Suche löschen...
Dresdner Nachrichten : 18.03.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189703185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18970318
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18970318
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-18
- Monat1897-03
- Jahr1897
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 18.03.1897
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«nnqkiwe von «nninbloun ?L, ttiMI.e» V. >K0N» S-Pls IkN' Vattkiilir.e» v, von» uirrNaitnn. ßm>nlan-v. r»°nn. >>-'/,! UtiiMni. WILL« eo Pia, : Dom>«l»eile.mnenn Sinch wi,n,«snnbp «Vsa. «rund,eile lur MnnWe Ml nach Ncknanc» üo Plg. öül äamilirnnalbrichten rc,). v«i. so Pta. nach btlondknm rank. klntwaNiae tlinmlae nur ,egn, Loilttisberaliluna. knkun^iailnaon »rlnno» tümmtlictie namliauc Annonccnbnreanr a» velceliltnier »»i^n mil io Pia. berechnet. ,, ftür Rukkaahr eniaelniibter Tchnil- nucke keine Derbindlichkeil. Pt« Preedner Nachrichten erscheine, täglich Marge»-. 42. Iahrqattst. Itaiikiriiirnttikii m 13 M. M <»> «»»«-« »loilvinv 1u„n«Ii> un«> Iinclt Hin««» keim fnaU6N8lN388S 7. ?d«t»e7spdtscde kMrrte ß i» ^ rslodster Am8valrl bei Lmil ^üriLeks 20 ^ 4»r ^l^xnQlULN-'-^.Ugp). Dresden, 1897 ^r^r?«^r«»r^r«LK«r«k»rrM ^ ^76/6-7 A , von «I>1v<>r>ltlrer IV'irliiin^. 8 so « re OriMNirl-'l'npeten der vrstvu onPiseli. Val» il»>n> eiuphäileil > r,psl«ud>iu ^ V'°>°r1s»tr. 2 I*u1x- itiul Aloilv-Flnßx»«!» ss .1. s>. kt» Klilltii M 6 ifftlilill ßt 8 Z Ii«»t > n»»l ln«»;:» 1812 ^ i I L ilLl,i»11,»I»rilL H liietet 8tet« N»>' (I:>8 hsenests Nlld Beste /.N billigten Kreisen. ^ A ^a»fi1!>r!i6ksr Oatriloe ^7 » U0SVll5l^ 20 ?kjt. in ^7 » ^r»ofmLlVvll. .7. U » !SWSr^MrÄ»rri«rrK^t«K^KrKi^l^j^j4^t.MiKrS^i^SiK^v- IM" Itvluo «lt« VL,»^iiI»r«nnt^v»1ii« "MG 4 (Zpoxinlitül). P » alte, L8Ä« «oi n i» l-iix-innlklasalioil. E Ilrv-telnor I'r«—«Iiot«-,»- ,n ! !<«» 8 U8t 2. I . Unain^vN, . Vriodriclistraese 52. IVilsäriiffer 8tM88e 35. I» ,,8'erLevlü»", s>»'. »>ed. IVttIIdiiIiiiIIn'8 l'iitoiit- V llrnosilcii»!. nnorreieltt. :ci> Ri/ !> ll U iiKuil-,' u.eiu 8oxvu Itir zedeli ! I lirunIilnilioM'N. ^»ninvsrkniit >n'i V.RkilttkelsMk 8k».. VRrku8ti.2E ISüchsiiche Li.ral)lrcchluresorm. .^l'snachrichioii. Äcworl'rvcri'i». vaiidwrskcrvrreiii. Meitzncr Dom. Gerichtsverhandlmigen. V»»« » « » Liilsouie i^onlovt dcr lioiiigl. Kapelle. An die geehrten Leser! Bei der bedeutenden Auflage der „Dresdner Nachrichten" ist eS nothwendig, die Bestellungen aus das zweite Vierteljahr I8S7 bei dem betreffenden Postainte sofort bewirken zu wollen, da andernfalls am ungestörte Fortlicierung bez. rechtzeitige Aculieicrung des Blattes nicht gerechnet werden könnte. He Bezugösiedulir Najserl. Piistaiistatten i»l iNeich.^ekie! vierteljährlich 2 Mart 75 Pf.. '» Lesieneich-Ungarn 2 Al. 53 Kr. und im Auslände 2 Mark 75 Pf- mit entsprechendem Poinui'chlage. Für TreSdc» nimmt die >i»ier;e!cline>e Nleschüsi-chtelle tvälircnd der Ticnststunden Bestellungen zum Preise von 2 Mark 50 Pf- (cinschliest- l!ch Bringerlobn) entgegen. Neu- und Abbestellungen, sowie die Anzeigen über erfolgte Woh- »»»gSveräiiderliiiae» in Dresden, wolle man entweder persönlich n»lmiigcn oder schriftlich — nicht durch Fernsprecher — an die Geschäfts stelle gelangen lassen. Noch vor Ansang deS neuen