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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188206293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820629
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820629
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-06
- Tag1882-06-29
- Monat1882-06
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1882
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Erscheint täglich srüh «>/, Uhr. Nk-«t1lon «nt Lr-rdition Iohanuesgastr 33. Sprrchkundkn trr Urdacti««: Lormittaqs 10—12 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. >1» «t» NLT««»« »»cht ftch tu N»»»kN«» nc»t r«r»mdiich. N«»atz«e »er skr »ie «Schsts«lge»de Nn«»er kefttmmten Inserate an S»chenta«en bis 3 Nbr Nachmittags, an Kann- u»0 Festtagen früh bi»'/,v Uhr. In den ^Uialen s,ir Ins.-Lnnahmr: Ott» Klemm. Nnlverüt-t-straße 21, 1'ouis Lösche, Katbaririenstroße 18, p. nnr bi» '/,S Uhr. ^-180. Donnerstag den 29. Juni 1882. Auflage 17,800. Adonilrmrntsvrns viertel,. 4'/, Mk., nwl. Brinqerlolm 5 Mk.. durcn die Post bezogen Ü Mk. Jede einzeln«.' Nummer 25, Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen ahne Postbeiörderung 00 Mk. unt Postbc'örberung 48 Ml. Inserate siqesvaltene Petitzeile ro Pf. Größere Schriften laut nuferem Preis verzeichnis;. Tabellarischer T-w naa> höherem Tarif. Krciamc» unter den Uednrtionsstrich die Svaltzcile 50 Pf. Jmerate find fiel« an die ErpriXtion zu senden. — Rabatt wird nicht gegeven. Zahlung praeu»„„'n»ii'i'> oder durch Pvst- oachuahine. 76. Zühraang. — >, Zur gesiilligkn Vtlllhtung. Um bri Ausgabe der Legitimationskarten zum Abholen des Tageblattes beim Quartalwechsel den Andrang möglichst zu beschränken, haben wir die Einrichtung getroffen, daß Karte nnd Rechnung bereits von heute an in Empfang genommen werden können. kxpeäMon d68 l-elprlAer ^axedlattes. Amtlicher Theil., Dekanntmachnng. Die Herstellung von Schleusten 111. Elaste m einigen Straßen der Ostüorstadt soll an einen Unternehmer in Accorv verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen siir diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathhaus, Zimmer Nr. 14, auS und können daselbst eingesehen resp. ent nommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Schleußen in der Ostvorstadt" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 8. Juli d. I«, MachmtttagS S Uhr clnznrcichen. Leipzig, am IS. Juni 1882 . DeS RathS der Stadt Leipzig Straßenbau-Deputation. Vekanntmachung. Der Bau der II. Strecke der östlichen Vorfluthschleuße dom Tauchaer ThorbauS an, der Langen Straste entlang bis zur Dresdener Straße soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathhau-, Zimmer Nr. 14, anS und können daselbst eingesehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offertc^.stnd versiegelt und mit der Aufschrift: „Bau der Oestlieben Borflnthschleutze LI. Strecke betr." Versehen ebendaselbst und zwar bis zum 12. Juli er. Nach mittag- 5 Uhr cinzurcichen. Leipzig, am 28. Juni 1882. DrS RathS der Stadt Leipzig Strapenbaudeputatiou. erledigt bat sich die unterm 10. Juni er. dinier den Schneider Johann Friedrich Kotte erlassene Recherche. Leipzig, den 20. Juni 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armen - Amt.) Lndwig-Wols. S. AuctilM. Freitag, den 30. Juni 1882, 1V Nhr vormittag» sollen im Grundstücke Nr. 1, 4. Etage am Tbeatcrplatz allhier, 1 Partie Möbel, darunter: 3 SophaS, 1 Schreibpult von Nuß- bamn, 3 Kleiderschrankc, 1 Waschtisch mit Marmorplatte, Rohrstühle, einige Oelgemälde, 5 Teppiche, 2 Spiegel. 