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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.06.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188306211
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830621
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830621
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-06
- Tag1883-06-21
- Monat1883-06
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.06.1883
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E»fche1«e tä-ltch früh 6'/. Uhr. Ueßirti«, >nß Ervittii» Iohannes^ffe 38. HPttchkolldril -er LeßaM«: Sormtttags IS—18 Uhr. Rachmutag» 3—6 Uhr. »» G, ««,'», »«ME, «3» »» Emr»tz»« »er für die «üchftfol,«», N,»«o» »eftt»»trn Ansernte »n »ochrntND«, NA » »tzr Nnchmttt»»«, «,«»»» >W S«MA»« srüt üis'/.» Ar. In den Fttlnie» f»r I»s.-^»n«h«e: vtt« Soul» A»««. Utttoersstättstraße 21. > kßsche» Katharinrnstraße 13, p. »r »t« vtzr. i-ipMtr.Tascklaü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschüstSverkehr. Auflage 18,LA«. Ltz»«ne»rnt,Preis viertrlj. 4'/, MN. incl. Bringrrloha ü Mt., durch dir Post bezogen 6 Mk. Jede einzeln» Nummer 20 Ps. Belegeremplar 10 Pf. Gebühren tük Extrabeila»«» . ohne PostbeiSrdcrung 39 Mt. " «tt Postbesörderung «8 Mk. Inserate Sgespaltenr Petitzeile Sy Pf. Gr-Here Schriften laut unserem Preis, verzeichnig. Labrllarischer Sa» nach höherem Taris. Nert«»e> unter dem Nedactirnoltrlch die Spaltzell« 30 Ps. Iusrrate sind stets an die Expedition ,u senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pruaoumeranäo oder durch Post» Nachnahme. 172. Donnerstag den 21. Juni 188L 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. NeitamiiWchimt. Da» 3. Gtibck da» diesjährig« Gesetz- und Verordnung*, blatte« für da» Königreich Sachsen ist b«i un» «ingeaangen und »ir» AN z«» G. Jult H. 2. auf dem Rathhau», faale zu, Einsichtnahme öffentlich auShäng«. Dasirlbe enthält: Nr. LI. Btkaantmachung, die Aushebung der Amt«gerichte Reichenau und Strehla, sowie den Eintritt einiger anderer Iuri»dictton«änderun-m betreffend: vom 1t. Juni 1888. LchPzig, de» iS. Juni 138». Der Muttz »er Stabt Leipzig. vr. Georgi.Brendel. Vtltiunlmchmr. Her, Oberberaraltz Professor vr. Er ebner hier hat sich im EiaverstLndniffe mit «n» in dankenswert Hefter Welse der »ach manmchfacbm Richtungen wichtigen Aufgabe unterzogen, di« geologische Zusammensetzung und Lagerungsform de- Unter gründe» unserer Stadt zu untersuchen und da« Ergebniß in emer Anzahl specieller Bodenprofile durch Leipzig und besten Umgebung mit einem erläuternden Irrt darzustellen. Da dieselben zu vielen praktischen Zwecken auch sllr weitere Kreise Interesse orsitzen, haben wir dieselben vervielfältigen laste«, und die beiden dieselben enthaltenden Tafeln nebst Text zn« Ladenpreise von 5 der Hinrichs'schea Buchhandlung co«missi»n«weise zum Vertriebe übergeben. Die Tafeln lassen sich leicht auch für diejenigen Stellen benutzen, welche nicht unmittelbar in den dargestellten Pro filen liegen, und wir unterlassen daher nicht, dieselben allen denen zur Anschaffung zu empfehlen, welch« zu irgend einem Zwecke Veranlassung haben, über die Untergrund-Verhältnisse ttz«A Grundstücks sich zn unterrichten. Zripzig, am l. Juni lSSS. Der Worth der Gt«dt Leipzig. vr. Georgi.Vr. Wangemann. Vekanntniachimr. Bom Di«n»tage den L«. d. M. an di» auf Weitere» und längsten» bi» mit Sonnabend den 8. September