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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188210230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18821023
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18821023
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-10
- Tag1882-10-23
- Monat1882-10
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.10.1882
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Krtarlion und Lrvrtitiuu JohamlrSgasie 33. SPrrÄitnodkn der Nedarti«»: vormittag» 10—II llhr. Rachmitloqs ü—6 Uhr. b" tt» Rtck^,»« »»«ki-vtikr V-nuI«»»t» »ckcht sich t» U«»«kH»» ,i»l «rvuidUch. Anna»«« »er sör »re »ii«d«s»l,«M, Nimmer »eMmmte« Inserate «» W,chea»a,en »s« 3 Ndr Nackmitta,«. au Lau»- >»» -esttaaen srüv b>»'/,» Uhr. Zn de« Filialen für Ins.-Jnnahme: Ltt» klemm, UalverlitätSstraße 21. Laut» Lasche, Aalharinenilrosr IS, p. »ur »is Nhr. Auflage Ldsnnemrnisvrei» vierteil. 4'/, ML, incl. Brmaerlob» - ML. darch di» Loft bezogen « ML Jede emzetn« Nummer 25 Hß Belegexemviar 10 Ls. ardübren >ür trrradeilaa»» Otzue Lostdesöroernn« 3S ML Mit jjoitbeiürvrruag 48 ML Zntrrute ««spaltene Pelitzeile X> Pf. Gräßere Schnken laut unserem drei», verzrichniß. Ta-«La rischer Sa» »an, hi heran Tarif. ilttinmi auier de« Redaclianistrich di» Tvaltzeite 50 Ls. Jateratr find ftns an die irr»editia» za iruden. — Rabatt wird nick, gegeben. Zahtuag praoauiueruuau oocr durch Post» Nachnahme. ^-29«. Montag den 23. October 1882. 76. Jahrgang. Amtltcher Theil. Vtlmilntmachims, dt» ffädttfch« Einkommensteuer betrrfsend. Der zweite Termin der städtischen Einkommensteuer ist -ei» ia. October diese» Jabre» n»it de« vierfachen Betrage de» einfache« Steuer sätze» fällig. Die Beitragspflichtigen werden deshalb aufgefvrdert, ihre Steuerbelräge spätesten- binnen 3 Wochen, von dem Termine ab gerechnet, an unsere Sladl-Steuereiunahme, Brühl 51. bei Vermeidung der nach Ablauf dieser Frist gegen di« Säumigen eintretenden gesetzlichen Maßnahmen abzusühre«. Leipzig, den 11. October >882. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. VeklUlntniaihung, ^ dir persönliche Anlage für die evangelisch- inthertsche« Kirchen in Leipzig betreffend. Der aus de« I«. October ». e. ausgeschriebene zwcittcrmmliche Betrag der persönlichen lutherischen Kirchenanlaye ist mit vierzig Procent de» an» der Einschätzung zur staatlichen Einkommen steuer sich ergebenden einfachen städtischen Steuer sätze» zu erhebeit. ES werden deshalb die Beitragspflichtigen ausgefordert, ihre Beitrüge binnen 3 Wecken, von dem Termine ab ge rechnet, an die Stadt-Slcucreinnahme zu entrichten, widrigen falls nach Ablauf dieser Frist gegen die Säumigen da- Beitreibung-verfahren cinaeteitct werden wird. Leipzig, den 11. October 1882. Der Ratk der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. " vckanntlllluhllng^ Nachdem die Schlüssel zur Wasserentnahme auS den an den Droschkcnkalteplätzen ausgestellten Waffcrständern fertig gestellt sind, können solche von den Droschkenbesitzern gegen Erlegung von 1 50 ^s pro Stuck in dem technischen Bureau der Stadlwasierkunst, Obstmarkt Nr. 3, 3. Etage. Zimmer Nr. 141, in den Expcbirionsstundcn entnommen werden. Die Schlüssel verbinden im Eigenthum der Stadtwasser kunst und sind von den