1 Regulator, sowie ferner silberne Eß- und Kaffeelöffel. 1 Goldschnmck in Etui und verschiedene andere HauS- und WirthschastSgerüthe öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 27. Juni 1882. Der «erichtüvollzielier des «önigl. Amtsgericht». Thierbach. Bekanntmachung. Bei der am 16. Januar d. I. notariell erfolgten zwölften Au», loosung der planmäßig zur Rückzahlung bestimmten Obligationen unserer Anleihe vom Jahre 1870 sind 1) von den 4procentigcn Obligationen die Nummern 4», S4. >«L. 2) von den 4'/,procentigen Obligationen die Nummern 2V8. 278, 3»3. 4»7 gezogen worden. Diese Obligationen sind vom 1. Juli e. ab an der Taste des Herrn Alkp. Wrrthaner (Markt 13. SicglitzenS Hos. Tr. 0. I.) zahlbar, an welchem Tage deren verzins»»» aisthört. Die in früheren Ausloosungen gezogenen Obligationen find bis aus Nr. 1«4ck eingclöst worden. Leipzig, am 17. Januar 1882. Der Vorstand der Israelitischen NeligionSgemeinde zn Leipzig. Nichtamtlicher Theil. Reform des Völkerrechts. Wenn die Wissenschaft dazu berufen wäre, die Streit fragen und Verwickelungen der Völker zu lösen und daS Schiedsgericht über Krieg und Frieden zu bilden, e« würde im Morgen- und Abendland friedlicher anSsehen. alS eS seit Jahrhunderten der Fall gewesen ist. Jedermann wird die Unmöglichkeit einer Elihu Vnrritt-Politik einseben» man rechnet die Friedensapostel in der Regel zu den falschen Propheten; eS soll aber immerhin jeder Schritt willkommen geheißen werden, welcher die Bestrebungen unserer zünftigen Staatsmänner, welcher die ThLtigkeil der Diplomatie mit den Wünschen der Wisteuschast und spceicll mit den Regeln de« Völkerrechts in Einklang zu bringen sucht. Auch in diesem Sommer soll wiederum ein Schritt in d cser Richtung gelban werden. In Liverpool wird demnächst der Congreß der „Gesellschaft für Reform und Eodificatio» deS Völkerrechte-" zusammentrcten, nnd eS werden sich, wie man erführt, viele einstußreiche Leute, viele nambaste Gelehrte au» unserem Deutschland an dieser internationalen Versamm lung betheil'gen. Man kann Ziele und Zwecke dieser Gesell schaft nur lobend anerkennen. Sie ist bestrebt, teste Grund sätze für da» Verfahren der Parteien im Kriege anszustellen und dadurch jenen Brutalitäten, jener Entmenschlichung vor- zubeusten, die so häufig vom Kriege unzertrennlich sind. Wie eS heißt, sollen namentlich in diesem Jahre bezüg lich deS SecrechteS im Kriege interessante Bcratkmngcn stalt- lnden. Wir bedauern dabei nnr. daß der Gesellschaft gerade DaS fehlt, waS aus den Verlaus von politischen StreilsäUen zanz allein von Einfluß sein kann: nämlich die Macht. Alle- politische Leben beruht aus Machtfragen: daS wird Niemand leugnen können. Wenn nun einem solchen Bunde ein mächtiges und sieghafte» Schwert zur Seite stünde, welche» in di« Wagschale geworfen werden kann, sobalv eS sich um Krieg oder Frieden handelt, so würde sch nach nnd nach eine