Vierteljahres beginnen wir in der Belletristischen Beilage mit dein Abdruck deS Romans „Der Biittilerblliler" von Wilhelm von Pole«,;. lieber diesen, „dem deutschen Nährstande gewidmeten" Roman lassen wie hier folgende strtüeilk der Presse folgen: Kiiiisiwart: Das vorlieaendc Bncli bemal nnt» allein das bene t!Seek Aillietins von Pole»:, wnderii emen der bene» Romane der modernen deiilnde» Mitcratiir iibcrbauvt. Univer'iiin: Die arohe Zrage der Stnrarbcweanna. das mvaabar i cianchotiiche Liilken, sclinldlo'e Beilolniuen des anieii ailen Maileriiitandes bi - n>r mll völlige» moraiilchen Nerrüttinig ieiiicr üinallen Generation, das ill es. was >ms dcr Versager in einer erbariiiimaslos ivabrlieiisaeiiiöLen Sälilderunn >,ii> fall üraiiiaiischer Linill vor Äiiae» mbri. >',edeii deiiteiideii <.taalsl»iraer muh das Buch erareisc» und erichutieni. mit ciiiein lieie» .>inniiiiiii ciiütlcii. dan es io ill und io weit kommen durfte und muhte Bs. v Polein tritt mit die'em Werke einen Rieienichritt heraus ans der Malle niodeiiier schm'tneller. all inöchte man iancn. das Blich aebört an» den Arbeitstisch der Männer und irchl ui den Lato». Nur mit vollster kwchachiuna iür des BerianerS liiiilllerischeS Lireden uiid Könncii ivird man das Buch ans dcr üaiid lcaeu. Neue Prcnhiichc tKreut > eieituua: tri» eteil-Roman .dein dcutichen Nährllmidc aewidmet". br iäilldcrl iii dem allen Büttnerdaneril deni iiaaüchen Untergang deS deutichcu Bauernllaiides. m den Büttnericken Lölmei, >!> d Töchtern die Pralclansirung der bäuerlichen Nachkomineiiichail. Die arohe Neid der ?>eit ichaut iiiil verzweifeltem Blicke aus dieien Lebensichiitiglen und aillände». die der Vcriasicr wie kein anderer lebender Dichter keimt, bcarcüt imd darllcllt. Ach wühte dieicmRoviancnur Gustav grciiaa's ..Soll und staden ' zu vergleichen. s ie am l. April neu hinziitrktrnde» Leser erhallen nach Gin- s,r diiiig -es Empjangscheines für die Bczugsgchühr an die Gcschüstsstcllc ii> Diesden die Belletristischen Beilagen, in denen bis zum 1. April der stell,mg de» obengenannte» Romans zum Abdruck gelaugt sein ivird, kostenfrei zugescndek. weschöstSstcllc der „TreSVnrr Nachrichten". Marienstratze 38. Vrvgrschob. Sächsische Wahlrechts-Reform. Dem Vertrage, den kürzlich Herr Landlagsabgeerdneter Fnstizratb Ov>tz-T reuen im Konservativell Verein zu Lcinzig über die 'ächsiiche Wahlrechtsreform gehalten hat, entnehmen wir nach folgende Ausführungen, In keinem der deutschen Staaten hat die Gefährdung von Staat imd Gesellschaft durch die Sozialdemokratie eine drohendere Gestalt angenommen, als in unserem engeren Vaterlandc. Sachsen is! das industriell entwickeltste Land unter den deulichcii Staaten. Voll den Grwerbsthätigen gehören in Sachsen ca. 70 Prozent der Industrie und dem Handel an. Es kann daher nicht Wunder nehmen, das; im Schooste unseres engeren Vaterlands dir Wehen der sozialen Bewegung am erstell und am heiligsten ausgetreten sind. Wie unser Sachsen das Land gewesen, in dem zuerst die Sozialdemokratie als Partei aufgetreten ist, nach den» sich ein Bebel, ein Liebknecht, ein Vollmar gewendet, so hat auch Sachsen zuerst sozialdemokratische Vertreter iu seinem Volksvertretuugskörper geieheu, hat e§ gegenwärtig die meisten sozialdemokratischen Ver trcicr i» der Kammer und lendet unter den