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Dresdner Nachrichten : 03.04.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189704036
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18970403
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18970403
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1897
- Monat1897-04
- Tag1897-04-03
- Monat1897-04
- Jahr1897
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- Dresdner Nachrichten : 03.04.1897
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42. Jahrgang. C)«. HaNist«,«»»» kr. tl»j»»Utr da, ,o» k»et>,,ll ElkvovL»«!«»», Tl»v»o», FD«»8Vrt». Linrolvvrkank 2. »llgll SoM NoM»k»r»ot LItw»rkt.8«v8trLS8vl. Dresden, 1897. LtrLmpto lkraxan .8ds«la Sroasedodo Vsdsrrvaade. Vl S«1>t8 tür 84«»«taiiiv. viztsv HitWktioltl, MntWteW« 14. v»p«t«n. -<»- kaplsr-rsdrtk-Lszvr *- ksplvr-Srv88oIumä!M8 ^.ZIL ^VS / 6 ^ »Ilvr kortou und l'^rltiinpl^rv, ^armat, ^ und Nolisn in »Ui,» Ur»««n. X<Iir< t>>-, I»«»t-, nnil I in »r>»I»L-I«u>>I«rt. Imttlrt. — I<I»<>Irr>t — «l»t — und Ituttvr- I», rxiumont. nnd s,»n>>>i;v I»p>»p>«,r<. üolvxonlisitapostan. — vllUxoto I'roia». — I-rompiaota »odionunx. k. »eilii'iet! SriHiel lieiik8ll! I^ntr- unä ^Io«Iv««nr^nk>»»», ilüMellß ^Vnl8VIlImu»8tr. 30,1'ornKpr. I, 3390. VnpIiMAAi'shN Os« Liosruß sLwwUiokor ckoiitsokvu iil»I vllklisol>oll kür^eliel ^ 8<:l>n«it!o?. L U^ll«a»L vtL. rrMLkrs-I»si>Il«itvll rsigs» «t«-li°ii,l -II. --- ->jr <«»» Ministerium Badeni und Tr. Lueger » NVikgrt. Klotzsche-Kvnlgsbrück, Bezirksausschuß, Politische«. Graf Badeni, der zweite Taaffe, scheint die Schule seines staatS- männischen Vorbildes auch in seinem besonderen Verhalten gegen über dem Deutschliberalismus oder Deutschkortschrittlerthum, wie da? Kind jetzt heißt, getreulich befolgen zu wollen, indem er an den stattlichen Nesten jener Partei dasselbe Entelgnungsverfahren übt, mlt dessen Hilfe Graf Taaffe seinerzeit der damals noch herrschenden Partei die Mehrheit entriß. Die Lage soll klar und deutlich dahin marklrt werden, daß der Deutschliberalismus für Oesterreich nicht mehr regierungsfähig ist: so wird man die zu nächst überraschende Meldung der Wiener „Neuen freien Presse" benrtheilc» müssen, nach der das Ministerium seine Entlassung ge geben habe, well die Verhandlungen wegen der Bildung einer parlamentarischen Mehrheit unter Heranziehung der fortschritt lichen Fraktionen gescheitert seien. Diele Auslegung wird nicht nur durch die in der letzten Zeit verfolgte Gejammtpolitik Badenis unterstützt, sondern sie erhält überdies einen zuverlässigen Anker durch die weitere Mittheilung, daß Badeni dem allgemeinen Er warten nach wieder mit der Kabinelsbildung betraut werden solle. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch der zeitliche Zusammen hang der Demission des Kabinets mit den Ereignissen, die sich im Wiener Gcmeinderath abspielen, nicht als bloße Zufälligkeit. Die durch die Persönlichkeit des Dr. Lueger bezeichnet« parteipolitische Bewegung kann fortan nach dem völligen Versagen des Teutsch- liberalisinuS für die Erwägungen und Entschlüsse der Wiener Re gierung nicht mehr als unmaßgebliche Masse betrachtet werden: das ist die Quintessenz der augenblicklichen innerpolltischen Lage in Oestercelch. der das Ministerium durch Stellung der Kabinets- frage offenbar einen bestimmten und unzweideutigen Ausdruck geben will. Deshalb konzentrirt sich zugleich mit der Regierungs krise das allgemeine Interesse aus