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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187802267
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780226
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780226
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Paginierfehler: S. 1020 statt S. 1022; Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-02
- Tag1878-02-26
- Monat1878-02
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1878
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Urschet»« tiii tch ftich «'/. Uhr. Red«»«» »»1 «eordülsa Jsyarraisgasse L3. Lpmh-inidtir »er ltrdattl»,: vormittags »«»—12 Uhr. NachrnMa-s 4—6 Uhr. Anuadme »er für dir nächst iolaende Nummer bestimmt» Zwervrc au Wochentagen dis < Uhr Nachmittags. an Sonn- »mH Festtag» früh dis '/,» Uhr. Ja »ca Bltilca f>r Aa^-Laaahmr: Otto Klemm. UuixrstM-rstr. 22, Ätttts Löiün.Katharinenstr. 18.P. nur bis '/^8 Uhr. Anzeiger. Orzvl für Politik, Localgtschichtt, Hiwdkls- mrd GtschistSdrrkehr. IdemmRc»«Mrk<evttrwsi.4'/,Mr, mcl. Brinzrrtohu L Mt. durch die Post bezog» k M. Jede enizela« Nummer rs Pf. Beleqexempler 10 Pf. «edüdrrn für Tkttabalag» «tzue 'Postbeförderung L« Ml. mit Postbesörderung 4L ML Zafrralr Sgesp Petitzeile 20 Pf Größere Schnfteu hurt uuserew Prrisverzeichniß. — Todeltarrfcher Satz nach höherem Tarif, »rclawra »«Irr »ca UrbarUeaeßrich die Spaltkeile 4V Pf. Jnleratc sind stets an d. tePcbtU»» zu ieudea — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praoaa»»»»dn oder durch Posworschuß. Dienstag den 26. Februar 1878. 72. Jahrgang. Neuerliche Dorkommnifse veranlaffen unS, die Ueberlaffunq im hiesigen Stadtbezirke geleaener Locale «der Plätze, behufs der Benutzung zu Zweikämpfen, den Besitzern unter Androhung einer Geldstrafe ms zu Dreihundert Mark oder verbältmßmäßiger Haftstrafe hiermit zu verbieten. Leipzig, am 25. Februar 1878. L«s Polizei-Amt »er St«»t Leipzig vr Rüder. Bekanntmachung. Di« beim Bau der Brücke über den Elstermühlgraben in Verlängerung der Tanalstraße erforderlichen Eisen- und Anstreicharbeiten, bestehend au- dem eisernen Oberbau, eisernen Geländer rc., sollen rn Accord vergeben werden. ^ ^ ^ Geeignete Unternehmer und Eisenwerke, welche derartig« Arbeiten bereits auSqesührt baden und sich de, dieser Submission betheiligen wollen, werden hierdurch aufgefordert, die auf unserem Bauamte ausneaenden Zeichnungen und Bedingungen einzusehen und ihre Offerten unterschrieben, versiegelt und mit der Antichrist: Etseuarbetten fKr »1e Aunke«»urg»rücke versehen bis zum 4. Mär; ». I. Nachmittags 5 Uhr eben daselbst abzugeben. Leipzig, den 13. Februar 1878. Der Rath »er Stadt Leipzig. Itr. Tröndlin. Wanqemann. Bekanntmachung. Längs des Grundstücks der höheren Töchterschule am Schlctterplatz sollen circa 300 (Um Trottoirplatten und 154 laufende Meter Granitschwellen verlegt und die Ausführung dieser Arbeiten auf dem Wege der Submission vergeben werden. Dieienigen Steinmetzmeister, welche gesonnen sind, sich bei der Submission zu betheiligen, können Pläne und Bedingungen auf unserem Bauamt (Rathhaus, 2. Etage, Zimmer Nr. I) einsehen und haben ihre Offerten mit der Aufschrift „Trottotrleguug »ez. Schweventeguug au »er Töchterschule" spätesten- bis 5. März d. I. Nachmittags 5 Uhr, unterschrieben und versiegelt, ebendaselbst