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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.02.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187802230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-02
- Tag1878-02-23
- Monat1878-02
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.02.1878
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Glichet»! täglich ftüh «'/. Uhi. Rck«tt1«» »«> Tr»r»M»» Iohanuisgasie »3. Sprrchst„tk» »rr ttrtattiF,: Vormittag« 10—12 Uhr. Nachmittags 4—L Uhr. Unmchme der für die nächst solaende Nummer besümmten Inserate an Wochentagen dto 3 Uhr Nachmittags, an Tonn- u»d Festtagen früh bis V.v Uhr. r, »e» Filiale» sie z»s. x»»ahme: vtt» Klemm. UniversttLisstr. 22, LoniS Lösche, Satbarinenstr. 18, p. nur dis '/,3 Uhr. WpMer Ja-MM Anzeiger. Orzau für Politik, Localzeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auftakt 15,2.'»". Zll,»»»<m,M,»kri» viertel). 4»/, ML, «ml. vrinaerlohu L Ml., durch die Post bezogen « ML Jede einzelne Nummer 3» Pf. Bclegerenlplar 10 Vf. gtebilbrrn für Extrabeilage oune PostbefVrderung 3« ML MN Postbesürderuug 4L Mt. Zilsrrate 5gesp Petitzeile 2t> Pf. Vtrößer« Schriften laut unserem PreiSverze>chi»b —Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Sttllnurn unter de« ardartt«mßr1ch die Spaltzeile 40 Pf. Inserate sind stets an d. Smedill»» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlrmg praanameraullo oder durch Postvorschutz. ^ 54. Sonnabend den 23. Februar 1878. 72. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag den 24. Februar nur Vormittags bis '-9 Uhr geöffnet. Der neue Papst. Die gcsammte europäische Presse beschäftigt sich mit dem neugewählten Oberhaupte der katholischen Kirche und mit den Erwartungen, die sich an seine Erhebung knüpfen. Was seine Persönlichkeit, be trifft, so soll er von hohem stattlichen Wuchs und fast asketischer Magerkeit sein ; Energie und Festig keit sprechen aus seinen Zügen. Sein Wesen wird als durchaus aristokratisch geschildert und seine Rede klingt gewaltig und eindringlich. Zu Carpiento im Kirchenstaat 1810 geboren, rvidmete er sich dem geistlichen Stande und stieg rasch die Stufenleiter der Würden hinan, welche zur Curie in Rom führen. Er wurde päpstlicher Legat der Provinz Benevent und bekundete dort seinen praktischen Blick und seine Energie auch in der weltlichen Verwaltung. Er hinlerließ die Provinz Benevent in einem erfreulichen Zustande der Ordnung und Sicher heit, als Pius IX. ihn als Nuntius nach Brüssel delegirte. Man bezeichnet ihn als den Vater deS belgischen Concvrdats. Er gewann die Zu neigung und Hochachtung des Königs Leopold und der Belgier in so hohem Grade, daß er auf deren Bitten hin mit dem Purpur bekleidet wurde. -Rach Italien zurückberufen, wurde er Erzbischof von Perugia und die Liebe seiner Diöcesanen folgte ihm, als er, zum ersten Camerlengo Seiner Heiligkeit ernannt, nach Rom berufen wurde. In dieser Stellung übernahm er nach dem Tode des Papstes die Leitung der Geschäfte des Cardinals- Collegiums und sein Name wurde von nun ab in erster Reihe als Papst - Candidat ge nannt und zwar rechnete man ihn zu der ge mäßigten Partei. Bemerkenswerth für seine Stellung zur königlichen Regierung in Rom ist, daß er es urrückwies, als die Botschafter der fremden Mächte ihm unaufgefordert anbotcn, durch das Aushissen ihrer Nationalflaggen auf dem Vatican