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Dresdner Nachrichten : 18.05.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189705189
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18970518
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18970518
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-18
- Monat1897-05
- Jahr1897
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 18.05.1897
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In Frankreich vollzieht sich wieder einmal einer jener sprung artigen Stimmungswechsel, die für das Getriebe der französischen Politik bezeichnend sind. Für die breitere Oeffentlichkeit deutlich erkennbar ist dieser Umschwung erst durch die vielfachen Ungehürig- keiten geworden, deren sich französische Preßorgcme anläßlich der Spende deS deutschen Kaisers zu Gunsten des von dem groben Brandunglück betroffenen WohlthütigkettsbazarS in Paris schuldig gemacht haben. Die eigentliche Ursache der Erscheinung liegt aber tiefer und zwar in den verwickelten Verhältnissen der orientalischen Frage, in der Frankreich durch seine bisherig« Haltung seinen Interesse» und Traditionen nicht entsprochen zu haben glaubt. Es ist interessant, rückschauend zn verfolgen, mit welcher unerbittlichen Logik die natürliche Gewalt der Thatsachen das gekünstelte System der bisherigen französischen Orientpolitik Schritt für Schritt in's Wanken gebracht hat. Zuerst hatte es nach dem Besuch des Kaisers Nikolaus in Paris ganz den Anschein, als wollte die fran zösische Republik im Orient mit vollen Segeln den russischen Kurs steuern. Kaum aber begonnen die Sachen sich hart im Raume zu stoßen, jo kam es auch schon anders, als der schöne Gedanke der russisch-sranzösischen Freundschaft es ausgeheckt hatte. Mit allem Nachdruck verkündete die französische Presse wochenlang, die Aus- rollnng der egyvtischen Frage stände unmittelbar bevor, aber im letzten Augenblick winkte Rußland ab. Die dadurch erzeugte Ver stimmung wurde noch vermehrt, als auch die französischen Vor- darüber von Petersburg auch nur eine^ Andeutung nach Patts gangen wäre, da machte vollends ein Theil der^französische " ' r so ui er- „ „ ... . >en Presse aus ihrer Enttäuschung kein Hehl mehr. Der Riß. der so in die französisch-russische Freundschaft gekommen war, wurde noch be. deutend erweitert durchidie von Rußland in geradem Gegensatz zu Frankreich beliebte Behandlung deS griechiichcn JriedenSbruchs gegenüber der Türkei. Angesichts der Sprache, die solche That- sachen reden, wollen die paar höflichen Redensarten, die Kaiser Nikolaus nachträglich an den Präsidenten Faure aus Anlaß des Pariser BrandunglückS gerichtet hat, wenig besagen. Sie vermögen nun und nimmermehr die Welt darüber zu täuschen, daß es zwischen Rußland und Frankreich nicht mehr ganz im alten Rechte steht Je heiliger der Zom über diese Wendung der Dinge in fran zösischen Gemüthern auswallt, je mehr ihnen die eigentliche Lage zum Bewußtsein kommt, desto lebhafter thut sich auch die in sol chem Falle nicht zu unterdrückende Neigung kund, einen Sünden bock herauszusinden. Niemals wird der Franzose zugeben, daß er selbst etwas verschuldet hat. ES muß allemal ein anderer gewesen sein. Wer in aller Welt aber könnte Frankreich in der augenblick lichen Phase der internationalen Politik in den Hintergrund ge drängt haben, wenn es nicht der deutsche Kaiser wäre? Kaiser Wilhelm ist an Allem schuld: er hat die Blockade deS Piräus vor- acschlaaen und ist in ffedem Stadium des griechisch türkischen Konflikts aus dir Seite Rußlands getreten, blos um Frankreich zu ffolire». Das ist die fixe Idee, von der die Franzosen sich zur Zeit beherrschen lassen und die leider ganz ersichtlich bereits ihre Wirkung auf die auswärtige Politik Frankreichs zu äußern be ginnt, indem sie die Bahn zn einer englisch-französischen Annäher ung freigemacht hat. Thatsächlich haben die Beziehungen "rankreichS zu England augenblicklich einen direkt reundschaftlichen Charakter angenommen. Dieser Umstand muß für die nächste Zukunft sorgfältig im Auge behalten werden, weil er den Schlüssel zu manchen Vorgängen im Orient bilden dürfte, die sonst vielleicht räthselhasi erscheinen würden. Man wird r. B. gut lhun, unter diesem Gesichtspunkt auch die Friedensveryandlungen der Türkei mit Griechenland zu betrachten und die neuerdings wieder bis in's Unerträgliche gesteigerten An maßungen Griechenlands aus der mindestens stillschweigenden Er- muthiguug zu erklären, die den griechischen FttedcnSbrechern durch die englisch-französische Konstellation zu Theil Von der Stärke der plöl " ' landsrrnndschaft kann man si erfährt, daß jüngst aus nmtli . . . kennbarer Geuugthuung berichtet wurde, der deutsche Reichskanzler Fürst Hohenlohe habe bei seinem Besuche bei Hanotaiir diesen nicht zu bewegen vermocht, Frankreichs Unterstützung in Transvaal zu- zusagcn gegen Vas Versprechen einer deutschen anti-englischen Aktion m der egyptischen Frage. Die französische Negierung glaubt also im Interesse ihrer Existenz sich öffentlich gegen den Verdacht wehren zu müssen, daß sie etwas geaen England unter nehmen könne. Zu dem Zwecke giebt sie ohne Bedenken die wich tigsten französischen Interessen preis und bemüht sich, gerade die empfindlichste und verwundbarste Stelle der englischen Weltmacht mit oem eigenen Leibe zu decken, nachdem kaum ein Jahr ver gangen ist. seit dasselbe Frankreich Miene machte, mit Hilfe Ruß lands einen tödtlichen Streich aus die englische Achillesferse in Egypten zu führen I Der gleiche englische Einfluß zeigt sich bei der Behandlung der Transvaalsrage durch die franzM ES ist kaum glaublich, aber wahr, daß angesehene Blätter schon seit Wochen die Buren heruntermachen gutes Haar an ihnen lassen, um die Engländer ihnen gegenüber ins Recht zu setzen. Die Franzosen in Südafrika selbst haben über diese Unvernunft ihrer Landsleute den schärfsten Tadel aus gesprochen und rund heraus ihrer Ueberzenaung Ausdruck gegeben, daß die fraglichen Blätter durch englisches Geld erkauft sein müßten. Ebenso sind die in Egypten ansässigen Franzosen über die verständntßlose Polilik ihrer Regierung gegenüber England empört und dort sowohl wie in Südafrika sympatyisiren sie durch weg mit den Deutschen, weil sie die deutsch-französische Interessen gemeinschaft auf diesen Gebieten klar erkennen. Für die kontinentale Politik gegen England bedeutet die eng lische Ueberrumpelung Frankreichs — es ist zwecklos, das ver tuschen zu wollen — eine wenig erwünschte Episode. Lord Salis bury hat sich die Verstimmung der französischen Diplomatie darüber, daß die — notabene kirchenfeindliche — Republik ihre führende Rolle als christliche Vormacht im Orient eingebüßt habe, geschickt zu Nutze zu machen verstanden, indem er Herrn ? zu »überzeugen" wußte, daß nur an der Seite Eng' wird. Hanotaux davon gland- Frankreich