einzureichen. Leipzig, den 25. Februar 1878. Der Rath »er Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Wangemann. (leKentl ieke 8 anc! ei slekranZtalt. v»s aeiie 8ekaij»1>r beginnt i» üvr »öbvr» IH1!t«Uui»g, deren Lvlkvavllguln»«« rum «luziikrlxen PrvtutlllIoaäloaat« bor«elitlx«n, SM 25. IprU. Anmeldungen für dieselbe erbittet »ick der vnterreick aete in den Vocbenloge« von 10 bi» 12'/, vbr und Prospekte sind im 8ek»>xeb»ude ru b»ben. vr. väorman», vireetor Leipzig, 25. Februar. Die Steuerdcbatte im Reichstage ist vorüber. Zwei Tage hat die Redeschlacht gewährt, und alle Partei» des Reichstage- vou der äußersten Rechten vis zur äußersten Linken, hervorragende Eapacitäten des Parlaments wie der Regierung haben daran Theil genommen. Und waS ist dabei herausgekommen? Die Uebcrführuna der vorge legten Entwürfe in den stillen Friedhof der Budqet- commission und der ziemlich sichere Rücktritt ihres Urheber-, de- preußischen Finanzministers Camp bausen. Seit Wochen und Monaten wird die Frage der Steuerreform erörtert, die Sperlinge pfeisen es von den Dächern, daß der Reichstag und dessen ausschlaggebende Partei, die nationalliberale, sich nicht auf eine nackte Erhöhung, sondern nur auf eine Reform einlaffen will, welche die Finanz politik de- Reiche- ordnet und, indem sie diese auf eigene Füße stellt, zugleich die Einzelstaaten ent lastet, dabei aber da- Steuerbewilligungsrecht des Reichstage«, welche- mit der Ersetzung der Ma- tricularbeiträge durch indirekte Steuern gefährdet würde, durch verfassungsmäßige Bürgschaften sicher stellt und zwar im Wege einer Organisation der Reichsregierung und insbesondere der Reichs- finanzverwaltung im Sinne einer parlamentarischen Regierung. Camphausen bat aber von alledem Nichts gehört; es ist, alS ob er und nicht Bismarck in Barzm oder aus irgend einem stillen Eiland fern vom Brausen der Welt zugebracht hätte. Ganz gemüthlich, als ob gar Nickt« vorgefallen, Nickt« im Werk und Werden sei, hüpft er her ein und schlägt eine Tabakssteuer Erhöhung vor, die sich wie eine Nothmaßregel ausninimt und bei der von Reform Nicht«, von constitntionellen Bürg schaft» erst recht Nichts zu spüren ist. Ist Das die Art, in schwierigen Zeiten schwierige Dinge durch zusetzen, tiefliegende Uebelständc aozustellen, dem Reick auf die Beine zu helfen und es von Grund aus finanziell zu regeneriren? Da- ganze Auf treten Camphausen'« mußte den Eindruck macken, alS ob er nur auf einen Behelf sänne, um daS Deficit los zu werden, von weitgreifenden, weit aussehenden Plänen aber, wie Fürst Bismarck sic verlangt, Nichts wissen wollte. Wie mußten daher die Reichsboten, wie mußten wir Alle erstaunen. alS Camphausen sich plötzlich im Verlaufe der Sonnabend-Debatte, durch eine Rede LaSker'S ge reizt, demaskirle und dem verwundertenPublicum da- Gesicht eine- schon vor Jahr und Tag bekehrten Monopolisten zeigte? Davon, daß die vorgeschla- aeue Steuererhöyung nur ein Durchgang zum Monopol sein sollte, hatte Nichts in den Motiven des Entwurfs gestanden; auch hatte Camphausen am Freitag Nicht- der Art angedeutet, vielmehr noch den Gegner de- Monopol- gespielt und dessen Schwierigkeiten hervorgehoben. WaS nützte e- nun, daß der Reichskanzler seinem Coüegen eine Art von BstrgsckaftSschein au-stellte und ihn als Monopol- GlaubenSaenossen