d. I. wird ein Obskmarkt auf dem nördlichen Theile de» Fleischer» »latze» eingerichtet. Diese, lediglich» für Obst mit Aus schluß aller anderen Marktartikel bestimmte Markt findet nur an den Markttagen statt und schließt Abend» 7 Uhr. Diejenigen Obsthändler, welch« daselbst Stände zu erhalten wünschen, haben sich deshalb an den Marktvoigt zu wenden Mit Rücksicht auf da» Iohannisfest wird am Sonn abend den AS. d. M. der verkauf von Blumen auf den Marktplätzen bis Abend» 8 Uh» hiermit gestattet. Leipzig, am 18. Juni l88L. Der Rath der Stadt Leipzig vr. Georgi. Hennig. Wir wünschen zur vorübergehenden Beschäftigung tu Rechnung» fachen «inen in solche» geübten ehemalige» Beamte» oder sonst befähigte Person zu engagii Offerte» mit Talair. Sb ,»reichen. Wenig, de» 13. Jnai 1888. girea. usprüchea find schleunigst au un» rin. Der Ltabtrattz. Clan». Vrkannlmgchuug. An »nser Genoflensedaflsregister ist unter laufender Rr. 8, betreffend de» varschuß-verei» zn Prettin, eingetragene Genossen schaft. mit dem Sitz zu Prettin, in Spalte 4 zufolge Verfügung vam 81. Mai 1838 heute Folgende« einaetraaen worden: Der Vorstand der Genossenschaft besteht jetzt an« folgenden, ,u Pretttu wahnhaften Perwnen: 1. dem Maurermeister Heinrich Heuz«, als vorfitzender, 8. dem Braumeister Geisentzetner. als Lassirrr, 8. dem Rentier Ferdinand Prietzsch, al» Loatroleur, 4. dem Gasthossbesitzer Vatttab Pleffe» 3. dem Handelsmann Auto» Protze, 3. dem Kaufmann Friedrich Herzoi» ?. dem Oekonomeu Ott« Wust» »» 3 bis 7 als Beisitzern. . T-e,«, de» 1. Juni 1838. Königliche» A«1»gertcht. Nichtamtlicher Theil. Folge« des conservativ klerikalr» Lündnisses. Die auf Veranlassung de» preußische« Eultusminister« v. Goßler ersolgte Zurücknahme der von der Posener Regie rung erlassenen Verfügung, betreffend die deutsche Unterricht», spräche in der Volksschule, hat in gleicher Weise in den Kreisen de« deutschen BÜrgerthumS, wie in denen der preußi schen Beamten unangenehme« Aufsehen erregt. Man bedauert diese Maßregel deS Minister», weil sie einen Wendepnnct in der seit zehn Jahren zum Nutzen der polnischen Bevölkerung und im Interesse friedlicher Germanisativn der Provinz Posen befolgten Politik bedeutet und siebt der Meinung Auldruck, daß der Minister sich zu diesem Gcbritte durch die übertriebenen Klage« und Beschwerden, denen von den polni schen Abgeordneten in Form einer Interpellation >u»dr«ck gegeben worden ist, veranlaßt gefunden hat. Wie viel oder wie wenig auf diese periodisch seitDecmnien wiederkehrenden Klagen zu arven ist, weiß mau in der volitischm Welt zur Genüge und auch Herr vo« Goßler hat fett der Uebernahme de» Eultus- «inistrrium» wiederholt sich davon zu überzeugen Gelegenheit gesunde«. E» verlohnt auch nicht der Mül«, an dieser Stelle nochmal» die Grundlosigkeit der erhobenen Klagen aufzudecken, «» genügt, darauf hinzuweisen, daß «» sich nicht um den Reftaionsunterricbt in deutscher Sprach« für di« Zöglinge der unterst« Stufe handelt, sondern lediglich für die vorgeschrittenen dir der deutschen Sprache so weil mächtig sind, daß sie den Unter- eicht i« allen Fächern, also auch in derReligion in deutscherGprache erhalte» können. E» ist eine durch nicht» bewiesene Be- hEptaag» bah wer die vi«r Tpecie» in deutsche, Sprache erlerne» kan», auch dem Katechismus-Unterricht in dieser Sprache zn folgen außer Stande sei, und Herr b. Goßler Kälte sch« de»wezen