diesen zu schützen. Der Cardinal erklärte, es bedürfe dieses Schutzes nicht. Er war es auch, der die italieni schen Compagnien in die PeterSkirchc hereinricf, alS große- Unheil drohte, da die andächtige Menge zu der ausgestellten Leiche deS Papstes in erdrückenden Fluthcn herandrängte. Beide Vorgänge, dem Cardi nal von den Unversöhnlichen des heutigen Collegiums bitter vorgeworfen, dürften gerade zu dem Resultate geführt haben, daß die Stimmen aller Anderen sich so schnell aus ihn vereinigten. Seiner klaren Auf sagung der Lage soll es auch zu danken sein, baß alle Versuche, das Conclave von Rom zu verlegen, scheiterten. Er bewies seinen eifernden Collegcn, daß man wohl schnell und leicht von Rom weg gehe« könne, aber sehr schwer dahin zurückkehren werde, wenn nicht eme Million Bajvnnete zur Unterstützung bereit wären. Ucker die Persönlichkeit deS neuen Papste- ver öffentlichen die Zeitungen noch Folgendes: Sein Kopf fällt durch feine Feinheit au». Die Linien seine« Antlitze- ffnd fest, bestimmt, ern wenig eckig. Die Stimme ist sonor und glänzend, wenn er eine Rede hält; leicht näselnd, wenn er familiär spricht. In seinem Privatleben ist er einfach, einnehmend, liebenswürdig, geistvoll. Im Amtskleide, unter dem Purpur oder im bischöflichen Schmuck wird er ernst, erhaben, majestätisch; er scheint sich mit der Größe seine« Amte« zu durchdringen. Man könnte sagen, er gickt sich in plastischer Haltung, aber er sucht diese Haltung nicht, sie ist «hm na türlich, sie ist der Au-druck seiner patrizifchen Natur. Rach Bonghi'S Schrift über die Papstwabl hatte der Cardinal Pecci alS Erzbischof in Perugia immer leidlich gute Beziehungen zur italienischen Regierung zu unterhalten gewußt. Er galt für einen der besten Köpfe deS CardinalcollegiumS, für «lehrt und einen vorzüglichen Verwalter seiner Diöcese. Seiner Parteistellung nach wurde er dem rechten Flügel der Moderat, (Gemäßigten) zu- Ueber die Hoffnungen, die sich für Italien und Deutfchland an die Papstwahl knüpfen, sagt die „Rattonall. Corr.": Zu widersprechend lauten die Ur- theile über Denkweise und Charakter des bisherigen Cardinal« Pecci, und zu oft haben die Päpste zu gleich mit den Pontisicalgewändern einen so ganz andern Menschen angezogen, daß alle Borhersagung alS müßige Arbeit erscheint. Cardinal Pecci hat während der SediSvacanz (der Zeit der Erledigung de« päpstlichen Stuhle«, seine« schwierige« Amte st- Camerlengo mit Takt gewartet; daß er sich all Leo XIII. der gleichen Tugend befleißigen werde, kann man hoffen, aber den Beweis nnrd erst di« Zukunft bringen. Inmitten der Ungewißheit, in welcher man sich somit auch ferner befindet, dünkt es uns am Zweckmäßigsten, unser Urtheil weniger auf die eine Person, als aus die tbat- sächllche Lage der Dinge zu begründen. Was zunächst in Betracht kommt, ist das Verhältniß des neuen Papstes zu Italien. In dieser Beziehung läßt die Sprache der Thatsachen an Deutlichkeit Nichts zu wünschen. Als Victor Einanuel sich in den Besitz der ewigen Stadt setzte, war ein Haupt schlagwort der klerikalen Proteste, daß der Papst ohne weltliche Souverainctät ein Gefangener, daß die ganze Kirche nicht mehr frei, daß das künftige Conclave in Rom unmöglich sein werde. Jetzt liegt die vollständige Grundlosigkeit dieser Behauptungen am Tage und glänzend gerechtfertigt ist das Urtheil aller Derjenigen, welche in dem Verschwinden