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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.03.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188003027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-03
- Tag1880-03-02
- Monat1880-03
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.03.1880
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Erschein tilgltch früh 6V. Uhr. »«»««— Ml» «««»tti«, JohamnSgafl« SS. ÜPMchßl»»«« »er »«»mit,»: vormittag» 1»—ir Uhr. Nachmittag« 4—« Uhr. Att dte «Ut^dk rtngesantztrr «am». *rt»tr »ach, die «kdäcrwv nutz, »erkndllch. der für die nächst. Nummer bestimm len « Wochentagen bis Nachmittags, au Sonn- esttagra früh dt»'/.» Uhr. Ha »«»Oübäe« fiir 2»/..^»»ahar-. vtt» «NU«. UnwrrfiiäiSstr. 22. Laut- öüfche, Sacharineuflr. 18.P. «ur dis Uhr. WpMtr.Tageblatt Anzeiger. Orza für Politik, Localgeschichte, Handel-- md GefchiMrrkchr. 87^ Whigs oder Tories? Wir haben uns in Deutschland im Verlause unserer jüngsten nationalen Entwickelung daran gewöhnt, England als das Ideal des konstitutio nellen Staates zu feiern, und das correcte Ber- hältniß zu bewundern, welches jenseits des Eanales zwischen Parlament und Regierung besteht. Im All gemeinen mag diese Begeisterung für englische Zu stände berechtigt sein; im Besonder» muß indessen Her vorgehobenwerden, daß daS gegenwärtig am Staats ruder stehende Tory-Cabinet, um seiner imperialisti- schen Politik Freiheit und Aktualität zu sichern, kaum ein Mittel unversucht läßt, den Einfluß deS Parla mente», wenn es ihm gut dünkt, nach Kräften lahm zu legen. Für schöpferische Staatsmänner hat ja ver Constitutionalismus etwas Einenaendes; er erweist sich als ein ernstes Hinderniß für die rasche Ausführung hochfliegender Pläne, für das kühne und Ruhm verheißende Unternehmen, Geschichte zu machen. Lord Beaconsfield empfindet diese Fessel nicht minder drückend wie Fürst Bismarck; denn, um einen volksthümlichen Ausdruck zu gebrauchen, es wird überall mit Wasser gekocht. hüben, wie drüben! Alle Versuche des englischen Cabinets indessen, das Parlament cin- juschllchtern, sind bis zur Stunde erfolglos geblieben: kein Wunder also, daß regierungsseitig als ultima rutio für einen bestehenden Noth- stand, als das letzte Hülssmittel, sich an der Ge walt zu behauvten, die Parole der Auslösung in da« Land geschleudert wird. Der Telegraph hat die politische Welt auf diesen Ausgang der englischen Regierungskrisis, denn von einer solchen muß gesprochen werden, bereits vorbereitet. Man wird die Wichtigkeit dieser Nachricht ermessen können, wenn man in Erwägung zieht, daß in England sei es die liberale oder die konservative Mehrheit die Zusammensetzung de- Ministeriums bedingt; je nach dem! Die erbitterten Angriffe, welche die Politik des Tory-Cabinets erfuhr, lassen seine Stellung erschüttert erscheinen; diese nach allen Regeln der parlamentarischen Kriegs kunst geführten Angriffe sind es. welche den ersten Lord de» Schatzes Ihrer Majestät zu dem Ge danken vermocht haben, an das Urtheil der Wähler zu appelliren. Der Ausfall der jüngsten einzelnen Wahlen berechtigt zu dem Glauben, Lord Beacons- ficlb werde die breiten Masten des Volkes für sic) haben. Seine Lordschast hofft daher, bei den all gemeinen Wahlen den Sieg davon zu tragen und die Opposition im Parlamente zum Schweigen zu bringen. Wir wollen hier nicht untersuchen, ob die Ersetzung der Tories durch die Whigs