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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.03.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188003098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800309
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800309
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-03
- Tag1880-03-09
- Monat1880-03
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.03.1880
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idSbedw , Markt meldeten zmentlich Hersandl' In Köln die a»S- rbler N»« vereinrelt ndeß «ü loch v»r- lport an- ivmarktes chte «ms cvor, di« »ng rum en nach- begehrlich r ruhigen len und mit ihre» zu New e eS aber lickten be- Situation nheitlicke und von sen wird lagt, »» nkt bleibt ren. D»e feste Be» ngen für Preise zu etersbur« ereinzelte »ablte für Octoben- >er Mai- iga und nt. Auch rnTagen Grschet»t Väglich früh 6'/, Uhr. ' »es««»» »r repedttt», Johannisgasse SS. >»rrchß*»dr» der Redartt«»: vormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag« 4—S Uhr. Mr dt« Mick>al>r »ingtlandtrr Mam». »acht ftch d,t «edaclum utcht »rrmndlich. Ummhme der für die nächst- >e«dr Nummer destimmteu an Wochentagen dis Nachmittags, an Sonn- «A Festtagen früh dis '/.9 Uhr. >» de» «tttatra für Z»s. A«»ahae: Ott» Klemm. UniversitätSstr. 22, ÜSUtS Lösche, jkatbarinensrr. 18, p. nur dis '/,3 Uhr. Kipuger Jageblatl Anzeiger. Or-an für Politik, Lvcalzcschichtc, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage 16,00V. Ldtnnrmrnlsprrl» Viertels. 4*/ incl. Bnnaerlohn S durch die Post bezogen v Mk. Jede einzelne Nummer 2L Pf. Hrlegexemplar 10 Pf. Krbübrrn für Extrabeilagen ohne PostbrsVrdrrung St» Mk. mit Postbrförderung 48 M. Inserate Sgesp. Petitzeile 2U Pf. Größere Schriften laut unserem PreiSverzeichniß. — Tabellarischer Latz nach höherem Ta ns. Nrelamru naler dem tlrdaltlon,strich die Spaltzrile 40 Ps Inserate find stet« an d. Lrvcdltto» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlunapr»snuw«r»aclo oder durch Postvorschufi. 94. Dienstag den 9. März 1880. 74. Jahrgang. N ducten- war dal fast tLg- itand der ?r ganzen egen hört )elpflanze Wartungen greslauer hier fast n größten d die uu- Loche am ujarischen n benach- n Roggen ehr blieb Portfrag« Konsum. epPendeS. onsumem reise: ge- !2 — e und er« inigkeite« > Sachse» Uttel- und 8!t — V0 — -1K3 ^l. rt offerirz, e gefragt, bweizen Haltung, -228 ite Sorten lß 40 bit zenmehl HI Nr. V :tenbericht »en Woche egen, oft e wesenl- nicht statb lualität^n Roggen afer IS» t klO hi« -L8Ü rnd grün nsen S» weiß S4 Licken I« r AuSfaat . »rdfe^ LuPine«, icka». rr.Ered» en 148.—, 13.40. d«. gar. Sold» —, Kproe. en 814.—, >e 10KM, Direontm lNier4»»L». II. vriend. ch, >79.-, , Hibernm l. kunard- rpool der r Message Ldamerika: alia" von oon China Holzauktion. Mittwoch, de« IC. März ». e. sollen von Nachmittag- 3 Uhr ab im Forstreviere Connewitz auf dem stahischlage m Abth. 21 ca. 4L0 Haufen Netngemachtcs Stockholz unter den im Termine öffentlich ausgehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem Kahlschlage an den Haidaer Wiesen und der Linie bei Connewitz. Leipzig, am 1. März 1880. Des NathS Aorftdeputation. Der Inhaber des abhanden gekommenen Sparcasien-Quittungsbuches Serie II, Nr. 25,840 wird hier durch aufgefordert, sich damit binnen drei Monaten und längstens am 12. Juni d. I. zur Nachweisung seines Rechtes, bez. zum Zweck der Rückgabe gegen Belohnung bei Unterzeichneter Anstalt zu melden, widrigenfalls der Sparcaffenordnung gemäß dem Anzeiger