Droschkenkutschern nach Erlöschung der Concession wieder zurückzugcbcn, wogegen die für die Benutzung zu zahlende eumialige Vergütung von 1 50 ^ gegen Rückgabe de- Schlüssels wieder zurückcrstattel wird. Andere Schlüssel, als die von der Stadlwasierkunst ab- gegebenen, ingleichen sonstige Instrumente dürfen zum Oefsnen oder Schließen der Ständer nickt benutzt werden. Etwaige Reparaturen an den Schlüsseln werden durch die Stadlwasierkunst auSgefnhrt und hat der jeweilige Inhaber für die hierdurch erwachsenden Kosten auszukommen, wie auch, salls der Schlüssel verloren gegangen. l'ür denselben Ersatz zu leisten. Jeder Droschkenkutscher ist verpflichtet, mit den Ständern schontich umzugchen, namentlich darf kaS Schließen derselben nicht stärker erfolgen, al- rur Uiiterbrcchuua des WasserauS- slusse« erforderlich ist. Die Abgabe de- Schlüssel« an andere Personen ist ver boten. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen werden mit einer Geldstrafe bis zu 15 geahndet. Leipzig, am 17. October 1882. Der Rath der Stadt Lciprig. Oe. Georgi. Eichoriu«. " ÄckanntWW Im hiesigen ZohanniShospilale ist zum 15. November d. I. die Stelle einer Krankcnwärterin mit einem Wochen lohne von vorläufig 8 ferner mit Beköstigung wie dir der HoSpitalilen, freier Wobnung, einem FcuerungSdeputat von 1.6 Cbm. Holz »nd 10 Ceutner Braufikohlen, sowie mit freier Beleuchtung wieder zu besetze». Auf diese Stelle reflectircnde geprüfte oder mindesten- geschulte Kraiikeiiwärteriiine» haben ihre eigenhändig ge schriebenen Gesuche nebst Zeugnissen bis spätesten- den 3. November d. I. aus hiesigem Rathtzaus«, bei unserer Nuntiatur einzureichen. Leipzig, den 17. October 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Harrwitz. Nichtamtlicher Theil. Sie liberalen Parteien und die Wahlen in Preußen. Daß daS Wahlergebiuß den Hoffnungen und den Erwar tungen der liberalen Parteien nur in mäßigem Umfang ent spricht. ist eine Thatsachc, die sich schon fetzt erkenne» läßt und über die mit dem Hinweis ans viele noch au-stehende endgiltige Resultate sich binweglänschcn zu wollen, keinen Zweck hat. Es liegt aller Grund zu der Annahme vor. daß da« neue Abgeordnetenhaus gegenüber dem jetzt erloschenen eine sehr wesentliche Verschiebung in der Stärke der Parteien nicht auszuweisen haben wird. Weiter als daß eS noch gelingt, die bisherige kleine auS den Dcutschronservativen und den Ultramontanen mit deren polnischem Anhang bestehende Mehrheit au« dem Felde zu schlagen. versteigert sich henke unsere Hoffnungen nickt mehr. Eure Mehrheit der liberale» Parteien ohne Zuhilfenahme der gemäßigtere» Elemente aus dem konservativen Lager ist nicht vorhanden. Die Folgerun gen auS dieser Thatsäche lasten sich beule noch nicht nach allen Richtungen bin ziehen. Innerhalb der ..gesammtlibc- ralen" Partei constatirl man eine gewisse, jedenfalls aber scbr mäßige Verschiebung nach link-, indem die Nationallibc- ralen ein paar bisher besessene Mandate, in BrrSlau. in Magde burg, in Liegnitz. in Halle, in Hagcn, an die Fortschritts partei bczw. die Scceiücnistcn verloren haben. Wir wollen das bei einzelnen größere» Stadien bereit willig zugebcn; ewige der genannten Mandate wurden i» Erkenntniß der dort vorhandenen Strömung schon vorher preisgegeben und eS stehen