für die innereu Verhältnisse Englands ersprießlich ist. oder nickt;eine auchsür das Ausland wichtige durchgreifende Reform des Wahlrechtes im Sinne der Allgemein- beit werden selbst die Whigs in ihrer Abneigun; gegen die Radikalen und m der Claffenselbstsuchl der durch den Census bevorzugten Kreise schwer lich in Angriff nehmen; allein die Frage hat für «ns Deutsche Bedeutung, wie sich die auswärtige englische Politik unter einem Whig-Eabinet gestalten möchte. Die Whigs Wersen der Tory-Regierung vor, da; sie sich zu sehr in auswärtige politische Berwicke langen gestürzt und die Stetigkeit und Sicherheit der englischen Finanz- und Wirthschaftsverhältnisse dadurch erschüttert habe; ohne andere Erfolge zu erzielen, als die Verschleppung und Verwirrung der „brennenden Fragen" und eine Verniehrunc der Engagements Englands in den überseeischen Verwickelungen. Sie fordern Enthaltsamkeit in der äußeren Politik und Beschränkung aller An strengungen auf die Ordnung und die Hebung der inneren Verhältnisse. Das ist aber ein Ideal Programm, dem England tbatsächlich gar ni nachleben kann und daS die Liberalen eben wenig werden durchführen können, als die Tories Durch seine Colonien hat England viel weitere Grenze« und viel mehr verdächtige und unruhige Nachbarn als irgend ein anderer Staat der Welt; und wagen der Ergiebigkeit dieses Besitzes und de» auf ihn gegründeten Handel» hat es beständi «st den Plänen zu rechnen, die andere Staaten aus die Gewinnung seiner Colonien richten Weder ein liberales noch ein konservatives Mini sterium kann unthätig den Intriguen zuschauen durch die sich Rußland immer näher an die Thore von Konstcmtinopel beranzuschleicben be müht; denn Konstantinopel ist der Schlüssel zum Besitz Asien» und der Bosporus die Pforte für den russisch-asiatischen Handel, der nach dem Plane Kürst Gortschakoff's an die Stelle de» englischen «setzt werden soll Die Wichtigkeit de» indischen Besitze» für die Lebenskraft Cualand» macht Un- thätigkeit oder schwache Theilnabme an der Orientpolitik in Europa eben so unmöglich al< an der Regelung der innerasiatischen Ver hältnisse. Hier drohen England die allercrnstesten Gefahren; den» noch hat die eingeborene Bevölkerung Indien» DterrStag den 2. März 1880. den unerhörten Druck nicht vergessen, mit dem Eng- and sie bewältigt hat. Die Lust zur Abwälzung des britischen Jochs ist nur so lange gebunden, so ange die indischen Vasallen an die Allmacht Eng- ands glauben und nicht mit einer andern Macht in Fühlung kommen, von der sie eine erfolgreiche Hülfe erwarten dürfen. Eine solche ist Rußland; und je näher dieses an die indischen Thore vor rückt, um so näber kommt auch die Gefahr von inneren Verwickelungen in Indien selbst. Ein Whig-Eabinet ist also gerade so gezwungen, den russi schen Plänen in Innerasien einen Damm entgegen- zusetzen, wie Beaconsfield und seine Eollegen eS versucht haben. Eine Aenderung der auswärtigen Beziehungen Englands ist in keinem Falle zu er warten; und trotz der tönenden Phrasen der Liberalen wird uns Deutsche eine liberale Re gierung in der Lahmlegung der russischen Kräfte, die sich geigen unS richten sollten, denselben Dienst leisten müssen, wie man ihn von einem Torycabinet sich verheißt. Haben wir also kein direktes Interesse, einem Cadmetöwcchsel im Sinne der englischen Liberalen abhold zu sein, so dürfen wir denselben für die Hebung der inneren Nothstände in Bri tannien