die Veränderung, die sich in der Leitung der Stadt Wien zu vollziehen im Begriffe steht, weil von ihr eine weitergreifende innerpolitische Wirksamkeit ausgehcn dürfte. Mit einer Beharrlichkeit, für die eine Gefahr des Absturzes nicht vorhanden zu sein scheint, steigt der „Herr von Wien und Niederösterreich" von Staffel zu Staffel auf der Leiter des Er folges empor. Von der Stadt Wien zog Herr Dr. Lueger siegreich in den niederösterreichischen Landtag ein und jetzt haben ihn auch die niederösterreichischen Reichsrathswähler mit einer imposanten Vertrauenskundgebung auf den Schild erhoben. Eines aber hat dem von der Volksgunst io hoch emporgelragenen ehemaligen Advo katen bisher doch noch gefehlt: die Erlangung der obersten Würde in der Reichshauptstadt, die Bürgerkrone der Gemeinde Wien, die er wie ein moderner Cäsar aus höheren politischen Rücksichten mehrmals zurückschiebe» mußte, obwohl der unerschütterliche Wille seiner Anhänger sie ihm wieder und wieder auf das Haupt setzen wollte. Herr Dr. Lueger ließ sich durch den Elfer seiner Freunde nicht verleiten, eher zuzugreisen, als bis der rechte Augenblick ge kommen sein würde. Er kannte und befolgte den Grundsatz, daß Geduld das Geheimnis des Erfolges ist. Jetzt ist sein Zuwarten endlich belohnt worden. Herr Strobach geht und Herr Dr. Lueger wird in kurzer Frist seinen Platz einnehmen. Viermal ist Tr. Lueger bereits zum ersten Bürgermeister Wiens gewählt worden: am 29. Mai. am 29. Oktober und am 13. November 1895 und am 18. April 1896. Als die Wahl Lueger s zum ersten Male stattfand, glaubte die Regierung der ihr »nbeguemen Entwickelung der Dinge noch mit einer Kraftprobe beikommen zu können, indem sie den Gemeinderath auflöste und die Verwaltung der Stadt bis zu den Neuwahlen einem Re- gierungskommiffar übergab. Das Mittel zog aber nicht, sondern brachte nur Herrn Dr. Lueger eine verstärkte Mehrheit, die Ihn dieses Mal bewog, nicht wieder zu verzichten, sondern die Sache instanzengemäß zum AuStrag zu bringen. Das Ergebniß war, daß dem Gewählten die kaiserliche Bestätigung versagt wurde, worauf Graf Badeni im Abgeordnetenhause die begründende Erklärung ab gab, daß er die Wahl Dr. Lueger'- zum Bürgermeister von Wien dem Kaiser zur Bestätigung nicht habe Vorschlägen können, weil „die erforderliche Bürgschaft für eine streng objektive, sachliche, von jedweder agitatorischen Tendenz freie, allen Klassen der Be völkerung gegenüber gleichmäßige, den Anforderungen der Autorität volle Rechnung tragende Führung der Verwaltung nicht außer Zweifel stehe". Fünf Tage später war Dr. Lueger wiedergewählt und abermals wurde der Gemeinderath helmgesendet. Es half aber Alles nichts. Auch die znm 4. Male erneuerten Wahlen er gaben dassclA Resultat, indem sie ans den Namen Lueger eine geschlossene Mehrheit vereinigten. Um diesem nachgerade unhalt bar gewordenen Zustand ein Ende zu machen, appellirte Gras Badeni von dem politischen Agitator und VolkSmann Lueger an den Taktiker und Regiernngskandidaten Dr. Lueger und zwar mit Erfolg. Herr Dr. Lueger wurde zum Kaiser befohlen und brachte von dieser Audienz den Entschluß mit. auf die Annahme der zum vierten Male auf ihn gefallenen Wahl zu verzichten — aber nur einstweilen. Inzwischen wurde Herr Strobach zum Strohmann bestellt und Dr. Lueger behielt Zeit, der Negierung durch unauf haltsames Jortschretten auf seiner politischen Siegeslaufbahn zu beweise», daß er unüberwindlich sei. Als ehemaliger Advokat