dem auch wieder nationalliberale Gewinne, in Crefeid, in Mettmann, vielleicht auch in Hesse«, gegenüber. Ader ivenn auch die Linksliberalen ein Halde- Dutzend Mandat« den Nationalliberalen abgejagt haben, ist da- eia Erfolg, würdig de- lärmend unternommenen Feld zug« gegen die Reaktion? Wir meinen, die eigentlich Be siegte in diesem Wahlseldzug ist die Fortschritt-Partei unter der Richler'schcn Leitung, wenn sie a»ch um ein paar mühsam eroberte Mandate stärker im Abgeordnetenhause er scheint. Hätten die Anstrengungen der Fortschritt-Partei sich mit der Halste der Energie gegen die Conservat'ven gerichtet, wie gegen die Nationalliberalen. so wäre vielleicht ein etwa- festerer Lamm gegen die Reaction ausgericklel worden als eS leider jetzt der Fall ist. Stall Vesten hat die Rickter'scbe Parteileitung ihre beste Kraft ans den Kamps gegen die Nationalliberalen verwendet, und während gegen die Conser- vativcn kaum irgendwo Terrain erobert worden, vielmehr sogar noch bisher besessenes Terrain verloren gegangen, wie tn Potsdam. Ofthavclland. vielleicht sogar in Ostpreußen ist eS den äußersten persönlichen Anstrengungen Richter'« nicht einmal gelungen, seine besonderen LiedlingsplLne und Herzens- wünsche rur Ausführung zu bringen. Mil Au-nahnie des einzigen Erfolg- in Hagen ist der fortschrittliche Parteiführer mit seinem persönlichen Auftreten gegen die Nationalliberalen überall, in Solingen, in Kassel, in SckleSwig-Holstei». ge scheitert. lieber die Rickter'sche Tactik und Strategie ist damit ein vernichtende« llrtlicil ergangen, da- hoffentlich bei künftigen Wahle» zur Lehre dienen wird, damit nickt wieder unter dem Feldgesckrei gegen die Reaction! die beste Kraft de« Angriffs gegen den gemäßigte» Liberalismus gerichtet wird. Mit dem Radikalismus bekämpft man die Reaktion nickt wirksam. Wir meinen, diese Lehre muß jeder Unbefangene au- den Wahlen ziehe». Arabi pascha's Gesäugniß. Die englischen Journale bringen eine ausführliche Schil derung über Arabi Pascha'- Gesäugniß, der wir nachstehende interessante Einzelheiten entnehmen: In der Nähe der großen Gartenanlagen im Stadttheile JSmailieck befindet sich am Ende der Abdinstraße, hinter dem New-Hotcl. ein große-, viereckige« Gebäude, da«, wie die meisten älteren Bauwerke im Orient, schon ziemlich ver fallen scheint. DaS Gebäude wurde ursprünglich unter Tarelh Pascha al- Requisiten-Magazin und Echiieiderwerk- stätte für die Große Oper erbaut, an der unter Ä-inail Pascha europäische Künstler ersten Ranges mitwirkten, von denen manche ein MonatSbonorar von 25,000 FrcS. bezogen. Gegenwärtig dient das Gebäude al- Gesäugniß. Man betritt zurrst ei»en großen, mit schattigen Bäumen bepflanzten Hof, besten innere Seite von einem langen, lustigen Säulen gange begrenzt wirb, in dem man läng- der Wand die Thürmr der Gcsäiionißzellen de« Erdgeschosse« bemerkt. Arabi befindet sich in der Zelle Nr. 17, deren stark ver gitterte« Fenster nach dem Hose gebt. Tort lagert eine Ablbeiliing egypliscker Soldaten unter dem Befehle eine- Ofsiciers, dem spcciell die Bewachung Arabi'S anvcrtraut ist. Dein Corridor entlang gehen vier Schildwachen mit gelade nen Gewehren auf und nieder. — Die Zelle Arabi'S ist mittelgroß; ein eiserne« Feldbett, zwei Stühle, ein Schemel und ein