seine ehemalige Stellung im Orient wieder erobern könne. Gleichzeitig aber hat man von London aus nicht versäumt, neben der Freundschaft für England auch die Feindschaft gegen Deutsch land in Frankreich nach Kräften wieder anzufacken. Das macht die englisch-sranzösische Annäherung für uns besonders beachlenS- werth. ES muß aufsallen, daß die neuerlichen Ausbrüche deS Chauvinismus gegenüber Deutschland in der französischen Presse nicht mit der spontanen Gewalt einer psychologischen Katastrophe aus einmal erfolgt sind, sondern nur langsam und zögernd, erst hier, dann dort sich hervorgewagt haben. Herrschte doch zuerst sogar eine sympathische Beurlheilung der jüngsten Beweise des ritterlichen Sinnes unseres Kaisers gegenüber der französischen Nation vor l Das fordert nicht bloS den Verdacht heraus, sondern führt geradeSwegs zu der Verrauchung. daß von englischer Sette geschürt worden sei. um die chauvinistischen Leidenschaften gegen Deutschland wieder auszustacheln. Diese Vermnthung muß zur Gewißheit werden, wenn man den ferneren Umstand berücksichtigt, daß die jetzigen Hetzblätter so ziemlich dieselben sind, die wegen ihrer burensetndlrchen Haltung in der Transvaalsrage von ihre» eigenen Landsleuten in Südafrika der Bestechung durch englisches Geld beschuldigt werden. Schon in früheren Jahren ist das eng lische Bestreben unausgesetzt dahin gegangen, die französische Revanchriust wach zu halten, um den Kontinent in zwei feindliche Lager zu theilen. Als dann dieses Mittel nicht mehr recht ver fangen wollte, sachte England fortwährend Brände im Orient an und jetzt, wo sein frevles Spiel auch dort durchschaut worden ist und Petersburg und Wien sogar eine Vereinigung mit unverkenn barer Spitze gegen England geschlossen haben, fängt das englische Jntrigirantenthum wieder in Paris an zu wühlen. Die politische Hysterie, an der die Franzosen leiden, bereitet vrn englischen Be mühungen einen gewissen empfänglichen Boden, der bereits die ersten Früchte in Gestalt der letzten Ausfälle gegen Deutschland hat reisen lassen. Wir können gegenüber dieser neuesten Entwickel ung in Frankreich nichts weiter thun als ruhig und unbeirrt nniere zielbewußte Friedenspolitik an Rußlands fortsetz«!. Dann werden der Seite Oesterreichs die Thatsachen schon und das Ihrige thun. um Frankreich zu überzeugen, daß ein französisch- englnches Einvernehmen eine 8noiot,ns leaninn, ein Vertrag zwischen einem Löwen und einem Esel ist, bei dem die französische Republik nicht die Rolle des Löwen spiest. Um keinen Preis aber darf Deutschland sich verleiten lassen, das e filsch-französische Coullffenspiel durch eine Frontveränderiing seiner eigenen Politik gegenüber England durchkreuzen zn wollen. Kernschreib- und Kernsprech-Verichte vom 17. Mai Die deiiisch-sran^ösische Tvgo-Konfevenz in Paris "Berlin. beginnt am 20. Mai. — Der Kaiser stimmte der Unterpflaster bahn vom Potsdamer Bahnhof nach dem Schloßplatz zu. — Im Herrenhairse brachten 59 Mitglieder einen Antrag auf Erhebung des Grunewald zum Stnatspark ein. * Bochum. Geheinrraih Banrc ist gestorben. " Wie n. Die hiesige Universität ernannte König Oskar zum Ehrendoktor * Wien. Eine Nachricht bestätigt, daß irr Athen ein Kom plott zur Ermordung des Königs entdeckt und zahlreiche Verhaft ungen vorgenommen worden sind. * Athen. Der Kamps um Domvkos bat beute begonnen. * Loureirno Marauez. Das englische Geschwader ver ließ heute den Hasen. Berlin. Reichstag. Bei der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs betreffend den Servisiarst und die Klasseneiniheilung der Orte wird ein vom Abg. Lieber iCent.