrecke von der sächsisch-preußischen LandeSgrcnze bei Schkeuditz bis Leipzig; vom 24. Juni >876. Nr. 52. Bekanntmachung, die Ucbernabme der Sächsisch-Thüringischen Eisenbahn durch den Königlich Sächsischen Staat betreffend; vom 27. Juni 1876. Nr. 53. Bekanntmachung, die Ucbernahme der Verwaltung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn durch die Staatseisenbahnverwaltung betreffend; vom 28. Juni 1876. Nr. 54. Landtagsabschied für die Ständevcrsammlung der Jahre l875 und 1876; vom I. Juli 1876. Leipzig, den 8. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. Dr. Georgi. Cerutti. Koblen-Lieferung. Die Lieferung des Bedarfes an Stein- und Braunkohlen für das hiesige JohanniS- sitift auf das Jahr 1876/77 und zwar von ungefähr 100,000 Kilo (2oo0 Ccntner) Rußsteinkohlen. 1500 Hektoliter Meusclwitzer und 1900 Hektoliter besten böhmischen Braunkohlen soll an den Min deftforderndeu, jedoch vvrbehältlich der Auswahl unter den Licitantcn, vergeben werden. Die Lieferungsbedingungen liegen an Ratbsstelle zur Einsichtnahme aus und sind die Offerten biS zu« 2V. dies. Mon. Mittags 12 Ubr bei der Nuntiatur ebendaselbst mit d r Aufschrift: „Kohlenliefernng für das JohanniShoSpital" versiegelt einzureichen. Später eingehende Offerten können keine Berücksichtigung finden. Die Eröffnung der eingcgangcnen O fserten wird am nämlichen Tage Nachmittag ) Uhr ebendaselbst erfolgen und siebt es den Bewerbern frei, dabei anwesend zu sein. Leipzig, den 5. Juli 1876. Der Rath der Stadt Leipzig. Dr. Georgi. Johann Strauk. Ein Gruft an den Schöpfer nuferer Ballmusik. Wie die Geschichte unserer Kunst mit den Stimmungen unserer Zeit in innigem Zusammen hänge steht, so finden wir in den Schöpfungen der Tonttmstler, mit mehr oder weniger Ausnahmen, die Localfarben des Bodens wieder, auf welchem sie entstanden sind. Daß „Venetianische Gondel lied" von Mendelssohn athmct die Nähe der Lagunenstadt, die „Hochlands-Ouvertüre" Gade's die Romantik der nordischen Gebirgsscenerie. Wie Beethoven ohne die französische Revolution, die deutschen Feldzüge von 1870/71 nicht ohne die „Wacht am Rhein", so ist auch daS Wiener Leben, die lustige Kaiserstadt am Donaustrand ohne Strauß nicht zu denken! In den gemüth- vollen, lieblichen Rhythmen des Strauß'schen Walzers spiegelt sich daS leichtlebige, temperament volle Oesterreich ab, denn der Walzer ist in Oesterreich eine Art Volkshymne und Strauß ist der König dieser Walzer. Wer jemals die lebenslustigen Wiener bei den Klängen eines Strauß'schen WalzerS hat tanzen sehen, wer im „Sperl" oder bei „Schwender" die Popularität der Strauß'schen Orchestervorträge beobachtet hat, den überkommt, wo er sich auch befindet, eine sehnsüchtige Erinnerung an daS heitere sonnige Wiener Leben, an das österreichische Gebirgsvolk voll Lebenslust, Gesang und Tanz, wenn er Liese Klänge wiederhört. Mit Recht kann man daher behaupten, Strauß, den wir heute in unserem Leipzig zum ersten Male als Gast be grüßen, ist daS Prototvp der Wiener Fröhlichkeit, und der populärste aller lebenden Componisten. Seine Tanrmelodien erklingen am Newastrand und auf der Santa Lucia in Neapel, auf dem Brodway in Newyork und in den Salons des hinterindischen Postdampsers. Die Entwickelung unserer Ballmusik ist mit dem Namen der Familie Strauß unzertrennlich verbunden. Vor 30 Jahren sah eS mit unseren Tänzen noch arg aus. Schläfrige Rhythmen, langweilige Menuetts und Fran«,aiscn beherrsch ten den Tanzsaal. Die fröhlichen Melodien deS Volksliedes mit in den Tanz zu übertragen, durch den Wechsel im Tempo, mit seinem Retardando und Accelerando, dem Tanz ein neues Colorit zu geben, mit ihm die ganze civilisirte Welt zu er obern, daS sollte erff dem Vater Strauß Vor behalten sein, als er mit seiner Zaubcrgeige binauszog und die ganze Tanzwelt elektrisirte. Es wird unfern Lesern vielleicht erwünscht sein, über seinen ältesten Sohn, der heute seine künstlerische Thätigkeit bei uns beginnt, und der berufen war, die Erbschaft des Ruhmes seines 1849 zu Wien