Wastergcsäß von porösem Tbon. wie e« im Orient üblich, bilden die Einrichtung. Letztere« bemerkt man von außen auf dem Fenstersimse, wokin e< Arabi, um da- Master frisch zu erhalten, z» sielten pflegt. Seine Hauptnahrung besieht in den landesüblichen Gerichten: Reis und gekochten Hühnern. Nur wenige Personen haben bisher die Ertaubniß erhalten, den „Rebellen" zu besuchen. Sein bronzesarbigeS, martialische- Gefickt erblickt man nur selten am Fenster, weil er eS vermeiden will, von den Schildwachen sich anrusen zu lasten. E« sind die» dieselben Soldaten, die ihn früker vergöttert baden und jeden Augenblick bereit waren, für Arabi Pascha in den Tod zu gehen! Der Chef der Eunuchen war schon zweimal bei Arabi. um ihn zur Rückstellung gewisser Papiere zu bewegen, welche sehr hoch gestellte Personen schwer compromittiren können. Der Eunuch tonnte aber nicht« erhalten; ja Arabi hat ihn ersucht, nicht wieder zu kommen. Seine Antworten, die er bisher aus die Fragen der Untersuchungs-Commission gegeben, sind als ausweichend und interesselos zu bezeichnen. Kein einziger Minister oder sonst ein höherer Regierungsbeamter hat bisher mit Arabi verkehrt. Jndeß wird er in seiner Zelle ziemlich gut behandelt, was jedenfalls dem englische» Einflüsse ziizuschreiben ist. Man muß nämlich misten, daß im Orient jeder Gefangene, sei seine ge'ellscbastliche Stellung auch neck so hervorragend, seiten- der Kerkermeister jeder Willkür und Rachsucht preisgegeben ist. Mancher Gefangene ist von dem Augenblicke an, in dem er da« Gesäugniß betritt schon al- todtcr Mann zu betrachten. Die wenigen Besucher, welche Gelegenheit gehabt, Arabi zu sprechen, schildern seine GcuiüthSstiiumuna ai« völlig ruhig und gefaßt. Nur wenn die Red« aus gewisse Persönlichkeiten kommt, die gegenwärtig zu den eingefleischten Gegnern und Verfolgern Arabi'S zählen, zuckten seine Züge und verriethen einen Ausdruck der tieffle» Verachtung. Leipzig, 23 October 1882. Au« Berlin wird osficiv- geschrieben: „Eine sehr merk würdige Nachricht bringt un» heute der Petersburger „Herold". Von zuverlässiger Seite ist diesem Blatte mit- aclbeilt, daß der ReickSrath beschlossen habe, einen großen ^.heil der in den westlichen Gouvernements consiScirten Güter den früheren Besitzern oder deren Erben zurückzugcben. Man weiß, in wie rücksichtsloser Weis« die russische Regierung besonder« seit dein Ausstande von >863 gegen den polnischen Atel vorgegangcn ist. Es wurde gegen ihn mit ConsiScationen gewüthct. die ganze agrarische Gesetzgebung zielte darauf ab, die Bauern aufKo'tcn der Etellcute zu bevorzugen. Wenn jene Nachricht sich bestätigte, so würde die russische Politik eine sehr bedeutsame Wendung macken. Sie würte den seit WielopolSki'« Tagen ausgegebenen Versuch erneuern, die Polen für sich zu ge winnen. Vielleicht bat die russische Regierung geglaubt, lernen zu sollen von der Art. wie die österreichische Regierung die Polen zu behandeln, d. b. zu bcsänsligen gewußt bat. Noch immer wird bier die Flugschrift von Herrn NatbnliuS- Lutoni über tie Beziehungen von Teut'chlauk und Rußland viel erörtert. Er schlägt darin für den Fall eines Kriege- »or. di, Grenzen Rußland« hinter Düna und Dniepr zurück zuverlegen und ein polnisches Reich von 15,000 Q-Meilen »ieder auszurichten. Preußen