friedliche Lösung der euro- -äischcn Streitfragen anbahnen und die so furchtbar die Völker Europa- drückende KrieaSrüstung sich erleichtern laste». So lange dies aber nicht der Fall ist, wer bürgt dafür, daß die kriegführenden Mächte auch die Satzungen, welche die Gesellschaft zn Papier gebracht hat. befolgen werden? Werden Arabi Pascha oder Bu Amena, wenn sic Krieg führen, sich um diese Satzungen kümmern? Werden eS nur die Rüsten thun, oder das von HauS auS friedlich gesinnte Deutschland? Anders würde sich die Sache noch gestalten, wenn unsere Herren Diplomaten wenigstens in dem Geiste handelten, in welchem die Satzungen deS Völkerrechtes geschrieben sind. Aber ein Blatt hat nicht mit Unrecht dieser Tage die zünftigen Staatsmänner mit Ziegeldeckern verglichen, die tctS dafür sorgen, daß da, wo sie anSbesicrn, auch gleich ein neuer Schaden entsteht, der dem Rcparaturbedürsniß aus» Neue Rechnung trägt. So sind, um nur ein Beispiel anzusühren, unsere Diplomaten Verfahren, als eS sich um die „Lösung" der griechisch-türkischen Grenzsrage handelte. Die Bestimmungen, wie diese Frage geregelt werden sollte, waren o unklar abgefaßt, daß weder Griechen noch Türken wußten, was sie thun oder lasten sollten; ja eS fehlte nicht viel, so wäre eS über dieser Angelegenheit zu einem neuen Kriege gekommen. Ganz ähnlich geht e» jetzt in der hcilloS verfahrenen egyplischcn Angelegenheit. Nachdem sich die Mächte einaennscht, um die inneren Angelegenheiten dieses türkischen Vasallen staates zn ordnen, sind diese in eine wahrhaft gordische Ver wirrung gcrathen und tragen nniinichr, waS daS Schlimmste ist, eine geheime Kriegsgefahr für ganz Europa in sich. Zugleich ist die nationale egvpUsche Bewegung durchaus mit paniSlamitischen Joecn durchsetzt, welche sich gegen die Europäer kehren, so daß man wieder einmal sagen kan»: die Diplomatie hat eine Suvpe einzcbrockt, bei welcher Derjenige zu bedauern ist, der sic auScssen muß. Man sicht also, nicht allein den übermäßigen KnegS- rüstnngen, sondern — auch der diplomatischen Zicgctkcckerci müßte entgegen getreten werde», wenn mehr Einvcrnelnnc» unter den friedliche» Mächten erzielt werden sollte. Leider ist die Gesellschaft für Reform de» Völkerrechtes nicht dazu im Stanke; ihre Bcrathungen al'cr mögen aller Well empfohlen sein als der Hinweis auf ein ideales Ziel, das Herz und Sinn der Völker zn erleuchten im Stande ist. Leipzig 29. Jum 1882. Wie verlautet, wird nunmehr die Session deS VuudesrathcS am Sonnabend den 1. Juli geschloffen, da die noch zu erledigenden Angelegenheiten in dieser Woche abaewickett werden können. Einzelne grundsätzliche Frage» und Anträge werden jedoch unerledigt bleiben; von diesen sind namentlich hervorznhcben der vom Reichstage an genommene Antrag Windlhorst wegen Aushebung deS ExpatriirungSgcsetzeS, der Mecklenburg-strclitz'sche Antrag ans Abänderung deS CivilstandögesctzeS und der An trag Sachsens betreffs Abänderung de- tz. 153 teS RcichSstrasgesetzbuckes auS dem Abschnitte Meineid. In Bezug aus di« erstgenannte Angelegenheit vermag man kein Urlhcit über deren endliche- Schicksal zu hören; waS den mecklen burgischen Antrag anlangt, so wird angenommen, daß eine Beschlnßsaffuna aus den Nimmermehrstag vertagt