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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187501254
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18750125
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18750125
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1875
- Monat1875-01
- Tag1875-01-25
- Monat1875-01
- Jahr1875
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1875
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Erscheint »glich früh 6'/, Uhr. Lrtakll«» »u> Srprditl»» Johannisgasse 33. Verantwortlicher Redakteur -r. Hüttner in Reudnitz Sprechstunde d. Rrdaction >»r«»ta,» roa it—ii Uhr N«chmu>aG« i Uhr. «»«ahme der für die nächst- tolarndr Rnmmer bestimmte» ^meraie an Wochentagen bis st Uhr Rachmittags, an Lonn- und Festtagen früh bis '/,9 Uhr. Filiale für Zuseratrnaauahme: Ott« Klemm, UniversttätSstr. 22. LoniS Lösche. Haiustr. 21, pari. Mpziger JagMlt Anzeiger. Organ fnr Politik, Localgeschichte, Handel»- nnd GeschästSvnkehr. A«fl«ge 1S.LSE. Adsoarrneutrprei» Viertels. 4'/, ML, incl. Bringerlohn 5 ML Jede einzelne Nummer 30 Pf. Belegexemplar lo Pf. Gebühre» für Extrabeilage» ohne PostbefördeAing 38 ML Mit Postbrförderung 4L ML Inserate 4aesp. Bourgeois-. 2V Pf. Größere Schriften (aut unserrm PreiSver-eichniß. - Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Reklamen nnter dem Rrdatttonoßrlch di« Spaltzrile 40 Pf. Inserate sind stets an d. Lr»edttia» -u senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeoumornucl» oder durch Postvorschuß. W 25. Montag den 25. Januar. 1875. Bekanntmachung. Diejenigen in Leipzig wohnhaften Invaliden und Angehörigen von Gefallenen auS dem letzten deutsch - französischen Kriege, welche am S. März d. I. bei Derthetlunge» der U»ter« stLtzamge» auS der Friede»Sftift«vg berücksichtigt fein wollen, haben ihre Gesuche bis zum k. Februar d. I. schriftlich unter Beifügung der erforderlichen Bescheinigungen bei unS einzureichen. Leipzig, den 22. Januar 1875. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Koch. G Mechler. » e» »I> lab. 3 1uo„, stied,, Iblr Udertl 'ddlr, 1^-r. HUr. tt«S Halo», iolio«. 1« llir jnälr» l «,t«r Bekanntmachung. Das Befahren de» Täubchenwege- mit dem vom Eilenburger Bahnhofe ab nach der Stadt zu fahrenden Fuhrwerke jeder Art wird hierdurch bei Strafe untersagt Leipzig, am 2l. Januar 1875. Der Rath der Stadt Leipzig. ^ vr. Koch. vr. Reichel. Bekanntmachung. In Gemäßheit de» tz. 1 der Instruction für die Ausführung von Wasierrohrleitungen und Wasieranlagen in Privatgrundstücken vom 7. Juli 1865 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr AnranduS Haageu, Gerberstraße Nr. 18, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet nnd den Besitz der hierzu erforderlichen Borrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 22. Januar 1875. Der Ratb der Stadt Leipzig. vr. Koch. Wangemann. Holz-Auctiom Montag, d. 1. Februar d. I. sollen von Bormittags 9 Uhr an im Roscnthaler Revier ouf dem Mittelwaldschlage an der Marienbrücke, sowie am Fahrwege entlang 26 eichene, 11 buchene, 12 rüsterne. 7 erlene, 1 lindener und i apfelbaumener Nutz- kiötze, 2 eichene Kahuknie, 95 Schirrstangen und 160 Hebebaume unter den an Ort und Stelle öffentlich angeschlagenen Bedingungen und den üblichen Anzahlungen «n den Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: am Rosenthal. Ferner sollen von Vormittags 11 Uhr an gegen die übliche Anzahlung 41 eichene, 4 buchene, 9 rüsterne, I erlener u. 10 aspene Raummeter Brenuscheite, »nd hierauf gegen sofortige Dollrahlung circa ISO Stockholzhaufe» und IOV Lang- und Abraumhaufen nnter den an Ort und Stelle öffentlich angeschlagenen Bedingungen an den Meistbietenden verkauft «erden. Zusammenkunft: aus dem Mittelwaldschlage an der Marienbrücke. Leipzig, den 23. Januar 1875. DeS RathS Forst-Deputatiou. m). »o er fir«d.