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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.09.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188309093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830909
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830909
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-09
- Tag1883-09-09
- Monat1883-09
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.09.1883
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Lr-action und Lrvkditioa JohanueSgasjc 33. Lpttchstundru der Ardaciiou: Bormittag« 10—IS Uhr. Nachmittag« 5—8 Uhr. L«, »«« «Ni<r,»d, >»»t ft» »t« «trdacl,»» «ch, ^r»u»la^ «>»«tz«e »er für »te «iichftfslqende Nummer »«stimmten Inserate an «»cheutage» »t« 2 Uhr «achmittage. an Lau», »ud Kcsttagen früh »i«'/,» Uhr Zu ten Filialen siir Ins.-Ännahmc: Dtta Klemm, UuiverütLtSstrabe 21, Lstli« Lösche, Katharinenstrave 18. v. «nr bt» '/.S v»r ^?L52. eiMger Anzeiger. Lrga« fiir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage L8,LV0. Abonnemriltspreis vienelj. 4'/, Mk. »ncl. Bringerlohu b Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren tür Extrabeilage» »h»e Voslbeiörderung 39 Mk^ Mit PostbesSrderung «8 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile 20 Pf. SrSbere Schriften laut unserem PreiS- verxeichnin. Tabellarischer o.Zissernsatz nach Höhen» Tarif. ilttlamrn unter dem Nedactionsstrich die Svaltzcile 50 Pf. Inserate sind stet» an die VrpkVttia» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prasuunwranilo oder durch Post. nachnalime. Tonntag den 9. September 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. Sesentliche Lihnng der Sladloerordneten Mittwoch, am LS. Teptbr. 188». Abends «>/» Uhr, tm Saale der I. Bürgerschule. Tagesordnung: l. Wahl de« II. Vieevorsteher«. U. Bericht de« Finanz-AuSschufseS über: a. das Abkommen wegen des Staatöbeitrage« zu den Kosten des Polizci- amte«: d. Nachverwilligung zu Conto 2 „Polizeiamt" Pos. V. der Bu-gaben de« HauShaltplane« pro 1888; o. Bewilligung eine« Onartiergelderzuschuffe» an drei Bezirk-seldwcbcl; 6. Verwendung von 600 wegen Er- miltelung der zur BürgerrechtSgewinnung Verpflichteten; o. Uebernahme verschiedener Gegenstände im ehemaligen Reitstallgebäude. UI. Bericht de« Bau-AuöschusieS über Ausführung von Bau lichkeiten an dem Gebäude deS Pathologischen Instituts. IV. Bericht de« Oekonomie-AuSschusse« über: ». Herstellung einer Umhüllung für daS Gcllertvenkmal; d. Ncupflastc- rung eine« TracteS der Zeitzer Straße; e. Ueberlastung eine« Theile« LeS ExercirpiatzeS bei Gohlis zur Ab haltung der im Jahre 188« zu veranstaltenden Gartenban- Au-stcllung; ck. Herstellung einer Schleuß« III. Classe aus einem Tracle der Reitzenhainer Chaussee. V. Bericht de« Orkonomie- und Finanz-Au«schusse« über den Umbau de« Wohnhauses de» Rittergutes GraSdorf. Wegen Reinigung der Geschäftsräume bleiben die Stadt- cass« und die Sl>stung«buchhaltrrei für Mittwoch, de» LA. diese» Monat» geschlossen. Leipzig, den 8. September 1883. De» -tath» Finanz-Deputation. Dr. Georgi. Der Inhaber de« abhanden gekommenen Sparrassen quittunaSbuche« Serie l Nr. 47036 wird hierdurch ausgefor drrt, sich dauiit binnen drei Monaten und längsten« am 12. December d. I. zur Nachweisung seine« Rechte«, bez. zum Zweck der Rückgabe gegen Belohnung bei Unterzeichneter Anstalt zu melden, widrigenfalls der Sparcaffen-Orduung gemäß dem «„gemeldeten verlustträger. nach erfolgter Be eidigung seiner Anzeige, der Inhalt diese« Buche« «»«gezahlt werden wird. Leipzig, den 7. September 1883. Dir Berwaltnna de» Lethhause» «nd der Sparkasse. Vekanntmllchnng. 