behält Posen, welche- doch «ößtenthrilS schon qermamsirt ist. aber Oesterreich giebt Galizien her, wofür Polen eine österreichische Seeunbogenitur wird. Die Voraussetzung für solche Pläne ist aber immer ein Krieg mit Rußland, und die Russen werden wohlthun, im Hinblick aus die großen Gefahren eines Kriege« mit Deutschland dem Deutschenhaß und der kriegslüsternen Partei Zaum und Zügel anzulegcn." Ueber die neueste socialistische Propaganda in Rußland erhallen die „B P. N" auS Moskau von gut unterrichteter Seite eine Zuschrift, die sich dahin äußert, daß die Ruhe, die gegenwärtig in Rußland zu herrsche« scheint und die Nachrichten, welche in diesem Sinne in» An-laud gelangen, um so weniger geeignet sind, ein zutreffende- Bild von den augenblicklichen wirklichen Verhältnissen in Rußland za geben, al« da» dort noch immer nickt ruhende socialistische Bestreben dabei durchaus unerwähnt bleibt. Der Gewährsmann hält sich besonder- deshalb sür verpflichtet, aus da« Bemerkbar- werden eine« neuen Zweige- am Stamme der russischen Revolutionspartei hinzuweisen, al« dieser sich in einer nickt ungefährlichen Weise, unter Ucbergchung der eigentlichen Fabrikarbeilcrschast und unter Berücksichtigung der eigenthümlichcn agrarischen Verhältnisse in Rußland, einzig und allein an die Landbevölkerung akressirt. Die an Ausruhr grenzenden Vorgänge in einzelnen Gouvernement- im Innern Rußland- wie in den Ostseeprovinzen zeigen zur Genüge, welch besonders große Gefahr gerade die Aufreizung deS russischen Landvolkes cinscbließt, aus dessen Verhältnisse und Lebensweise da- Programm dieser Kategorie von Umstürzlern, die sich „Socialisten und Genossen" nennen, zu- gekchnilkcn ist. TieS Programm fordert eine gleiche Er ziehung sür alle Personen in moralischer, bildender und bygi- einischer Beziehung, in der Ucberzeiigung. daß nur bei gleich mäßiger Pflege dieser drei Bedingungen die Erziehung zur Ent wickelung eine« ehrbaren gebildeten und gesunden Bürczerlhum« sübre. Ferner will dasselbe eine gleichmäßige Bertheilung der Arbeit in Uebereinstinimung mit der persvnlichen Verschieden- artigkeit und de- Lohnes unter die Einzelnen, welche zur vollen geistigen und physischen Entwickelung gelangt sind. Für dttttbau« nctbwendig hält dasselbe die gegenseitige phvsischr wie materielle Hilfe, welche die Starken den Schwachen leisten können, und demgemäß erscheint diesem Programm ein pro- pori'chsaler Lobn sür die Unterstützung der der Arbeit notkwendig. Diese unklare Anschauung wird durch ein Beispiel dahin erläutert, daß unter den jetzigen Ver hältnissen, wo der eine Arbeiter am Tag 4 Rubel, der andere »agegcn nur 10 Kopeken verdient, ersterer nicht darin willigen würde, seinen Verdienst mit dem Schwächeren zu theilen; von der Erziehung, welche diese Socialisten ver schlagen, erwarten dieselben eine solche Ausgleichung und mit dieser den „ewigen Völkerfricven". „Im Westen Euro pa»" — so schreibt der Correspondent — „würde wahrschein lich ein so hirnverbrannte- Programm als kaS Machwerk irgend eine- Wahnsinnigen erscheinen und demgemäß aus Niemanden irgend eine Wirkung euSüben. Betrachten Eie es als ein Zeichen für den Bildungsgrad Derjenigen, wenn hier Revolutionaire mit einem solchen Machwerk ernsthaft und mir der Meinung aus