- i Ntr rtitar t lieb,». V»U- >- teiob- f-rü). ! klw- ßtai.1- Seschlüsse des Naths in der Plenarsitzung vom 9. Januar 1875.*) Nach Mittheilung, daß das Königliche Mini sterium deS Innern keine Veranlassung gehabt hat, die von der Leipziger Lebensversicherungs- Gesellschaft nachgesuchte Dispensation von tz. 16 Abs. 2 der Bau-Polizei-Ordnung für Städte rücksichtlich der Höhe ihres Neubaues an der Fronte nach dem Theaterplatz entgegen der Ent schließung deS RatheS zu ertheilen, weil Gründe, welche die Gewährung der Dispensation im öffent lichen Interesse der abweichenden Ansicht des Rathes ungeachtet geboten erscheinen kaffen, nicht vorliegen, daß ferner das Königliche Ministerium die derselben Gesellschaft von der vormaligen Königlichen Krertzdireclion ertheilte Dispensation bezüglich der Höhe von deren Neubau an der Fronte nach der Theatergasse zurückgezogen hat, «eil nunmehr auch die Zulassung einer größeren, als der gesetzlichen Stockwerkszahl an der letzteren Fronte sowohl in construcliver als ästhetischer Beziehung sich als ungeeignet darstelle und die ausgesprochene Dispensation, abgesehen davon, daß ein öffentliches und allgemeine» Interesse zu deren Erlheilung dem abfälligen Gutachten des RatheS gegenüber keinen Anlaß gegeben habe, nicht aufrecht zu erhalten sei, daß endlich das Königlicke Ministerium verordnet hat, eS möge nach diesen Grundsätzen auch künftig verfahren werden, wird beschlossen, dagegen zu remonstriren, daß die Stadtverordneten m dem diesjährigen Budget ru dem Antheil der 3. Bezirksschule an den Kosten für Abwartung der zugleich der Realschule und der 3. Bezirksschule dienenden Uhr auf der Turn halle Zustimmung versagt haben, während die selben eine solche zu dem Antheil der Realschule an diesen Kosten ausgesprochen haben, und zwar unter Hinweis daraus, daß die Besorgung dieser Uhr, welche nock dazu eine Gehzcit von 24 Stunden hat, dem betreffenden Schulauswärter im Interesse keines Schuldienstes nicht mit übertragen werden sonnte, sondern damit ein Großuhrmacher be auftragt werden mußte. bei den Abstrichen der Stadtverordneten in den diesjährigen Budgetpostulaten „unvorhergesehene Ausgaben" und „verschiedene Handwerksarbeiten" »m Conto der Thomas- und den Postulaten „Heizung" und „verfck'edene Handwerksarbeiten" in dem der Nicolaisckule Beruhigung zu fasten. den Antrag der Stadtverordneten, den Stempel für Lombardsckeine de« Leibhauses den Lombard« »ehmern anzurechnen, im Interesse de- Leihhauses »nd mit Rücksickt darauf, daß die» bei den hiesigen Linken nicht üblick ist, abzulehnen, neunzehn verheirathetcn BolkSschullebrern der untersten Gehalttclasten aus ihr Ansuchen in *) Bei der R^aeri»« d«S Tageblatt«» eixgegangen «» 1». Januar. Anerkennung de« vorhandenen NothstandcS, vor behaltlich der einzuholenden Zustimmung der Stadtverordneten, eine einmalige TheuerungS- Unterstützung von je 25 Thlr. zu bewilligen, einen dienstunfähig gewordenen Zeichenlehrer an der 2. Bezirkssckule mit den 1. April d. I. zu entlasten, demselben eine jährliche Unterstützung von 1050 Mk. nach eingeholter Zustimmung der Stadtverordneten zu gewähren, und endlich den Stadtverordneten, welchen ein Zustimmungsrecht nach der revidirten Städte- ordnuna zu der Höhe der im Jahre 1875 nach dem bestehenden Anlagefuße zu erhebenden städti schen Abgaben nicht mehr zusteht, doch Kenntniß von dem Beschlüsse zu geben, daß in diesem Jahre 8 s. g. Abgabensimplen erhoben werden sollen. ES hat sich bei der erheblichen Ausdehnung des städtischen Bauwesens und der raschen Ent wicklung und Vergrößerung der Stadt Leipzig herausgestellt, daß die beim städtischen Bauamt vorhandenen technischen Kräfte nicht