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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188307155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-07
- Tag1883-07-15
- Monat1883-07
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1883
- Autor
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Okrschetut täglich früh 6'/, Uhr. Redaktion und Expedition JohanneSgasse 33. Sprechstunden der Redaction: Vormittags 10—13 Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. tztt» dt» Nll(t,ab« cmgrlandier Mannicripte «acht ftch di» piedaction nichl »erdcodlich. Ann«tH«e der sür die nächstfolgend« Nu«mer bestimmten Inserate an Wochentagen bis S Uhr Nachmittags, an sonn- und Festtagen früh bis '/,S Uhr. In den Filialen für Ins.-Ännahme: Otto Ale««, UniversitätSstraße 31, Louis Lösche. Kathariaenstraße 18, p. nur bi» '/,» Uhr aMgcr.TilgMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage 18,100. Adonnementspreis Viertels. 4'/, MK. incl. Bringerlohn 5 Mk.. dnrch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 30 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren sür Extrabeilagen ohne Postbesörderung 39 Mt. mit Postbesörderung 48 ML Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis Tabellarischer Say nach höherem Tarif. Rrrlamrn unter dem Kedartionsstrich die Spaltzeile 50 Ps. Inserate sind stets an die Expedition za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung xraeomne ruinlo oder durch Poss- nachnabme. ^-19«. Sonntag den 15. Juli 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. Ststenlliche Sitzung -er Stadtverordneten Mittwoch, an» 18. Juli 188», Abend» «'/, Uhr, im Saale der 1. Bürgerschule. Tagesordnung: I. Bericht des Stistungs«, Bau« und OekononneauS- schusses über Versetzung der den Hof der Capcllcn- und Leichenhallen-Anlaqe auf dem neuen Jvhannis- friedhos begrenzenden Mauer. II. Bericht deS Stiftungs- und OekonomieauSsckmffes über Herstellung einer Schleußt Hl. Cl. anstatt einer Thonrohrschleuße von dem neuen ÄohanniSsrievhos nach der östlichen Vorfluthscbleuße. m. Bericht deS BauauSschuffes über Specialbudget „Nicolaischule" Pos. 56 der Ausgaben des Haushalt- planeS pro l883. IV. Bericht deS Bau- und GaSauSschusseS über den Bau diverser Gebäude sür die Gasanstalt II. V. Bericht des Bau- und OekonomieauSschusseS über die Situation deS projeclirten Börsengebäudes. VI. Bericht deS Bau-, Oekonomie- und Finanzausschusses über Ueberlassung eines Platzes an den Kirchenbau- vercin zur Erbauung einer Kirche. VII. Bericht deS Oekonomie- und Finanzausschusses über Regulirung deS Kukburqer Wassers von der Lindenauer Chaussee bis zum Leutzscher Wege, und ein Abkommen mit Herrn Rittergutsbesitzer Bach auf Breitenscld. VIII. Bericht des Oekonomicauöschusscs über: a) zweigleisige Anlage der Conuewitzer Pserdebahnlinie aus deren Strecke von der Albertstraße bis zur Stadtgrenze, b) Neupflasterung der Dresdner Straße und der Fahr straße über den AugustuSplatz, o) Troltoirlegung vor städtischen Grundstücken in der Carolinenstraße und der Pleißengaffe. Vekanntmachung, Lrztltche Hülfeleistunge» währead der Nacht betreffend. Da eS nach den Veränderungen, welche durch die Gewerbe ordnung in den ärztlichen BerujSverhältnissen eingetreten sind, nicht mehr erwartet werden kann, daß jeder Arzt auch zur Nachtzeit solchen Personen, die ihm bisher unbekannt gewesen sind, auf