2» Im Monat August a. o. gingen beim Armenamte rin: 20 utk — -s wegen Unterlassung der Zusendung von vcr- lobungSkarken von Herrn Balletmeister Bernardelli, A « — « als Ausgleich für eine gelieferte Torte zwischen Th. M. -/. K. V.. 2 » — - wegen einer Wette, Hermann gegen Alexander, von Herrn Gustav Kirst, 2 » — » von Herrn G. A. Sch. Ernstiner» Zill« Tunnel, durch Herrn B. Graul, von Herrn Consul Rein, au« Madrid, als Sühne in Sachen F. E. G./. E. S. F.F. R./. N. S. T. F. '/- E. G. A. K. /. B. Fl durch F. S. /. O. K.f Herrn T. T./. E.H.S.äFrieden« F. B. '/- M. S richter A. B. '/- A. W. D. Nagel A. B. '/. A. N. C. P. -/- L. R. W. P. -/- E. S. K. Sch., durch Herrn W. /. F. ^Friedensrichter M. '/- M. j Conrad. H. -/- S. i K. /. St. I durch Herrn T. /. P- iFriedcnSrichter Sch. /. B. s G. A. Iauck H. /. W. I ^n. Sch. L. » » 3 10 » 1 7 100 L 3 2 2 « l5 30 lv 5 12 lO 1 1 2 2S4 ^ 25 -f O — B —— O —— W —- B —- B -E B — B E» » — B — O - » - B S » B B B B B B B B B O O B B B » » B » B B B » M M » B » » B B B s Leipzig, den 7. September 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armeaamt.) Ludwig-Wols. L. Der im diesigen Georgenhause untergebrachte Handarbeiter Friedrich Rudolph Lecker ist von dem ihm am 5. Juli ». o behufs Beschaffung von Arbeit und Unterkommen gestatteten Aus gange nicht in da« Georgenhau« zurückgekehrt und zieht vermuthliö al« Landstreicher umher. »tr bitten, ans Becker »u fahnden and ihn im Betretung», falle kstznnihmr». »n« aber in diesem Falle kurz« Nachricht zugehen zn laßen. Leipzig, den 8. September 1883. Ta» Polizei-Amt »er Statt Leipzig. Bretschaetder. H. »elienntmchml-. 8«m nnterzeichneten Königlichen Amtsgericht soll Monto«, 24. September 1882 4 Uhr Nochmitt«^ bat dem vrrstorbeneu Privatmann Friedrich Hart Albrecht li» Stötteritz »bereu Theil« gehörige, unter Fol. 127 de« Srnnb- und Hhpothrtenbuch« für dielen Ort verzetchnete und »ntrr Lataster- n««»er LL der Hauptstraße daselbst gelegene Grundstück, ivtlcheS 172 Onobrot^luthea Fläche umfaßt, mit 170.71 Stenrrrindrile» brlegt, und am 2. April d. I. ohne Berücksichtigung der Oblastr» an 9200 «ewürdrrt worden ist. aus »»trag der Erbe« »ffrnUich »nb metMatend mrsteigert werden. Kt« Bersteigerung findet im Rasthof znm Löwe» z» Stöttrri» statt »nd wird va. der DersteigernugSbedingmigea anf de» dort »n » an >«t»stelle brnndliche» Au-Hang Bezug genommen. Leipzig, am 2«. August 1883. «wlltche» A«t«,ertcht »aselbft. «tzthetl,», V. ««tto» L. Mana«feld. Sß. DellanntMchung. Nachdem in letzter Zeit wiederholt bei uuö Beschwerden und Anzeigen über die intensive Lustverpestmig. weiche hier und da durch Ansammlung von Knochen in Noliprokucten- ceschästen. namentlich aber beim Ausladen der in solchen Geschäften angesammeiten Knochen und bei deren Transport aus Wagen vor sich geht, eingegangen