mehr zu- reichen, um die an jenes gelangenden Gefckäste bewältigen zu können, demgemäß wird beschlosten, eine Theilung der technischen Arbeiten im Bau- amte vorzunehmen und zwar in folgender Weise: Es sind 3 nebeneinander bestehende Ab theilungen zu bilden und zwar für a) da» Hochbauwesen. An der Spitze dieser technischen Abtheilung soll ein mit 5400 Mk. jährlich zu salarirender Architekt stehen, dem gleichzeitig ru seiner Stellvertretung ein ebenfalls architektisch gebilde ter Assistent beigegeben wird. Einer derselben muß in Ausführung und Behandlung von Cen tralheizungen wohl bewandert sein. Der GeschästSumfang besteht in Projectirung (soweit hier nicht öffentliche Concurrenz beliebt wird), Veranschlagung, Ausführung, resp. Ueber- wachung der communlichen Hochbauten, sowie Beaufsichtigung und Reparaturen derselben. d) Da» Ingenieurwesen. Al- technischer Leiter und Führer dieser Ab theilung wird ein ebenfalls mit 5400 Mk. jähr lich zu salarirender Ingenieur bestellt, dem ein Assistent als Stellvertreter beizugrben ist. GeschästSumfang: Projectirung neuer Straßen und Stadttheile, Straßen- und Schleußenbauten, Pflasterungen, Chaussirungen, Brücken-, User- und Wasserbauten und zwar sowohl Neu- als Reparatur-Bauten und eventuell die Leitung der städtischen Wasserkunst In allen diesen Bezie hungen sind die erforderlichen Vorarbeiten, An schläge, Berccknungen rc. zu beschaffen, resp. die Arbeiten selbst auSzusühren oder zu überwachen. e) Baupolizeiwesen. An der Sprtze dieser technischen Abtheilung steht ein in Behandlung von baupolizeilicken An- gelegenheite» wohl erfahrener Architekt; unter« > stützt wird derselbe durch die angestellten zwei Baurevisoren, welche seine Stellvertreter sind. Geschäftsumfang: Erledigung aller baupoli zeilichen Angelegenheiten, namentlich Prüfung aller von der Gemeinde und den Privaten pro- jectirten Bauten, sowie Revision derselben, Ueber- wachung derselben, sowie der Feuerstätten, Gruben, der Verplankungen der Bauplätze rc, Beförde rung aller aus daS Gesundheitswesen bezüglichen Angelegenheiten. In dem Vorstehenden sind nur die hauptsäch lichsten wesentlichen Geschäfte und Arbeiten beson ders benannt; die dort sonst roch einschlagenden Sachen sind unter Einhaltung der durch Obiges gegebenen Normen zu vertheilen; weiter ist jeder der 3 technischen Abtheilunqen da» nöthige Per sonal an Zeichnern rc. zu stellen. Die Besetzung der 3 technischen Spitzen ist so vorzunehmen, daß die bud u und d bezeich- nete Stelle neu besetzt, Herr Bauinspector Friese mit seinen dermaligen Competenzen die 8ud c ge dachte forlführt. Die technische Leitung der Angelegenheiten der Stadtwasferkunst, ^welche mit Rücksicht auf ihre Bedeutung und weitere Entwickelung eine volle ManneSkraft bedarf, die am besten in dem tech nischen Schöpfer derselben gefunden wird, soll dem dermaligen Baudircctor unter ausdrücklicher An erkennung seiner hohen Verdienste um deren Ein richtung und Erweiterung, sowie um daS gesammte städtische Bauwesen unter Belastung seines Titels und GehalteS übertragen werden. Die Regulirung der geschäftlichen Dircction in allen Abthellungen durch die RathSmilgliedcr und durch Deputationen bleibt der in der Ausarbei tung begriffenen Geschäftsordnung für den Rath und den localstatutarisch sestzustellenden Normen bezüglich der gemischten Ausschüsse Vorbehalten. Zu dieser Reorganisation in technischer Bezie hung ist zunächst die Zustimmung der Stadtver ordneten zu erbitten. Zu Theodor Dörigns Jubiläum. Die gegenwärtige Periode der deutschen Schau spielkunst und dramatischen Poesie hat einerseits eme so abfällige, andererseits eine so günstige Beurtheilung gefunden, daß viele Kenner gegen die eine wie gegen die andere Art der Kritik sich mit einem gewissen