hatte er den ihm ausgestellten Wechsel auf das Wiener Bürgermeisteramt rechtzeitig protestier und ihn dann in seinem politischen Porte feuille wohl verwahrt, um jederzeit seine Forderung gegen die Re- Hofnachrtchten, Stadtverordnetensitzung. Victoriasalon, Bahn Gerichtsverhandlungen. „Der Prophet." Thekla von Gumpert s. Mnthmaßliche Witterung Trübe, kalt. gicrnng geltend machen zu können. Zugleich ließ er Herrn Stro bach bei seinem Amtsantritt die ausdrückliche Erklärung ak>geben. daß seine Amtsführung nur als eine provisorische zu betrachten sei. Auf der anderen Seite ließ die Negierung durchblicken, daß die von ihr gehegten Bedenken wegen der administrativen Befähigung Dr. Lueger'S hauptsächlich auf seine politische Bethätigung in Ausübung seines ReichSrathSmandats sich gründeten. Auch ver lautete, eS sei an Dr. Lueger direkt das damals von ihm zurück» gewiesene Ansinnen gestellt worden, gegen die Gewährung der Be stätigung auf daS Neichsrathsmandat zu verzichten. Wenn man sich die bezeichnet«» Vorgänge in die Erinnerung zurückrust, so wird nichts Ausfälliges darin gefunden werden können, daß gleichzeitig mit dem Rücktritte des Bürgermeisters Strobach die bestimmte Meldung auftaucht. Dr. Lueger wolle von der ferneren Ausübung seines Abgcordnetenmandats absehen. Dr. Lueger ist offenbar der Meinung, daß jetzt seine Zeit für den Wiener Bürgermeisterposten gekommen sei, und er will deshalb aus dem Wege, der zum Wiener Rathhause führt, jedes Hinderniß hinwegräumen. Wenn er dann seinen Wechsel auf das Bürger meisteramt aus dem Portefeuille nimmt und ihn dem aus dem Jegesener der Demission gereinigt hervorgegangenen Grasen Badeni schmunzelnd präsentirt, wird dieser ihn einlösen, ohne sich einen Augenblick länger zu besinnen. Das ist nicht zu bezweifeln, weil der Ministerpräsident die Stimmen der Partei Lueger für den Ausgleich so nöthig braucht, wie die Butter auf's Brot. Herr Dr. Lueger aber wird, wenn er erst einmal weich gebettet im Wiener Stadthause ruht, auch kein Unmensch sein, sondern leinen und seiner Freunde Haß gegen Ungarn soweit dämpfen als nöthig ist, nm das Ei des Ausgleichs gar zu kochen, ohne es vor allzu großer Hitze in die Gefahr des Zerspringens zu bringen. So stehen die Sachen zur Zeit und weder dem Grafen Baden!, noch dem Dr. Lueger kann es von vernünftigen Leuten verdacht werden, wenn sie als reale Politiker aus den Dingen machen, was gemacht werden kann. Insbesondere die Deutschliberalen, die über die neueste Wendung zornmüthig ausbegehren, haben am aller wenigsten Ursache sich zu beschweren. Wenn ihre antisemitischen Gegner jetzt in der Ausgleichsfrage einlenken wollen, um sich regierungsfähig zu machen, so opfern sie dadurch doch nichts von ihren grundlegenden Prinzipien, wie das bei den Liberalen zu einer kläglichen und mümmelgreisenhasten Gewohnheit geworden ist. Erst in diesen Tagen haben die unter dem Namen Deutsch- sortschriltler hausirenden Restanten des Deutschliberalismus ihren Namen wiederum zum Gespött gemacht, indem sie zu der böhmischen Sprachenverordnung des Grafen Badeni statt des allein zulässigen kategorischen „Nein" ein weinerliches „Ja" sagten, mit dem „festen" „inneren" Entschlüsse. eS nun aber auch ganz und ganz und ganz gewiß nicht wieder zu thun. wildern das nächste Mal sicher mit „Nein" zu stimmen. Natürlich wird es auch bei der nächsten Ge legenheit wieder nichts, sondern die waschlappige Natur dieser Sorte von Politikern gewinnt allemal