Erfolg hervortreten können, ob- gleich Utopien der Socialisten wohl niemals treffender salyrisirl worden sein mögen, al- in dem hier erwähnten Programm. Tie Wiederbcsetznng de- italienischen Botschasterpossen« in Pari« ist eine Frage, die sich nun schon seit ungefähr Jahresfrist auf dem Tapet erhält und deren endgiltige Lösung noch gar nicht abzuschen ist. Combinationen aller Art tauchen auf und nieder; ein Candidat, der Italien gefällt, behagt Frankreich nickt; ein anderer, den die Regierung will, wird von der Presse verworfen; ein dritter verzichtet selbst auf die Edre. Vor einigen Tagen wurde unter Anderen auch der Graf de Launay alS Caiividat genannt, der dann aus seinem Berliner Posten durch Herrn von Blanc ersetzt werden sollte. In letzter Zeit schien Herr von Nigra wieder einmal dir meisten Anssichten zu haben, aber auch damit ist e« wieder vorbei. Au- Pari« meldet nämlich ein Privattrlegramm der „Lost. Ztg"; „Die anhaltende Feindseligkeit der Pariser Presse gegen Nigra machte seiner Cardidatur sür den hiesigen Botschasterposten ein Ende. Zwischen hier und Rom werden augenblicklich neue Verhandlungen hierüber gepflogen. Da« Gerücht nennt der Reihe nach alle Namen der italienischen Diplomatie, koch ist noch nicht« bestimmt." Die französischen Minister sind bi« auf Aassi-re« sämmtlich wieder in Pari«, doch zeigt sich, gerade jetzt wieder, wie wenig Uebereinstinimung im Cabinet Tuclerc herrscht. Die einen wollen ein politische« Programm auS- arbeiten, die andern abwartcn; die einen sind eifrige, die andern lau Gambettistische Creaturen. und der alte Duclere möchte sogar gern den Unabhängigen spielen, nur glaubt e« ihm Niemanv. Von der Auslösung der Kammer ist «» wieder ganz still, dagegen ist man gegen eine Ueberrumpelung der Kammer durch plötzliches Austauchcn der Listenabstimmung aus der Hut. Ueber DevL-' Plan, die Richter zu gendarmi- siren, soll endgiltiq an, nächsten Dienstag im Miiiifterrathe die Entscheidung fallen; man hatte schon behauptet, diese« tolle Project sei „aus unbestimmte Zeit", also in alle Ewigkeit zu den Acten französischer Eulenspiegelstrciche gelegt worden. Eine gewisse Einmulhigkeit unter den Ministern herrscht in betreff der Mehrung de- Reiche«; Dnclerc bat seine Getreuen sogar zu einem Beicklusse sortgerissen, den Kaiser von Anan, Tu Duc. der Tontin nicht hrrgebe« will, mit Krieg zur Vernunft zu bringen, und er wird von den Kammern für diese« Unternehmen Geto verlangen. Dasselbe wird sür die Eroberung de« nördlichen Madagaskar» crsorderiich werden, da die Hova« sich aus England verlassen und nicht« abtreten wolle». Neues Theater.. Leipzig, 22 October. Paul Lindau'« Jung brunnen ist ein harmloses Lustspiel, welche« durch den ansprcchonden Grundgedanken, durch ein paar komische Scenen im zweiten Akte und durch seinen feinen, ost seuilletonistisch pikanten Dialog dir sreuntliche Ausnahme verdient, die e« gestern bier gefunken bat und hinter Lindau« frilberen braniatilche» Arbeiten keineswegs so weit zurucksteht, wie wir nach manchen Kritiken und dem Mißerfolg in Berlin aunebme» zu mu'icii glaubten. Freilich löreu wir, daß der Dichter sein Stuck seitdem umgearbeilet hat; doch legen wir auf solche Umarbeitungen kein große« Gewicht; der erst« Wurf bleibt immer die