wird, da eigentlich der BundcSrath sich schon darüber a»S>zesproche» hat; und endlich der MeineidSantrag wird voraussichtlich in der Session 1882/83 zur Erledigung gelangen. Tie Berliner Regierungöpreste behandelt die Minisier- krise mit einer gewissen „Bitterkeit." Die Entlassung Herrn Bitter'-, meinen die „B. P. N.", sei zwar angenommen, eS sei indessen zu erwarten, daß die Verkündung derselben bis zur Wiederbesctznng de- preußischen Finanzministeriums, eventuell des ReickSschatzamteS ausgesctzt sei. DaS zuerst ge nannte Amt habe bei seiner das Ganze der Staatsverwaltung umfassenden Wirksamkeit und bei dem Gewicht, welches das Herrscherhaus von AlterS her geordneten und sicher begrün deten Finanzen beigclegt habe, stets eine besonders hervor ragende Stellung unter den Fachminjstcricn eingenommen. Diele besondere Bedeutung sei auch durch einen Allerhöchsten Erlaß auS dem Anfang der constitutionellcn Zeit aus drücklich anerkannt, anS welchem auS Anlaß einer Differenz über die Erweiterung de» StaatSbahnsystemS bestimmt wurde, daß bei wichtigen finanzielle» Fragen Argen die Stimme deS Finanzministers ein StaatSministcrialbeschlnß nicht gefaßt werden kann, vielmehr Allerhöchste Entscheidung rinznbolen ist. Seit Herr Camp Hausen mit dem Finanz ministerium zugleich die Viccpräsidentschasl dcö StaatSmini- steriumS verband, hätte sich diese- Ncbcrgcwicht der Finanz- Verwaltung weil über daS sachlich gebotene Maß gesteigert. Namentlich in den letzten Jahren seiner Verwaltung, in denen die Mittel knapp wurden, seien auch vor der LandcSvertretung nicht selten Erscheinungen hervcrgetretcn, welche ans eine die selbstständige Verantwortung der Fachminister wesentlich ver- minvernde SondereinwirkuiigdcrFinanzvcrwaltung hindcntelen. Die natürliche Ncaction sc! denn nicht anSgeblicbcn, so daß der neue Finanzminister a»S der Camphausen'schen Zeit nicht nur taS Deficit und da- Vorwaltcn von PopularitätSrück- sichtcn, sondern auch überau- schwierige Rcssortverhälkiiiffc versinke. Bei dem Interesse deS leitenden Staatsmannes für die Durchführung der Steuerreform, falle demnach dem Finanzministcr die für daS Gelingen teS PlancS besonders wichtige Stelle deS GeneralstabScbesS zu. Einen Finanz- Mollke zn sinken, sei keine leichte Ausgabe: eS liege in der Nakur der Sache, daß bei dieser Wabl die Person deS EbcsS de» Schatzamts vor Allem in Betracht kommt, der aus dem Gebiet der Rcichssinanzen sich nicht nur alS ein sachkundiger Bcratber, sondern auch als geschickter AuSsübrer der B'iSmarck'lchen Ideen bei voller Hingabe an die Anschauungen de» leitende» Staatsmannes bereits bewährt habe. DaS genannte Blatt glaubt die Nachricht, daß Herr Scholz zum preußischen Finanzminisler anSersehen sei. daher umsomehr ansrcchtcrhallcn zu könne», während die Nachricht, Herr v. Ranch Haupt sei ernstlich in Frage, an innerer Unwahrscheinlichkeit leide. Für den voraussichtlichen Fall der Erledigung de» Rcick'SschatzanitS würden die in der Presse genannten Personen, Herr v. Mayr und der Präsident der Scckandtung, schwerlich ernstlich in Frage kommen, wahr scheinlich sei die Berufung eines ManneS an die leitende Stelle, welcher schon bisher in der RcichSsinanzverwaltung eine hervorragende Stellung