sind und diese Klagen auch begründet befunden worden sind, so wird zur Beseitigung dieses gesundheilSpolizeiiich unzulässigen llebclstaudcS hier durch allen Inhabern von solchen Geschäften bei Vermeidung einer Geldstrafe von 1 bis 150 oder entsprechender Hasl- lrafe ansqcgeben, die angesammelten Knochen durch Kohlcn- uilver, Actzkalk oder Carbolsäurepulver derartig zu dcS- msiciren, daß sowohl beim Lagern, wie beim Ausladen und Transport die Verbreitung von Fäulnißgcruch ausgeschlossen ist. lieber die Befolgung dieser Anordnung werken wir genaue Controle führen laste». Leipzig, den 5. September 1883. Der Aath der Ltcrdt Leipzig. Or. Georgi. Lohse. Nichtamtlicher Theil. Äus dem Osten. Die russischen Preßorgaue werden nicht müde, die Friedens liebe der Russen und ihre sreinidschasüjchcn Gesinnungen für Deutschland anzupreisen. DaS scheint u»S ein sehr bedenk liches Symptom, denn eS gebt daraus nur klar hervor, daß triftige Gründe vorhanden sind, um a» der Aufrichtigkeit der Absichten Rußlands ;n zweifeln. Es fällt auch sehr wenig i»S Gewicht, wenn die „Moskauer Zeitung" lange Artikel über die Büubnißnnsähigkeit ber Franzosen veröffentlicht und sich über die Unsicherheit der französischen Verhältnisse ereifert. DaS erweckt nur den Argwohn, daß dadurch die öffentliche Aufmerksamkeit nach einer anderen Richtung ab- gelcnkt werden soll, damit die Russen inzwischen um so un gestörter tm Trüben fischen können. Wenn ei» Bitndniß Rußlands mit Frankreich so ganz außer aller Berechnung läge, so würde sich Herr Katkofs deswegen nicht so erhitzen; vorläufig weisen die beiderseitigen Interessen sowohl in Europa als auch in Asien und Afrika die beiden Mächte aus rin» trächtiges Handeln hin, und wen» eS der russischen Diplomatie gelänge. Zwietracht zwischen Deutschland und Oesterreich zu stiften, diese letztere Macht z» ifoliren, dann wäre der Zu stand der Dinge geschaffen, wie ihn die Rüsten siir Ihre Zwecke gebrauche». In Frankreich weiß man auch sehr gut, was man von den: Poltern der „Moskauer Zeitung" zu halten hat, man verzichtet deshalb aus gereizte Erwiderungen, sondern wartet seine Zeit rnbig ab. Wenn Rußland wirklich ohne Hintergedanken wäre, dann gäbe eS ein cinsacheS Mittel, um seine friedlichen Absichten außer Zweifel zu setzen: eS brauchte nur ii» Königreich Polen den FnedcnSstand der Truppen bcrzustelle» und Eisenbahn- und Festungöbaiitcn in dieser Provinz mit mehr Muße und Nnlie zu betreiben, die Emübniig der Cavallcrie aus Tistance- märsche mehr in da- Innere Rnßlanb« zu verlegen und sich überhaupt auf die Regelung und Verbesserung seiner inneren Angelegenheiten zu beschränken. Statt Vesten sehen wir aber Rußland auch aus der Balkanhalbinsci in einer Weise thätig, welche nothwendig Mißtrauen in seine Absichten erregen m»ß. Die „Moskauer Zeitung" möge doch einmal die Gründe auScinandersctzen, wcShalb Rußland sich so angelegentlich mit der Einrichtung der bulgarischen Armee nach russischem Muster beschäftigt und warum die bulgarischen Festungen erneuert und in BcrtbeidignngSzustand gesetzt werde». Hegt Rußland vielleicht Befürchtungen wegen eine« Angriffs von türkischer Seite oder will eS sich gegen Feindseligkeiten Ru mäniens schützen? Ter Berliner Friede