um so inniger wünschen, zu welcher sich ja die TorieS völlig unfähig durch lange Jahre er wiesen haben. In jedem Falle muß England die antirussische Politik des Deutschen Reiches unter stützen und mit unS und Oesterreich der dritte im Bunde sein, wenn es sich darum handelt, eine fran zösisch-russische Revanche-Verbrüberung unmöglich zu machen. Die BiSmarck'sche StaalSkunst zeigt sich auch in dieser Richtung wieder in ihrer ganzen elementaren Genialität. Für uns bleibt also die Frage: Wighö oder Tories ? eine müßige, obgleich unsere Sympathien bei den englischen Liberalen sind p,Mische «rbersicht. Leipzi». 1. März. Die revolutionäre Bewegung in St Petersburg beschäftigt noch immer alle poli tischen Kreise. Niemand wird sich der Ansicht ver schließen können, daß auch die deutschen Inter essen dabei in Betracht kommen. Zur Kennzeich nung deö heutigen Rußlands gehören die trotz wiederholter Ableugnungen stet« aufs Neue auf- tauchcnden Gerüchte von der Thronentsagung des Czaren. Man sollte meinen, daß gerade die Thalsache der Errichtung einer Diktatur den festen Willen des Kaisers Alexander kundgebe, die Zügel der Herrschaft straffer als je zu führen und nur das Peinliche der rücksichtslosen Strenge auf einen Untergebenen abzuwälzen. Indcß eine schärfere Betrachtung zeigt, daß diese Ansicht, wonach also der gegenwärtige Herrscher Rußlands mit dem neu ernannten „Hauptchef" Loris-Me- likofs politisch übereinstimme, nicht haltbar ist. Wenn man Kennern der Verhältnisse an der Newa glauben darf, so ist die Diktatur umgekehrt ein Zeichen dafür, daß dem Kaiser die Freiheit deS Handelns allmählich zu entschwinden beginnt, und daß der Großfürst Thronfolger der eigent liche Urheber der Umwälzungen im innern Staats organismus sei, welche durch den Namen des armenischen Haudegens bezeichnet würden. „Man kann es von Mitgliedern der hiesigen russischen Colonie offen auösprechen hören — so schreibt man uns aus Berlin — daß die Errichtung der Diktatur gleichbedeutend sei mit einem Siege des panslavistischen Gedankens, daß die Männer, welche die Lehre vom PanslaviSmuü vertreten, die Aksakoff, Katkoff, Fadajew u. A., indem sie in der nationalrussischen „Moskauer Zeitung" zuerst den Ruf nach einem „Retter der Gesellschaft" erhoben, nur im Äuftraae und im Einvernehmen mit sehr hochgestellten Persönlichkeiten handelten und daß namentlich der Kaiser sich mit Widerstreben zu einer Maßregel entschlossen habe, die für ihn nicbt» Anderes ist, al» der Anfang des Endes. In Berlin wird erzählt. Ezar Alexander habe in dem nach dem Attentat zusammenberufenen großen Ministerrath, zu dem auch der Thronfolger zugezogen worden, mit Bitterkeit von den Ansichten Desselben gesprochen, die, öffentlich zur Schau ge tragen, wie es thatsächlich der Fall sei. nur als eine Ermuthigung der gegenwärtigen Agitationen gedient hätten. Wenn man sich der Parole der Pan- slavisten erinnert, da« „heilige" Rußland müsse seine Cultur auf eigenenWegen suchen und sich von dem fau len Westen avschließen, dann gewinnt die Diktatur doch ein etwa» andere» Aussehen al» das einer bloßen VcrlegenhcitSmaßregel, und man muß viel mehr Denen Recht geben, welche in dieser Ein richtung den Durchbruch des übertrieben nationalen Gedankens erblicken. Panslavismus und Nihilis mus haben sich ja bisher immer ganz gut vertragen und sind zum Mindesten keine Gegensätze, die sich ihrer Natur noch absolut ausschließen