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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 09.05.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19080509027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1908050902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19080509
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1908050902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1908
- Monat1908-05
- Tag1908-05-09
- Monat1908-05
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Dies»» Blztt wird de« Lesern von Dreddcn u«d U«,«du«g «m Lage vorher brreird «l» Ubenaumgave rngestel«, ivahrend ro die Poli-ridonnenien a« Morgen i« »wer Ärsamlauogabe erhalle«. 52. Jahrgang, 128. vthKOöRtzr «ar D»M. d,n M ««Uch »->- m»ü,»r Zutr«un, («, S»»«« «IG ««>»»»«» n»« »t»»»N I eo Mt , durch »ne«»««»» ««»- u>lig.n«r« ».« «. «ei eim»»U,er Au. st-üu», durch dl, P«l» ri« den Leiern »«» D roden u llingedun, am r«l» »ortzer ,u« gestellten »dend>«u». gaden erhalten die,»«- whrtlaen veg»her ml» der «orsten-Uuhgah, zutammen »uarslrllr. stiachdrua nw »nt deut ln»-! Quell« »an,»h« Nachr ") ,u- lästth — Unoerlan,«« «,nuskri»t, werde» »lcht austewadr». Sonnabend, 9. Mai 1998. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. 1858 Druck und Verlag von kiepsch äc Reichardt in Dresdm. Hauptgeschäftsstelle;: Mavienstraste 38/10. Fernsprecher: Nr. II und 2VS6 «n,eigen-Tarif »»nahm« Inltlu. »Zungen dt« »nchm !> Uhr, Sonutau« nur Marieustrahe Hst von >1 bt, >/,l Uhr Dt- etujpaltiar Srundretle tra. « Älben» Lb Pf.. Aumllle« Nachnchieu au« rre.deu ho hti : Ge'chüNt Änjelgku auf der Priuatselte Zelle '.><> Pt-: dt- zwettpaltiu- Aeilea.rerll-tleVVP,. — In Nummer» nach San» » ^elert««en die eintpalltge Grund, «eile stvPt.aufPrivat- tetle 4V Ps., Kamillen- Nachrichten a. Lretden die glrundzeile AP».— Auswärtige Ausiräg« nur gegen BorauSb,. iahlung. — Jedes «-> legdlatt kostet lv Pf. iv unvrrviektvr Luswnkl unä dlar^ 8.50, 9.90. 13,50, 15, isisrvürlligicsit 10,— big 45,— Hb» L Iililij.iIii'td-I'illetnlZ io sIsxsntsLtsr LuLkiikluvA IlüMii-birliM 8t«ts vöussts kormsn unä dluLtsr Air 25,-, 35-, 45,-. 60,-. 75- Nie. 25,-, 38,-, 42-, 55,-,66- Keimich Lulm 8pvrl»l Usus Nir llvrren-Noävn 8tr«««v L. AL'rv erkr^s Lsfov. KönigFriedrich August ist gestern abend von Wien zur Jagd nach Tarvis abgereist. Die sächsische Zweite Kammer hielt heute eine Sitzung ab. Die Wahlrechtsdeputation der sächsischen Zweiten Kammer hält ihre nächste Sitzung ain Montag ab. In Dresden wurde gestern von der Kriminalpolizei eine Einbrecherbande ausgehoben Zn Freiberg richtete am Freitag eine mächtige Wasser hose auf den Feldern großen Schade» an. Ueber den Fürsten Eulenburg ist gestern abend die gerichtliche Untersuchungshaft verhängt worden. Zn Oberhausen hat ein Ehepaar sein fünfjähriges Kind verhungern lassen. Neueste Druhtmeldnngen rolli 8. Mai. Zum Rcgierungssubtlänm des Kaisers Franz Joseph Wien. K a i s c r F ra n z I o s c p h machte der deut schen Kaiserin Aquarelle von Encll. die den Blick vom Schönbrunner Schlvßsenster aus die Gloriette darstcllcn, zum beschenk. Wien. Kaiser Franz I o s e p l> v c r l i« l, dem Großherzog von Baden das 50. Insantertc-Regiment, dem Großherzog von Sachsen-Weimar das 80. Insaiiterie-Rcgi- ment und dem Großherzog von Mecklenburg-Schwerin das 6. Dragoner-Regiment. Ferner verlieh der Kaiser dem Prinz«« August Wilhelm, dem Großherzog von Oldenburg, dem Herzog von Anhalt und dem Fürsten zur Livve das Großkreuz des Stefans-Ordens und schenkte der Prinzessin Viktoria Luise seine Photographie mit eigenhündiger Unter schrift. Dem präsidierenden Bürgermeister von Hamburg Dr. Burchard