des Kirchenstaats in Wahrheit eine Befreiung erblickten. Niemals war daS Conclave von der Außenwelt weniger beeinflußt, niemals wurde eine Papstwahl bei so vollkommener Aufrechterhaltung der öffent lichen Ruhe und Ordnung vollzogen. Eins der entschiedensten klerikalen Organe selbst, die „Unita cattolica", erkennt dies in einer Betrachtung über die Fügungen der Vorsehung für die Wahl des neuen Papstes unumwunden an. Welche Bedeu tung würde angesichts dieser Thatsachen die feier liche Wiederholung der Betheuerung haben, daß die Kirche nicht leben könne ohne die Wiederher stellung deS Kirchenstaats! Gewiß, wir erwarten nicht, daß der neue Papst demnächst das Königreich Italien in aller Form anerkennen werde — das widerspräche den Traditionen der römischen Curie. Sehr wohl aber ist mit diesen Traditionen im Einklangs daß er dem Gewicht der realen Verhält nisse stillschweigend Rechnung trägt. Und dies Gewicht der Verhältnisse ist den Politikern des Va tican« ja noch ganz neuerdings sehr fühlbar geworden Sie sind Zeugen gewesen der aufrichtigen Trauer ganz Italiens am Sarge Victor Emanuel'S. So groß auch die persönlichen Sympathien für den König-Ehrenmann gewesen sein mögen, der Kern der Trauer war die Dankbarkeit des ganzen Volkes für die Gründung des nationalen Einheitsstaates. Wie ganz anders am Grabe des neunten Pius! Um ihn als Mensch mögen mehr aufrichtige Thränen geweint sein, als um irgend einen seiner Vorgänger; über den Zusammenbruch deS Kirchen staates aber ist aus der Mitte der Bevölkerung keine Klage laut geworden. Schwerlich täuschen wir unS mit der Annahme, daß diese Wahrnehmung der Partei der Intransigenten (Unversöhnlichen) in der Curie die Kraft entzögen hat. Für eine frucht bringende Wirkung der höchst gewagten Demonstra tion, welche in der Auswanderung de« Conclave gelegen haben würde, war in dem italienischen Volke schlechterdings gar kein Boden vorhanden. Ebenso wenig war iA der allgemeinen Welt lage ein irgendwie zuverlässiger AnhaltSpunct für eine derartige Hoffnung gegeben. Darum fügte man sich in da- Unvermeidliche, auf die Ge fahr hm, daß vor aller Welt offenbar «erde, wie gänzlich ungehindert die Kirche unter dem Schutze der italienischen Regierung ihre wichtigsten Func tionen ansüben kann. Eine vernichtendere Parodie auf die Klage über die „Kirchenräuber", die da« Oberhaupt der Kirche gefangen halten, ist nicht denkbar. Mag immerhin der neue Papst, des PrincipS wegen, da« Königreich Italien mit einem fulminanten Proteste in dem bekannten Curial- style bedenken, an den Thatsachen wird dadurch Nicht- geändert, und die Macht dieser Thatsachen wird die Curie auch ferner zwingen, sich mit ihnen abzufinden. — WaS den zweitwichtigsten Punct, da« Berhältniß der Curie zu Deutsch land anlangt, so kann der mockos vivendi, welchen man sich Italien gegenüber auflegt, auk dasselbe naturgemäß nicht ohne Wirkung bleiben. Auch hier erwarten wir freilich nicht, daß der Papst tue bekannte EncyNica seine« Vor gänger- förmlich zurücknehmen und den Bischöfen die ausdrückliche Unterwerfung unter die Maigesetze befehlen werde. Aber der Lauf der Dinge wird dazu führen, daß an die Stelle de« schroffen Widerstande« eine Politik de- stillschweigenden Sichsügen« gesetzt wird. — In dieser Weise denken wir un« die zukünftige Gestaltung de« Verhältnisse« zwischen Staat und Kirche, wenn wir die durch die thatsächlichen Verhältnisse gegeben« Anzeichen be fragen. Wir leugnen nicht. daß Vapst Leo XIII. vermöge der Machtfülle, welch« m feine Hand ge- legt ist, diese Rechnung «ehr «er weniger alterircn, ja sogar ganz durchkrenzen kann. Ist er aber ein Papst, welcher anfrichttg da- Wohl seiner Kirche im A»ge hat, so sehen wir nicht, wie er einen andern Weg, als den bezcichneten, einschlagen könnte. Dagegen warnt die „Nat.