der Inhalt dieses Buckes ausgezablt werden wird. Le ' ' . - - Leipzig, den 8. März 1880. Die Verwaltung des Leihhauses und der Sparkasse. Htriillisclie ^oi'11ri1t1un»88ctiuIen für Xnrilren. «len ö Konti ledsn krUkunxoa, welche s) in äer ltrevttvu kortdlläuux«8elilll« sLekIetteriilrgüüe 15» vom 10. dl« 12. ALrr, d> in «ler kr^ton kortdiiäuuxu^tliulv Kirimmu «.»tn-r 8ie>nvveg 17 18» vom 14. dl« 1V. Aller »dgekslten veräen, beehrt sieh im Aomen <>er bekrercvllegieo ergebenst eiorulsilen 1-eiprig, sm 8. As» 1880. öer liireetvr vr »»»SNttsx»«. Rußland. Auf dem Simeonowplatze von Petersburg hat ein Mordgeselle, Namens Mladetzki. sein Ende ge funden, der als Erster die Antwort der Nihilisten auf die Einführung der Diktatur Loris Melikosf'S mit frecher Stirn ertheilt hat. Mit einer Prä- cision ohne Gleichen hat der neue Verwaltungs apparat aearbeitet, in drei Tagen erfolgte Ber- brechen, Richtspruch und Hinrichtung; wirksamer konnte die Absicht blutigster Strenge nicht bewiesen werden, und doch hat man ein gegründetes Recht, zu zweifeln, daß diese- System die Unterdrückung der Revolution bewirken werde. Wie ein Hohn auf dasselbe klingt es, wenn berichtet wird, daß schon am Tage nach der Ergreifung des Verbrechers iuden Hauptstraßen Petersburgs wiederum von einem unbekannten Menschen Schüsse abgegeben worden sind; und fast erscheint diese That als die demon- ftrative Bestätigung der Versicherung deS Hinge richteten, daß trotz aller Beseitigung der einzelnen Mörder die Nihilisten ihre Bahnen weiter wan deln und stets neue wahnwitzig Entschlossene an die Stelle der Hingerichteten treten werden. Die Geschichte des Nihilismus hat bewiesen, daß der Schrecken, den man jetzt als die Rußland rettende Macht aufstellt, für die Verschwörung wirkungslos ist; er ist noch immer gegen sie in Anwendung gewesen, und doch hat er keinen Nihilisten von dem unheimlichen Treiben zurückgehallen. Auch der letzte Verbrecher ist, wie alle seine Vorgänger, mit dem vollen Bewußtsein seines Schicksals zur That geschritten, er hat kernen Versuch ge macht, sich ihren Folgen zu entziehen. In dem Herzen dieser Revolutionäre hat die Todesfurcht keinen Platz, der Schrecken nur die Be deutung eines Märthrthums, das ja weit mehr anspornt, dem fanatischen Haffe Ausdruck zu geben. Wohl ist es möglich, daß der Diktatur Loris Me- likofs's eine größere Zahl von Nihilisten zum Opfer fallen kann, aber Alle wird auch er nicht auszu- rotten vermögen, und so lange noch Einer übrig ist, wird der märtyrsüchtige wilde Fanatismus, der sich empsindungsloS für Todesfurcht und sittliche Bedenken genügend erwiesen hat, neue Gewalt ausbrüche erzeugen. Freilich ist man in Peters burg heut dem ye so weit gegangen, jeden einiger- maheu exponirten öffentlichen Charakter mit Poli zisten zu umgeben, aber wie lange wird eS denn möglich sein, diese Polizeiaufsicht über Alle aufrecht ru hat ten, ohne daß aller gewerblicher und gesellschaft licher Verkehr erdrückt wird und eme viel unheimlichere Aufregung ersteht, als die zu unterdrückende ist? Giebt man nicht vielmehr so den Nihilisten die Möglichkeit, von Neuem in ihren Angriffen sich gegen die Beamtendictatur zu wenden und die das Volk gegen sie aufreizenden Attentate auf die Aus schreitungen der Aemterträger zurückzuführen? Ent weder entsteht dadurch eine Verschlimmerung des Uebels oder das niedere Volk, dem Bildung und Nihilismus schon gleichbedeutend erscheint, Istürzt sich in wüthendem Ueberdrusse Uber die unerträg liche Hemmung allen Verkehrs aus die vermeint lichen Urheber und