verstorbenen Vaters vollgültig auzutreten, etwas Näheres zu erfahren. Wir wollen versuchen, diese Portrcntskizze nach den uns vorliegenden Mittheilungen so getreu wie möglich wiederzugeben. Johann Strauß feierte am 25. Oktober 1875 seinen 50. Geburtstag. Er war vom Vater, wie es nicht selten in Künstlerfamilien vorkommt, zu allem Andern, nur nicht zum Musiker bestimmt — er sollte Soldat werden — doch brach sein Genie sich unter dem diekünstlerischeEarriere protegirendenEin- fluß der Mutter Bahn und mit seinem 7. Jahre componirte er bereits den ersten Walzer. Mama wollte aber höher mit dem Söhnchen hinaus, sie hatte ihn zum Kirchenmusiker bestimmt. Dieser Sorge ist es Dank zu wissen, daß Strauß eine gründliche musikalische Bildung bei dem damaligen Capellmeister am Lcopoldstadt-Theater, dem alten Drechsler, und bei dem HofmusikuS Hoffmann erhielt, so daß er schon 1844 eine selbstständige Capelle leitete und 1851, als der Vater starb, die Alleinherrschaft auf diesem Gebiete, die ihm weder ein Lanner noch ein Gungl — der Mitte der 50er Jahre als sein Cvncurrent austrat — streitig machen konnten. Schon im Jahre 1846 trat I. Strauß mit seiner eigenen Capelle eine Reise durch Ungarn und die Donauländer an, später besuchte er die größeren Städte Deutschlands. Im Jahre 1855 wurde er vom russischen Hose nach Petersburg berufen und 10 Jahre nach einander kehrte er dahin wieder, um während deS Sommers die von der eleganten Welt der Czarenstabt stark besuchten Concerte in Zarskojc-Pawlowsk zu leiten. Auch in London producirte er sich und dirigirte, gemein schaftlich mit Bilse, 1867 in Paris die Concerte im Oerele national, die dem Dirigenten und Com ponisten Strauß die Huldigungen von Fremden aller Nationen eintrugcn. Noch großartiger waren aber die Erfolge, die Strauß in der neuen Welt bei den Bankees fand, die ihm bei seiner Anwesenheit in Boston (anläßlich des Musiksestcs) im Jahre 1872 für ein zehnmaliges Auftreten das artige Sümmchen von 25,000 Dollars einbrachten. Im Jahre 1874 unternahm er auch eine größere Concerttour in Italien. An diese Triumphzüge reiht sich sein jüngster Aufenthalt in der Metro pole Berlin, wo er abwechselnd im Stadtpark und im Zoologischen Garten sehr besuchte Concerte veranstaltete. Gleichwohl ist Johann Strauß seiner Vaterstadt Wien stets treu geblieben, wo er nun bereits seit 30 Jahren mit seiner Capelle, die ab wechselnd auch von seinen beiden jüngeren Brüdern Joseph (gestorben 1870) und Eduard dirigirt wurde, cöncertirt und wo kein Elite-Ball, der sich elegant nennen darf, stattsindet, wenn nicht die Strauß'sche Capelle die Musik besorgt und Joh. Strauß eine neue Walzerpartie dazu liefert. Schon dieser Umstand zeigt, wie groß Strauß' Fruchtbarkeit als Componist ist. Nicht weniger als 400 Tanzcompositionen und 4 Operetten sind von Johann Strauß im Druck erschienen. Einige seiner Compositionen, wie z. B. der berühmte, die österreichische Armee aus allen Feldzügen be gleitende „Radetzky-Marsch" und der „Donau- Walzer" wurden in unzähligen Exemplaren bis in die entferntesten Colonien verbreitet. Leider ist es uns nicht gelungen, Etwas über die Honorare in Erfahrung zu bringen, die Strauß für diese roße Anzahl opeia von seinem Verleger Spina jetzt Schreiber) erhalten hat. Letzterer verschweigt Dies absichtlich und man könnte daraus schließen, daß sie nicht so sehr bedeutend gewesen sein müssen. Aber Strauß ließ sich nicht genügen, der Erste auf dem Gebiet der Tanzmusik zu sein, er bat auch die schönsten Erfolge mit ferner der Büyne gewidmeten Thätigkeit errungen. Im Jahre 1871 gelangte die erste Operette von Strauß: „Indigo" zur Aufführung; es folgte der „Carneval in Noin", „Fledermaus", „Cagliostro". Die Operette: „Fledermaus" ist bereits auf mehr als siebzig Bühnen ausgesührt, in Berlin bei der 300. Auf führung angelanqt, in Hamburg und New-L)ork über hundertmal gegeben. Auch in Frankreich und Italien haben die Strauß'schen Operetten bereits festen Boden gewonnen. „Indigo" wird jetzt in Petersburg