Mißtrauen umgeben haben. Und in der Thal mit vollem Recht, denn wer sich die Mühe nehmen will, an der Hand historischer Nachweise eingehend die gegenwärtigen Theatcr- verhältnisse zu prüfen, wird — so glaube ich — u dem Resultat kommen, daß daS Theater weder o schlecht noch so gut sei, wie galljüchlige Tadler oder überschwengliche Lobhudler eS zu bezeichnen ür gut befanden. Der Mittelweg wird wohl auch hier der richtigste sein, wir haben bessere, aber auch schlechtere Perioden aufzuweisen, und die allmähliche Verdichtung in den pecuniären Ver hältnissen der „Genossenschaft deutscher Bühnen angehöriger" läßt hoffen, daß diese- segensreiche Institut auch nach der ideellen Seite hin die Ini tiative ergreift. Auch für diese Zwecke wird die Theaterhistorie ein willkommenes Material bieten, eben weil man mit der Entwickelung der Kunst gleichzeitig die Prämissen kennen lernt, unter denen die Früchte reisen, und die Hindernisse, an denen sie möglicher Weise zu Grunde gehen kann. Mit solchen Vorarbeiten allein ist ein Verständniß jeder gegenwärtigen Epoche möglich. Wie eine Verschwisterung der früheren und der gegenwärtigen Periode, wie eine ReminiScenz an die in diesem Fall mit Recht als „gut" bezeich- nete „alte Zeit", der Abschluß von fünf der her vorragendsten deutschen Künstlernamen, steht der Mann, dem diese Zeilen gewidmet sind, steht Theodor Döring. Man könnte füglich Eckhos als den Anfang--, Döring al« den Ausgangs punkt einer Künstlerreihe nennen, deren Mittel glieder Jffland und Schröter, Devrient und Setz- velmann auSmachten. Döring entwickelte sich noch neben dem Letztgenannten, den er überdauert, wenn auch nicht überragt hat. Volle fünfzig Jahre gehört er nun der deutschen Bühne an unv ist, wenn auch nicht ganz unberührt von falschen Strömungen, doch nn Ganzen während dieser Zeit aus der solide», Basis stehen geblieben, die noch von Jffland überliefert war. Döring- Größe und Stärke liegt wie die Jffland- in einer wahrhaft großartigen Beobachtungsgabe der äußeren, wie der Seelenzustände der Individuen; einer Beobachtungsgabe, die, mag sie nun bemüh : oder unbewußt thatig sein, ihre Objecte bi« in daS Tüsinnerste zu ergründen weiß und keinen, wäre es auch der kleinste Zug, übersieht. Neben diesem, jedem berufenen Künstler eigenen Talent hat Döring auch daS mit Jffland gemein, daß er die Resultate seiner Beobachtung mit jener Na türlichkeit in d«n Bewegungen der Sprache unv Mimik wiedergiebt, die eben nicht mehr Wieder abe, Ceplc etwas Gesehenen, sondern — und «er liegt die hohe Bedeutung beider Künstler — Folgen wirklich empfundener Vorgänge zu sein scheinen, ja in einzelnen Rollen sind. Auch in der Beziehung auf bewunderungswürdige» Nachahmungstalent dürsten sich beide Künstler gleich stehen, ihre Verschiedenheit beginnt erst da, ro die Vorbereitungsarbeiten Beider zu ihren kunstleistungen und ihre Stellung resp. Bedeu» tung in der vaterländischen Kunstgeschichte in Ve racht zu ziehen ist. Hier ist Jffland im ent- chiedenen Vortheil, während wieder die an Döring o oft gerühmte theatralische Kraft im Vergleich nit der JfflandS die Waage Hallen zu können chcint. Es ist eine nicht zu leugnende Thatsache, daß Döring versäumt hat, mit feinem Pfunde in )er Weise zu wuchern, um da» zu erreichen, wozu eine großartigen Anlagen berechtigt hätten. DaS realistische Element, welches fast m allen Rollen Döring'S durchblickt, ist ein Vorzug von chm; daß er hier und da ein Naturalist geblieben ist, ann nicht als ein solcher angesehen werden. Da eingehende Studium, mit dem Eckhof. Jffland, Schröder jede, auch die kleinste Rolle behandelten, eigt sich in Dörings Darstellungen nicht, ein Imstand, der schon den großen Scydelmann (1830) veranlaßte, dem Künstler zu rathen „Soll sich -übsch