vernichtet in blutigen Katastrophen deS Haffes Alle«, waS den äußerlichen Stemvel der höheren Gesittung an sich trägt, der Civilisation dient und der Verrohung deS Volkes entgegen arbeitet. Die Lage, die man io geschaffen, ist gerade fllr Diejenigen und die Kräfte gefährlich, von deren freiem Wirken allein eine Gesundung des russischen GesellschastSkörperS erhofft werden darf — für die wirklich Gebildeten und die Bestrebungen, die auf Erzielung ernsten Wissens und klaren DenkenS im Volke gerichtet sind. Die Diktatur und der blutige Schrecken allein vermögen die Rettung der russischen Gesellschaft nicht zu vollziehen; man stürzt diese im Gegentheil in immer verhangniß- vollere Wirrsale. Wohl muß mit Strenge jedem Verbrechen entgegengetrctcn werden, aber zugleich muß auch die Quelle verstopft werden, aus der die Verbrecher ununterbrochen nachfließen; und das ist die Erbitterung über das Willkürregiment, Vas ist die Halbheit und Oberflächlichkeit des Wissens und der Gesittung, das ist die Unklarheit des Denkens im russischen Volke! Es ist eine furchtbare Verblendung, welche in der Verschärfung der Ursachen die unheilvollen Auswüchse derselben beseitigen zu können meint. Nur eine feste aber allseitig gerechte gesetzliche Ordnung, die rasch — denn es ist hohe Zeit — geschaffen werden müßte, und in ihrer Folge eine uneingeschränkte Erziehung de« Geistes im Volke kann Rußland und seine Gesellschaft vor deni wüsten Chaos retten, in da- sie sonst hülflos ver sinken müssen. Politische Uebersicht. Leipzig, 8. März. In Rom hat anläßlich deS Gottharddurch stiches aus der deutschen Botschas t ein Banket stattgefunden, dem auch italienische Staats männer beiwohnten. Von dem deutschen Bot schafter v. Keudell wurde die Vellenvung des Werkes als ein Triumph für die Interessen der Verkehrsbewegung der Völker angesehen. Mit Recht. ES genügt aber nicht, die ivirthschast- liche Bedeutung des neuen Verkehrsweges zu be tonen: auch die politische Seite des Unterne menS kommt in Betracht. Die historische Erfah rung lehrt, daß die Eifersucht und der Eigennutz die Völker zur Entfesselung der wirthschaftlichen Kräfte der Länder und zur Oeffnung der Wege, auf welchen die Erzeugnisse getauscht werden können, antreiben. Dem Mont-Cenis-Durchbruch folgte der Gotthardtunnel und diesem wird die Durchbohrung de« Arl berges sich anrcihen, wo Oesterreich-Ungarn die Erzeugnisse seiner Lander nach der Schweiz und Süddeutsch land zu senden beabsichtigt, um einem Zufluß russischer und rumänischer Maaren durch Italien nach dort die Spitze zu bieten. „Die Kraft, die stets daS Böse will und doch das Gute schafft", ist thätig und sogar die Kriegs lust muß Mit wirken. die Völker in immer innigere Beziehungen zu fübren. Hat man doch seinerzeit die Wichtigkeit der Gotthardbahn damit unter Anderm be gründet, daß durch dieselbe eine Verbindung ver bündet kämpfender italienischer und deut scher Heere bewirkt werde könne! Es ist das Charakteristische aller dieser gewaltigen Unterneh mungen, daß ihnen eine hohe sittliche Absicht zu Grunde liegt, der sich der edel schaffende Geist gern und mit Begeisterung zur Verfügung stellt, daß sich ihrer aber zugleich Bestrebungen bemäch tigen , die zu Zwecken nationalen Ehrgeizes aüsgebeutet ru werden pflegen. Jede große'Ver kehrsstraße ist gleichzeitig eine practicahle Kriegs straße; indessen eS «st unzweifelhaft, daß der ge steigerte Verkehr die Völker in innigere Verbindung bringt, die politischen Formen de« einen dem andern auserlegt, daß die Auswüchse de« Nationalbewußtseins