schenkte der Kaiser ebenfalls sein Bild. Wien. Im Laufe des Bormittags traten die lebte n sürstlichen Gäste, die an der -Huldigung für den Kaiser teilgcnommcn hatten, die Heimreise an. Wien. Das „F r c m d e n b l." sagt in einem Artikel über das gestrige Galadiner: Unser Bündnis mit dem Deutschen Reiche ist nicht nur wegen der gleichen Richtung materieller politischer Interessen, sondern auch und vor allem deshalb so stark und unerschütterlich, weil cs aus der Grundlage einer wahren und herzliche, Freundschaft beruht. Das Blatt meist ferner aus den Herzlichen Ton des Glückwunschtelegramms des Königs von Italien hin und meint, mit dankbarster Gcnugtnuna würden die Völker des Reiches die warmen und herzlichen Worte des Königs von Italien vernehme» und aus ibnen erkennen, daß das stärkste Band, das die im Dreibünde vereinten Staaken verknüvfe. die Gemeinsamkeit jenes monarchischen Prinzips sei. das Kaiser Franz Joseph in seiner Erwiderung aus die Ansprache Kaiser Wilhelms in Schönbrunn mit io feier licher Betonung hcrvvrhoh. —Tic „R cueFreiePres > c" weist aus die nachdrückliche Betonung der Bundesgenossen- ichast in den Trinksvrüchcn hin. sowie aus die bedeutungs volle Tatsache, daß König Victor Emannel nicht sernbleiben wollte, während die Repräsentanten der beiden verbündeten Mächte sich die Hand reichte». Das Inbilänmssesi des kaiserlichen Patriarchen habe sich von selbst zu einem Feste der von ihm mitbearnndeten Allianz gestaltet. Ter Besuch der deutschen Fürsten sei ein Ehrcntaa dieser friedlichen Allianz aewcsen und verdiene, daß die Geschichte sich ihn merke. — Das „Wiener Ta«bl." hebt gleichfalls her vor. aus den Trinksprüchen klinge heraus, daß das Bünd nis zu einem Hcrzensbündnis geworden ist. — Das „Deutsche B o l k s b l." bekcnpt sich freudig zu dem in dep gestrigen Rede des greisen Herrschers angedeiitek-'n poli tischen Programm und betont, die Deutschen erblickten nur in der monarchischen Staatssorm. und zwar in einer starken Monarchie, die Grundlagen zu dem ungeschwächten Bestände des Vaterlandes und zum Wohlergehen seiner Böller. — Die „Neichsvost" betont den berzlichen. das Persönliche mit großer Wärme hervorhebenden Charakter der Worte Kaiser Wilhelms und meint, die elirsurchtgebictende, von der abgeklärten -Höbe des Greiscnalters gesprochenen Dankesworte Kaiser Franz Josephs seien mehr gewesen, als ein ans tieier Seele quellender Dank. Fürst Enlenbnrg verhaftet. Berlin. Gestern abend wurde über den Fürste» Enlenbnrg die gerichtliche Untcrklchnngshaft verhängt. Heute nachmittag wurde der Fürst im Krawkenhausautv mobil als gerichtlicher Untersuchungsgefangener der Berliner Charitö Angeführt. Hambur g. Die Abgesandten Mule» Haftds sind mit dem Dampser „Oldenburg" hier eingctrossen. London. Wie ein hiesiges Blatt aus Teheran meldet, hat der Schah, der Empsehlung des Parlaments Folge gebend, das Kabinett Nizgm cs Saldaneh wie der ein gesetzt. Die politischen Klubs bemühen sich, den Hof zu überreden, mit dem Volke in näher« Berührung zu treten. Sächsischer Laiwtag. Zweit« Kammer. Ans der Tagesordnung steht zunächst die Schlußberatung über Kap. 2l des ordentlichen Etats für 1008/00, i n - direkte Abgaben betreffend. Berichterstatter Abg. G r u m b t - Loschwitz isreikvns.s verweist aus den vorlicgen den ausführlichen schriftlichen Bericht der Finanzdepnta- tion K und erklärt, daß das Kapitel gegen srüher verschie dene Erhöhungen aufmeise, die hauptsächlich bedingt seien durch die Zigarettenstciier, Rciclisstemvclabgabcn und de» Anteil an der Rcichserbschastssteucr. — Ab-,. G v l d st e i n - Zwickau tLvz.i: Er werde gegen die Positionen in Titel 2 bis v stimmen, weil er gegen