müßten In diesem Zusammenhang erhält übrigens die Petersburger Reise de» Großfürsten Nico lau», der eigentlich treibenden Kraft de- letzten Orient- kriegeS, eine ganz besondere Bedeutung. Denn dieser Vertreter der gefährlichen panrussischen Hoff nungen, dem seine politische Bestrebung daS Zer- würsniß mit dem Czaren eingetragen hat. hält es nach dem Urtheil gut unterrichteter Kreise nur deshalb für zweckmäßig, nach Rußland zurückzu- kehren, weil durch die jüngsten Ereignisse die Partei, zu der er gezählt werden muß, an Boden gewonnen hat. Es ist ein unbegründetes Gerücht, daß Kaiser Wilhelm von dem Großfürsten Nicolaus angegangen worden sei, eine Versöhnung zwischen ihm und seinem kaiserlichen Bruder zu bewerkstelligen. So wird wenigstens in der Ber liner russischen Botschaft versichert, wo man den entscheidenden Factor der deutschen Politik und besten Stellung zu Petersburg genugsam kennt." Der in der deutschen Diplomatie vom Reichskanzler vollzogene Personenwechsel ist wohl geeignet, europäisches Aufsehen zu machen. Von allen Seiten wird jetzt die Nachricht bestätigt, daß Fürst Hohenlohe für die nächsten Monate die Geschäfte des Unterstaatssecretairs deS Aeußern übernimmt, bis Graf Hatzfeld seine Privatange legenheiten so weit geordnet haben wird, um von Konstantinopel nach Berlin übersiedeln zu können. Da fast gleichzeitig mit Fürst Hohenlohe auch der erste Botfchaftsrath unserer Pariser Botschaft, Graf Wesdehlen, diesen Posten ver läßt, um als Gesandter nach Bukarest zu gehen, so wird von Berlin aus für eine einstweilige Vertretung in Paris gesorgt wer den mü)1en. Die „National-Zeitung" deutet an, daß eine militärische Persönlichkeit dafür in Aus sicht genommen sei. Vielleicht denkt man an den Flügel-Adjutanten Obersten Waldersee, z Z. in Hannover, der schon einmal und unter schwierigen Verhältnissen gleich nach dem Friedensschluß mehrere Monat? hindurch der deutschen Mission in Paris mit Erfolg vorgestanden hat. Im klebrigen dürste Fürst Hohenlohe als Minister des Aeußern so wohl beim Kaiser, wie beim Parlament persona nratissima sein, und wenn in die Zeit seiner Amtirung wichtige Ereignisse fallen sollten, wird er eher als mancher andere Diplomat jenes Ver trauen beanspruchen dürfen, ohne welches selbst der bedeutendste Staatsmann keine ersprieß liche Wirksamkeit zu entfalten vermag. Der „Post" wird in dieser Sache wie folgt au« Paris telegraphirt: „Fürst Hohenlohe wird mit seiner Familie zum Dienstag Abend zurück- crwartet. Der deutsche Botschafter wird dann nur kurze Zeit noch in Paris verweilen, da er auf sechs Monate die Functionen des Staats- Secretairs des Auswärtigen Amtes übernimmt. Eine Pariser Times-Correspondenz knüpft an diesen voraussichtlichen Fortgang de« Fürsten Hohenlohe lange alarmirende Eommcntare und sucht die sogenannte Abberufung deS Botschafters mit allerlei beunruhigenden und für die Aufrechterhaltung des Friedens ungünstigen Bemerkungen zu begleiten. Der Times Correspon- dent mischt lächerlicher Weise in die phantasicvolle Darstellung der Gründe und der Bedeutung der jetzigen Reise deö Botschafters nach Berlin auch den Umstand mit hinein, daß die Fürstin gleichfalls auf ihre Güter nach Polen sich be geben und die Prinzessin Elisabeth ihren Vater begleitet habe. Wenn dann ferner die Correspondenz in der Berufung des Fürsten Hohenlohe nach Berlin den Beginn eines neuen Wendepunktes der deutschen Politik