Wunsch zu Hilfe eilt, so haben wir mit Zu stimmung der Herren Stadtverordneten beschlossen, den jenigen Aerzten, welche ihre Hilfe bei Nacht der gestalt zur Verfügung stellen, daß deren Namen und Adressen in der nächstgelegenen Polizeibezirkswache jeder zeit sür Hilfsbedürftige auögehängt werten können, sür cmcn Nachlbesuch mit Einschluß der erforderlichen ärztlichen Ver richtung ein Honorar von 6 au» unserer Stadtcasse in der Weise zu garantiren, daß bei Inanspruchnahme dieses GaranttebetrageS die Nothwendigkeit deS Eintretens der Stadtcasse nach den Verhältnissen de- Behandelten durch unsere Gesundheit-Polizei - Ablheilung erörtert und fest, gestellt wird. Aus die Vermittelung unsere» GesundheitSauSschuffe- hi« haben sich bereits elf m den verschiedensten Gegenden de- StavtbezirkS wobnende Aerzte ganz allgemein zu nächtlichen Hilfsleistungen bereit erklärt und eS wird daher alsbald mit der Aushängung der Namen und Adressen derselben in den verschiedenen Polizeibezirkswachen verfahren und obigem NatbSbeschlusse eintretenden Falls nacbgegange« werden. Wir machen also nicht nur da- Publicum darauf aus mertsam, daß bei vorkommendem Bedarf sofortiger ärztlicher Hilfe während der Nackt die Namen und Adressen der Aerzte. welche zu dergleichen Hilfsleistung sich bereit erklärt haben, ans den Polizeibezirkswachen zu erfahren sind, sondern geben auch denjenigen Herren Aerzten. welche etwa noch ibre Namen und Adressen zu dem bezeichneten Zwecke zur Verfügung stellen wollen, anheim, dies schriftlich unserer VIII. Abtheuung (im Stadthause) gegenüber bewirken zu wollen. Leipzig, am 1V. Juli 1883. Der Rath der Stadt Leipzig, vk Georgi. Harrwitz. Vekaanlmachm;. Am 3. August diese- Jahres ist eia Beneficium der Hof rath Hölzel'schen Stiftung im Betrag« Van 123 33 ^ jährlich zu vergeben. PerceptionSbcrcchtigt sind in erster Linke derwittwete oder geborene Hölzel, welche hier wohnen, dasern solche aber nicht vorhanden sind, arme Wittwen Leipziger Bürger und Hand werksmeister, welche bereit- Almosen genießen und dasselbe hier verzehren. Tie Empfängerinnen müssen sich „ehrlich, gotteSfürchtig, keusch und fromm" aufführen. Bewerberinnen um dieses Beneficium haben sich unter Beifügung der erforderlichen Bescheinigungen bei u»S schrift lich dt- zu« 14. Juli dieses Jahre» aurumelden. Leipzig, den 6. Juli 1883. Der Rat- der Stadt Leipzig. I)r Georgs Harrwitz. Vekamitmachrmg. In neuerer Zeit hat das unbefugte Betrete» der in der Umgebung der Stakt gelegenen, theil» der Stadt- gemeindc gehörigen, tbeilS im Prcvatcigenthum befindlichen Wiese» von Seiten Erwachsener wie von Kindern in einer Weise überhand genommen, daß eine erhebliche Schädigung der betreffenden Grundstücke zu bemerken gewesen ist. Indem wir aus die in dieser Beziehung bereit» früher erlassenen Bekanntmachungen de- hiesigen StatlrathS vom 10. Januar 1876, 7. Mai 1879 und 7. Juni 1882 verweisen, bemerken wir. daß wir unsere Exccutivinannschaften zur strengste» AusfichtSführung angcwieseu haben und jeden zur Anzeige gelangenden EontraventionSsall unnach sichtlich, gemäß tz 368 »ud 9 de» R-Str.-G.-BebS-, mit Geldstrafe bis SO ober mit Haft bis z« 14 Lage» bestrafen werden. Leipzig, am 13. Juli 1883. Da» Polizeiaaet der Stadt Leipzig. Bretschneider. Or. Nienholdt. DaS 13. Stück de» diesjährigen Reichsgesetzblattes ist bei uns eingegangen und wird bi» zum S. August dieses JahreS aus dem RathhauSsaale zur Einsichtnahme öffentlich auökängen. Dasselbe enthält: Nr. 150t. Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung der ReblauSkrankheit. Vom 3. Juli 1883. Nr. 1502. Verordnung, betreffend das Verbot der Einfuhr und der Ausfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Wein- und Gartenbaues. Vom 4. Juli 1883. Leipzig, den 12. Juli 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgs Stöß. Vckanntmachung. Ter diesjährige internationale Producteumarkt wird Montag, den « August dieses JahreS, in den Lokalitäten des KrystallpalasteS (altes Schützenhaus) hierseihst abgehallen werden. Leipzig, den 28. Mai 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Georgs Harrwitz. Nichtamtlicher Theil. Das Fest der französischen Republik. Gestern ist in Paris daö Standbild der Republik enthüllt worden. Die Vertreter der Regierung wollten diesem fest lichen Act ser» bleiben, weil der Präsident deö Municipal- raths von Paris eine Rede zu Gunsten der Amnestie zu hatten beabsichtigte. Der Charakter deö Festes ist dadurch gänzlich verändert worden, statt einer Frier der Republik ist eS zu einer Feier der Revolution und der Anarchie geworden nach der von Louise Michel auSgegebcuen Parole: Die Revolution muß kommen und also wird sie kommen. Nicht um den Triumph der allgemeinen Menschenrechte über Despotie und Willkürherrschast handelt eS sich bei dieser Frier: sondern da» Standbild, welche» gestern in Paris enthüllt worden ist, gilt den Eommunisten und Anarchisten als das Symbol, daß die Verwirklichung ihrer Wünsche bevorsteht. Noch zu keiner Zeit seit dem 1. September 1370 war die Sache der dritten französischen Republik so gefährdet, al» in Viesen Tagen- die Haupiempsindung, von welcher die leitenden Persönlichkeiten in Paris heute beherrscht werden, ist die Angst, die Besorg- niß vor einer Gefahr, über deren Gestalt sie sich selbst noch keine Rechenschaft zu geben vermögen. Jede» laute Geräusch erschreckt sie, jetzt sind sie schon so nervös geworden, daß nicht einmal das Wort Amnestie laut ausgesprochen werden darf, schon darin erblicken sie eine gegenwärtige Gefahr für oen Bestand der republikanischen StaalSsorm. Dieselbe Furcht zeigen sie gegenüber den Orleanisten. Jeder Mensch in Frankreich weiß, daß nach dem Tode de» Grafen Eham- borv der Graf von Pari- als da« Haupt der Royalisten betrachtet wird, von welchem man dereinst die Wiederher stellung der Monarchie erwartet, da» ist ein« Thatsache, die dnrch keinen RegierungSact auS der Welt geschafft werden kann, aber sagen Vars der Gras von Pari» nicht, baß e« so ist, sonst wird er augenblicklich au« Frankreich auSgrwiesen. Da- sind allerdings schlimm« Symptome; wenn der Bestand der Republik schon durch ein laut gesprochenes oder durch den Druck zur össentlichen Kenntniß gebrachte» Wort in Ge fahr gebracht wird, dann steht sie überhaupt auf schwachen Füßen. Für den. welcher sich vernehmlich wachen will, qiebt eS trotzdem Mittel und Wege, die» zu thun. Hat dock Prinz Napoleon sich öffentlich dagegen verwahrt, daß Caff«g»ac, wenn er die bonapartistischen Grundsätze verleugn«, die» ander» als im eignen Namen thun könne, für ihn, den Ver treter deS Kaiserreich« sei und bleibe da» Plebiseil die alleinige Richtschnur. Ist denn dieser Brief de» Prinzen Navoleon etwas Andere», als ein neues Manifest, eine zweite Auflage der Erklärung