ist im Jahre 1878 geschlossen worden und in diesem ist festgesetzt, daß die Festungen Widdin. Rnstschuk, Silistria und Sofia geschleift werden sollen. Seitdem sind fünf Jahre vergangen, aber die Schleifung ist nicht nuSgrsührt, im Geqentheil sind neue Fort- errichtet worden und die Armirung ist vervollständigt DaS läßt doch sicherlich nicht auf friedliche Absichten schließen! Der Gedanke liegt sehr nahe, daß der Besuch des Königs von Rumänien in Berlin und Wien »nd die Bcrathnngen deS rumänischen Ministerpräsidenten Bratiano mit dem Grafen Kalnoly und dem Fürsten BiSmarck mit den KriegSvor- bereitungen der Rüsten in Bulgarien in Zusammenhang stehen und daß e- Rumänien grrathcn erscheint, Hand in Hand mit Oesterreich und Deutschland zn gehen, statt sich der Gnade Rußlands zu unterwerfen. Was Rumänien von diesem Bundesgenossen zu erwarten hat, da« hat der Krieg deS IahreS 1877 gelehrt, in welchem Rumänien bei Plewna für Rußland die Kastanien au? dem Feuer holte und dafür den famosen LandeStausch der Dobrudscha als Belohnung hinnehmen mußte. Serbien hat mit Rußland ähnliche Erfahrungen gemacht und zog es deshalb vor, sich mit Oesterreich aus freundschaftlichen Fuß zu setzen; die Verstän digung mit dem deutschen Bundesgenossen Oesterreichs war die nothwendige Folge, und so sieht sich denn Rußland heule auf die Freundschaft deS Fürsten Nikita von Montenegro be schränkt. denn der Fürst von Bulgarien macht nur guteMiene zum bösen Spiel, weil er sich vorläufig dem russischen Einfluß nicht entziehen kann. Natürlich ist dieser Umschwung in den Beziehungen der Balkanstaaten Rußland nicht gleichgiltig und Herr Katkoff verbirgt seinen Aerger darüber unter Freund schaft-Versicherungen für Deutschland und Grobheiten gegen Frankreich, und in diesem Lande weiß man den Schmerz be graben Freundes zu würdigen und beklagt sich über die Politik Deutschlands, die aus Ifolirung Frankreich« berechnet sei. Mag sich auch da« „Journal de« DLbat»" dreien »nd wenden wie e« wolle, die Thatsache bleibt bestehen, daß Frankreich sich von allen Bundesgenossen gemieden sieht und deshalb Feuer »nd Flamme gegen Deutschland speit. Sehr ergötzlich sind die Anstrengungen, welche der bekannte Chauvinist und Minister de« Innern Waldeck-Rousseau macht, um sich in dies« ihm äußerst unbequeme Lage hinein zu finden, Bei der Einweihung de« Denkmal« Lafayrtce'« in Puy sagte er mit einem sehr scharfen Seitenblick auf Deutschland „Zwei demokratische Nationen (nämlich Frankreich und Nord amerika), welche überzeugt sind, daß sie nicht- gegen ihre Nachbarn unternehmen dürfen, gleichzeitig aber entschlossen sind, nicht« gegen sich unternehmen zu lassen, müssen siö gegenseitig achten." Da« heißt doch Aar und deutlich ge sprochen: Wir würden Deutschland lieber heute als morgen überfallen, wenn wir auch »ur die geringste Hoffnung anf Sieg hätten. Herr Walkcck-Nonsseau sieht aber ein, daß der gegenwärtige Zeilvunct der Ausführung seiner KriegSpläne nicht günstig ist und er bescbeidet sich deshalb, sie auf ge legenere Zeit zu verschieben. Tabei ist er mit Katkoss voll kommen einverstanden, seine AuSdruckSwcise ist nur eine andere. Kommt Zeit kommt Rath, denkt er, und dann wird uns auch daS Bündniß mit Rußland