deutschen Ländern die meisten in dm Reichstag. Im Laufe des letzten Jahrzehnts aber batten sich die Verhältnisse in dieser Beziehung immer drohender gestaltet, ia so drohend, dich die Zeit abzuiehen war. wo die So zialdemokratie in unserem Volkshansc die ausschlaggebende Partei zn werden drohte. Schon im letzten Jahrzehnt war die Zahl der sozialdemokratischen Vertreter in überraschenden 'Verhältnissen ge stiegen, noch viel mehr würde dies bei den nächsten Wahlen der Fall gewesen sein. Denn namentlich in den städtischen Wahlkreisen waren die sozialdemokratischen Minoritäten Im letzten Jahrzehnt so angewachsen, das; sie voraussetzlich schon bei den nächsten Wahlen sich in Majoritäten verwandelt haben würden. Bei gleichem Wachslhum würden in einigen Jahren »nr wenige städtische Wahl kreise noch in, Stande gewesen sein, Vertreter der Ordnungs- Parteien bei den Wahlen durchzubringm. Es miihtr also bei dem mangelnde» politischen Bcrstänvniß, das die Massen dcr Wähler bekundet, mit der Möglichkeit gerechnet werden, das; unser in Be zug aus Wohlstand. Fortschritt und Ordnung seiner Verhältnisse musterhaft dastehender, von allen beneideter Staat in seiner Ver waltung und der Entwickelung seiner Industrie lahmgelegt und einer Hand voll Leute ausacliescrt werde, von deren Geschick, eine Gesellschaft zu leiten, die Vorgänge auf dem Züricher und dem Londoner Kongres; uns einen ungefähren Vorgeschmack gegeben haben. Ein eindringliches Videant con8ule8 war cS daher, das diese Lage der Negierung und den Ständen znrics. Nun würde es gewiß das kürzeste und gründlichste Mittel sein, um die Massen von ihrer ebenso kindischen als gefährlichen Spielerei mit dem ZukunftSstnat zu kurircn, wenn man ihnen Ge legenheit gäbe, durch die Regierung des Staates einmal ihre Be fähigung ans diesem Gebiete zu zeigen. Leider würde nun eine solche Heilung mit nichts Geringerem als mit der Vernichtung des Wohlstands und aller Ernmgenichasten der Knllur auf ein halbes Jahrhundert hinaus erkauft weiden, und dieser Preis wäre denn doch zu theuer. ES blieb also nichts übrig, als de» Hebel bei dem Dunkle rinzusetzrn. wo die Gefahr sich am drohendsten zeigte, aus dem Gebiete des Wahlrechts. Nicht die Eingebung einer augen blicklichen politischen Strömung: noch viel weniger sogenannte realtionäle Gelüste waren cs also, die eine Eindämmung des so mistbrnnchteii 'Wahlrechts hcrvorgernscn haben, sondern einfach der Zwang der 'Verhältnisse, einfach die Wahl, ob Preisgabe des Staates und dcr Gesellschaft, oder Sicherung von Ordnung und Wohlstand »nler Zurückziehung gewisser gegen Staat und Gesell schaft srivol nnsgebcutetec Rechte ? Gereist wurde der Entschluß, als die sozialdemokratischen Vertreter in dcr Zweiten Kammer sich null gar im letzten Landtag die dreiste Herausforderung leisteten, es solle daS bestehende Wahlrecht beseitigt und ein allgemeines Wahlrecht unter Anshebung jedes EensuS und sogar unter Erstreck ung aus die Franen cingestihrt werden. Unter den obwaltenden Verhältnissen war dieser 'Antrag ein dem Staate offen hingeworfe- ncr Fehdehandschuh, war cs ein eklatanter Beweis für den heraus- soideiiiden Uebcrinnth der sozialdemokratischen Führer, indem sie durch diesen 'Anleng zu crlcnncn gaben, wie ihnen die gegen wärtigen Wahlveehältnisse nicht einmal genügten, wie