einnahm. Ta? sonst so woblbcsesiigte politische Ansehen deS preußi schen Minister- deS Innern soll i» letzter Zeit etwas inS Wanken gekommen sein. Die Liberalen könnten eS nur a»s- richtig bedauern, wenn Herrn v. Pnttkamcr'S Sitz ,.c- säbrdet würde. Kein Minister hat Mehr als er dazu bei- getragen, daß der conlervative Hauch in überraschend kurzer Zeit schwächer und schwächer wurde, keiner hat durch die Art seiner Wahlkunststückchen den liberalen Parteien besseren Vorschub geleistet. In dieser letzteren Hinsicht ist Herr v. Putlkanier wirklich geradezu unschätzbar. DaS Geschcben- laffen des antiscinitischcn HcxentanzcS in Berlin und der Fall Berling-Bennigscn in Laucnburg (welcher letztere dem Minister direct nicht zur Last gelegt werden soll) waren einige der sichtbaren Anzeichen, cm denen sich die Abwendung der besten conservativen Eleincnle von der Methode der gegen wärtigen Negierung in Preußen scststellcn ließ. Ein Minister, der dem Abgeordnetenhaus«: ricth, „sich nicht den Kops der Negierung zu zerbrechen", der die Beamten unlerschiedloS al? Wahlagitationsmittel benutzen zu können glaubte, der eine NückwärlSrevidirnng der Vcrwaltungsrcsorm imniöglich machte, weit eS ihm an einem greifbaren Plane für die Ausführung seiner Absichten fehlt, ein solcher Minister verrichtet, obnc cö zu wissen und zu wollen, die Geschäfte der Liberalen, die ihn denn auch aufrichtig lieber an seinen» jetzige» Platze sehen, alS den energischen, maßvollen und slaatS- inänniscben Grasen Botho zu En len bürg. Zur Stunde scheint sich VaS Unwetter, welches über seinem Haupte sland, wieder vcrtheitcn zu sollen, und so begründet auch die Gerüchte sind, nach denen sich zwischen dem Kanzler nnd Herrn vo» Pultkanicr eine Spannung ergeben habe, so ist doch die Lage nicht danach anzethan, daß die Krise sich schon jetzt vollziehe. Insofern mögen die Freunde teS Minister» keS Innern 'immerhin daraus pochen, daß dessen Stellung gegen alle Er- chütternnczen gewahrt sei. Die Eaplanöpresse hat eS etwaS eilig; sie will daS Eisen schmieden, so lange eS noch warm ist. So hält eS daS leitende Dlatt der Psasfenpartci, die in Berlin erschei nende, mit Jcsuitenmoral redigirke „Germania", für angc- zcigt, den Reichskanzler zur Eile in Beendigung deS EulturkampscS anzulreiben: aus dem jetzigen Wege sicht cS die kirchliche Frage i» Versumpfung und Schwäche auS- arten. Für eine gründliche Abänderung der Maigesetze war nach Ansicht der „Germania" eine Mehrheit im Abgeordneten haus«: verbanden, allein der Kanzler zögerte. „ES ergreift unS zuweilen ein unheimliches Bangen, daß der Kanzler noch immer nicht die volle Tiefe der prineipicttc» Gegensätze und die volle Schwere der Nvth ver steht, in die der Enlturkampf nnS gestürzt bat." DaS Blatt droht, wenn nickt bald die StaatSgesctzgcbung Wandel schasse, so müsse die Kirche sich selbst Helsen. „Daß eine Seel sorge auch gegen den Willen deS Staates möglich ist und wie sic gegebenen Falles ciiizurichtcn wäre, haben die ver gangenen Jahrhunderte in England und Irland, die Zeiten der iranzösischen Revolution, die protestantischen Hugenotten nach ter Ausbebilng deS EkictS von 'Nantes n. s. w. bewiesen." DaS ist die Stimmung i» uttramontanen Kreisen nach dein