di« RechtSgiltigkkit der Posener Reaterung-verfüzuna anerkennen sollen, um endlich den unheil- »»«» Wahn zu zerstören, daß „polnisch" und „katholisch" zwei einander völlig deckend« Begriff« seien. E» wird de« Polo- nisirung-streden der katholischen Geistlichen nunmehr fleißig in die Hände gearbeitet und die ausopferunaSfrrudige und hingebende Thäligkeit der Beamten in der Provinz Posen, die e» für eine heilige Ausgabe ihre» Berufe» ausehen, mrm Streben entschieden entgegen zu arbeiten, wird gelähmt cnd vor der polnischen Bevölkerung verdächtigt. Man dars ich deshalb auch nicht wundern, daß der Oberpräsideut v. Günther, dem besonders von Herrn v. Windthorst bei der Berathuna der Slablewsti'schen Interpellation über di« in Frage stehende Verfügung arg mitgespielt worden ist. sich veranlaßt gefunden hat, seine Demission zu geben. Diese Mittheilung wird zwar von der „Kreurzeilung" al» unbearündet bezeichnet, aber w»r haben guten Grund anzunrhmea, daß Herr v. Günther thatsächlich fein Gesuch «in gereicht hat. In den Kreisen der Posener Regierung wird dieser Schritt durchaus gebilligt, denn man erkennt an. daß es einem so hoben Beamten unter solchen Umständen nicht leicht werden kann, weiterhin thätig zu sein. Dir erfahren übrigens, daß Aussicht vorhanden ist, Herr» v. Günther dem Staatsdienst zu erhalten, indem man auf die bereits früher angeregte Absicht zurückkommt» ihn mit Herrn von Wolfs in Magdeburg tauschen zu lassen. Wenn übrigen« Herr von Günther au- Posen scheidet, dürfte dir» gerade den Polen besonders unangenehm werden. Denn gerade Herr von Günther hat in den vielen Iabrm seiner Amtsthätig- keit in Posen einen so milden und versöhnlichen Ginn in allen Eulturkampf- und Schulfragen, die im letzten Decennium an ihn in großer Zahl herantraten, bewiesen, daß e« schwer halten muß, einen Beamten zu finden, der ihn in seiner jetzigen so schwierigen Stellung völlig zu ersetzen i« Stande wäre. Von ihm stammt auch die Bersllguug vom Jahr« 1873, die »och heute al» die Grundlage für die Ertbeilung de» Unterrichts in deutscher Sprach« an di« Kinder polnischer Zunge gilt und auck von Herrn v. Goßler al- maßgebend angesehen wird. Was aber, so fragen wir» bezweckt die preußisch« Staatsregierung mit de, Zurücknahme de« vrr- sügung vom 7. Avrrl? Glaubt sie, durch versöhnliche» Ent- gegentommru die Polen zu raptiviren, so befindet sie sich i« einem bedauerlichen Wahn, den» sie könnt« wissen, daß de» Polen der Appetit mit dem Essen wächst und r» wird nicht lange währen, bi» sie, anstatt diesen scheinbar berechtigten Wünschen, Forderungen gegenüber stehen wird, deren Er füllung für Preußen zu« Theil einem politischen Selbstmord nah« käme. Dir phantastischen Träume von der Wiederaus, erstehung de» polnischen Reiche» mit seinem famosen Reichstag und seiner vo» staatsmäninscher Weisheit strotzenden Ver fassung sind nicht auögestorben, sie leben in den Köpfen des polnischen Kleru» und Adels fort und werden durch fleißige und systematische Agitation auch im Volke rege erhallen. Dann würde Herr v. Goßler, wenn er sich auch auf die — wie Herr v. Stablcwski behauptet — „wahrheitswidrigen" Berichte seiner Beamten nicht stützen soll, leicht habe» erfahren können, wie grundverschieden die Ansichten de« Volke- und de» Adel» auch in diesem Puncte sind. Der polnische Kaufmann und Handwerker und vielleicht noch in höherem Maße der ländliche Arbeiter wäre schon