gegeben und wurde im Herbst v. I. mit größtem Erfolge auch in Neapel ausgeführt. In Strauß' Compositionen wird sowohl die Melodienfülle, wie der Reichthum origineller Wen dungen und die Kunst der Harmvnisirunq bewun dert. Es liegt besonders in seinen Äpcrctten ctwaS Prickelndes und Pikantes, das sich nie aus dem Gedächtnis; des muickalischcn HörerS verliert. Von der großen Zahl seiner Tänze möchten wir hier nur folgende anführen, bei deren Nennung gewiß mancher unserer Leser sich eines fröhlichen Ballabends erinnert; die beliebtesten find: Die Oesterreicher. Dorfgeschichten, „DieOemüthlichen", AurorabaÜtänze, Nachtfalter, Juristenballtänze, Man lebt nur einmal, An der schönen blauen Donau, Künstlerleben, Geschichten aus dem Wiener Wald, „Wein, Weib, Gesang", Tausend und eine Nacht, Wiener Blut u. A. m. Strauß, der für seine reiche künstlerische Thätigkeit 1862 zum k.k. Hosballmusikdircctor ernannt wurde, lebt mit seiner jungen Gattin, der ehemals ausgezeichneten Conccrtsängcrin Trefsz, auf seiner idyllisch im Hictzingcr Park bei Wien gelegenen schönen Villa, die mit vielem Geschmack allen Comfort der Häuslichkeit bietet. Heiterkeit und dauerndes Glück scheinen in diesem traulichen Künstlerheim zu walten. Ein Freund des Künstlers entwirft von dem Innern derselben und von Strauß' persönlichen Neigungen folgende Skizze: Aus einer teppichbelegten Treppe gelangte ich durch verschiedene Vorgemächer in das «Lttudir- zimmer, vor dessen Schwelle die treuen Begleiter des Künstlers, eine Bulldogge und eine dänische Dogge, lagerten. Von den mit dunkelrothen Tapeten ausgeschlagenen, mit Spiegeln reich ver zierten Wänden blicken aus prunkvollen Golb- rahmen die Portrails berühmter Persönlichkeiten, die dem vielgewanderten Künstler ini Leben nahe getreten. Zwischen und neben den Bildern sielen mir große Lorbcerkränze und andere mit schweren goldenen Blättern und reich gestickten Bändern auf, die eine geschickte Hand sinnig gruppirt hatte. Als »nein Auge an diesen Ehrenzeichen einer erfolg gekrönten Vergangenheit fragend hasten blieb, sagte der bescheidene Künstler: „Es ist eigentlich nicht recht, es sieht bei mir fast aus wie bei einer Balletteuse, aber meine gute Frau legt auf diese Dinge Gewicht und da muß ich mir schon eine solche theatralische Dccoration gefallen lasten." In einer Ecke des hohen, luftigen StudirrimmerS stand der elegante Arbeitstisch, daraus rechts zwischen zwei massiven Lampen und malerisch nachlässig durch einander geworfenen Notenblättern ein Bild des Hnmorisien „Saphir." Straus; benützt die Nachtstunden zum Componiren. Er, der die beschwingtesten Stunden seines Lebens unter blumengeschmücktcn Mädchenköpfen, im festlich illuminirten Ballsaal verbracht hat, vermag nur bei glänzender Beleuchtung in später Nacht stunde künstlerisch zu schassen. Bezeichnend für die Liebenswürdigkeit und Ge fälligkeit des bescheidenen Künstlers, der in seinen, anspruchslosen Acußern und seinem Benehmen weder mit seinem Reichthum noch mit seinen Triumphen prunkt, ist folgende interessante Ge schichte: Eine arme Wittwe in Wien hatte, als sie in ihrem 84. Jahre starb, den Wunsch auS gesprochen, Johann Strauß möchte an ihren, Sarge noch einige seiner schönen Walzer spielen ... Schon wollten die Todtcnträger nach erfolgter priesterlicher Einsegnung die Leiche fortfchaffcn, als mehrere schwarz gekleidete Herren erschienen und am Sarge der Verschiedenen, vor dem abge legenen Vvrftadthäuschen, allerlei übermüthige Tanzmclodien aus ihren mitgebrachtcn Jnstru menten ertönen ließen. Die Leute blieben ver dutzt stehen und zerbrachen sich die Köpfe, waS das zu bedeuten habe. Da meinten einige: „Die Todtc wird wohl halt mol berühmte Tänzerin gewesen sein, denn der „Johann" war da und Hot ihr noch oans aufg'spielt." Auch an Aeußrrungen übermüthigcr toller Künstlerlauncn. wie sie solchen Genies zuweilen eigen sind, hat eS unfern, Strauß nicht gefehlt. ES war iu dem schönen PawlowSk-Garten, wo
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