die Oberhand. Am deut lichsten offenbart sich die weit vorgeschrittene Kernsäule der Ueber- bleiUel des Deutschliberalismus an den Ergüssen des ehemals führen den Wiener Organs der Partei, der „Neuen Freie» Presse". Angesichts des schweren Ernstes der Lage findet dieses Blatt den Muth, über den Rücktritt des Bürgermeisters Strobach und seine iuoerpolilischen Fol gen in einer BMe zu witzeln, die von Blasphemien förmlich strotzt und das christliche Empfinden aus das Aeußersle heraussordert. Und solche Elemente wollen sich darüber beschweren, daß Graf Badeni und Dr. Lueger sich aut halbem Wege entgegenkommen nnd sich die Hand zum Bunde reichen? Man braucht deswegen nicht in den Fehler zu verfallen, daß man Herrn Dr. Lueger und seine Lente als eine Art von Ueber- menschen betrachtet, und Alles, was sie sagen und thun, wunder schön nnd einwandsfrci findet. Im Gegeniheil, eS sind auch auf dieser Seite manche greifbare Mängel vorhanden, unter denen in erster Linie der „nrgcmüthliche" alias sackgrobr Ton zu nennen ist, den die antisemitische Partei nicht nur im Wiener Gemeinderath, sondern auch im niedervsterreichischen Landtag und sogar im Abge ordnetenhaus,: eingeführt hat. Im Abgeordnetenhause ist es in folge dieser bisher ungewohnten Weise zu debattire», in neuerer Zeit mehrfach vorgekommen, daß daS Präsidium die Leitung der Verhandlung nicht mehr in der Hand behalten konnte, sondern die Zügel thatsächlich Herrn Dr. Lueger überlassen mußte. Allerdings zwingt dle Gerechtigkeit zu der Anerkennung, daß die Leidenschaft lichkeit des von antisemitischer Seite angeschlagenen Tons in den alles Maß übersteigenden Herausforderungen der christlichen Be völkerung durch die korrupte Judenwlrthichaft der letzten Jahr zehnte eine erhebliche Entschuldigung nnd zum Theil sogar Recht fertigung findet. Gleichwohl kann das unausgesetzte Verweilen in einer solchen Atmosphäre nicht förderlich für die Ausbildung der jenigen Eigenschaften sein, die zu einer staatSerhaltenden positiven Regterunaspolitik und vor Allem zu der gedeihlichen Verwaltung einer umsangreichen Gemeinde befähigen. Deshalb zeugt es von Klugheit und Mäßigung, wenn Herr Dr. Lueger sich das Wiener Bürgermeisteramt, das ihm voraussichtlich die Pforten in noch höhere Regionen öffnen dürfte, nicht durch eigensinniges Beharren aus einem Wege verscherzen will, der zwar volkSthümliche Lor beeren abwiift, aber einen höher reichenden Ehrgeiz nicht zum Ziele führt. Kern schreib- «nd Aer»sprech-Vertchte vom 2. April. Berlin. Reichstag. Ans der Tagesordnung stehen Gesetzanträae. zunächst der Antrag Llebermann v. Sonnenberg (Res.). die Regierung nm Einfühlung eines Gesetzes zu ersuchen betr. die Wiedereinführung der konfesion eilen Eides formel. — Abg. v. Lievcrmann: Je traurigere Erfahrungen man mit Meineiden und fahrlässigen Eiden mache, um so noth- wendiger sei es. den Eid mit konfessionellen und religiösen Garantien zu umgeben. — Abg. Logtherr lSoz.): Tie einfache Er klärung : Ich schwöre I. wie sie z. B- in Italien gefordert werde, einige vollständig, — Abg. Lieber (Cntr.): Meine Freunde eiden zunächst Alles von diesem Antrag ans, was nach Antise- Somtliberw, 3. Apnr«. milismns schmeckt, dem Antrag selbst stimme» wir zu. Für »n8 hat der Eid im Gerichtssaal eine religiöse Bedeutung, wir wollen aber durchaus auch den Anschauungen Derer entgegenkommen, die aus dem Boden des Vorredners stehen nnd Diejenigen, die offen bekennen, daß sie nicht an den