anerkannte, waS nützte eS, daß Camphausen ihm dafür dankbar die Hand schüttelte? Eine gewisse Versöhnung der beiden Staatsmänner mochte damit wohl erreicht sein (wobei indeß auch klar wurde, daß «s einer solchen Versöhnung bedurfte): aber beim Reichstage hatte Camphausen da- Spiel verloren. Am Freitag war er nur mit seinen Entwürfen unterleg»: am Sonnabend aber, indem er seinen Staudpunct von gestern halb und halb selbst desavomrte, unterlag er persönlich. Das Schicksal, welches die Vorlagen »n der Commission erwartet, kann nicht zweifelhaft sein; von allen Seiten des Hauses erlegt, «erd» sie dort keine Auferstehung feiern können, und da Camphause» erklärte, daß er mit den Vorlagen stehe und falle, daß er nicht fortregieren wolle, ohne der freund lichen Zustimmung der Parteien im Reichstage gewiß zu sein, so wird seine Amtsführung die Entwürfe wohl nicht lange überleben. Es ist schmerzlich, daß er so enden, daß ein so verdienst voller Staatsmann auf diese Weise als Opfer fallen muß. Vielleicht aber wird er uns damit den Dienst eines Curtius erweisen, der in den Abgrund stürzt, um die Kluft zu schließen, an der die Leitung deS Reiches krankt. Und wenn dieS das Ergebniß der sonst so unerquicklichen Steuer- dcbattc sein wird, wenn sie die unentrinnbare Nothwendigkeit dargethan Hab» wird, der Zer fahrenst in der Reich-Verwaltung ein Ende zu machen und schleunigst an ihre Reform zu gehen, wenn die Erkenntniß dieser Nothwendigkeit die bevorstehende Berathung des Stellvertretungs gesetzes wie ein guter Geist umschweben und sie zu glücklichem Ziele fördern wird —, so werden auch diese Verhandlungen ihre Sendung erfüllt haben; die bittere Schale wird abfallen und vergessen werden, und ein gesunder Kern wird Zurückbleiben, fruchtbringend für die Fortentwickelung de- Reiches. Tagesgeschichtliche Uebersicht. Lelpzt«, L5. Februar. Bei dem Reichskanzler Fürst» BiSmarck fand am Sonnabend Abend eine stark besuchte parla mentarische Soiröe statt. Die „Post" meldet darüber: Man bemerkte unter den Anwesenden eine große Anzahl von Mitgliedern des Bundes- rathS. Minister der Bundesstaaten, mehrere der preußischen Minister, sowie die Herren General- Postmeister Stephan und Minister Delbrück. Auch eine ungewöhnlich große Anzahl von Damen war anwesend, darunter Frau v. Spitzenberg, Frau v. Rudhardt, die Fürstin Lynar, Gräfin v. Bethusv- Huc mit zwei Töchtern, Frau Stephan, Frau Krüger, Frau von Kotze, Frau Haupt aus Ham burg, Fräulein Jordan. Die Unterhaltung drehte sich natürlich hauptsächlich um die letzten parlamen tarischen Vorgänge, doch wurde auck die auswärtige Politik berührt. Der Eindruck war der, daß die Situation dock etwa- gespannter sei, alS es nach den letzten Nachrichten den Anschein hatte, Rußland vielmehr die Vortheile seiner Lage jetzt gegen Eng land au-beuten zu wollen scheine D,e Soirse wird die letzte in dem alten PalaiS gewesen sein; die nächste dürste schon in dem neuen Gebäude stattfinde». Das „Deutsche Montagsbl." berichtet über den Abend: Die an und für sich beschränkten Räume der alten Wohnung waren so gefüllt, daß die An wesenden sich nur mit Mühe bewegen konnten. Von ReickStagsabgeordneten waren u A. Bennigsen. Forckenbeck, LaSker. Graf Betbusy, v. Helldorf, Hänel, Klotz. Löwe rc. erschienen: auch Delbrück, mit welchem der Reichskanzler sich längere Zeit unterhielt, hatte sich eingefunden. Mit Ausnahme de- Centrums bemerkte man fast alle Fraktion», auch die Fortschrittspartei war stark vertreten. Der Bundesrath war fast in corpore erschie nen; außerdem bemerkte man den Oberbürger meister von Köln, vr. Becker, wie die Minister Bekanntmachung. 1. Der osfietele Aas«»« der »teSjShrl«» Oster«eHe fällt auf den 6. Mit und es endigt dieselbe mit dem Lb. Mett. 2. Während dieser drei Wochen können alle 1»- und ausläudtfch» Handelsleute, Fabrikanten »»d Gewerbetreibend« ihre Maaren hier öffentlich feil bieten. Doch kann der Großhandel in der bisher üblich» Weise bereits in der »um AuSpacken bestimmten Vorwoche, vom 29. April an betrieben werden. 3. Da- AuSpack» der Waaren ist den Inhabern der Meßlocalien in den Häusern ebenso wie den i» Buden und auf Ständen feilhaltenden Verkäufern in der Woche vor der Böttcherwoche gestattet. Zu» Etnpacken ist daS Offenhalten der Meßlocale tu »eu Häuser» auch in der Woche nach der Zahlwoche gestattet. 4. Jede frühere Eröffnung, sowie jedes längere Offenhalten eine- solchen BerkaufslocaleS wird, außer der sofortigen Schließung desselben, jede-mal, selbst bei der ersten Zuwiderhandlung, mit einer Geldstrafe bi- zu 75 geahndet werden. 5. Personen, welche mit dem in 8- 55 der deutschen Gewerbeordnung vorgeschriebenen LegitimatiouS- scheine nicht versehen find, dürfen bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 150 oder entsprechender Haftftrafe den Hausirhandel während der Messe nur nach eingeholter Erlaubniß deS PolizeiamteS und auch mit dieser nur »n den eigentlichen drei Meßwochen betreiben. 6. Auswärtigen Spediteur» ist von der hauptzollamtlichen Lösung des WaarenverschlufleS an bis mit Ende der Woche nach der Zahlwoch« das Speditionsgeschäft hier gestattet. Leipzig, den 1». Februar 1878. Der Ruth »er Stadt Letpzt«. vr. Tröndlin. Bekanntmachung. Zum Behuf der gegen da- Ende jede- akademischen Halbjahres zu haltenden Revision der Universität» bibliothek werden diejemgen Herren Studirenden, welche Bücher au- derselben entliehen haben, aufgefordert, diese während der Zeit vom 27. Februar bi- I. März gegen Zurückgabe der Empfangsbescheinigungen ab zuliefern. Die Ablieferung wird m der Weise zu geschehen haben, daß diejenigen, deren Namen mit einem der Buchstaben von I bis ll anfangen am 27. Februar (früh von 10—l Uhr), die der» Namen von I bis A beginnen, am 28. Februar (f»h von 10—l Uhr) und die Uebrigen am 1. März (früh von N —12 Uhr und Nachmittags von 2—4 Uhr) abliefern. Alle übrigen Entleiher werden aufgefordert, die an sie verliehenen Bücher am 7., 8. oder 9. März (während der gewöhnlichen Oefsnungsstunden) zurückzugeben. Während der Revisionszeit (27. Februar bi- 18. März) kann eine Ausleihung von Büchern nicht statt finden. Ebenso wird während derselben da- Lesezimmer geschloffen bleiben. Leipzig, den 25. Februar 1878. Die Direktion »er vatoersitätSdibltottzek. vr. Krehl. ^ Friedenthal und Sameke. Wohl nicht ohne Absicht blieb» die Borgäuge der Sonnabend-Sitzung un berührt (vgl. jedoch oben); Fürst BiSmarck erging sich vielmehr im Erzählen harmloser Dinge; auch da- neue Hofceremonicll wurde lebhaft besprochen. An dem bekannten langen Tische, allwo Bier in Krügen geschenkt wurde, halt» gegen 10 Ab geordnete Platz genommen, mit denen der Reichs kanzler sich eingehend unterhielt. Die hohe Politik wurde nicht berührt, nur ev p»88»ut kam man auf die Steuervorlagcn zu sprechen. Fürst BiSmarck meinte, die Sache sei gar nicht so tragisch und ernst zu nehmen, um daraus eine CabinetSfrage zu machen. (?) Sollte die Tabakssteuervorlage aogelehnt werden, so werde man sich danach umseben müssen, auf welchem Wege dem Reiche neue Einnahmen zuzuführen seien. Im Allgemeinen machte eS auf die anwesenden Abgeordneten den Eindruck, als wenn der Reichskanzler sehr leicht nnd cavalierement über diese Sacken hinwegginge. Fürst Bismarck entschuldigte sicy noch, daß seine Gäste in den be schränkten Räumen manche Bequemlichkeit ent behren müßten; in vierzehn Tagen hoffe er jedoch, sie in seinem neuen Heim, dem ehemaligen PalaiS Radziwill, begrüßen zu können. Nack 11 Uhr trennte sich die Gesellschaft. Es giebt bekanntlich Bilder, deren Augen auf den Betrachter gerichtet scheinen, wo derselbe auch sich aufstellen mag. Die BiSmarck'sche Orientrede leicht diesen Bildern; in jedem Lande bezieht man ieselbe auf die eigene Politik. Wir reproduciren heute noch einige der bemerkenSwerthesten auswär tigen Journalstimmen. Die „TimeS" schreibt: „Fürst Bismarck erblickt augenscheinlich Nichts in den vorgeschlagenen Friedensbedingungen, was er im Interesse Deutschlands zu beanstanden brauchte und er ist nicht vorbereitet, deutsches Blut oder Geld für irgend welche anderen Interessen auf- Spiel zu setzen. Es wird bemerkenswert, daß er sich >eder Wieder holung der vorher gegebenen Versicherung enthält, daß, wenn österreichische Interessen afficirt werden sollten, Deutschland die- nicht gleichgültig mit an- sehen würde. Seine Politik wurde von Lord BeaconS- sseld zum Beginne der Session genau beschrieben. ES ist ohne Zweifel eine patriotische Politik, aber eS ist auch, sei eS in einem guten oder bösen Sinne, eine selbstsüchtige. Er nimmt thatsäcblich die Haltung eines starken bewaffneten Mannes an, dessen Eiaen- thum gesichert ist. Er ist völlig vorbereitet, sich selber »u schützen, insbesondere so lange eres vermeidet, seinen Nachbarn irgend einen nutzlosen Anstoß zu geben. Er blickt daher mit einer halb »irischen Gleichgültig keit auf die Aufregung und die Bestürzung anderer Staaten herab und arebt ihn» im Voraus zu ver steh», daß er Deutschland kein Risico für irgend einen derselben laus» zu lassen beabsichtige. Das thatsächliche Resultat ist wohl, daß Deutschland im Eongreß sein« moralische Unterstützung d» von Ruß land vorgeschlagen» allgemeinen Friedensbedingung» lerben, aver nicht vorbereitet sein wird, irgend einer andern Macht in deren Bekämpfung hindernd in den zu treten." aS „Journal desDLbatß" seinerseits läßt sich folgendermaßen vernehmen: „In seinem persönlichen Werke hat Herr v. Bis marck «ine ziemlich geringe Anhänglichkeit für die Verträge an d» Tag gelegt und sich un« Europa und seine Interessen blutwenig gekümmert; aber, wie es scheint, hat auch ihn der Erfolg konservativ gestimmt. „Jede Aenderung an dem Fneden von 1856", sagt er, erfordert die Sanktion der Bertragsmächte." So stellt sich Herr v. Bismarck entschloss» auf d» Boden des europäischen Recht-. Er giebt nicht zu, daß Ruß land seinen Sieg mißbrauch«. Neben der Gewalt ruft er das Recht an und empfiehlt es zur Beachtung- Was aber die moralische Umwandlung, die unt ihm vorgegang», deutlich erkenn» läßt, das ist »i« Sprach«, die er hinsichtlich des Eongresses führt. Es ist allgemein bekannt, wie wenig ihm sonst Kund Abungen dieser Art einleuchtet» und letzt scheint Niemand eifriger, als er, auf den Zusammentritt der Bevollmächtigten zu dringen.... Welche Rolle ge denkt dann aber der deutsche Reichskanzler seinem Lande auf dieser Konferenz zuzutheilen? Er erklärte mit viel Takt und Mäßigung, daß Deutschland nicht als Schiedsrichter anftreten, sondern sich mit der Rolle eines Vermittlers begnügen wird. Es will mit Jeder mann in gutem Einvernehmen bleib». Aber trotz dieser Versicherung kann man aus der Art, wie Herr v. Bismarck auf die russischen Forderungen anspielt, leicht ersehen, WaS er von denselben hält. Er ist ihnen nicht günstig und nach seiner Auffassung ist der Friede von Paris und nicht der Friede von Adria nopel der Ausgangspunct der bevorstehenden Be rathungen." In Stuttgart ist am 23. Februar die evan gelische Landessynode durch den EultuS- minister von Goßler im Namen de- Königs ge schlossen worden. Der Minister drückte in seiner Schlußrede die Anerkennung der Regierung aus für den Geist und die Mäßigung, worin die Svnode thre Arbeiten, insbesondere die Kirchenverfassung, vollendet habe. Die Wiener „MontagSrevue" meint, auch da« Wiener Cabinet billige die Ansicht, daß eine einfache Wiederherstellung der seitherigen Zustände im Orient nach so namhaften Opfern RußlaickS unmöglich sei; aber bei einem Kriege, der vor wiegend um moralischer Interessen willen geführt würde, dürfe man üb« diese nicht allzuweit hinaus greis». Der KriegSruhm, die Waffenehre und da» Ansehen de- staatlichen Namen- müßt» in den SiegeSpreiS eingerechnet werden; für den Fried» bleibe e- indessen entscheidend, daß nur ein solcher auf innere Berechtigung und unbedingte Billigung aller Mächte Anspruch habe, welcher die Be dingung» der praktischen Dauerhaftigkeit und die Schöpfung einer consolidirend» konservativen Ord nung der orientalischen Verhältnisse verbürge. Mit diesem Programme, welches Oesterreich aus der Conferenz vertreten werde, werde eS sich nicht isolirt befinden. Nur das Interesse, den wirklich» Frieden herbeizuführen, stehe bei all» Mächten im Vordergrund, nicht Palliative, welche nur augen blickliche Gefahr» beseitig», um die ernst» und tiefgreifenden Gefahr» eine- unvermeidlich» Kriege- heraufzubeschwören. Unter dem Borsitze de- Kaisers Franz Josef wurde am 24. Februar ein Ministerrath abae- halten, in welchem die bei dem Graf» Andraff» begonnene Berathung über die Frage der Einberufung der Delegationen (behufS Erweiterung der In- demnität für eine weitere Zeit, im Hinblicke auf die in Au-sicht stehende Conferenz) fortgesetzt wurde. Hierbei wurden auch etwaiae Kundgebungen der verfassungsmäßigen Körperschaften angesichts der bevorstehend» Conferenz - Verhandlungen in Betracht gezogen Nach der Wiener „MontagSrevue" wurde in dem Ministerrathe Über ein» von dem Grafen Andrassy bei den Delegationen zu beantragend» Credit von KO Millionen Gulden berath». dessen Verwendung unter der Verantwortlichkeit der gesammtm Regierung zu militairischeu Dispositionen in dem Falle erfolgen soll, daß
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