vom 15. Januar, welche den Feldzug gegen die Prinzen von Orleans zur Folge gehabt hat? Trotzdem macht die republikanische Regierung keine Anstalten, gegen den Verbreiter der neuen? Kundgebung einzuschreiten, einfach, weil sie sich nicht dem Fluch der Lächerlichkeit aussetzen will. Die Ausweisung de- Prinzen Napoleon wäre ein Schlag in- Waffer, weil ihn Niemand fürchtet, weil die öffentliche Meinung darüber einig ist, daß «ß ihm nun und nimmermehr gelingen wird, daS Kaiserreich wiederherzustcllen. Ja, wenn der Graf von Paris einen Brief veröffentlichen wollte, etwa im „Soleil", in welchem er der Trauer über ein in Kurzem bevorstehende» Ereigniß Ausdruck geben und zugleich die Erb schaft als Rechtsnachfolger deS Verstorbenen antreten wollte, dann würde daS Ministerium Ferry keinen Augenblick mit der Ausweisung des „Prätendenten" zögern, denn al» Präten denten gelten nur solche Personen, welche Aussicht haben, ihre Ansprüche durchzusetzcn. Dir Ferry und Tbibaudin ver gessen dabei nur, daß ein von der republikanischen Regieruaa'an- gegriffener und verfolgter Prätendent bei Weitem gefährlicher »st. al» ein solcher, welchen sie ruhig gewähren lägt im Ver trauen auf die Kraft de« republikanischen Gedanken», welcher da» ganze französische Volk beseelt und durchdringt. Das dem nicht so ist, beweist die Regierung durch ihre Haltung den Radikalen und Anarchisten gegenüber nicht minder wie in ihrem Verhalten gegen die Orleanisten. Wa» dem Frankreich von heute hauptsächlich fehlt, if etwas, wofür sich da» Volk begeistern könnte. Napoleon I. war ein militairischc» Genie, welcher durch seine kriegerischen Erfolge die Franzosen mit sich sorlriß und sie zu den höchsten Krastanstrengungen brachte, und selbst seine Neffe Napoleon UI besaß die Eigenschaften, aus welche die Franzosen Werth legen. Ader wa« könnte ihnen denn Sympathie sür die Personen einflvßcn, welche heute an der Spitze Frankreich» stehen'' Haben sie sich irgend welche Verdienste um Frankreich erworven? Sind e» große bahnbrechende Gedanken und Thaten, durch welche sie sich ein Anrecht aus den Dank oder die Bewunderung ibrer LanvSleute erworben haben? Tie Verherrlichung der Grundsätze der Revolution von 1789 und der Hinweis au die Revanche sür die Niederlage de» JahreS 1870 sind die einzigen Träger, auf welche sich ihr System stützt, sie selbst verfolgen keinen anderen Zweck, als sich möglichst lange am Ruder zu erhalten Die Pariser Commune hat die Dcntömcsäule, dieses Wahr Zeichen der weltbewegenden Thaten Napoleon'S I-, umgestiirzt und die Republik hat ihr halbes Einverständniß damit dadurch erklärt, daß sie die Statue Napoleon'S I. nicht wieder an ihren alten Platz gesetzt hat. Ein Standbild Ludwig'S XIV. wurde ebenfalls unter der gegenwärtigen Republik zerstört. Wir haben wahrlich keine Ursache, uns sür Ludwig XIV. zu begeistern, welcher einen Theil von Deutschland verwüstet und einen andern mit Frankreich vereinigt hat, aber für Frankreich ist die Erinnerung an Ludwig XIV. immerhin in mancher Beziehung glorreich und die Vernichtung seines An denkens ist sicherlich kein Zeichen von Patriotismus. Es riebt kein Nationalheiligthuni in Frankreich, um das sich alle Franzosen scbaaren, denn die Statue der Republik, welche gestern in Paris enthüllt wurde, gilt den Legilimisten als eine Verherrlichung de« Mordes und der Herzog von Larochcfoucaulv Bisaccia nahm keinen