neuen „FriedenSgesetz". Es geht wohl eine Abnung durch diese Kreise, daß im nächsten Abgeordnetenhaus eine conservativ- klerikale Mehrheit zur Verstümmelung der Maigcsetze nicht mehr vorhanden sein wird; daher der Uniiiulb nnd die II»- rnsriedenhcit, daß der Reichskanzler aus diesem Gebiet so wenig Eile gehabt. Wir müssen die EaplanSpreffe heute noch einmal inS Ge bet nehmen. Die „Germania" kommt innncr wieder aus die Abstimmung über die Resolution v. Bennigsen i» der Tabakstcucrsrage zurück und macht den Liberalen den Vorwurf, „mit volle»« Bewußtsein die Resolution zu einer schwachen Mehrheit vcrurtheitt zu haben, um aus Kosten der Rnbe der Tabakindustric ein plötzlich ausgetauckileS eigen nütziges Parlcinianövcr auSzuführcn". Der Antrag v. Ben nigsen war gestellt worden, weil der Windtborst'sche Antrag minder scharf und genau gefaßt war. Sowohl seitens des Ecn- truinS alS der Liberalen wurde iin klebrigen zugegeben, daß die beiden Anträge im Grund denselben Sinn und Zweck hätten. Der Bennigscn'sche Antrag kam n««n zuerst zur Abstimmung, nnd daß er nur eine so kleine Mehrheit erhielt und seine Wirkung dadurch abgeschwächt wurde, daran trägt allein daS Eentrum die Schuld, indem eS gegen den Antrag stimmte. Wäre der Antrag Windthorst zuerst zur Abstimmung gekommen, so hätten wahrscheinlich die Liberalen für denselben gestimmt. Pcirteikn»ststückchen undFractionS-Eiscrsüchteleien hat sich also lediglich daS Eentrnin zn Schulden kommen lassen; nnd diese Partei hat cS zu verantworten, wenn aus der ge ringen Mehrheit für den Antrag gegen jede weitere Beun ruhigung der Tabakindustrie irrige Schlüffe gezogen werde». lieber daS Befinden de? Fürsten BiSniarck waren in Berlin beunruhigende Gerückte im Umlaus, die wohl durch die ungewöhnliche Art entstanden sink, in welcher der Kanzler sich durch den ReichSanzeigcr die Ncuhscntnng aller amllichcn und nichtamtlichen Schriftstücke in seine Varzincr Eommer- sriscke verbeten hat. Von Personen anS der Umgebung keS Fürsten BiSmarck wird im Gegensatz hierzu mit aller Be stimmtheit versichert, daß Dessen Gesundhcltüznstand selten ei» so guter gewesen, wie gerade gegenwärtig. Die obige Formel sei nicht wörtlich zn nehmen, die Nacksendung amtlicher Schriftstücke könne überhaupt nickt umgangen werden, und wenn dieselbe trotzdem nickt gewünscht werke, so habe der Kanzler damit nnr der Belästigung durch Pnvalbriese einen n»i so wirksameren Riegel vorschiebcn wollen. ES war von vornherein nickt anziiiiebnien, daß der leitende Staatsmann sich in eine Art von politischer TornröSchcn-Einsainkeit zurück- ziehcn und die Ereignisse, zumal die auswärtige», theitnahinloS ihren selbstständigen Gang nehmen lasten sollte. Tie Hetzjagd, welche die Vcllblut-Magyarcn gegen daS Deutschtbuin in Ungarn, besonders gegen die sieben bürger Sachsen unternehmen, bat die Sympathien für unsere mißhandelten Landsleute erheblich gesteigert, wie die jetzt überall in Deutschland sich begründenden Zweigvcreine deS „Deutschen ScknlvereinS" beweisen. Aiigcnblicklich verweilt nun der sicbenbürgifche Abgeordnete zun« ungarischen Reichstag Herr Zay in Berlin iind hielt am Montag in einer Sitzung de- Deutschen EchnlvereinS einen sehr interessanten nnd belehrenden