schwindcn.dieErkennlniß der allgemeinen Interessenge meinschast immer mächtiger sich entwickelt und daß endlich dieser die Leidenschaften, welche zur Ab arcnzung der Wirtschaftspolitik und zu Kriegen führen, erliegen. Die sinnliche Natur des Völker- verkehrS wird endlich beherrscht durch die sitt lichen Gesetze der Cultur! Das ist die Verheißung, die jedes neue Verkehrsuntcrnehmen oft in sich trägt, die Verheißung allgemeinen Friedens und gemeinsamer snedlicher Culturarbeit! Ein „Glückauf!" in diesem Sinne wird sicherlich be rechtigt sei». Die veränderte Stellung des Cent rums zu dem Socialistengesctz wird in außerparlamenta rischen Regionen. wie man unS auS Berlin schreibt, aus eine Anweisung aus Nom zurückgesührl, die nicht blos vom principiell konservativen und kirch lichen Standpunkte ausgegangen, sondern zugleich die Notwendigkeit darlegt, der deiffschen Regie rung das Entgegenkommen des Cenlrums in den kirchenpolitischen Verhandlungen zu beweisen. „Es soll nicht wenig Mühe gekostet haben, — so heißt es in unserem Bericht — die Heißsporne der Partei von derZmeckmäßigkeit dieses Umschwungs zu überzeugen. Die socialisttsch angehauchten katholischen Gcselien- vereine, die von den Cas'länen geleiteten Arbeitcr- massen in den Fabrikdlstricten, die häufige Ver quickung der socialdemokratischen und ullramon- tanen Agitation bei den Wahlen, die Sympathien der Klerikalen niit den rothcn Deiiiaaogen, welche, wie sie, unter Ausnahmegesetzen stehen, — dies Alles und mehr wurde als Grund da für angeführt, daß man die bisherige Basis der Parleitaklik nicht erschüttern dürfe. Indessen lehrten die Reden der Abgg. Freiherr von Hert- ling und vr. Windthorst, baß das Centlum sich den m«cku8 viveucki mit dem Staat näher denkt, als allgemein angenommen wird. Jedenfalls geht aus den Andeutungen ultramontaner NeichStago- mitglicder hervor, daß bei der neulichen Unter redung zwischen dem Reichskanzler und dem Abg. Windthorst die Hoffnungen der Partei neue An regung erhalten haben; somit würde das aus dein Vatikan ergangene Loosungswort gleichen Schritt mit den Bestrebungen hatten, welche die parlamentarischen Kämpen des Papstes gegen wärtig für angemessen erachten. Wenn Herr Windthorst dabei meint, daß er für den Wetttaus um die Macht nicht so lange Beine wie Herr von Bennigsen habe, so ist dies eine Bescheiden heit, die ihm seine Parteigenossen nicht nach rühme». Sie versichern im Gegentheil, daß ihr Führer mit unverhohlenem Verdruss? von den Consercnzen spricht, welche Fürst Bismarck mit Herrn von Bennigsen pflog. Er halte ebenso wenig von den Dementis der nationalliberalen Organe, betr. den Eintritt von Bennigsen's in das Cabinet, als von der Erklärung, daß derselbe vorerst ein Mandat der nationalliberalen Fraktion haben müsse, ehe er mit dem Reichskanzler unter handle. Soweit vr. Windthorst. Man wird demnach nicht fehl gehen, wenn man mit konser vativen Mitgliedern des Reichstags annimmt, daß Herr Windthorst demnächst wieder im Rcichskanzlerpalais erscheinen wird, um den Ausgleichsfaden weiter zu spinnen, der durch das Verhalten des Centruins in der Socialisten- Debatte schon eine respektable „Festigkeit" erhalten hat. Lasten doch die Centrumsleute nicht von der Idee ab, daß Herr von Puttkamer in der Nach- scssion deS Landtags mit einer theilweisen Revision der Maigesetze den Frieden unter den Confessioncn Herstellen und so der konservativ-klerikalen Mehr heit eine Dauer verleihen werde, von der sich die Philosophie der Liberalen nicht träumen läßt." Unser gestriges Referat über die vorstehend