lange ein vorzüglicher preu ßischer Staatsbürger geworden, wenn die sauatisch« »ub sanatisirende Agitation von Presse und Geistlichkeit eS ihm nicht geradezu unmöglich machten. Besonder- Diejenigen, die ihrer Militairpflicht genügt haben, kehren mit völlig ver änderten Anschauungen zu ihrer bürgerlichen Beschäftigung zurück. Sie lernen die wohlthätigen Folgen militairischer Zucht schätzen und pflegen meist ein aufrichtige» Gefühl der Verehrung und Liebe für ihren obersten Kriegsherrn mitzubringen. Diejenigen Polen, die einen Feldzug milgemacht haben, tragen mit Stolz ihre KriegS- inedaille auf der Brust und lassen sich selbst durch die wüsten Agitationen nicht in dem Gefühle beirren, durch die Theilnahme an den Kämpfen für die Wiedervereinigung Deutschlands sich da» Recht erworben zu haben, sich Deutsche zu nennen. Wenn man sich in Regierungskreisen klar werden will, wohin «S mit einer versöhnlichen Politik gegen die Polen am Ende kommen muß. so braucht man sich ferner nur der Zustände zu erinnern, die unter der Regierung des vorigen König- in Posen geherrscht haben, zu welchen Zu- geständnissen, die dem deutschen Namen sicher nicht zur Ehre gereichen könnten, man sich hrrbeilaffen wollte, al» die Anmaßung der Polen täglich maßloser wurde, bi» sie in der Forderung einer „nationalen Reorganisation" gipfelten, zu »vrlcher sogar Friedrich Wilhelm IV. bereits seine Ge nehmigung gegeben halte. Und trotzdem hat Posen die ver> sckwörung vom Jahre 1846 und die Revolution vom Jahre 1848 erlebt! Wir stehen nicht an zu behaupten, daß man bei weiterer Nachgiebigkeit abermals zu ähnlichen Verhält» nissen kommen würde, und geben der Hoffnung Ausdruck, daß di« preußische Regierung keinen Scbritt weiter aus der soeben eingrschlagenen Bahn machen wird. Eine verständige Politik hat m den siebziger Jahren die Sünden vergangener Tage wett zu machen gesucht, und so weit e« in dem kurzen Zeitraum möglich war, die gewünschten Er folge wenigstens zum Theil erzielt. Wird diese Politik ausgegeben, so wäre di« Arbeit eines Decennium- nicht nur vergeben» gewesen, sondern es müßte auch «ine Ver wirrung entstehen, die unheilvolle Folgen haben könnte. Preußen, welche« die Führung in Deutschland übernommen hat, ist vor Allem dazu berufen, über die nationale Ehre und da« Ansehen de» Reiche» zu wachen. Mit Freuden hat man allerseits dem vorgeben der vreußischm Regierung gegen die nordschle-wigschen Optantmsöhne zugeflimmt und soeben erfährt man, daß die Düsseldorfer Regierung den holländi- scben Staatsangehörigen» die im Kreise Viersen zahlreich leben, anheimgegeben hat, binnen sechs Wochen da« preußisch« Gebiet zu verlassen oder sich zur lusnabme in den preußischen Unter» thanrnvrrband zu melden. Die Stellungnahme der Regierung aegenüder dem neulich verhandelten Antrag Lassen, der da», selb« für Schle»wig bezweckte, wie der Antrag Stabl«w»ki für Posen, hat gleichfall« die Anerkennung aller deutsch- national gesinnten Bürger erfahren. Darum will dre Regierung nicht dasselbe Lob in der „preußisch - polnischen Frage" verdienen? — E« ist zwrisello», daß sie hier leider bereit» unter dem Einfluß, der klerikal-konservativen Allianz gehandelt hat, welch« in ihren Fahrern für Anerkennung der polnischen Beschwerden eingetreten war. vom Eentrum bat man «inen nationalen Gedanken, geschweige denn eine B»> thätigung wahrhaft nationaler Gesinnung im Ernst niemal» erwartet; aber