-Ztg." davor, allzu große Hoffnungen auf den neuen Papst zu setzen. „Es wäre verfehlt, wollte man aus der Vergangen heit des neuen Papstes einen Schluß auf dessen lveitereS Verhalten ziehen. DaS alte Intriguen- spiel im Vatican wird jedenfalls von Neuem be ginnen und die einzelnen Staaten werden daher gut daran thun, sich bei ihren Beziehungen zu der römischen Curie lediglich durch ihre eigenen In teressen leiten zu lasten. Es wird aber bei den Dispositionen der klerikalen LeirAc anscheinend nicht lange dauern, bis dieselbe Verhimmelung und Be- schmeichelung deS neuen Papstes stattsindet, wie sie gegen den gestorbenen ausgeübt wurde." Wir fügen hieran noch einige neuere Nachrichten über die Papstwahl und den neuen Papst. Aus Rom, 21. Februar, wird gemeldet: Gutem Ver nehmen nach soll die Wahl des Papstes nicht durch Aboration (anbelendc Huldigung), sondern durch Abstimmung erfolgt sein. Nachdem der Cardinal Bilio erklärt hatte, nicht candidiren zu wollen, hätten seine 9 Anhänger ihre Stimmen dem Car dinal Pecci gegeben. Nachdem daS Scrutinium bekannt geworden, hätten die Cardinäle ihre Knie vor Pecci gebeugt. — Heute früh fand in der Sixtinischen Capelle die Ceremonie der feierlichen Huldigung mit dem Fußkusse statt; am Nachmittage wurde das diplomatische Corps empfangen, das dem neuen Papste seine Glückwünsche darbrachte. — Der „Voce della verita" zufolge ergab das Scrutinium am 19. Februar Morgens nur wenige Stimmen für den Cardinal Pecci; Abends stieg jedoch die Zahl der für denselben abgegebenen Stimmen plötz lich auf 35. Am 20. Februar Vormittags erhielt Cardinal Pecci 44 Stimmen und war somit ge wählt. — Von allen Seiten, auch aus dem über seeischen Auslande, sind Glückwünsche für den Papst einqetroffen.1 Ferner wird aus Rom, 2l.- Februar, gemeldet: Heute früh kündigte Papst Leo XIII. in der Cyn- gregation die Veröffentlichung einer Encyklica an die katholische Welt an, in welcher die Wicder- bcsetzung deS päpstlichen StubleS verkündet werden soll. Cs wurde heute beschlossen, daß der Papst für jetzt den Vatican nicht verlassen solle. Der „Köln. Ztg." meldet man aus Rom, 20. Febr.: Eben komme ich aus dem Vatican zurück; derselbe war ganz voll Menschen, namentlich römischer Nobili, die sich um den neuen Papst drängten. Es ging Alles drunter und drüber, und der drei zehnte Leo selbst, ein hoher hagerer Mann, war so ergriffen und verwirrt, daß er nur wenige und unzusammenhängcndc Worte zu äußern vermochte. Die Einzigen, welche den Kopf oben bebakten zu haben schienen, waren die Diener, und diese suchten ihre Geistesgegenwart zu benutzen, uni über die kleineren Habseligkeiten der Cardinäle, wie Cigarren, Wein flaschen und dergleichen, krumme Finger zu machen. Ich erfuhr, daß Cardinal Caterini, halb kindisch vor Alter, sich bei der Proklamation des neuen Papste« im Fenster geirrt und statt link«, wie er sollte, in St. Peter hinein, rechts auf den Platz von St. Peter hinaus gerufen habe: „llade- mus pontiüeem", worauf