mit einem zweckgemäßen Studium verhei- rathen, damit eS kunstgesunde Kinder giebt." Döring ist ein vorwiegend komisches Talent, obgleich er auch in tragischen Rollen sehr Bedeu tende« geleistet hat. Es würden vielleicht beide Richtungen in ihm zu einem gleichmäßigen Aus druck gekommen sein, wenn nicht gerade da» Publicum stets die erstere bevorzugt hätte. So ist cs erklärlich, daß daS komische Element bei ihm auch oft an einer Stelle auftritt, wo es eigentlich nicht austreten, zum Mindesten nicht so stark be tont werden sollte. Dieser Fall zeigt sich nirgend eclatanter al» bei seinem Mephisto, dieser ebenso eckenden, al» schwierigen Riesenaufgabe denkender Charakterspieler. Hören wir, waS ein Namens vetter de- verehrten Jubilar: vr. H. Döring von Sepdelmann in dieser Rolle sagt: „Seydelmann bringt den Goethe'scken Mephisto als das, waS er ist; als Teufel, VolkSdämon, als personi- icirter, diese unvollkommene Welt durchätzender Geist der Verneinung. Gegen diese Auffassung haben sich mehrere, selbst beachtenSwerthe Kritiker ausgelassen. Sie wollen ihn als Spötter. Sophist, mit einem Wort als den Schalk sehen. Welch' einen Schalk wollen die Herren? Doch wohl den der Hölle? Und den Höllen-Schalk inden sie in Seydelmanns Mephisto auf daS Tiefste, Geistvollste ausgesprochen." Da liegt auch meiner Ansicht nach der eigentliche Angel punkt in dem Charakter Mephisto'- für die thea tralische Darstellung. WaS aber thut Döring? Er macht aus dem „Höllen-Schalk" einen guten Teufel und „giebt" — wie vr. Gensichen in feiner ebenso geistvollen, wie verständnißrerchen Charak teristik de- Künstlers sagt — „giebt den Schalk höchst ergötzlich." Diese- Entteuseln soll Döring glaubhaften Zeugnissen zufolge auch beim Muley Hassan und Iago zur Anwendung bringen. Nichtsdestoweniger spielt Döring auck intrigante Rollen, in denen er geradezu unübertrefflich ist, so — um nur einige zu nennen — den König Philipp II. (Don Carlos), Herzog Karl (Karls- schülrr), Wurm (Kabale und Liebe). Ben Akiba (Uriel Acosta), Shylock u. A. Aber wie schon angedeutet, sind komische Rollen recht eigentlich das Gebiet, aus dem die Groß artigkeit der Döring'schen Mittel fast immer zur Auswirkung kommt. Sein Fallstaff ist Allen, die ihn gesehen haben, unvergeßlich, äußerst anziehend wirkt sein Jonathan (Essex), der Kapuziner in WallensteinS Lager, Piepenbrink in FreytaaS Jour nalisten, Selbiz nn Götz, Holzapfel in Viel Lärm um NicktS und wie diese Meisterwerke Döring scher Gestaltungskraft alle heißen mögen. Indeß so sehr auch dem heutigen Zuschauer Dörings Spiel gefällt, so anerkennend die Presse sich über ihn ausspricht, so überaus glücklich Gen- sichen die Feinheiten herauszusühlen verstanden hat, geht doch dem Sein der Döring'schen Dar stellungen ein War voraus, welches da« erstere durchaus übertroffen haben muß. Unser Ge währsmann für diese kühn klingende Behauptung ist kein Geringerer als der Verfasser der „Geschichte der deutschen Schauspielkunst" Eduard Devrient, der eine 1845 beginnende Wcrthminderung des Döring'schen Spiel- constatirt. Von dem Döring vor diesemZeitpunct erzählt der Geschichtsschreiber: „er hielt damals die Bescheidenheit der Natur treulich inne, mit voller Achtung vor der Total wirkung. ohne persönliches Geltendmachen " Nach 1815 aber meint er: Döring habe „aus einer ausgedehnten Gastspielreise d«e dabei unausbleib liche Veränderung seiner Spielweise ebenfalls er fahren und für die Steigerung seines Beifalls «nd Rufs viel an natürlichem Maß und künstlerischem Werth seiner Darstellungen eingebüßt." Also auch hier der schädliche Einfluß dieses Hauptübels un serer modernen Theaterzustände: da« Gastspiel, ein Thema, über welches ich — nebenbei gesag.
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