gegen Frank reich und in dem Fortgang deS Botschafters einen Verlust für die Partisane des Friedens und ein kriegerisches Anreichen sieht, so sind diese Schluß folgerungen nicht einmal logisch. Es ist schwer begreiflich, weshalb der Fürst Hohenlohe, der ein aufrichtiger Anhänger des Friedens ist, dies weniger in seiner neuen Stellung, wo er leine Anschau ungen gerade mit noch größerer Autorität zur Geltung bringen könnte, sein sollte, wie al- Bot schafter in Paris." * » Prinz „Plon-Plon", seine» Namens Ierome Napoleon, und Rouher haben Frieden ge schloffen und zu diesem Frieden aucb alle Glocke« läuten lasten. Der rothe Prinz hat den ersten Schritt gethan, indem er den weiland Bice-Kaiser für seine Rede in der Tarif-Frage beglückwünschte und sogleich dafür sorgte, daß sein Billet in die Oefscntlicbkeit gelange. Ronher hat geantwortet, und der Prinz hat auch die Antwort veröffentlichen lasten, woraus Rouher an die legitimisiische „Gazette de France" schreibt und gegen die dem Prinzen ungünstige Auslegung prvtesttrt, die einer seiner Aeußerungen gegeben wird. „Prin Ierome", schreibt ein Pariser Correspondent, „if ruhig, aber nicht unthätig. Er arbeitet einerseits daran, den Zerfall seiner Partei zu verhindern, andererseits sie von den Legitimistcn, mit denen sie sicb verquickt hat. loSzulöscn. Die Männer deS 16. Mai mit ihrer konservativen Union verabscheut »»v >«M>. L»«,,nnr»t»»rk1» viertelt. iucl. Vringerwdn b Md. durch di« Post bezogen « Mt. Jede einzeln« Nummer 2i» Ps- Betegexemplar lü Bf. Gebühren für ExNadeilazen ohne Psstbefviverung Sü AU. mR Popbrfvrderung 48 AK. Inserate Sgesp. Petttzeüe 2V Pf. Größere Schritten laut unsere« Pre,»verzeudmtz. —Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Reklame, »»Irr »e« ste»«tt»«stttch die Dpaltzeil« 40 Pf Inserate sind stet» an d.G^edttt»» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»»»««,oM oder durch Postvorschuß. 74. Jahrgang. er, sucht sich aber den Klerikalen so weit zu nä hern. daß sie die Furcht verlieren, die ihnen sein Name einflößte. Rouher, der dem Papste Rom erhalten wollte, kann ihm da gute Dienste leisten, und am Ende kann ihm hierin auch seine Frau, vie Prinzessin Clotilde, beistehen. Die bonapar- tistische Partei bereitet sich aus die nächsten Wahlen vor. Die Legitimisten thun desgleichen. Beide hoffen, daß die Haltung der Kammer in religiösen Fragen das Landvolk zu Gegnern der Republik machen iverde. Beide dürsten sich arg täuschen." Die italienische Kammer hat sich angeschickt, vie von uns ausführlich gewürdigte Thronrede de- Königs zu beantworten. Der ysoreßentwurf ent hält unter Andenn die nachfolgende beachten»- werthe Stelle: „Für die Thätigkeit deS Parla ments. sowie für den Fortschritt und die Wohl fahrt des Volkes ist der Friede als Vorbedingung jeder nutzbringenden Arbeit nothwcndig. Au« vielem Grunde hat die Versicherung der könig lichen Botschaft, daß alle Staaten Italiens Kreunb schaft schätzen und erwidern, die Kammer mit Freude erfüllt. Wir werden daher an die Prüfung der Vorlagen zur Hebung und Vervollkommnung der Wehrkraft deS Reiches mit Festigkeit, jedoch ohne Uebercilung gehen. Italien will stark und weise bleiben; stärk, um die eigenen Rechte zu vertreten, weise, weil es auch die Rechte Anderer achtet und weil eS auch in Zukunft ein Pfand für die Ein tracht und die Sicherheit Europas sein will, in dem es die eigenen Versprechungen und die Hoff