> unterstützter Antrag Hammacher <ni.), den von der Kommission gestrichenen 8 2 be treffend die Klasseneintheilung an die Kommis ion zurückzuweisen, "lehr' ' - - mit geringer Mehrheit abgelehnt Bei der Abstimmung über 8 1 bezweifelt Abg. Hammacher die Beschlußfähigkeit des Hauses, da nur 141 Abgeordnete anwesend sind Der Präsident v. Boul setzt aus die morgige Tagesordnung den Antrag betreffend das NereinS- gesetz und die Handwerkervoriage. Abgeordneter v, Kardorff lReichsp.j bestreitet dem Präsidenten das Recht, einen Initiativ antrag außerhalb der Reihenfolge aus die Tagesordnung zu setzen. Präsident v. Buol verbietet sich diese Zurechtweisung: denn die Auszählung habe ergeben, daß heute keine Maiorität vorhanden sei, und da habe der Präsident das Recht der Mehrheit. Berlin. Abgeordnetenhaus. DaS vans ist stark besetzt. Am Minrstertischc Fürst .Hohenlohe, Minister von der Recke. Auf der Tagesordnung steht die erste Lesung der Novelle rum Vereinsgesetz. Das Wort nimmt sofort der Reichs kanzler Fürst .H v h e n l o h e. Ehe in eine Besprechung der Vor lage eingctreten wird, sehe ich es für nöthla an, einem viele Male erhobenen Vorwurf entgegen zu treten, daß die seiner Zeit im Reichstage gegebene Zusage nicht erfüllt sei. Ich habe damals erklärt, cs liege in der Absicht der verbündeten Regierungen, das Nerbindungsverbot oufzuhebcn, um dem durch das Verbot ge schaffenen Rechiszustanbe abzuhesten. AIS mir ein Abgeordneter bemerkte, es könnten in den Einzelstaaten vielleicht Bedingungen an die Aushebung des Verbots geknüpft werden. Bedingungen betreffs Verschärfung des Vereins- und Versammlunasrcchis, da erfolgte vom DundeSrathstiscke auS keine Antwort. Seitens der weußtschen Regierung deshalb nicht, weil sie sich über ihre Ab- schien damals noch nicht schlüssig gemacht hatte. Wenn nun den >amalS gehegten Erwartungen entgegen jetzt weitere Modifikationen des Vereins- und VrrsammlungSrechis vorgrschlagen werden, so glaubt die Regierung, daß dies der geeignetste Weg sei, ihr ge gebenes Versprechen einzuhalten. Denn ist es schon zweifelhaft, ob eine bloße Aufhebung des Verbindungsverbots eine Mehrheit in diesem Hanse finden würde, so ist doch noch viel weniger aus eine Zustimmung dazu seitens des Herrenhauses zu rechnen. Das im Reichstage gegebene Versprechen wäre dann also zwar formell, aber nicht materiell erfüllt worden. DaS ausschlaggebende Moment bei der jetzigen Vorlage ist. daß die Verordnung von 1850 nicht genügt, um die gesetzliche Ordnung und Sicherheit zu verbürgen. Ich stehe nicht an zu erklären, daß das Vereins- und VcrsammlungS- rechi eine werthvolle Errungenschaft ist; andererseits wird man aber auch tri vorgeschrittenen liberalen Kiesien zngeben, daß ein solches absolutes, uneingeschränktes Recht große Gefahren in sich birgt. (Große Heiterkeit itnks und Im Eentrnm.) Einer schranken losen Ausübung des Vereins- und VersamminngSrechis entgegen zn treten, ist durch bas Gesetz von 1850 nicht überall gelungen. Die Vorlage geht nicht binauS über das. was schon in anderen deutschen Staaten Recht ist. Der Reichskanzler führt sodann, be sonders auf die Bestimmungen tn Bayern Bezug nehmend, die,c im Wortlaut an und fährt fort: Herrschen denn nun in Bayern unerträgliche