Anstand, dies in der Kammersitzung vom 10. Juli laut zu erklären. Ueberhaupt ist es eigentlich nur noch in diesem Kreise, wo der französische Patriotismus eine Ställe findet. Im Schloß von FrohSdorf befindet sich als Symbol ver gangener Herrlichkeit ein Standbild der Jungfrau von Orleans, welche cinft Frankreich von der englischen Herrschaft befreite, und man kann sich nicht verhehlen, daß in der Aufrechthaltung dieser Erinnerung etwas Pietätvolles, Schönes liegt, was unsere Sympalhien in weit höherem Maße erregt als der EulluS der Republik oder etwa Gambctta's als deS Reprä sentanten der nationalen Verlheivigung. Dieser gesammte republikanische EulluS hat etwas ungemein Erkältendes, er läßt daS Herz vollständig leer, der Gedanke an Ströme von Blut, an wüste» Geschrei von Pöbelhausen ist damit untrennbar verbunden und die Vaterlandsliebe findet darin gewiß keine Nahrung! Durch das Fernbleiben von der Feier hat die französische Regierung über die Republik selbst den Stab ge brochen, wäre die Republik das, wofür man sie auSgicvt, keine Macht der Welt würde ihre Vertreter davon zurück- baltcn, sie an ihrem Ehrentage zu feiern. Durch solche Mittel wird eine gewaltsam aufgerichlcle Saatssorm nicht erhalten. Leipzig, 15. Juli 1883. * Gegenübet dem Feldzug, welchen der Ultramon- taniSmuS auj dem Gebiete der Schule anzeküudigt und bereit« cröplwt Hai, haben die preußische Regierung und die conservativen ParlamentSredn^,' und Zeitungen sehr tapfere Worte der Abwehr gehabt, gegen deren Ernst und Aufrichtigkeit freilich daS Mißtrauen nur ru gerechtfertigt war. Wie wenig noch fehlt, um auch auf diesem Gebiet eine klerikal-conservative Verständigung herzustcllen, daS möge ein Artikel der conservativen „Neuen Westfälischen Volks zeitung" lehren, der nach Versickerung des Blatteö von einem conservativen LandtagSabgeortnetcn stammt und der von der ullramontanen Presse mit verdientem Beifall reproducirt wird. Da heißt c«: „In dieser Hinsicht (Ausdehnung der Grenzen deS StaatSzwangeS und Verkümmerung der persön lichen Freibeit) wird jetzt in dem Capitcl Schulzwang auch daS Mögliche geleistet. Man zwingt die Eltern, ihre Kinder in die Schule zu schicken, welches letztere als unbestrittenes Axiom der Elternpflicht gilt, und setzt daS andere Axiom voran», daß die Volksschule deS Staates in jeder Beziehung so gut sei, daß der absolute Zwang sich rechtfertige. Man zwingt sic, obgleich der Sraat die Schule als sein ausschließliches Eigentbym in Anspruch nimmt, die Lehrer sehr anständig zu besold«, ihnen sehr auskömmliche -Wohnungen zu bauen, in denen sie viel behaglicher wohnen, als der größte Tbeil derer, die dazu beitragen. Man zwingt sie. nach allen Regeln der neuesten Wissenschaft constrnirle Schulhäuser zu bauen, und wenn neue Theorien darüber Auskommen, danach die oft vor wenigen Jahren unter staat licher Oberaufsicht gebauten Häuser umzubaucn. Man zwingt sie, wenn eine neue Theorie über die Zahl von Schulkindern, welche ein Lehrer unterrichten kann, auskommt, neue Schul- etabliffement» zu gründen, auch wenn weder ssie selbst, noch die erfahrensten Schulmänner der Gegenwart daS sür nöthig und zweckmäßig halten und die Lasten der bedrängten Eltern dadurch unerhört gesteigert werden. Man zwingt sie, ihre Kinder ihren häu-lichen Arbeiten zu entziehen, um sic Vor- und Nachmittag» in die Schule zu schicken." Und die Ncdaction