daß sich auch die conservatide Partei durch allerhand Verbindlichkeiten »ns antüiatwual« Wege drängen läßt, ist ein« ebenso bedauerlich« wie bemerken-werth« Thatsach«. Leipzig, LI. Juni 1883. * Ueber die Stellung der preußisch-deutschen Regierung urEentrum-partei schreibt die .Nationalliberal« Eorre» pondenz": „Wenn man die fortgesetzten Werbungen derRegierung um die Freundschaft de« Eentrum». di« immer weitergebeod« Nachgiebigkeit gegen den Nltra- montani»mu». die selbst vor einem bedenklichen Entgegen» kommen an die nationalen Aspirationen der Palm nicht mehr zurückscheut, in Erwägung zieht, so drängt sich von selbst die Zrage auf. wa» in neuerer Zait diese Partei geleistet hat» u» dem leitenden Staat»mann ihre Freundschaft und Unter» lützung so überaus wertbvoll erscheinen zu lassen. Denn wir aus die ganze lange Reich»tag»session» die jetzt hinter un» liegt, zurückblicken, so vermögen wir mit Ausnahme der Gewerbeordnung-revision nicht rin einzige» Gesetz von größerer Tragweite zu entdecken, dessen Zustandekommen lediglich der Unterstützung de« Eentrum» zu verdanken wäre. Da« Kranken- caßrngesetz ist mit so überwältigender, selbst einen Theil der liberalen Vereinigung umfassender Mehrheit zu Stande ge. kommen, daß man di« Hoffnung aus di« Fortführung der ocialpolitischen Reform durchaus nicht von der Zustim mung de» Eentrum» abhängig zu machen braucht; auch ohne di« Unterstützung dieser Partei könnte aus der jetzt begonnenen Grundlage sortgebaut werden. Dagegen hat das Eentrum die Lieblingside« de« Reichskanzler«, da« Tabakmonopol. ebenso aut wie die Liberalen abgelehnt, und für di« Holzzölle ist die Partei so matt und schwach eingetreten, daß sich eine ansebnlicbe Mehrheit dagegen bildete. E» bleiben also nur etliche Polizeimaßregeln gegen Hausirer, Handlungsrrisende und Wirthe übrig als einzige von der confrrvativ-klerikalen Mehrheit allein vollbrachte Leistung. Damit zufrieden zu sein, wäre mehr als bescheiden. Und im Landtag ist es nicht ander«. Das wichtigste Ergebniß der Session, die Reform der Elaffensteuer, ist fast vom ganze« Abgeordnetenhaus« angenommen worden und viel eher aus liberale, al» aus An regungen de» Eentrum» zurückzuführen, ueber di« Verwaltung»« reform wäre unter gewissen Bedingungen vielleicht auch ein« Verständigung mit den Nationaluberalen zu erreichen ge» wesen; jedenfalls bat man allen Grund zu ^Weiseln, ob Fürst Bismarck auf diese Puttkamer'sche Revision «me« sehr bedeutenden Werth legt. Es bleibt also auch hier nichts von großem Belang übrig, waS die Freundschaft de» Eentrum» al« besonder« werthvoll erscheinen lassen könnte. Wohl aber kann e« gar nicht au«bleiben. daß über kurz oder lang aroße nalionalr, die Befestigung des Staate» und Reich» betreffende Ausgaben wieder einmal unser öffentlicde» Leben erfüllen. Ja den kleinlichen Fragen, welche den Inhalt der herrschenden rückschrittlichen Bestrebungen bilden, kann sich unser politische» Leben doch nicht für immer erschöpfen. Dann wird die konservativ-klerikale Coalition ausrinaadersallcn, weil man aus die Frcundsckiafl der Eurie und de» Ultramontani-mu» die Zukunft de- Reich- unmöglich stützen kann, und gegenüber einem immer mehr erstarkten Radikalismus wird man wieder nach den mittleren und gemäßigten Parteien rufen. Und wenn sie dann, unter den schroffen Gegensätzen von recht» und links, unter der Anfeindung von oben und unten zer» rieben, in