Zustände? Das wird Niemand behaupten, lieber die Einzelheiten wird sich noch der Herr Minister des Innern auslassen. Ich meinerseits will nur noch bemerken, daß die Staats regierung das verfassungsmäßige Vereins- und Versammlungsrechi keineswegs irgendwie antasten will. (Heiterkeit links und im Centrum.» Ich werde mich freuen, wenn das hohe Haus die Novelle einer eingehenden Prüfung unterwerfen wirb. Es handelt sich hier nicht um einen willkürlichen Eingriff in das Vereins- und Versammlungsrechi, sondern nur um eine Ausgestaltung des selben, entsprechend den Bedürfnissen der Zeit. (Lebhaftes, anhaltendes Zischen links und tm Eentrum, sowie Beifall rechts.) — Aba. Dr. Krause (nat.-lib.): Wir zweifeln nichi, daß der Herr Reichskanzler im guten Glauben gewesen ist, daß er mit diese: Vorlage sein Versprechen einlösen könnte. Aber unter uns hat Niemand an die Gegenforderung von »Kompensationen" gedacht, am wenigsten aber an solche Kompensationen. (Sehr richtig! und Heiterkeit links.) Wenn wir aber dieser Vorlage in großen Theilen nicht zustimmen können, so wollen wir doch einer ein gehenden Erörterung uns nicht widerietzen. Zunächst hätten wir gewünscht, daß die Regelung durch Reichsgesetz erfolgt wäre, hier,! wo es sich um so wichtige Volksrechte handelt. Das VerbindungS-^ verbot war vollkommen wcrthlos geworden und wurde tagtäglich von allen Parteien verletzt: für die Aushebung einer so völlig werthlosen Bestimmung zahlt man keine Kompensationen. Aber das Versprechen muß natürlich eingelvst werden, und wenn diese Vorlage fällt, so ist der Reichskanzler verpflichte!, ans reichsgesetz- lichem Wege dieses Versprechen einzulösen. (Sehr richtig !> Redner geht dann aus die Einzelheiten ein. Das Theiinahmeverbol für Minderiährige werde von seinen Freunden nicht für eine Be schränkung, sondern für eine thatfächiiche Sicherung des VereinS- und Veriammlungsrechts angesehen, das durch wiche unreife Per sonen nicht seiten geradezu illusorisch gemacht werde. Auch der sozialdemokratische Abg. Auer habe für eine solche Bestimmung ein tolairrtt vosso geäußert. Mit der Fassung in Art. V sind wir aber nicht einverstanden. Wenn die Polizei das Recht hat, eine Versammlung aufzulösen, wenn nach ihrer Ansicht Minderiährige sich in ihr befinden, dann ist das ganze Versammlungsrechi ani- nehoben. Gegnerische Parteien können dann ja absichtlich innge Leute in Verjnmmlungen ihrer Gegner schicken, um deren Auf lösung herbeizusühren. Noch ganz anders liegt die Sache bei Art. I und 111. Es ist ernstlich zu prüfen, ob diese Artikel — ich verweise nur ans den Begriff „öffentlicher Frieden" — nicht Ver fassungsänderungen enthalten, und an solche darf man in unserer Zeit nur mit größter Vorsicht herontreten. Wie große Vorsicht gegenüber der Anwendung durch die Behörden erforderlich ist, Hai m ihre Spitze selbst, der Minister des Innern, bewiesen, als er "2 Z Z s- egenüber den offenbaren Gesevesverletznngen ge N gegen den Verein ördost, die Abg. Rickert hier zur Sprache gebracht hat, kein anderes Wort hatte als: die Auffassung bei den pommerischen Behörden sei eine „nicht ganz geklärte". Ja, die Auffassung des Ministers war uns da freilich eine ganz „geklärte". (Zustimmung und Heiterkeit links und im Centrum.) Durch alle Reglements ist die richtige Handhabung der Gesetze nichi gewährleistet, dazu gehört Takt, und den haben die Behörden doch oft genug zn sehr vermissen