persönlichen Gott im weitesten Sinne des Wortes glauben, nicht nöthigen, einer Aufforderung, wie sich der Vorredner ausdrückt, zur Heuchelei zu folgen, wir haben nichts dagegen, daß solche Lente an Stelle der Anrufung GotteS setzen: „Bei Vermeidung von 15 Jahren Zuchthaus? Redner tadelt weiter, daß zu häufig wegen geringfügiger Sachen Eide abgenommen würden. — Aba. Lenzmann (steil. Volksp): Der Antrag richte sich, wie aus den Ausführungen des Antragstellers sich ergeben habe, offenbar nur gegen den Judeneid und seinen Ausfluß antisemitischer Gesinnungen (Zurufe: Verleumdung! Große Unruhe links). Redner fährt fort: Ich habe keine Mittel, mich gegen solche Flegelei zu vertheidigen. (Präsident v. Buol er klärt den Zwischenruf „Verleumdung" als höchst ungeeignet.) Redner bekämpft sodann das Verlangen nach Wiederaufhednng des einheitlichen Eides, schließt sich aber dann dem Verlangen Lieber'S nach Beschränkung der Eidabnahme, Verringerung desselben bei Bagatellsachen, an. Dieses Verlangen sei indeß schon bei der letzten Strafprozeßnovelle besprochen worden, und wer habe denn diese Novelle zu Fall gebracht? Er hoffe bestimmt, daß diese im nächsten Jahre wiederkehre. Den vorliegenden Antrag lehne er unbedingt ab und halte ihn nicht einmal der Ehre einer kommissa rischen Berathung für würdig. — Abg. Gras v. Bernstorff-Lauen- bury (Neichsp.f tritt entschieden für den Antrag ein, Ein Eid ohne Religion sei etwas ganz Unmögliches. Es gebe so schwere Fälle, daß ein Anrufen Gottes gar nicht entbehrt werden könne: ein religionsloser Eid sei kein Eid mehr. (Präsident Buol: Aus dem Stenogramm ersehe ich. daß, ehe ich den Zwischenruf des Abg. Grase rügte, der Abg. Lenzmann denselben bereits als eine parla mentarische Flegelei vezeichnete. Ich glaube, der Abg. Lenzmann hätte mir Wohl einigermaßen Zeit lassen können, die Rüge ans- zusprechen und mit seiner Verlheidigiing zurückhaltcn sollen. Ich muß auch diese Art der Vertheidigung ernstlich tadeln.) — Abg Hofmann (nat.-lib.) erklärt sich Namens seiner Freunde gegen den Antrag, der offenbar eine antisemitische Tendenz habe, und die konfessionellen Spaltungen eher verschärfen als adschmächen könne. — Abg. Schall lkons.) erklärt die Zustimmung seiner Freunde zu dem Antrag. Dieser habe nicht die von dem Vorredner nachgesagte Tendenz, sondern vielmehr dem Eid einen religiösen Eharakter zurückzugeben, der Eid sei und bleibe ein eminent religiöser Akt. Es gelte auch hier wieder, wie bei der fakultativen Civtlehe. daS sittliche Volksleben zn stärken und dem religiösen Eid seine Stell ung wieder zu geben. — An der weiteren Debatte betheiligen sich noch die Aogg. Rickert (freist Ver.), Wittichenau (Soz.), Lieber (Centn) und Schall (konst). — In seinem Schlußwort bemerkt Abg. Liebermann, er habe von vertrauenswürdiger Seite gehört, Lenz mann habe sich einmal geäußert: „Das habe ich Eugen immer ge sagt. den Antisemitismus hätten wir eigentlich machen müssen. (StürmischeHeiterkeit.) — Abg. Lenzmann bestreitet, solche Acnßer- ung jemals gethan zu haben. — Abg. v. Liebcnnann versichert, die Quelle, ans der er die Mittheilung habe, sei durchaus ver trauenswürdig, persönlich wolle er Heim Lenzmann die Quelle nennen. — Abg. Richter (freist Volksp.): Zn mir hat niemals Jemand eine derartige Aeußcrung gethan, wie sie angeblich Lenz mann zu mir gethan haben soll, tieberdies meine ich, daß tue Wiedergabe solcher Erzählungen wie diele passender ist für gewisse alle Damen