de- Blatte» fügt dem noch hinzu: „Der dem Staate vom Liberalismus zugesprochene absolute Schulzwang muß zu einem bitteren Unrecht gegen Kirche und Gemeinde, zu einer mit der persönlichen Freiheit unvereinbaren Bevormundung der Eltern» zu einer unerträglichen GewiffenS-Tyrannei wer^- wenn in den Staatsschule», ohne daß der Kirche und Eonsessivu-gemeinde daS MitaussichtSrecht zusieht, auch Religionsunterricht ertheilt werden soll. Die Schule muß Confessi»««schule und ein unter staatlicher Oberhoheit aus- zuübcndr« MitaussichtSrecht über dieselbe muß der Kirche, wie da» durch Verfassung und Herkommen auch sestgestellt ist, zugestanden werde». Wird das verweigert, dann müssen wir b>S zum letzlem Athemmg den absoluten Schulzwang bekämpfen." Wir fragen: Mil solchen Grundsätzen will man die Schule gegen die klerikalen HerrschastSgclüste ver- theidigen? * Die Commission zur Ausarbeitung des Ent wurf« eine« deutschen bürgerlichen Gesetzbuches hat, u« den Mitgliedern und Hilfsarbeitern im Lause deS Sommer« zur Erholung von ihren anstrengenden Arbeiten eine angemessene Zeit zu gewähren, in ihrer Sitzung vom 5. Juli d. I., wie schon mitgetheilt, beschlossen, die Bc- rathunaen vom K. Juli an bis 18. de» folgendes Monat» zu unterorechen. Es wird von Interesse sein, bei dieser Gelegenheit über den gegenwärtigen Stand der CommissionS- arbeiten Nähere» zu erfahren. Der „Reichs-Anzeiger" theilt hierüber Folgende» mit: Da« Gesetzbuch wird »ach dem von der Gesammtcommission früher festgeftellten Plan» aus fünf Theilen besteben, dem SIllgemei. nen Theil, dem Obligationenrechte, Sachenrechte, Familienrechte und Erbrechte. Für jeden dieser Tbeile ist gleich bri Beginn der Thätig- kett der Lonrmission ein besonderer, mit der Ausarbeitung eines Dhellealwurs« beauftragter Redactor bestellt worden. Erst im Oktober 1881 vermochle die Besammteommilsiou zusammen zu trete«, um ans Grundlage der von den Redaciore« zu beschaffenden Theil- einwürse den Entwurf de» Gesetzbuch« iu gemeinsamer Verathung sestzustcllen. Zunächst wurde der Allgemeine Theil, welcher die sür das ge lammte Gesetzbuch wichtigen allgemeinen Rechtsnormen, insbesondere die über dce Gesetze und deren zeitliche und örtliche Anwendbarkeit, über die Personen, einschließlich der juristischen Personen, über die Rechtsgeschäfte, über die Anspruchsverjährung, über daS richterlich« Urtbeil, über den Beweis und die Sicherheitsleistung n. s. w. ent- iialten wird, der Berathung unterzogen. Tiefer Allgemeine Theil ist biS aus zwei Abschnitte, deren Erledigung wegen ihres Zu sammenhangs mit anderen, den speciellc» Tlieilen des Gesetzbuchs angehörenden Materien zu vertagen mar, vollständig durchbcratl^n. Demnächst wurde zur Beralhung des ObliqalioncnrcchtS über gegangen. Bon dem letzteren ist der sehr umfassende, den allge meinen Theil desselben bildende Abschnitt vollständig erledigt. Er enthält nicht allein die allgemeine» Grundsätze über die Schuld verhältnisse überhaupt und diejenigen, welche aus Verträgen, aus einseitigem Versprechen und aus unerlaubten Handlungen insbesondere entspringen, sondern auch die spccicllen Rechtsnormen über die Ver träge zu Gunsten Dritter, über die Schuldverschreibungen aus In haber, über Auslobung, über die in BcräußeruiigSfällcn zu leistende Gewähr, über die Sondernachfolgc in Forderung und Schuld (Ccssion und Sch»ldübcr»alm>e), über den Verzug und dessen Folgen, über das Erlöschen der Schuldvcrbüitnisse, insbesondere über die Zahlung, die Hinterlegung, die Ausrechnung oder Compensation. über das Zusammenireffen von Forderung und Schuld, über da» Zurück behaltungsrecht u. s. w. Bon dem i'veciellen Theile deS ObligationenrechtS sind ferner erledigt die Abschnitte über Kauf, Tausch, Schenkung, Darleha, Mielhe, Pacht, über den Leihvertrag, den Dienstvcrtraa, den Werkvertrag, den Mäklerverlrag, die Anweisung, die GeichäftS- ftihrung ohne Auftrag, über die Schuldverhältnissc aus ungerecht fertigter Bereicherung, über die Schuldanerkennung und bi» auf eine» geringen Theil der Abschnitt über den Auftrag, so daß auch das spcciclle Obligationenrccht zum bei weitem größten Theile be- rathen ist und die Durchberathung der noch nicht erledigten Stücke bis zum Ablaufe de- JahreS erwartet werden kann. Bei den Berathnngen ist in der Art verfahren, daß eiu besonderer, von dem Vorsitzenden der Eommiision geleiteter Ausschuß aus Grund der acsassteii Beschlüße einen vollständigen, nach Maßgabe der späteren Beschlüsse soriwährend ergänzten und berichtigten Entwurf hcrgestellt hat, der die spätere Ausstellung des definitiven Entwurfs, wenn nicht entbehrlich machen, doch im erheblichsten Maße erleichtern wird. Die »och ausstehciidc Berathmig der Tbeilentwürse über das Sachen recht, das Fainiüenrccht »nd das Erbrecht wird voraussichtlich geringere Zeit in Anspruch nehmen, weil für diese Theile vollständige, mit ausführlichen Motiven versehene Entwürfe bereits seit längerer Zeit vorliegen, während in die Berathung deS Allgemeinen Thells und deS ObligationenrechtS eingetreten werden mußte, bevor die Vorarbeiten der Redactoren vollständig abgeschlossen waren. Hervorgehoben zu werden verdient, daß der Geheime Rath Pro fessor De. v. Windscheid, welcher im Herbst deS Jahre- wegen seiner BerufSgeschäste auS der Commission auszuscheiden geaöthigt ist, mindesten- an der Durchberathung deS Allgemeinen Theile- «ttd de« Obligationenrecht» hat Theil nehmen rönnen. Wie auS dem Obigen erl cllt, sind die Arbeiten der Commission seit dem Oktober 1881 in erfreulichem Fortschritte begriffen, so vap aus ihren Abschluß in nicht zu ferner Zeit gerechnet werden darf. * Der päpstliche „Osservatore Romano" kommt auf den Artikel der „Nordd. Allq. Ztg." vom 8. d. M. zurück und sagt, der Valican haöe seine Wünsche kundgegebcn, aber keine Antwort von Berlin erhalten. Seiten» der prc»s;ischen Regierung sei zwar ein Gesetz vorgclegt worden, dasselbe »cbine aber auf die pari pas-m zu führenden Verhandlungen keine Rücksicht, habe dieselben vielmehr zum Scheitern gebracht. Wenn Berlin allein handeln wolle, so habe weder die ..Nordd. Allgcm. Ztg." noch irgend Jemand anders daS Recht, Nom anniklagen, noch von einem Mangel an Versöhnlichkeit seitens RomS zu sprechen. * Zur Charakteristik der verschicdcncnStrömunge« im ultramontanen Lager ist ein Artikel der „Schles. V olkSztg." von Interesse, worin eS heißt: Die „Germania" wird jetzt vielleicht langsam einseben, daß die Politik, welche sie seit Februar getriehen hat und welche sie jetzt vor der Sanctionirung und Publicirnng deö neuen Gesetzes forttreibt, nämlich fortwährend unzeitgemäßer und inopportuner Abdruck von Gottlieb-Bricfen, unaufhörliche Angriffe gegen die Re gierung, augenblicklich stärkstes Betonen neuer Forderungen aus dem Gebiete der Kirche und