Vortrag über die Lage nnd die Aufgabe der deutschen Bevölkerung in Unaarn. Der Vortragende hob unter Anderem hervor, das; die Bestrebungen seiner Gesinnungsgenossen wie deS Tcntschcn Scknl- vercin? lediglich daraus kinanSgingen, den Deutschen in Ungarn ihre Sprache nnd ibr VotkStbnm zu crbaltcn, keineswegs aber eine seindsctige Richtung gegen den ungarischen Staat alS solchen hätten. Als Gegensatz gegen den Deutschen Ccbul- vercin bat sich jetzt in Pest ein „Ungarischer Scbulver- cin" gebildet; aber während der erster«: nnr den Zweck hat, die Deutschen außerhalb des ReickeS dem Denlschlbnin zn erhalten und sie nach Kräften in ihren Bestrebungen. Deutsche zu bleiben, zu unterstützen, während der Ebaralter des „Deutschen ScknlvcrcinS" sonach ein wesentlich abwebrendcr. aus die Erhaltung deS deutschen VolkSlbninS, ans dessen Schutz gegenüber den Angriffen nicktdenlscher Volkseteinente ge richteter ist. während dieser Verein bloö die Deutschen ihrer Nationalität erhalten will und jede Eroberung »iitcr fremdem VolkStl'um ibin fern liegt, strebt der „Ungarische Schnlvercin" nach seinen Satzungen die „Magyarisirung ans gesellschaft lichem Wege" an; er will nickt etwa die Magvarc» ihrem magyarischen VotkStbnm erhallen, sondern die Deutschen zn Magvarc» macken Der Ebarakler diese? Vereins ist somit nach dem Wortlaut seiner eigenen Statuten ein angrciscndcr, gegen das Deutschthnin gerichteter, sein offen ausgesprochenes Ziel, daS Dcutschtbum zu vernichten und rn dem Magyaren- thnin aufgchcn zu lasten. Die serbische Negierung ist bei den bisher gemeldeten Maßnahmen zur Bekämpfung der Opposition nickt sieben geblieben. Der Verschärfung dcü Paßgesetzes ist ein Schritt zur Bekämpfung deS parlamentarischen Streiks ge folgt. In der Sknpschtina wurde amDicnSkag eine Vor lage der Negierung eingebracht, wonach 'Abgeordnete, welche mntbwillig ihr Mandat nicdcrlegen, um tie Arbeiten der Skiipschtina zn unterbrechen, mit einer Geldstrafe von 1000 Dinars belegt werden sollen. Ter jugendliche Fürst von Bulgarien scheint plötzlich im Bildcz-KioSk zu Huld nnd Gnade gekommen zu sein. Die „Turqnie" wenigstens widmet seiner Rückkehr nach Sofia ein große? Lob. welches mit dem AnSdruche der Hoffnung schließt, der Fürst werte, durch die Nation unterstützt, ent- schlossen alle administrativen nnd ökonomischen Reformen in Angriff nehmen, welche die Fortentwicklung BnlgarienS ver bürgen. Alle unparteiischen Bcurtheiler seien, fügt die „Turqnie" hinzu, der Meinung, daß der Fürst in hoben, Maße die erforderliche Einsicht und Energie besitze, um eine solche große Ausgabe dnrchznfiihren. Woher dieser jäbc Umschwung? Zugleich wird ans Sofia gemeldet, daß Fürst Alexander im Lause des SommcrS einen Besuch des Königs Milan von Serbien in Nustschnk empfangen wird, wo inzwischen daS HauS, welches der Fürst daselbst bauen läßt, fertig ge stellt sein wird. Gleichfalls im Laufe dieses Sommers wird sich der Fürst zu einem Besuche deö König- Earol von Ru mänien »ach Sinaia begeben. Im Heroste wird der Fürst längere Zeit in Schum la verweilen, wo eine größere Triippenzahl zn UebiniaSzwcckcn in einem Lager vereinigt werden wird. Am 1./13.Jnli begiebt sich der Fürst nach Varna. In dem Verlause der cgyp tischen