aller Kraft und Leistungsfähigkeit nicht mehr am Platze sind, dann wird man erst erkennen, wie grundfehler hast die jetzt eingeschlagen« politische Richtung «nd Entwick lung gewesen." * Die bereit» kurz gemeldete Antwort de» Herr» von Bennigsen auf die Ansprache der Deputation de» nationalliberalen Verein» zu Hannover lautet nacl» dem »Hannov. Eourier" vollständig also: Wenn er bei dem ernste» Entschlüsse, de» er grsaßt, und der dock immer einen Abschnitt in dem Leben eine» Manne« bedeute, eine Vesorgniß gehegt habe, so sei e« diejenige gewesen, daß er dadurch Verbitterung und Vorwürfe bei seine» Freunden errege« würde. Statt dessen haben mündlich und schriftlich anrWohlwollen undFreund» schuft gefunden. Es sei diese» für ihn «iur große Freud« und geradezu ein Glück. E« sei indessen richtig, daß, wenn auch der artige Entschlüsse immer aur au» der Natur und dem eigenen Wesen de« Mannes hervorgiugen, doch vor Allem die unbefriedigenden Zustände unsere» öffentlichen Lebe»« »ud unserer Parlamente» dir steigend« Verbitterung der Parteien »ntrreinauder, dt« ve» jikhungen zu der Regier»»«, di« znurhmeude Spaltung auch unter den Liberale« ihu zn der Ueberzeugung ge- bracht hätten» gerade für die von ih« für richtig gehaltene und besolgte Art der Politik mit ihrer versöhnlichen Richtung sei jetzt kein Raum zu einer erfolgreichen veiheiltaung. Die Hoff nung iudrsira sei sestzudalten, daß r» bald wirder besser »nd anders werbr, denn sehr häufig finde ja »ach einem großartigen Ans« schwunge et» derartiger Rückschlag mit seinen unbrfttedigrnden Folgen statt. Seine politisch« Muße «erde t» dankbarer Weis« ausgeMi werden durch sein« äußerst drfriedigrude» «ater den angenehmsten Verhältnissen sich entwickelnde Tdätigkelt an der Spitze der provinzial- ständischen Verwaltung. Indessen könne er versichern, daß er auch während dieser Zeit weundschoftlich und politisch mit seinen voli- tischr» Freunden stets eng verbunden bleiben werde, und zwar gerade mit denen hier in Hannover, wo ja di« Wurzeln seiner Ihätigkeit und seiner in Gemeinschaft mit seinen Freunden erlangten Lrsolg« sich befinden. Er dank« den Herren, welck^ ihm die Gesin nungen der hiesigen Parteisreuude üverbracht, und bitte sie auch, Jenen in seinem Namen seinen Dank auszusprrchen. Er wiederhole nochmal» die versichern»- sertdauernder enger Gemeiuschaft mit ihnen. * Am Mittwoch wollte die kirchenpolitifch« Eom- mtssion de» preußischen Abaeordnetenhausr» den Bericht seftstellen. Referent ist bekanntlich der conservatide Abg. Andrii. Die zweite Lesung wird frühesten» am Sonn abend stattfinden können. Da» Herrenhau» tritt erst am 28. Iani wieder zusammen, und die Session wird sich sonach doch noch in di« ersten Tage de» Juli hinein erstrecken. * Bei der Hamburger Wahl hat e» sich aezrigt. daß trotz de» Socialifiengesetze» und de» klemm Belagerung», zustande» die socialdemokratifchen Wähler m dem Wahlkreise seit zwei Jahren um 3000 Stimmen verstärkt wordea sind, so daß der Wahlkreis in äußerster Gefahr schwebt, von der Fvrtschritt«partei aus di« Soeialdemokratie überzugehen. Diese Erscheinung giebt ernstlich zu denkrn Bei den letzten allgemeinen Wahlen war im Ganzen «in wenn auch nicht sehr erheblicher Rückgang der sorialdemo» krntischm Stimmen zu bemerken. Bestimmte äußere Ursachen, welche «in neue» Wachsthum der Soctaldemokratie hätten herbeisührrn können, sind im Laus« der