es ihnen noch zu wenig war, daß sie in kaum einem Jahrzehnt schon die ansschlaggebcude Partei ln dcr Zweiten Kammer sein sollten: die Gewalt sollte ihnen noch früher, sollte ihnen womöglich schon jetzt ansgeliesert werden! Ans diese kecke Herausforderung Ivar die einzig richlige Antwort, daß man thnt, wozu auch ohnedies idie Verhältnisse mlt Nvthwendigkeit drängten, das; ma» dem Zozialdemolralbchen Antrag ans allgemeines Wahlrecht von Seiten der OrdnnngSpartclen mit dem Antrag ans Einschiänkiing des Wahlrechts in einer die fernere gedeihliche Negierung des Staates ermöglichende» Weise beantwortete. Hierzu nab es nun allerdings die verschiedensten Wege. Es konnte in Betracht kommen eine Erhöhung deS Eenins im Wahlrecht nach Ständen, oder das sog. Plnrnlwslem. oder ein Prvportionalwahirecht rc., und innerhalb ;edes dieser Svsteme boten sich wieder die verschiedensten Modali täten. Es Ivar unter solchen Umstünden kein Nachtheil, sondern gerade;» ein Gluck ;n nennen, das; man überhaupt nicht Zeit hatte, die wie Pilze m das Kraut schießenden Vonchläge mit be- baglicher Breite und mit der unS Deutschen ja von früher anhängendcn .Zeriahrenhcit zu berathen. Tic Verhällnisie drängten «ns einen raschen Entschluß, und hierbei kam cs o!S dnrchans wtllkc-mir.encr Umstand entgegen, das; man in dem großen Nachbarstaat Preußen einen Vorgang aus dem Gebiete des Wahlrechts hatte, der eine ebenso lange Geltungs dauer als die Bewährung durch die Erfahrung für sich halte. Gegen über dem Hinweis, das; Preußen unter seinem Dreiklassenwähl- s'.istcm zum ersten Staate Deutschlands geworden, daß Preußen sich der blühendsten F-inan;eii erneut, daß cs Provinzen amweist, die in Bezug ans Industrie Sachsen an die Seite treten können, gegenüber diesem Hinweiie mußte ;edcr Einwand verstummen, daß das preußische Wablwste», sür Sachsen unmöglich sei oder irgend welchem Fortichrltlc hindernd in den Weg treten werde Es war also das Gegebene, dieses System dem neuen sächsischen Wahl gesetze zu Grunde z» legen. Dabei konnte man selbst dem Verlangen »ach Verallgemeinerung des Wahlrechts cntgcgenkonimcii, insofern man auch den bisherigen niedrigen Eenins von 3 Mk. noch fallen ließ.LDie Verblüffung dcr Herren von der Sozialdemokratie war allerdings sür den ersten Augenblick keine geringe, als sie sahen, wie der Pfeil, den sie gegen die Sache der Ordnung abgeschncllt, auf sie selbst ziirücklehlte. Das dauerte aber nicht lange, denn bald hatten sic die csvrache wiedergefunden und donnerten nun mit voller Lungenkrast von ihren Sitzen in der Kammer gegen den Antrag der Ordnungspnrteien los, entfesselten sie ihre ganze Presse gegen das verruchte, sreiheitsmörberisckc Vorgehen dcr Ordnunas- parlcicn, suchten sic in Vereinen und Versammlungen das Volk mit leidenschastlichen Reden gegen den Antrag auizurcizen und Adrcßstürme zu entfesseln. „Das Volk mit uns. mit uns der Sieg" schtoj; einer dcr sozialdemokratischen Führer, mehr selbst bewußt. als von dcr wahren Stimmung des Volles unterrichtet, in der Kammer leine Rede. Die Führer täuschten sich indessen dies mal in den Massen. Tie Massen wurden nicht warni, die Leiden- . . , . . . .. schäften, aut die man spekulirtk, blieben aus. und obwohl in schwer Sozialdemokraten ein Kampfmittel entzogen worden sei. lHeitc, begreiflicher