die Schlachtiteuer und die Perbrauchsabgabe für Fleisch in Höhe von 5880 Mark sei. Aba. Bä i-Zwickau lircis.i: Auch er und seine politische» Freunde hielten die Schlachtiteuer für eine drückende Steuer. Gegenwärtig sei aber die Finanzlage eine der art schwierige, daß man den Wegfall dieser Steuer nicht verlange» könne. Es wäre andernialls nicht ausgeschlossen, daß dann die berechtigten Wünsche der Beamten nach Besser stellung beeinträchtigt würden. Au» einen anderen Uebcl- stand wolle er aber Hinweisen: Es werde immer behauvtet, die indirekten Steuern merke der Steuerzahler nicht: man merke sie aber auch im Staatssäckel nicht, denn Sie Hälfte der etwa 12 Millionen Mark betragenden Einnahme bleibe untcripeas hängen, weil die Ausgaben die verhältnismäßig ungeivühiilich« Höhe von öV, Millionen Mark aiifwieic». Er bitte die Regierung, daraus hinzuwirkeii, daß die Rcin- crträgntssc aus den indirekten Steuern nach und nach höher würden. Staatsministcr Dr. v. Rüger erwidert dem Vorredner, daß der Aufwand naturgemäß ein höherer sei» müsse, weil auch gegen 70 Millionen Mark Rcichsabgahen einzubrinac» seien. Die Kammer genehmigt gegen die Stimm« des Abg- Goldstein Kap. 21 in den Einnahmen mit 11018712 Mark und in den Ansgabcn mit 5S78728 Mart, darunter 15 610 Mark künftig wegsallend. und beschließt sodann einstimmig, die Petitionen der mit höherer Schul bilduna »ersehenen, im Sekretärs-Range stehenden Beamten der Zoll- und Stciicrverwaltuna. der Zvllasiiftenten und der gehaltlich mit ihnen gleiclfgestcllten übrigen Begnilcn derselbe» Verwaltung und der Revisions-, Steuer- »nd Grenzaufscher der iiidircitc» Abgabeiivcrwaltuiig. iniviveil sie sich ans Ausbesserung der Besoldungen beziehen, der Regierung als Material sür die in Aussicht gestellte Be- soldungsvrduung. im übrigen zur Kenntnisnahme zu überweisen. Ueber Kap. 16 Tit. 10 des ordentlichen Etats sür 1008/00, Erbau n ng v v n -Hei z Haus st ändcn für Lokomotive» betrencnd. berichtet Abg. Förster Spremberg ikous.t und beantragt namens der Finanzdepn tation II, die geforderte» 220 000 Marl, gemeinjährig 110 000 Mark nach der Vorlage zu bewilligen. Einstimmig und ohne Debatte tritt die Kammer diesem Anträge bei. Endlich findet Schlußberatung statt über Kap. 16, Tit. 20 des ordentlichen Etats sür 1008/00 Gewährung einer staatlichen Beihilfe zum 'Betriebe der Auto mobil - O m n i b u s v c r b i n d u n g Mittweida — B u r g sl ä d t — L i m b a ch —O b e r f r o h n a betr. Br richterstatter Abg. R e n t s ch - Kam«»,, lkons.f: Das junge Unternehmen sei in finanzielle Schwierigkeiten geraten und cs erscheine im öffentlichen Interesse geboten, zur Ueberwindnng dieser Ansangsschwicrigkciten eine Staats- untcrsttttzung zu gewähre». Das Unternehmen entspreche einem deutlich erkennbaren Bedürfnisse der verbundenen Dörfer und Städte. Trotz der geschaffenen Automobil Verbindung sehe die Deputation oie erbetene Eiienbahu in dortiger Gegend nicht sür erledigt an Tic erbetene Bei hilfe von 80000 Mk. solle in jährlichen Raten von ISO Mi. bis 1012 zuruckgezahlt werde». Dem Fiskus sei eine Sicherhcitshypokhek cingeräumt worden. Die Deputation beantrage, die geforderte Summe von gcincinjährig 15 000 Mark, zusammen 80 000 Mk., Staatsbeihilf« nach der Vor lage zu bewilligen. Abg. A u d r ä - Braunsdvrf lkons.» fragt, wie hoch sich die Kosten itir die sich wegen des Auto- -nobilverkehrs notwendig machende stärkere Beschotterung der Staatsstraße belaufe» und ob sich nicht etwa eine dauernde Belastung des Etats daraus ergebe. Abg. Neutsch: Allerdings sei eine erhebliche Lumme uvtweii big gewesen, um die Staatsstraße i» einen solchen Zustand zu versetzen, daß sie