letzten zwei Jahre nicht zu erkennen. Die materielle Existenz der Arbeiter ist i« Ganzen in dm letzten Jahren gewiß nicht schlechter geworden; im Gegrntheil, die Arbeitsstockungen haben nach grlaffen und Streikbewegungen sind in den großen Städtm wieder eine gewöhnliche Erscheinung geworden. Man wird nach dem Hamburger Vorgang dem Eingreifen der Social demokratie bei dm nächsten allgemeinen Wahlen mit ernster Brsorgniß entaegensehen müssen, zumal wenn, wa» durchaus nicht unmöglich ist, da« Soeialistengeseh bi» dahin nicht mehr existirt. Die Socialdemokratie bedroht im Parlament ins besondere die Partei der großen Städte, den Fortschritt, und irrade diese Partei wird es sich angesichts der Gefahr, den Hamburger und in Zukunft vielleicht noch andere groß, tädtisch« Wahlkreise, d. h. ihre eigentliche Domaine einzu- büßen, ernstlich zu überlegen haben, ob sie mit ihrer nega tiven Haltung gegenüber der socialen Frage noch im Stande »st, die Massen an sich zu ziehen. * Zur „Vervollständigung der Acten" theilen wir mit. wa» d,e .Germania" arff die den Herzog Paul von Mecklenburg betreffend« Erklärung der „Nordd. Allg. Z." erwidert; da» klerikale Blatt schreibt: „Wir wundern un» Uber die Keckheit, mit welcher hier von der zweiten, katho lische« Taufe Da» behauptet wird, wa« von der ersten (pro testantischen) Taufe thalsächlich gilt. Die Taufe de« Erst geborenen m Schwerin ist gegen dm Willen der Eltern erfolgt; Alle» deutet darauf yin, daß gerade deshalb, um di« Wiederholung eine« solchen Eingriffe« ,n da» elterliche Recht zu vermeiden, da» herzogliche Paar sich nach dem Süden be geben bat. Die Notiz der „Nordd." kann daher nur al« ein nicht sehr feiner versuch einer Einwirkung auf den Herzog Paul betrachtet werden. Der unangenehme Eindruck wird verstärkt durch die Erinnerung an da» fürstliche versprechen, welche» vor der Einsegnung der Ehr der katholischen Ktrch« gegenüber abgegeben worden." . ' . * Fortgesetzt fließen dem Deutsche« Schuldere!« i« Wien, dem fast jeden Tag «ine neue Ortsgruppe und et» neue» Hundert Mitglieder zuwächst, recht beträchtlich« Spenden, und zwar der verschiedensten Art zu. Allein in der ersten Woche de« Juni gingen «« solchen Beiträgen 1838 fl, L7 Ir. eia: beispiel-weise von »er Ort»ar«ppe Pilsen an diversen Spenden 408 fl. S Ir., von der Ort-gnippe Alsmgnmd als Erträgniß eine« BrranÜgungsabend« 233 fl. 37 kr., von der Ortsgruppe Klagmsurt al» Reinertrag zweier vortrHge 323 fl., von der Ortsgruppe Grottau durch «in« musikalische Abmdunterhaltung 130 fl . von einem ungmanntm Wohl- thäter in Schönsind LVO fl., von einem Kegelklub in Iuden- burg 24 fl., vo» der Ortsgruppe Modla» durch dm Scunmel- schützen 84 fl. 73 kr.» von derselben Grupp« al« Erlös sR, zwei Kaiser-Iosef-Bilder 23 fl. 7V kr.» von der Ortsgruppe Wiesmthal ein Production-erträgniß vo« 103 fl. 40 kr., von einer Gesellschaft echter Deutscher im „Rebhendl" in Wim 10 fl. u. s. f. In der am 3. Juni a. o. gehaltene« Sitzung de» engeren Au-schuffe» de» Deutschen Schulderem» wurde» für zwei Schulhau«dauten in Böhmen Beiträge bestimmt, und der für «inen Echulhau«bau bereit« bewilligte Eredit erhöht; weiter die Errichtung einer Schule in einer sehr gefährdet« Gegend Böhmen« durch einen größeren Beitrag gesichert. In Steiermark wurden die Errichtung einer Schule und eine» Kindergarten» und der Bau eine« Schulhause- durch namhafte Beiträge ermöglicht und