er hinterrücks fiel und Msgr. Martinelli den AuSruf vollendete, den man unten nicht verstand und d» capo verlangte. Daher die scheinbare Inconsequenz, daß Leo XlU sich später lm Innern de- Tempels präsentirte, während Alles ihn draußen erwartete. Heute Abend noch trat eine Congregation der Cardinäle zusammen. Die jenigen von ihnen, deren Bekanntschaft ich mich erfreue, waren um 8 Uhr noch darin. Pecci hatte im Conclave 47 Stimmen erhallen, Martinelli l l und die übrigen Bilio. Zwei Stimmzettel waren nichtig, weil sie von altersschwachen Cardinälen unleserlich geschrieben worden waren. — Ein andere« Telegramm vesagt: Der neue Papst erschien in der Loggia im Innern über dem EinaangSthore, die weiter nichts al« eine schmuck lose Fensterbrüstung ist, im weißen päpstlichen Ornat, auf dem Haupte die weiße Trara, beschwichtigte da- beifallrufende Volk durch eine Handbcwegung und stimmte an ^dirttorium nogtrum etc.", worauf die Menge antwortete: »Hui ke.it eoolum et terram^. Ueber die Persönlichkeit de« neuen PapsteS und seiner Milbe,verber berichtet die „Köln. Ztg": Leo XIII. hat mit seinen feingeschnittenen Zügen und eleganten Manieren ganz daS Aussehen einr- vornehmen Kirchenfürsteu. der sich aber,beim öffent lichen Auftreten mit einer gewissen affectirten Sal bung und priesterlichen Geziertheit benimmt. Er soll sich für daS Papstthum prädestinirt gehalten haben und neben Bilio und Monaco in PiuS' IX. Umgebung einer der eifrigsten Wühler gewesen sein, damit der Riß zwischen Italien und der Curie erhalten bleibe. Die- letztere ist trotz de« anscheinenden Widerspruch- immerhin sehr wohl damit zu vereinen, daß er alS Erzbischof von Perugia offene Zerwürfnisse mit der italienischen Regierung stets zu vermeiden gewußt hat. Dar über stimmen ferner alle Angaben überein, daß Pecci al« Prälat und Cardinal ein Lebemann und im geselligen Verkehr sehr umgänglich war. Ueber den Lebenslauf Leo'S XIII. hat die „K. Z." noch Folgendes nachrutragen: Nachdem er da« Crllegio Romano verlassen hatte, trat Pecci in die Accademia Ecclesiastica, eine von Benedict XIX. gegründete Pflanzschule der römischen Prälatur ein. Dieses Institut nimmt sowohl In- wie Ausländer auf. besonders gern aber solche von vornehmer Herkunft, oder auch Leute, die über ihre Sitten gute Zeugnisse aufweisen können, die bereits die heiligen Weihen oder doch die betreffende Erlaubniß ihre- Bischofs er halten, oder endlich die Theologie und Jurisprudenz fludirl haben. Der Cursus ist dreijährig und die jungen Leute treten danach mit dem Range eines Rcferendarius oder Protonotars in die Prälatur ein. Am 16. März 1837 ernannte Gregor XVI. Pecci zum Hausprälaten und Rcferendarius an der Segnatura. Dann wurde er Delegat (Provinzial gouverneur oder geistlicher Pascha) zu Benevent. Spoleto und zuletzt zu Perugia. Von Perugia wurde er >843 abberufen, zum Erzbischof von Damiette präconiflrt und, wie bereits gemeldet, als Nuntius nach Brüssel geschickt. Im Eonsistorium vom 19. Januar 1846 wurde er zum Erzbischof von Perugia erhoben, zum Cardinal ernannt, aber in petto reservirt, was kein weiteres Recht giebt, als, wenn man wirklich proclamirt wird, die An- ciennität vom Tage jener Ernennung an zu zählen. Der CardinalShut wurde Pecci dagegen erst am 19. December 1853 verliehen. Im vorigen Jahre nahm er das Camerlengat an, weil Panc- bianco dasselbe ob der verminderten