nicht fehle». Für Rußland schienen in neuester Zeit die Dinge dadurch eine günstigere Wendung nehmen zn wollen, daß der Aufstand in Kroatien daS ganze Land ergriff und Bosnien und die Herzegowina in Mitleidenschaft zog. Hierin lag allerdings eine nicht unbedeutende Gefahr für Oesterreich und deshalb mußte die größte Energie entfaltet werden, um die Tinge nicht auf diesen Pnnct kommen zu taffen. Tie Bereinigung der Eivil- und Militairgewalt in der Hand deS General v. Namberg war. wie eS scheint, daS geeignete Mittel, um die gestörte Ordnung in Kreatien wieder herzustellen, denn in Agram ist inzwischen die gefürchtete Wiekcrausrichtiing der Wappen mit ungarischer Inschrist, ohne bei der Bevölkerung au» Widerstand zu stoßen, auSgcfiihrt worden. Die Miß achtung der RegierungSgcwalt in Ungarn und Kroatien ist gewiß zunächst eine innere Angelegenheit Oesterreich-UngarnS, aber »c hat wegen der angedcutcken Möglichkeit der Folgen auch ihre internationale Seite und diese konnte sehr wohl zum Gegenstand der Erörterungen in Salzburg aeniacht worden sein. Gegenwärtig sind die Chancen siir Rußland aus der Balkanhalbinscl nicht allzu günstig und eS wird sich wohl hüte», jetzt eine neue Auslage von 1877 folgen zu lasten. Daß es dazu große Lust bat, ist sehr deutlich erkennbar, aber o lange Oesterreich uns Deutschland einig sind, wird eS wohl oder übel genöthigt sein, den Degen in der Scheide zu belasse». Nachschrift. Nach Abfassung des vorstehenden Artikels cirlangt zu unserer Kenntnis;, daß die osficiclle russische „St. Petersburger Zeitung" mit der Bekannlniachung, daß der rnssische Hof für den verstorbenen Grasen von Chambord ein« fünftägige Hoftrauer angelegt habe, die nachstehende interessante Auslassung verbindet, welche zugleich die Haltung der „Mvskauer Zeitung" Frankreich gegenüber erklärt: „Ob diese Nachricht den Advocaten, welche gegenwärtig Frankreich regieren, wohl angenehm oder unangenehm sei» wird? Jeder Ausdruck deS Mitgefühls seiten« unsercS Hese per jraiyksischku KönigSsamilie gegenüber kann aber nur mit voller Sympathie ausgenommen werden. Die von Deutsch land unterstützte französische Republik hat Frankreich« Ansehen untergraben, ihm die Bedeutung einer Macht zweiten Range« gegeben und entspricht in ausgezeichneter Weise den Absichten und Plänen deS Fürsten BiSmarck. Die republikanische Negierung verhielt sich Rußland gegenüber entweder miß trauisch oder feindselig. Es wäre an der Zeit, daß auch wir die MaSke fallen ließen. Tie Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich liegt vollkommen und bedingungslos im Interesse Rußlands. Ei» starkes Frankreich wird uns ei» Freund und ein monarchisches Frankreich auch ein natür licher Bundesgenosse sei». In Frankreich selbst ist in de» patriotischen Schichten der Bevölkerung der Haß gegen die Republik so groß, daß bei richtiger Unterstützung ein Um chwung in diesem Lande unzweifelhaft einkreten muß." Frankreich kennt also fttzt den Preis, um welchen die BundeSgenosscnschast Rußlands zu gewinnen ist. Leipzig, 9. September 188?,. * Zur Lage wird unS aus Berlin vom Freitag ge schrieben : ,Fürst Dolgoruki, der Militair-Attachö der kaiser lich russischen Botschaft in Berlin, hat sich zu seinem Souverain