rinem verdienstvollen Lehrer eine Ehrmgabe gespendet. Au» Kram und Tirol gelangten kleinere Unlersiützungssälle zur Erledigung. Auf Grund emr» eingehend« Berichte» über die Sprachen- und Schulverhält- niss« in Südtirol wurde di« Einleitung zu einer größer« Aktion daselbst berathen. Letzter, ist uw so nothwendiger, al« der Deutsche Schulverein einig« noch überwiegend deutsch«, im hohen Grade gefährdete Gemeind«, di« ohne deutsche Schulen in rinem Menschenalter vollständig verwelscht sein würden, noch nicht in sein Arbeit«feld einbezogeu hat, so da» große 4000 Seelen zählende und in ein Dutzend Unter» gemeinden zerfallend« Dorf Folgareut bei Ealliano. * Auch in Istrien fangen Slowenen und Italiener an, sich zu „versöhnen". Die Agitation der Slowenen regt sich gewaltig, um die Italimrr daselbst au» alle» Positionen zu verdrängen. Auf dem nach Brezovira vom Rcich-rath«- Abgrordnetm Nabergoj berufmen slowenisch« Tabor wurden die Forderung« des slavischen Stamme» bereit» sormulirt. Dieser interne Streit zwischen Italimern und Slowenen be sitzt deshalb ein allgemeinere» Interesse, weil mit der Zurück- drängung der Italiener die föderalistische Partei auch Neicht- tcigSmandate gewinnen würde, deren Träger jetzt, wie die Abstimmung über die Schulgesetz-Novelle beweist, mit den liberalen Deutschen Hand in Hand gehen. Die Verdrängung eine» Eulturelrmente» durch ein geistig untergeordnete» kann für einen Staat wie Oesterreich kaum von vortbeil sein, sondern wird sich früher oder später räch«. * Die Entscheidung in dem Proecsse gegen den Stu denten Zukowicz ist nunmehr erfolgt. Bekanntlich kalte der Euralor de» Warschauer Lekroezirk», Geh. Rath Apuchlin, von dem genannten Studenten eine Ohrfeige er halten, woraus er vom Kaiser in höchst schmeichelhafter Wcsie mit einem hohen Orden ausgezeichnet wurde, bald aber in Ungnade einen elfmonatlichcn Urlaub erhielt, der als Vor läufer seiner Entlassung angesehen wird. In den letzten Tagen ist nun vor dem Warschauer KreiSgericbt gegen Zuko- wirz be« verschlossenen Thüren wegen der In>urie gegen Apnchtin verhandelt worden. Als Grund seiner Ausschreitung gegen den Eurator gab der Student a». daß Apnchtin einer von ihm wider einen Gymnasialdirector wegen Bestechlichkeit und unwürdiger Vertretung des russischen Namen« in Polen angebrachten Dmunciation nicht Folge gegeben babe. Nach wiederholter vergeblicher Vorstellung habe er Apnchtin in« Gesicht geschlagen mit dem Bemerken, jetzt werde di« ganze Sache nnd auch fein Benehmen vor Gericht komm«. Der Gerichtshof derurtheilte dm Studmten zu anderthalb Jahren Gesängniß. dem geringsten für «in drrarligr» vergehen zu. lässigen Strafmaß. * Die norwegisch« Ministeranklag« nimmt einen schleppenden verlaus; der Anklageausschuß de» Odelthing» vat den Beginn der Hauptverbandlung bl» zum 7. August hinauSgeschobm, weil die Ankläger nicht binlängliche Zeit gesunden haben, sich vorzubereilen und den Mitgliedern de» LagthingS (erste Kammer) nach fünfmonatlicher Theilnahme an den Storlhingsarbeiten Gelegenheit gegeben werden soll, wieder einige Zeit in der Heimalh zu vervrinam. Di« Zu sammensetzung de» Reichsgericht» ist Gegenstand langwieriger Verhandlungen gewesen, kenn e» galt die Ricbtrreigmschast der Mitglieder tc» Gerichtshofes zu prüf«. Bon den 29 Mit gliedern de« Lagthing« hatten 24 für dm Storthingbeschluß
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