nungen der anderen Staaten erfüllt." — DaS erwähnte Gerücht eines angedl'ch gegen zivei Mitglie der des italienischen Königshauses beabsichtigt ge wesenen Attentats stellt sich nunmehr als eine frivole Lüge heraus. Es war gesagt, daß in der Nacht vom 14. auf den 15. Februar der Versuch gemacht worden sei, einen Eiscnbahnzug, auf dem sich der Prinz Amadeus befinden sollte, bei Spezia cntgelkisen zu machen. Kaum hatte jedoch der Bahn wächter die Anzeige von dem Vorfall erstattet, so begann die Polizei ihre Nachforschungen, und e» erhob sich bald ein Verdacht gegen die Wahr haftigkeit der Angabe de« Wächters. Der königliche Procurator in Sarzana, Baron Savio, begab sich sogleich mit der UntersuchungScoinmission'an Ort und Stelle, und es zeigte sich, daß der Wächter Luigi Fregosa eine falsche Anzeige erstattet habe. Er hoffte, von der Bahnverwallung eine bedeutende Entschädigung zu erpressen, besonders mit Rücksicht ans die Gefahr, welche er bestanden haben wollte, da zwei Kugeln seinen Ucbcrrock durchlöchert hätten. Der königliche Procurator ließ den ge nannten Bahnwächlcr verhaften, und Derselbe be findet sich bereits im Gefängniß von Sarzana, w» die Untersuchung gegen ihn eingeleitet ist. Der Ultramontanismus hat bekanntlich seine eigene Auffassung übcr Recht und Gesetz. Welche Auslegung beispielsweise die belgischen Klerikalen der verfassungsmäßigen UnterrichtS- f re ihci t geben, wird von einer Brüsseler Corre- spondcnr der „K. Z." endlich einmal ins richtige Licht gesetzt. Die belgische Verfassung, sagt vicse Correspondenz, bestimmt: Der Unterricht ist frei. DaS bedeutet fiir den einfachen Menschenverstand nichts Anderes als: Jeder hat das Recht, zu un terrichten und zu lehren, waS und wie er will und kann. Die belgischen Klerikalen aber verstehen unter dieser Freiheit lediglich das Recht der Kirche, das allgemeine Unterrichtswesen zu überwachen und zu leiten. Schulen, Lehranstalten und Er- riehungökl öfter zu stiften und sich dafür vom Staate reichliche Geldmittel auszubitten zur Be soldung der guten Sclnilbrüder und Schulschwestern. Jetzt suchen sie aus der Verfassung zu beweisen, daß der Staat durch die Errichtung eigener Schulen jene Freiheit der Kirche verletzt hat und von rechtSwcgen eigentlich sämmtliche „congrcga- nistischen" Schulen unterhalten muß, da er der Erbe der Revolution ist, welche die Kirche um ihre Güter bestohlen hat. Mit Mord und Todtjcblag, mit Feuer und Schwert bedroht die nihilistische Propaganda die russische Gesellschaft. So warnte die Ber liner Polizei die Pet erSburger Behörden vor der Absicht der Nihilisten, am 2. März drei Haupt straßen von St. Petersburg in die Lust zu sprengen. Eine Depesche der „H. B.-H." lautet: „Riga, den 13/25. Februar. Auch hier empfingen gestern der Gouverneur, der Polizeimeistcr, sowie der Stadthauptmann Drohbriefe, jegliche Ovation am IubiläumStage,'künftigen Dienstag, zu inhibiren. widrigenfalls die Stadt an allen vier Ecken in Brand gesteckt würde." — In einer tele graphischen Nachricht, welche dem Peters burger „Golos" über Tiflis zugegangen ist, finden sich interessante Aufschlüsse über die Stel lung Persiens zu Herat. Falls sich diese Mit theilungen bestätigen sollten. waS in jedem Falle abzuwärten wäre, hätte die ganze gegenwärtig so viel besprochene Angelegenheit ein: ganz neue Wendung genommen. Nach Teheraner Nach-
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