er wähnte Debatte des Reichstages ergänzend geben wir hier noch die Worte wieder, mit denen der Abg Hänel die Centrumspartei ab- sertigte: Redner sieht in den Ausführungen des Centrums nichts weiter als eine Rückwärtsconcenlrirung der Partei. Bor Erlaß des Socialcstenqesetzes habe Herr von Schorlen» er erklärt, das Gesetz bedeute nichts weiter als eine l-ettre öe eseliel. Noch in teresianter waren die Ausführungen des Abg Wiudt borst, der auf das Schärfste jedes Ausnahmegesetz verurtheilte und den Nationalliberalen vorwarf, daß sie sich im Laufe von ein paar Monaten lununterge schlängelt hätten auf den Boden des Ausnahmegesetzes F.rner sagte damals Herr Windthorst: „Es ist ge fragt worden, welche Stellung wir nach Beendigung deS CulturkampfeS einnehmen werden; Venn der Culturkampf wirklich beendet sein wird, wird es sich ja zeigen, wie sich die Dinge gestalten werden. Heiter keit." (Große Heiterkeit.) Diese Heiterkeit reizte natürlich Herrn Windthorst und er fuhr fort: Um den bezeich. neten Preis (nämlich den Frieden zwischen Staat und Kirche) werden wir niemals die gemeine Frei heit aufgrben ; wenn wir etwas >m Culturkampf ge lernt haben, so ist es Das, daß solchen Zuständen I gegenüber nur die gemeine Freiheit schützen kann/ ^ (Laute Zurufe: Sehr richtig! in die auch Abgeord neter Windthorst einstimmG Wir wissen eben nicht mehr, woran wir mit Ihnen sind. Es will mir I scheinen, daß Sie einen Äcttlauf eingescblagen haben mit anderei» Parteien, bei dem der Preis allerdings ein sehr hoher war: der Preis war der Einfluß au den Reichskanzler, aus die Regierung. So war die Frage des Milstairgrsetzes für Sie iLentrum) eine sehr kitzliche Frage. Sie konnten dem schnellen Laufe nicht folgen. Bei der „Kursürst"-Frage gelang es Ihnen. Und so sind Sie denn auch in dieser Frage wie immer unberechenbar .... » * » Unseren heutigen Leitartikel ergänzend, geben I wir an dieser Stelle einige Einzclnheiten über die Lage in Et. Petersburg. Ein neuer Befehl des Generals Loris Meli ross ordnet an, daß die Polizei fortan nicht mehr Honneurs macht, damit die Aufmerksamkeit durch Nichts abgezogen werde. Dem Diktator ist ein eigener Disposilions- ondS von vo bis 120,000 Rubel monatlich zur ?crsügung gestellt, über besten Verwendung er nur dem Czar Rechem'chast abzulegen hat. — Der „RegierungSbote" veröffentlicht einen allerhöchsten Erlaß an den Großfürsten Konstantin, in welchem der der russischen Flotte erwiesenen Dienst- eisiilngcii desselben aufs AnerkcnnungSvollste ge dacht wird. Wenige Tage vor Publikation dieses Erlasses wurde indessen aus Petersburg gemeldet, daß die erste That des neuen Diktators Loriü MeliIoss ein dienstlicher Besuch bei dem Großfürsten Konstantin gewesen sei, der einer Haussuchung glich, wie ein Ei dem andern. Konstantin hat sich seitdem nicht mehr bei Hose sehen lassen : man sagt sogar, er habe Arrest. Bei der großen Gratulation im Weißen Saale des Winterpalastes, wozu alle Großfürsten und der ranze Hofstaat erschienen waren, glänzte allein Konstantin durch seine Abwesenheit, und die Zeitungen schrieben am nächsten Tage ganz trocken: „Mit Aus nahme des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch waren alle in Petersburg befindlichen Mitglieder des kaiserlichen Hauses anwesend". In» deutschen Tbeater erlaubte sich der Koniiker in „Lum- ?aci Vagabundus" sogar Folgendes: Schneider Zwirn sägt zu seiner Köchin, als Alles wieder utsch ist: „Nur Du bist mir geblieben, meine :c ", und der Komiker Anno sagte nur: Du bist mir geblieben, meine