Verblendung auch die Antisemiten noch ihren ganzen keit und Rufe: Hört, hört!) Eine Zusammenstellung aller dieser Einfluß mit den, dcr sozialdemokratischen Führer vereinigten, mußten die sozialdemokratischen Führer doch spälerielbstzuaestehen, daß sie in der Hauptsache vergeblich Reden und Geld aufgebote». Auch dcr Arbeiter hatte sich nachgerade überzeugt, daß es hier nicht galt, seine Rechte zu beeinträchtigen, sondern in seinem eigenen Interesse dem bedrohten Staat zu Hilfe zu kommen. Doch die so wichtige Frage sollte nicht ausgehen, ohne daß auch hierbei dem Bildungsphilistcrium der schuldig^ Zoll gebracht worden. Es war Herrn Pros. Dr. Sohin an der Spitze einer Anzahl Leimiger Professoren Vorbehalten, zu diesem Zeitpunkt noch sein Schlachtroß zu besteigen und mit volltönenden Phrasen im Namen dcr ge kränkten Menschenrechte das Büigertbum zum Kampfe gegen die bösen Stände nnd gegen die böse Regierung anszurusen. Nichts Geringeres als gänzliche Unfähigkeit, nichts Geringeres als Ver rat!) an der Sache des Königs nnd Volkes war es. was dieser so plötzlich zum Bewußtsein seiner politischen Sendung gekommene Gelehrte der Regierung und den Ständekammem vorwarf. In der Thal, wenn man daran dackte, daß mit solchen Vorwürfen ein Mann an die Negierung und die Stände zu treten wagte, dcr bis dahin sich noch nie um unsere sächsischen Verhältnisse gekümmert, der bis dahin dem heißen Kampfe, der in Sachse» mit einer mehr als sonst ansgebildetcn sozialdemokratischen Agitation um die wertlMÜsten Güter dcr Kultur geführt worden, sich gänzlich rem- gehalten, dann fragt man sich billig, was den Herrn der Studir- stlibe berechtigte, solche in ihrer Schwere nicht zu überbletendc Vorwürfe gegen Regierung und Stände zu schlendern. Gottlob aber war cs nicht das deutsche Büraerthum von früher, daS hier aufgernscn wurde. Herr Sohm fand mit seinem Ausruf ein Bürgerthum vor. daS einer mit den reichsten Erfahrungen aus dem sozialen Gebiete cinsgestattcten, von icher von dem größten Wohl wollen gegen die Arbeiter erfüllten Regierung und seinen Ab geordneten mehr vertraute, als Entrnstungsrcdensartm eines Stubengelehrten, die von ebensolcher Unkenntmß der vaterländischen Verhältnisse zeugten, daß sich deren Urheber unmöglich ihrer Trag weite bewußt fein konnte. Die Zurückweisungen, die dem Herrn Professor Sohm damals in der Kammer und dcr Presse zu Tlieil Professor Sohm rühmlos, wie er begonnen war, auch ein rühm loses Ende, er ging aus wie das Hornberger Schießen. Mit dem neuen Wahlrecht wird nicht die Absicht verfolgt, der sozialdemokratischen Partei den Zutritt zn dem vaterländischen Volksvrrlretilngskörvcr völlig zu versperren. 'Aller Wahrscheinlich keit nach werden auch in Zukunft verschiedene Wahlkreise in den Händen dieser Partei bleiben und damit der Sozialdemokratie die Einzelberichte werde demnächst sämmtlichen Einrcliegiernngen zu geschickt, damit dieselben darüber sich ein Urtheil zu bilden vc> mögen, welche Abänderungen etwa an der Verordnung vorzn nehmen seien. Seiner persönlichen Ansicht nach würden solche Ab änderungen vielleicht eintreten können in Bezug auf die Dauer der Arbeitszeit vor Sonn- »nd Festtagen. Für letzt aber könne er jedenfalls nicht in Aussicht stellen, daß die Negierungen in eine Anfheliimgoder 'Veränderung der Verordnung