Frage ist abermals eine Wendung zn verzeichnen. Die neuesten Nachrichten über den Stand der Krisis am Nil laste», ebne gerade heniuiihigend zu wirken, dock durchblicken, daß Etwas im Werke ist, waS in den engen Ralimen der Eonserenz Beihaiiklungen wenig Pasten will. Die öffentliche Meinung, die Presse, ja selbst die Negierung von England sind ernstlich besorgt um den Snczcaii ci l. Wie der Telegraph gestern mit einer wnnder- barcil Ausführlichkeit berichtet hat, setzt England u m - fassende R ü st unge n inS Werk und sucht die selben auch nicht einmal in der sonst wobl bei solchen An lassen hergebrachten Weise zu beschönigen, sondern erklärt mit dürren Worten, daß die Sicherstellung rer britische» Tondcrintercsscn in Egnpten. d. b. die Bebcrrschling des SnezeanalS und damit deö lüezcslcn Weges nach Indien, daS Eabinel von Ct. Jamcö nötbige, so zn bandeln, wie eS gegenwärtig der Fall ist. Mich Answel.' der neuesten Melkungen reichen sich die Negierungen deö Mutterlandes und Indiens die Hand, »in im gegebenen Augenblick fähig zn sein, ans der eguptischen Schaill.'i>bne tnil einer Truppeii- niacbt ausziltrctcn, welche von der „Times" ans W.om» Mann veranschlagt wird. Es müssen sehr gewickt-ge Ertragungen ans die Enischlüffe Gtadstoue'S gewirtl baden; denn da? am Ruder befindliche Whigminister »n begle bckann'.lich in früheren Tagen eine ausgesprochene Abneigung gegen heroische Tbatcn und übte in Asabannta» sowohl als auch > m Eap gewisten- l>ast die „Imnclz »ll-Polilik", welche Gllicstene' bernchligle Taktlosigkeit dereinst dem österreichisch-ungarischen Ttaal tenter bezüglich der Balkaliländer aiistiäugen wollte. Es scheint, als hätte die entschiedene Weigerung der Psortc, an den Be- ratlningen der Volschaflerconserenz tlieilzniiel ine», sowie ei« vom Sultan tem Köedive und Arabi Panda gleichmäßig gespendeten Guusthezeigiingen den fcbr ehren.oerloen Herren in London eine» panische» Schrecken c.ngc gl. Herrn de Freycinct ist die Sache gewiß nicht wenn -r unangenehm alS seinem englischen College»; allein in Pari? hält man mit seinen diesbezügliche» Empsintnngen lliigerweisc zurück. Frankreich hat ein jebr bestimmtes Inter. ' earan, die Eon- seren; ungestört arbeiten zn taffen n»k rechnet aus dem Ein vernehmen der Mächte für sieh ein günstiges Ergebnis; heraus, während England beim Sulla» alle Geltung verloren bat und in der Eonferenz vereinsamt dastebt. Eine englische Arlion am Nil wäre von vorn herein lediglich ans ihre eigenen Hilfsquellen angrwicse» DaS ist eni Umstand, der dem enq- lischen Säbelgeraffel ein gutes Tbcil seiner Bedciiktlchle.t raubt. Zur Erleichterung der Eonscrcnzarbrit trägt er allerdings in keinem Falle bei. — Der Zusall will cS. daß gerade jetzt die griechischen Politiker sich erinnern, daß sie auch neck in der Welt sind, »nd daß in Egvplen genug griechffcbe Staatsangehörige leben, »in dieselben zum Gegenstand legilimer Bescrgniste für die Regierung des Herrn TrikupiS zn machen. Ein Albrner Eorrcspondent wellte segar schon wissen, daß Griechenland von de» Mächten mit einem Auf trag zur Besetzung EgnvtcnS betraut werden wurdet Andere bringen die Thaisachc, daß Griechenland sich eifrig
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