als für Abgeordnete. (Stürmische Heiterkeit.) — Der Antrag Lieberman wird gegen die gelammte Linke angenommen. — Es folgt die Berathung des Antrags Gras Hompesch und Gen. über Aufhebung desIesuilengesetzes. Hierzu liegen gleichlautende Anträge der Abgg. Graf Limburg (kons.) und Rickert (stets. Ver ) vor, welche dahingehen, nur den 8 2 des Jesuitengesetzes, also die Befugniß zu Ausweisungen znheben, sodaß also das V Ordensthätigkeit, A 1, bestehen (Centr.) erklärt, daß seine Partei die Anträge Limburg-Rickert als eine Abschlagszahlung annehme und dafür stimmen könne, wenn er auch die Wünsche seiner Freunde nicht völlig befriedige. Das Centrnm bestehe nach wie vor auf Abschaffung des ganzen Gesetzes. — Abg. Rickert (freist Ver.): Er könne für den Antrag Hompesch nicht stimmen, aber der 8 2 habe entschieden etwas Verletzendes für dre katholische Bevölkerung, deshalb wolle sein Antrag diesen Stein des Anstoßes aus der Welt schaffen, um wenigstens In diesem Punkte den berechtigten Gefühlen nnseker katholischen Mitbürger entgegen zu kommen, — Abg. Graf Limburg (kons.) erklärt, seine Partei sei gespalten. Einige würden für seinen Antrag stimmen. Einige dagegen, ein Theil werde beide Anträge ablehnen. — Abg. v. Marauardse» enat.-lib.) erklärt, die Nationallibcralen hielten an Ihrem früheren gänzlich ablehnenden Standpunkt gegenüber dem Antrag fest, dagegen würden sie für den Antrag Rickert stimmen. — Abg. v. Vollmar (Soz.) erklärt, die Sozialdemokraten hätten stets gegen alle Ausnahmegesetze gestimmt, sic fürchteten auch die Jesuiten nicht Io. wie das die Nationalliberalcn thäten und scheuten sich nicht, dem Centrum in den Jesuiten einen neuen Kämpfer beizustellen. Sie würden deshalb für den Antrag Hompesch stimmen. — Abg. v. Stumm (Reichst») erklärt, die Reichspartei lehne alle Anträge ab, denn hebe man 8 2 auf, so sei 81 undurchführbar. — Abg. Lieber (Centr.): Also nur eine einzige Saute bleibt noch von der vertchwundenen Pracht: Herr v. Stumm und seine Freunde. (Heiterkeit.) Der Bnndesrath sollte wenig stens die Frauen von diesem Ausnahmegesetz befreien, damit die Frauen vom „heiligen Herzen Jesu" nicht noch länger verurtheilt feien, im Ausland das Brot des Elends zn essen. — Nach einer längere» Geichäftsordnungsdebntte über die Art der Abstimmung wird beschlossen, beide beantragte Gesetzentwürfe Hompeich einer seits und Limburg-Rickert andekerfeits zur Abstimmung zu bringen. Der Antrag Hompesch wird angenommen gegen Konservative, NeichSpartes und Nntionallibernle nnd einzelne Freisinnige. Der Antrag Rickert-Limburg wird angenommen gegen Neichsparteiler und etwa vier Konservative. — Es folgt die zweste Lesung des Margarinegesetzes. 8 4 handelt von der Trennung der Produktionsaufbewalirung. sowie Verpackungsräume für Butter und Margarine. Ein Antrag v. Ploetz (kons.) will auch die Trennung für die Verkaufsräume wieder Herstellen, wenigstens für Orte mit 5900 oder mehr Einwohnern. — Abg. v. Grand-Rh (Centr.). der den gleichen Antrag gestellt hat. empfiehlt denselben zur Annahme. — Abg. Fritzen (Eentr.) spricht sich gegen diese An träge aus. weil die Trennung der Verkaufsräume vielleicht gerade von dem Butlervertrag abhängig sein werde und jedenfalls die kleinen Gewerdlreibendcn durch solche Trennung geschädigt würden. — Abg. Gallcr (jüdd. Volksp.) äußert sich über das ganze Gejetz in - 2ß. SS S2 ZM <7V ^ v- AZp« Z cs Z» Z-kL? SKssx 5 L
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