einwilligeii würden denn die Berichte ließen keinen Zweifel darüber, das; überall Im Reiche die Regierungen der Meinung sind, daß eine erst so kurze Zeit nicht allsreicht, nm ein zutresfcndesNrtheil über die Wirkungen der Verordnung zn fällen. — Abg. Hitze sEentr.) bittet, die Zn sammenstellung der Eiiizelberichte auch dem Reichstage zugängig zn machen nnd beantragt, bis dies geschehen ist, den Gegenstand von dev Tagesordnung abzusetzen, zielitdieien Antrag aber zurück, nachdem Abg. v. Kardorsf v. Stumm denselben als eine Vergewaltigung der Minorität erklärt haben. Abg. Bebel nimmt den Antrag aus Ab sctzung wieder anf. derselbe wird aber jetzt, da das Centn»« min mehr dagegen stimmt, abgelehnt. — Abg. v. Stumm begründet seinen Antrag unter Hinweis darauf, daß man bei der Eben indilstrie, wo dieArbelt cine viel schwierigere sei, noch nicht einmal an Anordnung einer Maximalarbeitszeil gedacht habe. — 'Abg. Augst (südd. Vv.) ist gegen eine völlige Aufhebung der Bäckerei Verordnung, hält es aber für zweckmäßiger, an Stelle einer Mapima!- arbeitszeit eine Minimalruhezcit vorzuschrciben. — Abg. Hitze kann sich mit dcr Anregung des Staatssekretärs, sür die Tage vor den Sonntage» und Festtage» Zugeständnisse zu machen, einverstanden erklären, wenigstens zu Gunsten derjenigen Bäckercibetriebc . welche volle Sonntagsruhe gewährten. Für den Antrag Kardorsf könne er aber gegenwärtig nicht slimincii, nm nicht etwa den Regierungen eine falsche Direktive zu geben. — Abg. Hilpert tBailcritbiind» spricht sich gegen die Verordnung ans. — Abg. Hasse erklärt, die nationnllibcrale Fraktion bcdaure. daß der Bundesrath von dcr Befugnis; des K I20o ziini ersten Male gerade an einer unrichtigen Stelle Gebrauch gemacht habe. Mißstände gebe es ia in, Bäckerei gewerbc. aber es fei unrichtig gewesen, die Neglemeittlrung ans den wurden, fanden den niigktheilten Beifall und dir Zustimmung aller Arbeitstag zn erstrecken, «eine Freunde würden daher den Anluig ruhig Denkenden im Lande, und so nahm dcr Feldzug des Herrn Kardorsf mil den, Amendement Stumm annehnirn. — Abg. Viel . . Abg. haben (Res.) beantragte einfache Aufhebung der Bäckerei'vcrocdnnng. mit der die Regierung im sozialdemokratischen Fabrwasser segle und die Bäckermeister in dieses Fahrwasser treibe. — Ava. Schneider erklärt die Zustimmung der freisinnige» Volksparici zn der motivirten Tagesordnung des Abg. Pichler. In namentlicher Abstimmung Wird sodann der Antrag Pichler auf molivirlc Tages ordnung mit 148 gegen 101 Stimmen angenommen. Dagegen Tonnerstllsi, 18. Mär;. Möglichkeit der Verkündung ihres Dogmas auch »erner in der Zweiten Kammer gewahrt sein. Außerdem wird die Umgestaltm z des Wahlrechts zn einem allgemeinen dieser Partei es noch mehr als bisher ermöglichen, bei Landtagswnhleir eine Hcerichau tiöcr ihre Anhänger zu halten. Wohl aber scheint die Gefahr, das; die sozialdemokratische Partei einer gedeihlichen Forlsührung der Re. gierung ernste Hindernisse bereiten oder gar die Marl)! an sich reißen könne, bis aus Weiteres beschworen. Und dieser unter den gegebenen Verhältnissen schon sehr hoch zu veranschlagende Ge winn wird in keiner Weise durch die Besorgnis; beeinträchtigt, daß damit irgend welchem Fortschritte dcr Weg vertreten würde. 