Schule, nicht die richtige war." * Bis zu welcher Dreistigkeit die polnische Propa ganda in Deutschland sich zu »ersteigen wagt. daS zeigt eine Auslassung deS Poscner „Dzicnnik Poznanski", welcher den panslavislischen Hetzereien gegen daS Deutschthum mit Nachfolgendem secuudirl: „Tic russischen Blätter und die russische öffentliche Meinung schreien, dnß sie sich vor den Deutschen fürchten, daß diese ihnen Schrecken einflüßen, und das; sic sich namentlich dadurch bcnnrahigt fühlen, daß ihre deutschen Nachbarn, ungcachitt der von ihnen ge heuchelten politischen Freundschaft, offen und insgeheim gegen sie conspiriren. Eine solche Furcht und eine solche Beunruhigung müssen jedoch, wenn sic mehr als bloße kindische Gesp, nstersurchl sein sollen, in nolhivendigcr Evnscqucnz zu weiser Vorsicht führen. Die po litische Vorsicht muß de» Russen sagen: „Das russische Element ist aus dem weiten, von Polen losgerissenen Gebiete Litthauen und Südwestrußland numerisch und civilisatorisch zu schwach, um eine Anziehungskraft aus die dort ansässige» srenide» Elemente üben »nd die Assimiürung derselben bewirken zu können. Durch gewaittbänge RuWclruugsiilaßrcgcl» wird die erstrebte Nussisicirung in der Ihat um keinen Schritt weiter gefördert, sondern daS russische Element wird durch die vergebliche» Anstrengungen nur geschwächt und das einheimische polnische in seiner »alurgemäßen Eniwickiuiig gehemmt. Das letztere Element verliert in Folge dessen seine bisherige Wider stands- und Aisimilirungskrast, und während das russische Element keine Fortschritte macht und das polnische in seiner Enttvickeliin, gehemmt ist, gewinnt das sür den König von Preußen arbeste-ide deittsche Element immer größere Ausbreitung." Diese zur Vorsicht mahnende Wahrheit ruft den Russen und ihrer Furcht vor den Deutschen nicht die „poinisch-jeiiiiiische Jntrigne", auch nicht die ehr liche polnische Wahrheitsliebe, sondern das eigene Interesse Rußlands und ein bloßer Blick aus die thaliächiichen Vorgänge zu. Mögen die Russen nur Furcht und Schrecken vor den Deutschen fühle», aber möge der Schrecken auch vorsichtig und klug machen und sie zu einer vernünftigen Politik führen. Tie welkere Consequenz dieser vernünf tige» Politik würde sein, daß dein polnischen Element, das, wie die Sachen heute stehen, nicht den geringsten Grund hat. sich sür da» teutonische Element zu enthusiaSmirc», Hände und Mund frei ge macht werden." Wir baden-nicht nötkiq, dieser Sprache noch eine Kritik hinzuzufügen, aber eine jetensalls bezeichnende Illustration er hält die obige Hetzerei durch den Umstand, daß sie, wie wir dem „Posener Tageblatt" cntnebineii. von einem Organe auS- gehl. Lessen Chcsrckacteur, einst Mitglied ter revolutionären polnischen Nalional-Regierung. in Deutschland Schutz vor der versolgendcn Hand der russischen Gercchligkeit gesucht und gesunden bat. Ihm ist sogar aus sein dringende» Ansuchen da« Bürgerrecht deö Königreichs Sachsen und somit auch dasjenige deS deutschen Reichs verliehen worden! * Der Bau je einer evangelischen Pfarrkirche i» Innsbruck und Meran hat die glaubensstarken Tiroler gar sehr in Harnisch gebracht. Secksundbreißig Abgeordnete haben sich zusammengelhan. um de», Tiroler Landtag eine Verwahrung deS Rechts aus GlaubenSeinbeit zu unterbreiten. Diese» Schriftstück, welche- sich unter der Sonn»
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