nach Kopenhagen begebe». Es ist nickt unbemerkt geblieben, daß der Fürst vor seiner Abreise zum Zaren noch eine längere Audienz bei Kaiser Wilhelm hatte. Tie persönlichen Beziehungen der beiten Monarchen gelten allerdings als sehr srcuiidschaftliche, auch ist die Stellung deS russische» Militairbevollmächtigten am Hose von Berlin seit vielen Jahren eine ganz besonders bevorzugte, gleichwohl dürsten Diejenigen nicht rrre gehe», welche der diesmaligen Audienz eine besondere Bedeutung beimesscu Fürst Dolgoruki dürste einerseits den Auftrag gehabt haben über den Zweck der Kopenhagener Reise diejenigen befrie digenden Aufklärungen zu geben, welche wir bereits vor einigen Tagen, als sie unS von bestlnsormirter Seite zugingcn, unseren Lesern mitgetheilt haben. Andererseits ist der Fürst der Ueberbringer freundschaftlicher Versickerungen von unserer Seite, die, allerdings als nur mündliche lind gewissermaßen der politischen Contrasignatur entbehrend, keine nnmittelbar politische Bedeutung haben. Man läßt im Nebligen die Vorgänge im Zarenreiche in Berlin nach keiner Seile auS dem Äuge. Sobald dürsten in Rußland die inneren Verhältnisse nicht als »consolidirt" anzusehen sein, und je weniger der Kaiser selbst die Kraft zu haben scheint, der viel fachen und zum Tbeit sich widerstrebenden und bekämpfenden Richtungen im Innern Herr zu werden, je weniger Aussicht vorlieat. daß er einen wirklich großen Staatsmann, einen .russischen Stein" finde, um so mehr steigen die Aussichten Ur äußere Verwickelungen, durch welche immerhin für einige >it daS Interesse und die Aufmerksamkeit der russischen ölker abgrlenkt wird. Zunächst scheint man wieder die orientalische Frage heraufbeschwören zu wollen, und nach dem der Fürst von Montenegro, schon mehr al« unter normalen Verhältnissen erklärlich und nothwendig scheint, an da« russische Interesse gefesselt worden ist, ist neuer ding« durch den Einfluß Rußland« in Bulgarien eine Situation geschaffen worden, welche durchaus den Abmachungen und Bestimmungen de« Berliner vertrage» widerspricht Bulgarien soll nach diesem Vertrage rin der Türkei tribut pflichtige» Fürstenthum sein, e» ist aber in Wirklichkeit brreit« ru einem russischen Vasallenstaat geworden. Durchweiche Maßregeln der Fürst bewogen worden ist, abermai« dem russischen Andränqen nachzugeben, ist für un« noch nickt zu überseben. Tbalsächlich war er bemüht, sich von dem Uebrr- maß de» russischen Einflüsse«, von der direkten Beherrschung durch russische Minister-Generale zu befreien. ES ist ihm nicht gelungen und er vielmehr m eine fast unhaltbare Stellung gebrockt worden. Nicht allein die Pforte kann diesen Vorgängen gegenüber nickt gleichgültig sein, ganz Europa ist dabei interessirt, daß di« von sämnitliclien Staaten Unterzeichneten Abmachungen de« Berliner vertrage« nicht in so augenscheinlicher Veile versetzt werden Man chenkt denn auch diesen Verhältnissen in unseren leitenden Kreisen erhöhte Aufmerksamkeit. Wie eS heißt, soll Fürst BiSmarck dem Plane deS Fürsten von Bulgarien, sich von dem russischen Einfluß zu emancipiren, nicht ganz fern ge hanten baden, und der „ehrliche Makler" dürste schwerlich gewillt sein, zuzugebcn. daß die Uulerzeichner de« Berliner Vertrages