'Nach wie vor werden — deß können wir versichert sein — Regierung und Stände niit dem Aufgebote aller ihrer Kräfte bestrebt sein, allen berechtigten Anforderungen, die die Gegenwart au» allen Gebieten, wie insbesondere auf dem Gebiete der Arbeiterfrage, stellt, voll gerecht zu werden. Aenifchreili- nnv Kernfprech-öertchte von, 17. Mär;. Berlin. Reichstag. Zur Berathung steht der Antrag v. Kardorsf nnd Man teufsei. den Bundesrath zu ersuchen, die Bäckereiverordnnng vom -1. März 1890 abzuäildern. — Abg. Frhr. v. Stumm »Reichs;'.' beantragt, hin;uznfügcn: „In einer den be rechttgten Interessen des BäckereigewerbcS entsprechenden Weise.", — Abg. Pichler lEemr.I beantragt: In Erwägung: l. daß bei! den früheren Debatten über den Gegenstand das Bedürfniß einer ^ Abänderung der 'Verordnung von der Mehrheit des Hauses an erkannt sei: 2. daß Erhebungen über den Effekt der Verordnung bnirdesrntliSseitlich angeordnet sei; 3. daß vor 'Abschluß dieser Er hebungen ein Urtheil über die Art der nothwendigen Äendecungen der Verordnungen noch nicht möglich sei, über die Anträge zur Tagesordnung überzirgehc». — Abg. Graf Stolberg (kons.f: Seine Freunde wollten eine gesunde, zielbewnßte Sozialreform, nicht eine solche, die sich von bloßen Theorien leiten lasse. Der Bericht der Arveitsciigilöte-Kommission behaupte eine Gesundgeitsschädlich- keit des Bäckereigewerbes, führe aber dafür keinen '.ichchweis, und in der Thnt sei dies Gewerbe auch nicht gesundheitsschädlich. Seine Partei würde die Sache gleichwohl nicht hier zur Sprache gebracht haben, wenn es sich nicht um ein Handwerk, ein Mittel- Itandsgcwerbe handelte, welches man doch gerade schonen und groß , , , , Die Berichte der Einzelstaaten über die von der Relchsverwaltung angcordnete Enanete liegen letzt vollständig vor: ihr Inhalt über die Wirkungen dcr Verordnung lautet ganz verschieden. Die Ne gierungen sind aber darin einig, daß ein sicheres Urtheil nach so kurzer Zeit noch nicht möglich ist. Die Negierungen von Preußen, Bavern, Württemberg, Hessen, Mecklenbnrg-Strelttz, Brnunschweig, Anhalt und Schwarzburg-Sondershailsen erklären, noch gar kein Urtheil abgeben zu können. Gegen eine sofortige Aushebung oder Aendernng sind Preußen, Sachsen, Württemberg, Renß j L. Schwere Schädigungen werden konstatirt für estrige Bezirke Bayerns, Hamburg, Thüringen: wieder in anderen Gebieten wer den die Klagen der Bäckermeister als übertrieben bezeichnet, wirth- schaftliche Schädigungen ganz bestritten. Die Mehrzahl dcr preußi schen Regierungspräsidenten stelle fest, daß nicht einmal Unbe auemlichkeiten für die Bäckermeister entstanden Wien, und das; sich die Verordnung über alles Erwarten bewährt habe. Ans Winkten, berg liegen Berichte vor, wonach die Bäckermeister die Verordnung geradezu als Erlösung zu betrachten. Verschiedentlich sei eine Ver schlechterung der Beziehungen zwischen Meistern und Gesellen wahrznnehmen gewesen, sowie eure Verstärkung des sozialdemo kratischen Einflusses auf die Gesellen, weil die Sozialdemokraten behaupteten, nur ihnen sei die Verordnung zu verdanken. Anderer seits aber konstatirt eine ganze Anzahl von Regierungspräsidenten, daß eine solche Zunahme des Einflusses der Sozialdemokratie cun die Gesellen nicht stattgesunden habe, im Gegentheil, das; der ^7 L5 <!t-1
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite