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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.04.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187804154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780415
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780415
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1878
- Monat1878-04
- Tag1878-04-15
- Monat1878-04
- Jahr1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.04.1878
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Orlchtk» lägltch ftüh «-/. Uhr. Aidarlt», »»» Lrpcdttl»» Johannisgasse SS. Wachst»»»«« »er »r»«cito«: ««amttag« ro-12 Uhr. Nachmittag« 4—« Uhr. der ftir die nächst- Nummer deMmmten «u Wochentagen bis Nnchnstnags. a« Sonn- !stst»«e, früh dis'/.S llhr. I» »e> FU^e» flir L»1 X»«ch»«: VN« Klemm. Untversitätsstr. 22. 2o»bS Lösche. Katharmenstr. IS.v. nnr bt- '/^ Uhr. Mipiigcr Lageblalt Anzeiger. Orzan für Politik, Lmlgkschichtt, HaudklS- iwd GcschästSverkkhr. A«tt«ire Lü^rvv. Li»»»»n»r,t,»rrt, viertelt. 4»/,Mt-, iacl. vnnaerlohn 5 Mt. durch v»e Post dezogru k Mt. Jede einzeln« Nrunnrer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. «.»rblidren sür Extradttlagev ohne PostbefVrdrnmg »8 Mt. mit Postdcskrdrrung 4L Mt. Zvscralk Lgefp. Petitzcile 2» Pt Größer« Schnstcu laut unsereu-. PreiSverzeichnitz. — Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. »tcia«ra «irr »o »e»«N»«ftrtch dir Spaltzeil« 40 Pf. Inserat« sind fictS an d. «ejndMo» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praemnnorLLch oder dnrch Postrorschuß. 105. «»»tag den 15. April 1878. 72. IllhMNg. Bekanntmachung. Di« GeschäftSlocalien der Unterzeichneten Königlichen BezirkS-Sleuer-Einnahme befinden sich von Donnerst«», den 18. letztsten Monat- ad im HanplzolamtSgehiude, vahnhofstratze Nr. 17, 2. Etage. Der Zugang zu denselben fft auf der t-em Magdeburger Bahnhofe zunächst gelegenen Seite des Gebäudes. Wege» Umzug- in das neue Local bleibt die Bezirks-Sleuer-Einnabme Mittwoch, den 17. jetzigen Monats für alle ihre Geschäfte geschloffen. Leipzig, den 1k. April 1878. Königliche VerirkS-Steuer-Eiunahwe. Langbein. Bekanntmachung. Der für den 13. d. M. angesetzte Termin zur Versteigerung der unten «ob G verzeichneten und zur Angermühle gehörigen Bauwerke ist verschoben worden und findet die Versteigerung nunmehr Dienstag, de» 16 d M„ vormittags 10 Uhr, hier auf dem Rathhause, Zimmer Nr. 16, I. Etage statt. Leipzig, am 12. April 1878. Der «attz der Stapt Leipzig. vr. Georgi. Wangemann. G Der über den 4 Wasserrädern befindliche Altbau einschließlich dieser Räder, 8 Stück Gattersäulen. 3 Stück Hebel mit Böcken, 4 Stück Ziehwellen, 8 Stück Panzerketten, 4 Stück Ziehscheiben nebst Wellen und 4 Ziehftirnräder und 1 Ziehgatter. Bekanntmachung, Miethveränderungen betr. Um das Verzeichnis; der Einauartterungspfltchttaen und der zur Einquartierung geeigneten »il»«e in Ordnung zu erhalten, geben wir den Hausbesitzern und Administratoren hiermit auf, jede tu itzre» HanSgrundstücken eingetretene Mtettz- resp. ZtnSveräuderung längstens 8 Lage nach deren Ein tritt be» unserem Quartieramte (RathhauS, 2. Etage) schriftlich anzumelden. Jede Unterlassung oder Lersäumniß dieser Vorschrift wird mit einer Geldstrafe von sünfzeh» Mark geahndet werden. Leipzig, am «. April 1S7S. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Laniprecht. Gewölbe - Vermiethung. DaS zeither an den in ConcurS verfallenen Kaufmann Herrn Hermann Hörstel vermiethet« Gewölbe in dem der Stadtgemeinde gehörigen Hause Talzgätzchen Nr. 2 soll vom 1. Juli d. I. «« gegen etutzalb- jährliche Kündigung anderweit vermiethet werden und beraumen wir hierzu einen verftetgermrgStermi» an Uath-stelle auf Donnerstag, den 18. diese» Monat-, vormittag- 11 Uhr an, worin Miethlustige sich einstnden und ihre Gebote thun wollen. Die Versteigerung-- und BermiethungSbedingungen können schon vor dem Termin« bei unS eingesehen werden. Leipzig, den 8. April 1878. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Lerutti. Die allgemeine Ausstellung oo» sömmtltchen Schülerzetchuungen der städtischen Schulen, de- Thomas- und Nicolaighmnasium, der Realschulen I. und U. Ordnung, der höheren Schule für Mädchen, der Fortbildungsschule für Mädchen, sämmtlicher Bürger- und Bezirksschulen für Knaben und Mädchen, iowi« der RathSfreischule findet in den Tagen »on Dten»taa, den 16. bis Donnerstag, den 18. April ». e. statt. Local: 1. Bürgerschule für Knaben, erste Etage. Geöffnet früh von 8 — 11, Nachmittags 2—4 Uhr. Eintritt frei für Jedermann, sür Kinder nur in Begleitung von Erwachsenen. k. kUu»«r, städt. Zeicheninspector. Ich fordere diejenigen Schüler auf, welche sich zur Aufnahme in die ThomaSschule gemildet haben, mit den erforderlichen Zeugnissen sich mir vorzustellen und zwar die Sextaner DienStag, 18. April. Nachmittag von 2 Uhr an; die Quintaner und Quartaner Mittwoch, 17. April. Nachmittag von 2 Uhr an; die Uebrigen Donnerstag, 18. April, Nachmittag von 2 Uhr an. vr Eckstein. TagesgeschichUiche Ueberficht. Leipzig, 14. April. Mit dem Beginn der Osterferien ist in der Session de-Reich-tag« ein Abschnitt eingetreten, der zu eenem Ueberblick über die Lage der parlamentarischen Arbeit Anlaß giebt. Der Schwerpunkt der positiven Thätiakeit hat in den letzten zwei Monaten in der Berathuna de- Budget- gelegen. Und man darf sagen, daß da« Resultat ein befriedigende- gewesen. Rach de-W Regiernng-voranschlage wäre die Last der VatriculmWiträtze «« »chir «1» «m svrütet. ihre- bisherigen Bekanf- gesteigert worden, oder man hätte dem Volke neue Steuern auflegen müssen. Am Verlaufe der Verhandlungen hat sich herau-- gestellt, daß jene Steigerung bl« auf den unwesent lichen Betrag von 6 Millionen Mark herab- gemiudert werden konnte, ohne daß eS neuerS teuern be« durste — Ferner wurde da- Gesetz über die Stell vertretung de- Reichskanzler- erledigt. Die leb haften Kampfe, welche dasselbe verursacht, drehten iich um außerhalb seine« Rahmen« liegende Wünsche und Befürchtungen. Da« Gesetz, wie e« jetzt in Kraft steht, kann in Zukunft der Ausgangspunkt für eine konstitutionelle Ausgestaltung der ReichScentral- verwaltung werden; einstweilen ist eS wirklich, wie sich die Thronrede ausdrückte, nur die Aus füllung einer Lücke im Wortlaute der Verfassung. Die övsung aller jener bedeutsaina» Aufgaben, welche der gegenwärtig»« Session die Signatur zu verlnhen berufen sind, ist noch im Rückstände. Da sind zunächst die wichtigen Gesetzentwürfe social politischen Charakters. Die Novelle zur Gewerbe ordnung wegen anderweitiger Regelung der Lehr ling-- und Fabrikarbeiterverhältnisse, sowie die Vorlage über die Gewerbegerichte stehen zur zwei te» Bcrathung im Plenum bereit. Schon aber liegt ein neuer und sehr tiefgreifender Gesetzent wurf der Dentschconservativen wegen weiterer Ab änderung der Gewerbeordnung vor und im Bunde-- rathe beschäftigt man sich mit einein theilweise in gleicher Richtung gehenden Anträge Preußens. Der gegen die Verfälschung von Nahrungsmitteln :c. gerich tete Gesetzentwurf bedarf noch einer erneuten Prüfung. Alle- tritt aber m den Hintergrund vor den finanz- u»d wirthschaft-politischen Ausgaben, welche unsere innereLagebeherrschen. Wie d.e Steuervorlagen den ersten Wochen der Session da- Gepräge aufdrückten, so werden sieim Zusammenhang mit dem TabakSenquete- cntwurs den Mittelpunkt de- Interesse« im kom menden Monat bilden. Außerdem ist anzunehmen, daß die Zollfraae auf dem Plane erscheinen wird, wenn nicht in Form bestimmter Gesetzentwürfe, so wenigsten- in Anknüpfung an die dem Reichstage vorliegend« Denkschrift über die Verhandlungen m«t Oesterreich. Allem Anscheine nach wird in diesen Dingen ein heftiger Zusammenstoß der Gegensätze unvermeidlich sein. Mit welchem Ergebnitz, wird hente schwerlich Jemand prophezeien wollen. Man darf sagen, daß der Reichstag m der ersten Hälfte »er Session einen einzigen wirklich frohen Tag ge habt hat, den Tag der Orientdebatte. Ob ihm aber in der zweiten Hälfte die Freude ungetrübten nationalen Hochgefühl- selbst nur in diesem beschei vensten Maße vergönnt sein wird? Der Brief de- Papste- an den deutschen Kaiser, welcher durch Vermittelung de- Antwer« vener „Precurseur" au- einer italienischen Ver öffentlichung in deutsche Blätter übergegangen, ist, «me sich herau-stellt, vollständig identisch mit dem Brie e, welcher dem Kaiser von Rußland den Amts- antr tt Leo'- XIII. anzeigte und bekanntlich von russischer Seite officiell veröffentlicht wurde Wenn man nicht annehmen will, daß diese Briefe voll ländig gleichlautend abgefaßt waren, so liegt hier eine Verwechselung oder eine Mystifikation vor. Die Sache muß sich bald aufklären, da bekanntlich die Veröffentlichung des Briefwechsels im „Staats anzeiger" bevorsteht. Der Petersburger Correspondent der „Post" kündigt die bevorstehende Rückkehr Janatiefs'S nach Wien behusS Abschlusses einer Verständigung mit Oesterreich an. Der Moskauer Correspon dent desselben BlatteS bekämpft die projectirte Rückgabe Bessarabien«. Die Pariser Weltausstellung wird, wie der ,Fk. Z." geschrieben wird, zwar am 1. Mai eröffnet werden, doch dürfte dieselbe vor dem 15. beziehungsweise 20. Mai nicht vollständig sein. Aus Petersburg, 13. April, wird berichtet: Bei der gestern anläßlich der Freisprechung der deS Attentates gegen den Genenal Trepow ange« klagten Wera Sassulitsch stattgehabten Kundgebung kam eS, wie die „Reue Zeit" meldet, zu einem Zusammenstoß zwischen dem Publicum und den GenSdarmen, wobei ein Student durch einen Revolverschuß getödtet und Wera Sassulitsch am Arme verwundet wurde. Im rumänische» Senat hat Stourdza über da- angekündigte Eintreffen eine- russischen DahmWte», der beauftragt sei, über die Aufrecht- erhattnng der russischen Verbindungen durch Ru mänien zu verhandeln, eine Interpellation an die Regierung angemeldet ; in der Interpellation wird auch die Äiffrage enthalten sein, ob der rumänische Agent in Petersburg die Absendung eines russi schen Delegirten durch die Erklärung veranlaßt habe, daß Rumänien zu einer direkten Verständi gung, den Artikel 8 de- Vertrages von San Ste fano principiell anzunchmen, bereit sei. — In der Kammer hat FuruleSco eine Interpellation Über die Drohung des Fürsten Gortscbakoff mit einer russischen Invasion in Rumänien durch militai- rische Besetzung der Eisenbahnen, Städte und stra tegtfchen Stellungen angekündigt und wird die Anfrage an die Regierung richten, ob eS nicht bester fei. die rumänische Armee in die Karpathen zurückzuziehen. Heinicke-Feier. V-8 Leipzig, 14. April. Lu Ehren eines Wohl thäterS der Menschheit, des Samuel Heinicke, Be gründer- de- deutschen Taubstummenwesens, ward gestern Abend im Saale der 1. Bürgerschule eine rührende und erhebende Feier abgehalten. Nach einem EröffnungSgesange, welchen der Leipziger Lehrer-Gesangverein vortrug, hielt der Taub stummenlehrer Stöhn er di« Festrede. Er schilderte zuerst den Einzug He in icke'- in Leipzig vor hun dert Jahren und entwarf dann von dem Leben und Wirken desselben ein klares Bild. daS auf alle An wesenden einen tiefen Eindruck machte, zumal da es mit Wärme und Pietät gezeichnet wurde. Nach einer Be schreibung der Persönlichkeit diese- großen Menschen freunde« (der neben so vielen Lichtseiten freilich auch seine Schattenseiten hatte) überblickte Redner seinen LebenSaang. Geboren zu Nautzschütz bei Weißenfels im Jahre 1728, blieb er bi- zum 20. Jahre in seiner Heinrath. Dann ging er nach Dresden und wurde Leibaardist, biloete aber dabei durch Fleiß sein musikalische- Talent auS. lernte alte und neue Sprachen, gab Unterricht und kam dabei n erne Familie, die ein taubstummes Kind batte. Hernick- begann mit diesem Knaben den Unterricht, und seine Erfolge waren glänzend. Da rief ihn aber der siebenjährig« Krieg ins Feld; er wurde Krieg-gefangener, entfloh aber wieder (in der Tracht eine- armen Musikanten) und ftudrrte in Jena. Nachdem er als Hauslehrer und Secretair ,n vam- bürg mehrere Jahre sem Yrod gesucht, wurde er Cantor in Eppendorf, wo er sofort taubstumme Kin der zur Erziehung in sein HariS nahm, deshalb aber arge Angriffe von der Geistlichkeit erfuhr, die von der Kanzel herab gegen ihn donnerte. Seiner Sehn- ucht, von Eppendorf fortzukommen, kam der Kur fürst Friedrich August von Sachsen entgegen, der ihn in sein Land rief und sich für seine menschen freundlichen Bestrebungen interessirte. Heinicke zog nach Leipzig und errichtete 1778 das Taubstummen- Jnstitut, «n welchem er bis zu seinem Tode 1790 in Armuth lebte und wirkte. Die Zahl der Zöglinge stieg sehr bald; aber die wenigsten waren auS Sachsen, weil man da seine Wirksamkeit noch mit Mißtrau«« lwvmchtet«.. Aber nach und nach gewann er daS Vertrauen u»» die Achtung seiner Mitbürger in hohem Grad«. Er er kannte den Kernpunkt des Taubstummen-Unterrichts im gesprochenen Wort, während de I'Evö«, der Franzose (welcher zu gleicher Zeit aus den Ge danken kam, den Taubstummen zu Helsen), die Lautsprache für zeitraubend hielt und seine Be mühungen auf die Schrift- und Geberdensprache beschränkte. Leider entschied man sich damals mehr ür die Methode deS Franzosen als des Deutschen; aber jetzt stehen die Sachen so, baß man mehr und mehr auf Heinicke zurückkommt, der das Wort über die Geste setzt. Daß derselbe m der Zeit seines Wirken« in mannichsache Streitereien verwickelt wurde (er theilte Hiebe nach allen Seiten auS, aber er b«tam auch welche), die ihm neben der Gicht daS Leben verbitterten, läßt sich leicht denken. Der Redner schilderte ihn «um Schluß als einen ganze» Mann und echt deutschen Charakter, der namentlich auch als treuer Familienvater im Schooße seiner Familie und im Kreise seiner Zöglinge d«e Ruhe und den Frieden gefunden habe, der ihm inmitten der auSzu- haltenden Stürme gewiß zu gönnen war. Achthundert Taubstumme genossen seine Pflege, und er ist des Denkmals würdig, das ihm gesetzt werden soll. Mit den Worten: „Hoch der Menschenliebe Banner, Niemand darf verlassen sein!" schloß der Redner. An seinen Vor trag reihte sich eine Ansprache deS Herrn Paul Müller (ehemaligen Schüler« der Anstalt). Derselbe sprach ungefähr Folgendes: Hundert Jahre find ver gangen, seitdem unser Wohlthäter, unser VaterSamuel Heinicke, nach Leipzig kam, um hier die erste Taub stummen-Anstalt Deutschlands zu gründen. Er gab unS das Wort, er löste unsere gebunden« Zunge und erhob uns zu nützlichen brauchbaren Menschen Sein Gedächtnis wird nie erlöschen, eS wird in Segen bleiben. Dank dem edlen Fürsten, der ihn einst berufen; Dank allen Denen, die das Werk Heinicke'- unterstützten, und auch Denen, die an dem selben bis heute arbeiten! Meinen Schicksalsgenossen drängt es mich, ans Herz zu legen, daß sie nie ver gessen, was sie durch die von Vater Heinicke ins Leben gerufene Anstalt «geworden sind. Möge sein Werk zum Segen Aller fort und fort blühen! Mit einem Schlußgesange wurde die Feier beendet, die äußerst zahlreich besucht war. Gedanken eines Laien in der Aus stellung der peterskirchentwürse. Ein protestantischer Kirchcnsttl, welcher der Kanzel als zweitem Hauptpunkte neben Altar und Orgel, sowie der Srtte der Emporen Rechnung trAt: daS ist die alte bekannte Frage. Daß diese An forderungen am besten in einem Kuppelbau be friedigt werden könnten, war wohl — mehr als die Erinnerung an die PeterSkirche zu Rom — der Grund sür die Commission gewesen, den Kuppelbau zu verlangen. UnS interessirt neben der Frage de- Innern, als eine- Zuhörerraume- mit der Kanzel al- Mittelpunct, noch Zweierlei: die Behandlung der Sakristeien und vor Allem in ästhetischer Beziehung die Thurmfrage. Welcher Typus an Stelle de- Schiff« zu setzen sei, ob eine Kugel oder Tonne oder ein Ei oder etwa- Andere-, da- ist die Hau«. frage. Wie die Sakristeien anzubringen und zu gestalten seien, daß sie organisch in den Hauptbau eingehen und nicht als Anhang, sondern al- Theil de- Ganzen auftreten, das «st die Sacri stei frage. Endlich wie Hau« und Thurm (Haupl- thurm) ineinander zu schmelzen seien, daß sie nicht als zwei Werke, sondern al« eine- erscheinen, da« ist die Thur ms rage. Diese drei Fragen drängen sich al« die vornehmsten auf. Der ersten Frage gegenüber dürfte der Laie wohl Stillschweigen al« beste Antwort entgegen bringen. Denn von der Innenseite läßt sich am schwersten ein befriedigender und überzeugender Ein druck au« den Bildern gewinnen und un« scheint hier die schwierigste Aufgabe zu liegen. Wie sollen Altar, Kanzel und Orgel sttuirt werden? W>c sollen die Emporen sich ausbauen? Wie soll der Raum ohne Säulen (und Pfeiler) gegliedert werden ? Der Wegfall des Säulensystems «in reinen Kuppel bau ist eine Einbuße, für welche schwerlich ein voller Ersatz zu schaffen ist. Wir wagen nicht, uns hierüber zu verbreiten und wollen nur unser Be dauern auSdrücken, wenn wir verurtheilt sein sollten, in der protestantischen Kirche die Sprache de« Säulenwerks, da« Aus- und Absteigen der ver geistigten Masse, das Inemandcrspirl de- Himmels und der Erde, welches in der Säule sich verkörpert, zu misten. Die zweite Frage anlanaend, so wissen wir keinen Entwurf, welcher unS befriedigt Hätte, denn eine völlige Verschmelzung der Sakristeien mit dem Hauptbaü ist nirgends gelungen, in den meisten gar nicht angcstrebl, und doch wagen wir trotz unseres LaienbewußtseinS zu behaupten, daß diele Verschmelzung eine Ausgabe der schassenden Kunst ist und die Kunst ihren Aufgaben gewachsen sein muß. Nur ungesunde Ideen sind künstlerisch un gestaltbar. Darum wird jene Ausgabe irgend eininal gelöst werden; in den ausgestellten Ent würfen ist die Aufgabe aber der Zukunft überlasten. Ich komme zur dritten Frage, welche die ästhetische Hauptfrage in der Außenseite der Kirche ist. Diese Frage ist zunächst geschichtlich anzu- areifen. Die ältesten Kirchen sind Basiliken, ein fache Langbaue in Schiffsform, gleichsam eine Horizontallinic darstellend, die aus der Erde sich hinzieht, ihr sich anschmiegt. Hier ist die Kircbe noch in der irdischen Form deS Heidenthums latent. Dann wird ein Thurm daneben ausgerichtet, um den Glocken ihre Stätte in der Höhe und der An dacht ihre Richtung zum Himmel anzuwcisen. Solche Kirchen in zwei Bauwerken, in horizontaler und in vertikaler Linie ausgesührt, stehen noch in Italien. Der Fortschritt liegt seitdem darin, daß beide Werke zu Einen« werden. Der romanische und der gothische und der Renaissance- und der Iesuiten- und Rococostil haben diese Aufgabe jeder in seiner Weise ausgenommen, und man kann fragen, ob es darüber hmauS noch Weitere- und BollsommnercS giebt. Lassen wir die Vollkommenheitsfrage bei Seite; wir möchten nur auSsprechen, daß in Ver folgung des großen Gange« der Baukunst durch die Geschichte daS Ziel eine« neuen Stil- in der völligen Unterordnung deS Horizontalbaue- unter den Berticalbau gegeben scheint. Diese« Ziel ist bereits «n der römischen PeterSkirche angedeutet, der durchgeführte Kuppelbau ist da- im Thurm ausgehende Hau«: in solchem Bau strebt die ge stimmte Masse, ohne an der Erde zu verharren, himmelwärts, e- ist d,r dem Basilikenstil entgegen gesetzte Stil, und angesichts dies«« Stil- taucht die F»age auf, ob nicht in ihm auch die Vollen-
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