dem Automobil-Omnibusverkchr stano halte, ja zum Teil habe die Straße gepflastert werde,, müsse». Es sei dies aber nicht allein im Interesse des Nutvmobilverkehrs geschehen, sondern auch der Allgemein heit wegen. Abg. Andrä: Diese Auskunft befriedige ihn nicht. Schließlich spiele hier die zinsbare Beihilfe die ge ringste Rolle. Die Sache könne zu Konsequenzen führen. Er beantrage Z n r ü ck o c r w c i s u n g des Titels an die Finanzdeputativn l!, Abg. Dr. Z o cph c l-Leipzig lnatl.f: diene Verhandlungen in der Deputation würde» zu keinem anderen Ergebnis führen, weil cs an praktische» ttnterlagen fehle. Man müsse einmal eine» Versuch mache» und dabei Erfahrungen sür etwaige weitere Fälle sammeln, Ministerialdirektor Geh. Rat v. Scydewitz: Im Vor jahrc seien für stärkere Beschotterung »»d Pflasterung de, Straße 10 000 Mk. ansgegeben worden, und eine weitere kleine Ausgabe werde sich dieses Jahr noch nötig machen. Die Straße hätte aber auch dann einer Erneuerung de dürft, wenn der Autvinobil-Omnibiis-Verkehr nicht eilige richtet worden wäre. Abg. G r v b c - Obcrsrohna lnati.l tritt für Bewilligung des Titels ein. Der Staat finde hie» Kunst und Wissenschaft. Rezitationo- und Liederabend von Anna Klotz und Carlo o. d. Nopp. Am Mittwoch abend gab die Konzert- sängcrin und Gesangslehrerin Frl. Anna Klotz unter Mitwirkung von Baron E. v. d. RvpP, Frau Lnthcr- Tchneider und Dr. Richard Hering einen Nezitations- und Liederabend. Mit sehr spmpathisch vorgetragencn Liedern von Gerlach, Th. Luther-Schneider, Rich. Strauß, Kreisch mer, Grieg und einer eigene» Komposition errang Frl. Klotz, die von Frau Luther-Schneider feinfühlig an einem kleinen Blüthncr-Flügel begleitet wurde, einen schönen Erfolg. Der eigentliche Protagonist des Abends war der feinsinnige Rezitator Baron E a r l o v. d. R o p p. Zunächst galt cs, eines herrlichen deutschen Dichters tzie- dächtnis zu seiern: die Gedichte „Hinüber", „Spicliiianns- lied", „O Deutschland" des am 80. April verstorbene» Prinzen Schönatch-Carolath übte» tiefe Wirkung, nicht minder die beiden, in Dresden bereits mit Erfolg aufge- sührten Melodramen „Bcrsunkcnes Glück" und „Letzter Tanz", die der Komponist Richard Hering maßvoll am Flügel begleitete. Auch weitere Melodramen Herings, die in Berlin und anderwärts bereits die Feuerprobe be standen haben — Gedichte von Freifrau v. Malapert- Neufville und Marie Madelaine — gestelen sehr, und besonders das letztgenannte „Die Hexe vom Drudenstein". Machte einen tiefen Eindruck: es ist »eben dem „Letzten Tanz" vielleicht das packendste Werk des noch viel zu wenig gewürdigten Tondichters. E. v. d. Rvpp rezitierte außer dem mit starker Empfindung und glänzender Entsaltung seiner prächtigen Mittel Episches und Lyrisches von Münch Hausen, Wildberg. Iacobsen und Trachmann. und schloß den reichhaltigen Abend mit einer Reihe heiterer Dichtun gen von Presber, Iacobvwski, Banselow und OSkar Lecde, dessen „Ueberautler" einen lebhaften Hetterkeitserfolg er zielt«. Sämtliche Mitwtrkendc wurden durch Beifall, Kränze und Blumeuspenden ausgezetchne» Berliner Leben. I?,. B e r l i n, 6. Mai. In anslündiichc» Blättern war kürzlich zu lesen, daß die Verbrechen in der deutschen Reichshauptstadt eine Zu nahme zeigten, wie in keiner anderen Stadt der Welt sonst. Dergleichen Behauptungen lassen sich leicht aufstellen, da sic ohne eine genaue Unterlage zuverlässiger Zahlen kaum »achzuprüscn sind. Stark übertrieben sind sic jedenfalls, wenn sie auch leider, wie nicht zu leugnen ist, einen ge wissen Wahrhcitskcrn enthalte». Unzweifelhaft, die Kri minalität zeigt hier eine fast sprunghafte Steigerung, die zwar noch immer dem Anwachsen