Hauptsache. Mit dramatischer Erfindung«, und Sestaltuna«gabe ist Lindau'« Muse gerade nickt reich gesegnet. Der Faden de» Handlung in seinen Stüaen ist oft so dünn, daß er jedem andern unter den Händen zerreiße« würde; doch er führt ihn, so schwach auch sein« letzten Acte meisten« sind, glücklich bl« zum Schlüsse durch mit Hilfe seine« gesprochenen Feuilleton« und einer gewissen scenischen Gewandtheit. Eine Künstlerin, die einen Gelehrten geheirathet, sich ein glückliche-Familienleben begründet hat und nun plötzlich auS demselben herauSgcrissen wird, indem sie dem Anträge de« Intendanten, bei der Iubilarseier der Bühne, der sie an gehört hat, mitzuwirken, nickt widerstehen kann, ist die Heldin de« Stücke«. So eifrig ihr Gatte auch pro- testircn mag, sie setzt e« durch, spricht den Prolog bei der Jubelfeier, hat keinen Erfolg damit und kehrt dann wieder, geheilt von diesem Rücksalle, in die Träume der Jugend, in den Sckooß ihrer Familie zurück. Da» ist ein einfacher Vorgang, der kaum etwa« von dem hat, wa« man dramatische Handlung nennt. Ein burschikoser und flotter Famuln«, der die Tochter de« Prosessor« liebt, ein künstle rische« Ehepaar, da« lange getrennt lebte, sich wiederfindet und au«söhnt. einige Scenen au« dem Theaterleben müssen den übrigen Stoff zu den vier Acten de« Stücke« hergcben. Tie beständig« Rückkehr der dramatischen Dichtkunst zu Theatcrverhältnissen, wie fi« Lindau und auch Wibbrandt lieben, macht allzu leicht de» Eindruck einer sich in dcu Schwanz beißenden Schlange, e« ist em Kreislauf, der leicht al» eirculus riciosus empsunde» wirb. Än der Schilderung der Jntriguen hinter den Eoulissen fehlt doch der Contrast; so schlimm sind sie nicht, wie sie Lindau darstrllt: e« herrschen dort auch kamerabschastliche Gefühle, die bei aller Rivalität ost genug sich Bahn brechen. Wa« aber die eigentliche Katastrophe deS Lustspiel« betrifft, jo erscheint ua« dieselbe sehr unwahrscheinlich und den wirklichen Zustände» der Bühne wenig Rechnung tragend. Bei einer hundertjährigen Iubelseier. wenn eine einst außerordentlich gefeierte Künstlerin au« Gefälligkeit wieder die Bühne betritt, befindet sich da» Publicum in einer durchaus sympathischen und angeregten Stimmung und ob diese Künstlerin den aus die Festjeier be züglichen Prolog mehr oder weniger gut derlamirt, da« kawu niemals zu einem FiaSc» derselben führen; ein sucoS» ck'sntiw«, ein Applaus am Schlüsse würde niemal« auSbleiben und gar bei einem Organ und Bortrag, von dem un« Frau Weuvt- Senger so glänzend« Probe» gegeben! Mit einem Prolog fällt man nicht fo leicht durch; daS ist eine Erschleichung de« Dichter«; wir glauben e« ihm einsach nicht. Damit ist aber gerade in den Mittelpunkt de« Stücke« eine bedenklich» Schwäch« gelegt. Desto ansprechender ist die Verknüpfung der Doppelhand« lung: der Prosessor, der über die verjüngende k'ontun» Irevi eine archäologische Abhandlung schreiben will, weil er dazu von einem Buchhändler aufgefvrdert worden ist. und seine Frau, die noch einmal i» den „Jungbrunnen" der Kunst untertaucht. Beides giebt zu Causerren Veranlassung, iu denen Lindau'» leichtbeschwingter Dialog, der sich denn doch wesentlich über den üblichen Dialog unserer Bühnenschwänke erhebt, mit seinem ost sprühenden Esprit zu glänzen vermag