Kalherine, Wilhel- mine, Pulvermine. Konstantine!" Die persönliche Ansicht deö Correspondcnten geht dahin, daß Kon stantin trotzdem nicht an der nihilistischen Ver schwörung betheiligt sei, er sei dazu ein zu an ständiger und harmloser Mann, der solcher Dinge aus keinen Fall fähig sei. ES sei aber leicht mög lich. daß Konstantin durch seinen ungerathenen Sohn, den Dramantendieb, der gegenwärtig als Verbannter in Perm lebt, compromittirt ist. Nico laus Konstantmowitsch soll der nihilistischen Be wegung nicht fern stehen. Die Ansicht, daß die Nihilisten Verbindungen inPolizcikreisen haben, ja, daß sie auch mit hochgestellten Personen im Ein vernehmen handeln, wird in Rußland offen ausgesprochen. So schreibt die „Moskauer Zejitung", die sich schon mehr erlauben darf, als d,e „Petersburger Blätter", in eine», großes Aussehen erregenden Artikel: Wer sind denn diese unsere Feinde? Es ist nicht genug, wenn man die verwilderten und verkommenen Vollstrecker der Schändlichkeiten abfaßt. Plan muß auch nach jenen suchen, welche diese Werkzeuge der Verbrechen erzeugen, hervorholen, unterstützen und denselben die wirkliche Organisalionskrafl verleihen. Bor Allem ist es daher notbwendig, daß die activcn Behörden ihre Handlungen prüfen und ikr Personal, ihre Rathgeber und Execntoren untersuchen. Wer bürgt uns dafür, daß sich unter den-Agenten der gesetzlichen Regierung keine Agenten der geheimen Revolution befinden? ! Die Erfahrung der neuesten Bergangenheit sollte uns eine Lehre sein und ein Lickt aus die jetzige Situation werfen. Die Macht der polnischen Revolutions-Organisation 1803 ruhte gar nicht in den erbärmlichen Mitgliedern der polnischen Nationalregierung undLocalcommandanten, welche unseren beutigen Nihilisten aufs Haar ähnlich lind. Diese Macht ruhte in jenen Beziehungen, welche zwischen der revolutionären Organisation und der Administration und Polizei der gesetzlichen Regierung bestanden! Im Königreich Polen war beinahe die gesanimte Localadministration und Polizei an der Verschwörung betheiligt. Endlich beweisen die Siera> kowSkiS, Ogrvzkis und viele andere Persönlichkeiten, daß die Verschwörung sogar in der Centraladmini stration des Reiches selbst ihre Leiter hatte! Die Aufregung in dem weiten Reiche des Czaren ist natürlich groß, indessen die größte Besorgniß in den ruhigeren Kreisen Rußland« ist eigentlich nicht die, daß die Nihilisten eine offene Erhebung bewirken könnten, solidem daß da« Volk selbst gegen die Nihilisten und gleichzeitig gegen alle be sitzenden und gebildeten Stände sich mit fürchter licher ZerstörungSwuth erheben könnte. ES wäre nicht das erste Pkal, daß das sanatisirte Volk einen furchtbaren Aufstand unternahm und einen bluti gen Bürgerkrieg anzcttelte aus „Liebe zun, Czaren" und wilder Lust ail. der Unordnung, bei weicher eS ul plündern liebt. In den gebildeten russischen Krelsen ist man sich dieser Sorge wohl bewußt, daS bezeugt folgender Aufruf, den das angesehene wissenschaftliche Journal „Starina" (Alterlbum) an dieStudenten Rußlands gerichtet hat. Der selbe lautet: „Freunde und zukünftige Genossen im Dienste der praktischen Vortheile deS Vaterlandes! An Euch wen den wir un- mit dem überzeugenden, dringenden Er suchen, — ernst und selbstständig zu überlegen, wohin die beutiqen Ereignisse führen können. Möge die Unbefnedignng Eurer Wünsche welche immer sein, bedenket, daß die Geschickte keine Verzweiflungs-Si tuationen kennt. Die Zeit giebt immer einen Aus gang. In zehn Jahren wird der größere Theil der
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