der Bevölkerung ent sprechen mag, aber nichtsdestoweniger beunruhigend genug ist. Rur muß man sich hüten, ohne weiteres Berlin und die Berliner dafür verantwortlich zu machen. Wie es in der Ratur der Sache liegt und in allen anderen Millionen städten cbensalls zu beobachten ist. wird die deutsche Reichs- Hauptstadt, ic mehr sie sich reckt und dehnt, desto mehr zum Sammelbecken sür alle verbrecherischen Elemente, die draußen in der Provinz ober im Reiche keine genügende „Beitzegnngssretheit" oder nicht die erforderlichen Vorbe dingungen sür die Ausführung ihrer Pläne finden. Ein Schulbeispiel hierfür bietet die Verhandlung, die sich soeben vor dem Berliner Schwurgericht gegen den Oberförster Lcwandowski abgespielt hat. Der in Kassel 1872 geborene Angeklagte hat bis vor füns Jahre» i» der Provinz, zum Teil in ländlicher Ein samkeit gelebt. Er hat sich vvr sieben Jahre» mit einer ebenfalls ans dem Lande ausgewachsenen Freiin v. Kvrff perheiratet. Erst im Jahre 100g zog das kinderlose Ehepaar nach Berlin. Der Mann hatte keine Stellung und kein Vermögen. Trotzdem bezog er mit seiner bildschönen Frau, die sich durch besondere Eleganz auszeichnete und ein üppiges Leben führte, eine Wohnung für 1500 Mk. Iahres- mtctie. Der Mann will durch di« Anfertigung von Taxen etwa- verdient haben, jedenfalls nicht entfernt so viel, um auch nur die WohnungSmicte ausbringen zu können. Gleichwohl zog das Ehepaar nach Lew vornehmen Aleran- deruser und bewohnte dort eine Etage für M00 Mk., bald darauf sogar eine Wohnung in der Äaiserallec für 1000 Mark. Ter Mann nahm eine bescheidene Försterstellniig in der Provinz Posen an, die Frau blieb in Berlin »ns sandte ihm von Zeit zu Zeit größere Geldbeträge. De» Brave will sich weiter keine Kvpsschmcrzen darüber gemach! haben, woher seine Frau so viel Geld hatte, um nicht uni de» teuren Berliner HauSlmlt z» bestreiten, sonder» sogar noch ihn ansehnlich zu unterstützen. Er ließ ihr in „Fiiianz- dtngen" Völlig freie Hand nnd will geglaubt habe», daß sie von einem Onkel, Baron Kvrss, rcgclinaßige Zuwcndun gen erhalte. Was die Berliner Spatzen von den Dächern pfiffen, das wußte er nicht oder kümmerte »ich nicht darum. Besagte Spatzen aber wisperte», daß Frau Leivandowsti in ihrer Wohnung ein Knppelncst eingerichtet hätte, in dem cs böse zuging. Sie hatte es vorwiegend aus verheiratete zahlnngskräftige Männer abgeiclien und hatte außerdem eine regelmäßige, nmsasscnde Korrespondenz mit ihren Kunden. Sie konnte täglich mehrere Briese absertigen, die keine besondere Mühe verursachten. Denn sie waren alle nach folgendem Muster abgefaßt: „Lieber L! Wenn ich bis morgen nicht .... Mart von Dir erhalte, sehe ich mich ge nötigt, Deiner Frau davon Mitteilung zu machen, daß Du zu meinen ständige» Besuchern gehörst." War nur die vier stellige Zahl, je nachdem, auszufüllen Die Wirkung soll meist durchschlagend gewesen und der Geldbr'csträgcr bei der fleißigen Briesschrciberin ein- und ansgcgangen sei». Sv erzählt man sich, nebst viele» anderen Dingen, die hier gar nicht wiedcrgcgcbe» werden können. Die Staats anwaltschast, die sich nun der Sache bemächtigt hat, wird wohl bald volles Licht hincinbringen. Inzwischen ist der Angeklagte Lewandvwdki, der de» »»glücklichen Leutnant Schmidt v. Phiseldeck vom 5. Garde- Regiment z. F. im Schlafzimmer der Frau Lewandowök, erschossen hat, zu der milden Strafe von drei Jahren Ge fängnis verurteilt worden. Die Geschworenen haben Ihm mildernde Umstände zugebilligt, da sie angenommen zu haben scheinen, daß er die Tat aus Eifersucht begangen habe. Auch der Staatsanwalt war geneigt, den Angcklag-
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