einfach bei Seite geschoben und ohne sein Wissen und Willen eine einseitige Umgestaltung der Verhältnisse aus der Balkanhalbinscl eintritt. Der dem pursten vo» Bulgarien gegenüber geübte TerroriSmnS bürste recht bald zu 'recht- ertizen sein; damit aber würde unseren Forderungen »och nickt Genüge geschehen, c« müssen neue Bürgschaften gesunden werden gegen derartige neue „Ucberraschnngcn", wenn sich die Diplomatie de- Zarenreich» nicht dem Verdacht auSsctzcn will, daß sie Verwicklungen sucht, daß die Piorte. auf welchem Wege auch immer, von Neuem gereizt und gckemüthigl werden oll. Tan» wäre ber Friede schlecht garantirl und daS mit Mühe hergestelltc Gleichgewicht der Großmächte und damit der Friede Europas stünden in fortwährender Gefahr, er- cbiitlert zu werden, welche um so größer wäre, je — herz- ichrr und inniger die FrietenSbelheucrungen m der russischen Dresse laut werben. — In der konservativen Presse wird gegenüber dem Ausfall im Wahlkreise Torgan-Liebenwerda, wo trotz aller Wahlbeeinstussungen und wiederholter Verschiebung de« WahlterminS der liberale Candidat mit einer überwältigenden Majorität gewählt worden ist, mit großer Genugthuiiiig ans die Wiederwahl de« conscrvnliven Abg. Hahn im Brom berger Landtag-Wahlkreise hingcwiesen »nd daran- gefolgert, daß die conscrvativen Bestrebungen und besonder« die An- ciiauungcn deS Ministers von Puttkamer immcc mehr Boden i»> Volke gewinnen. Diese Auffassung vcrräth entweder einen gänzlichen Mangel an Kenntniß der thalsäcklichen Verhältnisse oder eine absichtliche Täuschung. Für Jeden, welcher die Provinze» Sachsen und Posen kennt, ist eö klar, daß die beiden Provinzen so wenig wie in anderen Angelegenheiten auch in Bezug aus die Wahlen mit einander in vergleich n stellen sink. Während in Sachsen wirklich Liberale und sonscrvalivc einander gegenüber stehen, handelt e« sich m der Provinz Posen lediglich darum, ob der Name eine« Deutschen oder Polen aus der Wahlurne hervorgeben soll. Allerdings ist eS bedauerlicher Weise nicht selten vorgckomme», baß wenn Aussicht vorhanden war, daß ein Liberaler gewählt würde, die konservativen Deutschen den Polen unterstützt haben. DaS Gegrntheil ist aber niemals der Fall gewesen. Und so war eS auch diese« Mal. Nachdem Herr Hayn vom RegierungSrath zum ObcrrrgierungSrath befördert worden war, haben e« die Liberalen nicht für angezeigt gehalten, einen eignen Wablcandidaten aufrustellen. E« hat m polnischer Hinsicht gar kein Kampf stattgefunden, kann also auch von einen, conservativen Siege nickt die Rede sein. Liberale und Conservative haben sich eben nur als Deutsche gefühlt und einträchtig gegen den Polen gestimmt, tvelchem, hätten sie aiitcrü gehandelt, der Sieg zu Theil geworden wäre." * DaS Schreiben de« Herrn von Bennigsen zur Empfehlung de» nationalliberalen Candidaten Hottendorf im 19. hannoverschen Wahlkreis wird dem fortschrittlichen Manöver, welche« den nalionallibcralen Führer und seinen voraussichtlichen Nachfolger in dem NcichStagSmandat in einen politischen Gegensatz bringen wollte, ein- für allemal ein Ende machen. Es hat aber auch der ganzen fortschritt lichen Presse und Blattern vom Schlage der .Wcicrzeitung" genügt, um Herrn von Bennigsen wieder mit Schmähungen und Vorwünen zu überhäufen. E» ist doch wirklich der Gipfel der Naivetät, von Herrn von Bennigsen zu verlangen, daß er für einen halbwelfischen Fortschrittler gegen seinen eigenen Parteigenossen eintrclen soll, weil bei dem letzteren einige Fortschrittsblätter .agrarische" Neigungen entdeckt haben wollen! Gleichzeitig läuft durch alle fortschrittlichen Blätter eine Notiz über die Aufstellung eine« fortschrittlichen Candidaten im Wahlkreis Greifswald. In derselben beißt es: „Allseitig wurde ans die Notbwcndigkcit eines cinmüthigen Zusammenhalten» aller liberalen Elemente für die nächste Wabl bmgcwiesen." Ein reckst bezeichnendes Gegenstück, diese beiden Wahlkreise! Ter Einigkeit in GreisSwatd hat die fortschrittliche Centrallcitung eigenthümlich vorgearbcitet. Sie wird eS sich selbst znzuscbrcibc» haben, wenn der Eifer unter den dort zahlreichen Nationalliberalcn angesichts der Herausforderung in so manchen anderen Wahlkreisen nicht allzu groß ist. * Man schreibt unSauSDerlin: .Die Wahlbewegung für die Erneuerung der Stadtverordnetenver sammlung in Berlin nimmt täglich an Umfang und Vertiefung zu. Man hebt mit gutem Grund hervor, daß diese Wahle» eine weil über daS Weichbild der Stabt hinauS- gchentc, vielleicht für die ganze Entwicklung der comiininalcn «Selbstverwaltung entscheidende Bedeutung habe». Trotzdem die städtische Verwaltung und Vertretung ein neutraler, dem Kamps der politischen Parteien entzogener Bode» sei» könnte und sollte, besitzt die herrschende Wahlbcwcgnng in der Haupt stadt einen eminent politischen Charakter. Eo ist ein Kamps der conservativen Rcaclion von rechts und der Socialvewokratie von links gegen die herrschende liberale oder richtiger gesagt Fortschrittspartei, und der Streit würde schwerlich so heftig geführt, wenn eS sich nur nm ein paar Sitze in der Stadt verordnetenversammlung bandelte, wenn man nicht aus allen Seiten von einem Erfolg bei diesen Wahlen eine mächtige Rückwirkung aus die politische Stimmung des ganzen Volks erwartete. Die Fortschrittspartei befindet sich hier in einer ihr sonst ungewohnten Stellung. Ans politischem Gebiet stet« Opposition, Kritik, Negation, ist sie hier auf diesem kommunalen Gebiet seil langen Jahren im Regiment, und während sie dort nur Angriff, Tadel und absprcchendeS Urtheil kennt, findet sie hier Alles mustcrbast und bewun» derunqSwürdig. Sie ist hier die eigentlich conservative Partei, die andern, die .Bürgerpartei" und die .Arbeiter partei", sind die ungestümen Reformdrängcr und auswiegelnden Demagogen, lieber die AgitationSmetbode und Kampsweise der gegnerischen Parteien wird jetzt bitter geklagt, allein ge rechter Weise kann man nickt verkennen, daß sic viel au» dem Beispiel der Fortschrittspartei aus politischem Gebiet gelernt haben. Diese« Herabsetzen aller bestehenden Ein richtungen. kiese» Geringscbätzcn aller fremden Leistungen, dieses Aiisbanschen kleiner Mängel, diese» Schwarzmalen, wie e» die ForlschrittSpartei ihren kommunalen Gegnern zum Vorwurf macht, übt sie eS nicht selbst im lieber»,aß' in der politischen Agitation? Wenn man z. B. Tag für Tag aus die Nniereckstigkeil der Besteuerung der Bedürfnisse deS Leben«
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