und aus den StaatSkanzler übertragenen Befugnisse ausgeschlagen hatte. Noch wäre von Pecci ru erwähnen, daß er die Accademia San Tommaso gründete, deren Präsident er auch späterhin blieb, und daß er, als die Regierung ihm sein Seminar nahm, den Se minaristen LogiS im erzbischöflichen Palaste anwieS. — Bon den unterlegenen Mitbewerbern Pecci's ist Martinelli e>n Augustinermönch, „durch Inspi ration" von PiuS ernannt, Keiner weiß warum; Nina gilt für einen gescheidten Mann, der den Liberalen spielt. Franchi dürfte vielleicht noch ein mal eine größere Rolle spielen, da die gemäßigte und mittlare Partei die Absicht hegen soll, ihren Ein fluß behufs seiner Ernennung zum Staatssecretair zur Geltung zur bringen. Er ist ein gutgesinnter Herr von fabelhafter Thätigkeil, von versöhnlicher Gesinnung und ein abgesagter Feind der Jesuiten, der Caplanswirthschast.unv der fanatischen Presse; geboren im Jahre 1819 zu Rom aus plebejischer Familie als der Sohn eine- Notar-, machte er durch Lambruschini's Einfluß sehr schnell Carriöre und ist durch seine Stellung als Internuntius und Nuntiu« an den Höfen von Madrid, Modena, ToScana und Konstantinopel auch in den öffent lichen Blättern mehrfach genannt worden. Er war ein besonderer Günstling der Exkönigin Jsabella, welcher er die vielbesprochene goldene Rose Uberbrachte. Alles in Allem kann man Franchi alS daS Musterbild eine- wohlwollen den, wohlgenährten, reichen und prachlliebcnden Kircbensiirsten bezeichnen. Sein vollendeter Gegen satz ist Luigi Bilio, geboren zu Alessandria dclia Paglia (Piemont) am 25. März 1826, ernannt und publicirt von Pius IX. im Eonsistorium vom 22. Juni 1866, Bischof von Sabina und Prüftet der Congregation Rituum. Er ist Mönch, näm lich Regularkleriker der Congregation vom h. Pau lus. Sohn eine« Schuhmacher«, trat er mit l 4 Jahren alS Kleriker in die genannte Congregation ein. Sein Lehrer war der berühmte Pater Vercellvne, Adept RoSmini'S und aroßgcsinnter Geist, den sein Schüler in der Folge vollständig verleugnete, nachdem er mit Monaco La Valetta jene Lobesversicherung aus Gegenseitigkeit geschloffen hatte, die Beide bei PiuS ru der höchsten Würde hinausschwindelte. Al« Consultor der Indcx-Cougregation machte er den SyllabuS. Er studirte zuvörderst schöne Wissen schaften und griechische Sprache, wurde dann Lector der Philosophie im herzoglichen Colleg zu Parma, im Eolleg zu Neapel und endlich zu Rom. Auch lehrte er Logik, Metaphysik und Naturrecht. PiuS rog ihn plötzlich au« dem Dunkel hervor. Auf dem Concil präsidirte er der dogmatischen Commission, au« der da« Dogma über den Universal Epiftopat und die päpstliche Unfehlbarkeit hervorging. Im Grunde ist er ein beschränkter Kopf und schwer fällig in Allem, aber ein unternehmender Mörch und geneigt, die Demagogie gegen die bestehende Staatsordnung anzurufen. Tagesgeschichttiche Ueberficht. Letptt«. L8. Februar. Die Nachricht, daß die Verhandlungen dc« Reichskanzler- mit Bennigsen und Genossin gescheitert seien, begegnet in unterrichteten Kreisin Ziveifeln; wenigsten-, meint man, sei die Lage nid t so geklärt wie behauptet wurde. Auch daß Hcir Camphausen gleichzeitig Bicekanzler werden solle, wird bezweifelt. Die Majorität de« BnndeSraU S hat zwar nicht die Absicht, den Reichskanzler bezüg lich der Ernennung de- BicekanzlerS zu beschränken,
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