Frau Senger war eine treffliche Repräsentantin der Frau Professorin, welche durch den Antrag de- Intendanten aus ihrem häuslichen Glück ausgeschreckt und wieder in längst überwundene Conflicte hineingerissen wird. Auch die De« muth, mit welcher sie sich in den Willen des Gatten fügt, die lammfromme Gelassenheit, mit der sie ihn gerade um jo mehr ausreizt, kamen recht gut zur Anschauung; eS schienen in der Frau Professorin aus einmal alle früheren schauspie lerischen Talente wieder wachgerusen worden zu sein. Den zerstreuten Prosessor Meißner, der allerdings eine groß« Zahl von Ahnherren im deutschen Lustspiele aufzuweisen hat. spielt« Herr Bischer ganz trefflich; er gab un« ein lebendiges Bild de« aufbrausenden alten Herrn und seiner Zerfahrenheit in den Dingen de« praktischen Leben«. Die amüsanteste Scene deS Stücke«, daS rührende Wiedersehen mit dem alten Freunde, den er gar nicht erkannt und erst mit Hilfe de« auszufüllenden Zäbler- bogen« in sein Gedächtniß znrückrust, brachte Herr Bischer zu voller Geltung. Herr Rohland spielte diesen Freund, den GesangSlebrer Tkiemann, recht glaubwürdig, beson der« in der Sck'lußscene de« zweiten Acte«. Der Ber- lagSbuchhändler Philipp ASmuS de« Herrn Purschi an schlug einen frischen unternehmenden Ton an und war sehr eifrig in seiuem Wirken für die Dilettanten vorstellung, welche allerding« nur wie ein Schotten am Horizonte de« Stücke- austauchl und so wenig Gestalt ge winnt. wie das Benedix-Moser'sche „Stiftung-fest". Den kunstbegeisterten Intendanten Baron von Wicke stellte Herr Meyer angemessen dar. Die gekränkte Künstlerin Victorine de- Frl. Bnfe, die am Spinnrad und in böswilligem Ge rede sich übende Fräulein Hansen de- Fri. Salbach. der Prottmann de- Herrn Tietz mit seiner heuchlerischen Bon- hommie, der elegante Peler-dorff de« Herrn Teuch er und der eifrige Jnspicient Nägele de-Herrn Schwendt bildeten da« von den Dichtern nur mit bösem SarkaSmuS beleuchtete Personal de- HostheaterS. Noch ist da» junge Liebespaar zu erwähnen: .Clara, eine iugünus nach der neusranzvsischen Schablone, allen andern jugendlichen Liebhaberinnen Lindau's zum Verwechseln ähnlich, wurde von Frl. Petri ganz zier lich, aber auch etwa« schablonenhaft dargestellt. Der vr. Bremser de» Herrn Stöckel war eine frische Leistung; schade nur. daß er in seiner Heiserkeit und in den ihm über- geworsenen Kleidungsstücken de- Professor« allzu lebhaft an den vrrstöckelten Reis-Reislingen eriunert. Wir wollen hier keinen PrioritSlSstrrit erheben; aus ein so wenig tiefliegende- Motiv können leicht zwei Autoren gleichzeitig kommen. Da« Ensemble ging gut zusammen; nur herrschte gestern wie eine Art von Epidemie die Neigung der Hauptdar steller sich zu versprechen und da« rechte Wort schwebt« bis weilen eine Zeit lang iu den Lüsten, ehe e« von ihnen eiu- gesangen wurde. Rudolf von Gottschall. Aus Stadt «nd Land. A/Wsti. Leipzig. 22. October. Nach den ausgkgehenea Einladungskarten zur EinweihungS-Feier de« ^Ooli«- Hium .larickicum" (FaculkätSfaal im neuen Petrinum) findet der akademische Act Montag, den 30. d. M., Bor- mittaa« >t Nbr statt. Die Einladungen er'äßt Namen« der >stu ineiisaciilt..! deren terzeitigec D-reu E cHesre.th vr. Fric: berg.
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