lasten. Eine Bestimmung, daß Vereine und Ver sammlungen, die „den Strafgesetze» ziiwideriaiffen" auszulösen sind, ist bei korrekter Auslegung überflüssig, weil selbstverständlich: aber wenn Sic ausdrücklich solche Bestimmungen treffen, io müssen sich die untergeordneten Poiizciorgane fragen ^ Was läntt den Strafgesetzen zuwider? Dann kommen sie sehr leicht zu Mißdeut ungen und falscher Gesebcsanwendung: man denke nur an den groben Unsug". Das bestehende Gesetz reicht vollkommen ans. Ebensowenig ist der Begriff der „öffentlichen Sicherheit, insbesondere der Sicherheit des Staates", klar und nicht der Mißdeutung fähig. Wenn die Entscheidung über den Thatbesiand der Gefährdung des öffentlichen Friedens ungeordneten Polizeiorganen überlassen sei. werden oicse in 99 von 100 Fällen nichi das Richtige treffen Wir bedürfen keiner neuen Schutzmittel gegen den Umsturz, nur eines festen Zusammenhaltens. Polizeiwillkür unterdrückt nie ge waltsame Regungen (Beifall und Zischen'. Abg. v. Hendebrand (kons.): Wir erkennen an, daß die Vorlage im Wesentlichen das Richtige trifft, können unS nicht aufjAbschwächungren etnlasfen, be kämpfen den Umsturz nicht nur theoretisch, sondern praktöch Wenn man kein allgemeines, auch kein Svndergesetz will, io ist das der Bankerott des Staates. Im Reichstage ist ein unserer Auffassung entsprechendes Vereinsgesctz nicht erlangbar, deshalb muß einzelstaatlich vvrgegangen werden. Man wendet mit Be rufung aus Sachsen ein. dort würden Sozialdemokraten gewählt: gewählt wirb aber doch aus Gmnd des Wahlgesetzes. Dir dürfen die Freiheit des Einzelnen nicht über das Staatsinterefsc stellen, i Bei fall rechts.) Minister v. d. Recke: Der Standpunkt des Abg. Krause wird sicher das Kopsschüttein eines großen Thesis der nativnnlliberaleii Wähler Hervorrufen. Widerspruch.> Mit der steigenden Entwickelung des Vereinswesens wachse der Mißbrauch desselben. Die Regierung verlange nur. was sich in anderen Staaten bewährt habe. Gegen den Mißbrauch des Gesetzes sei jede mögliche Gewähr geboten. Die Regierung habe durchaus keine rücksichtlichen Absichten. Verbessern Sie die Vorlage, aber geben Sie der Regierung ihren Macbtanthcil daran, den sic mehr als je bedarf. lZischen links.) — Abg. Fritzen erklärt: Das Centrum lehne miß« dem Berbindungsvcrbot die ganze Vorlage ab, die den öffentlichen Frieden störe, (Bestall. Zischen ) — Abg. Zedlitz ist skr die Vorlage, hofft aber zuversichtlich, daß nach r Erledigung die staaiserhaltenden Parteien sich wieder zu- die Bor- - - .. . . ^ . nnr21 Pro zent Sozialdemokraten. Durch vieles Gesetz würde Preußen gleich falls aus 60 Proz. kommen. Weiterdercsthrrng morgen. Berlin. Der ' ihere Chefredakteur der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" Gttesemcmn ist gestern gestorben. Athen. Der Kronprinz telegraphirte: „Die Türken erschienen heute früh 8st« Ilhr gegen Doniokos anmarschirend. Der Angriff richtete sich gegen die beiden Flügel der Griechen, namentlich den linken. Mittags befanden sich die türkischen Truppen etwa 7 Kilo meter von den griechischen entfernt. Die Türke» scheinen weitere Verstärkungen ans Pharsala z» erwarten." Sofort nach Eingang dieser Nachricht brsnchte der Minister Rall! die Vertreter der Großmächte. Die heutige Bserliner Börse «öffnete in fest« Haftung ans die Nachricht üb« das Verhalten Deutschlands in der Ottcnl- Z ff l g I
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