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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.10.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188310016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18831001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18831001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-10
- Tag1883-10-01
- Monat1883-10
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.10.1883
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. E^ch«r»t früh S»/, Uhr. Aeöacti«» «a Lnedttis» JshamMMch« «. S»rrch-»tn» der U«t«tt»»'. vormittag« 10—1> Uhr. «achmttt»^ »—« Uhr. ^ »u »X» - AuastzM« tzer kür As A44§kkOkGs>As «»««er »es»1««tr» Ialerate a, WoAeata««» »t« » Uhr tztachnritta,», a« »«m» uatz Äesttagntfrßtz tzt« V.» lltzr. 3« den FUirlru strZaf.-Ztmtsttzme-. vtt« Kle««» UniverfftätSstraßr »1, L«»i» L-sche, Katharineaftraß» IS, V- »»r »t« v,r apMtt.Tagcklaü Anzeiger. Organ fir Politik, Localgeschichtr, Handels- «nd Geschäftsverkehr. MeH.A»flMGO Avoanr»nü«»rri< vteMs. 4'/, Mt. «rl. «rr^erlrh, ü «L. ' ach die Post bezotzenUk. che rft^elnr Nnnnaer 20 Pf. Belegexemplar 10 Os. G-bAhrenstr Extratzetkaas» «tz«e Vostbesördernntz » M «U Wsstbrsördern», 48 «k. Inserate ^spabttm^Petitzeüe H0Pf. veneichmß. rstekksrischer «. Ziffernsatz «ck höhen» Tarif. Lerüt«» »ntrr de« UeLaetiosstrich die Epaltzrile SO «f. I-serate sind stet« an die SrptdM«» z, senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praernuaernnäa oder dnäh Poff- Nachnahme. 274. Montag de» 1. October 1883. 77. Jahrgang. Leipzig, 1. Oktober 1883. * Wen« man di« in der letzten Zeit über die Unfall» der sich er ung« frage gepflogene DiScussioa überblickt, kann sich zunächst eine» gewissen Gefühls der Entmuthigung der fortschrittlichen Agitation nicht gleich thun können. Man legt die- kiänfia als ein Zeichen der Passivität, Gleichgiltig keit, Nnthätigkeit unserer Partei au«, allein e« ist in dem Charakter einer gemäßigten gegenüber einer radikalen Partei begründet. Leider aber geben bei dem NeichSwahlshstem in immer stärkerem Umfang die gröbsten Mittel der BolkS- bearbeitung und die Appellationen an die vulgärste« Ge sinnungen den SuSschlag. Darin sind allemal die extremen den vermittelnden Parteien überlegen, und wenn jene mit der Wucht erregter volk-masten in Zeiten schroffer Gegensätze einmal einen augenbticklichen Erfolg erringen» so dürfen w»r un» durch eine solche Erscheinung doch nicht entmuthigen lasten. Die öffentliche Meinung in Deutschland wird dauernd doch nicht durch demagogische Agitation gemacht und die Partei eine- gemäßigten besonnenen Liberalismus ist trotz aller Anfeindung und trotz aller zeitweiliger Ungunst drr Verhältnisse nicht umzubringen. * In Rußland sollen neuerdings wieder Verhaf tungen von Osficieren vorgenoiiinieii Worten sein, die im Verdacht nihilistischer Umlricbe stehen. Man schreibt in Bezug hierauf der .Presse" au- der russischen Hauptstadt: De» Anstoß zu der Berhaftnng politisch verdächtiger Officler', üi Petersburg und an anderen Orten gab die Entdeckung einer großen Niederlage von Mitteln zur terroristischen Actio» in le> Nähe von Charkow und in dieser Stadt selbst. Zu diesen Mitteln «hörten Waffen aller Art, groß: Quantitäten von Schießpulver dynamit, Sprenggeschosse re.; ferner fand man Zubehör für Druckereien, revolutionäre Schriften «nd endlich chiffrirt» Lorrc- spondenzen, die aus eine weitverzweigte und großangele-ie Verschwörung hinwiesen, an der besonders diele Olficiere theilnahme». Weitere Nachforschungen führte» znr Entdeckung de« FabrikalionSortes für daS den Revolutionären notdwendtge Dnnamit, und zwar sabrieirte man dasselbe in Kolpino, dicht bei Petersburg, dem Standorte und Ucbnng-platze der technische» Truppen des Petersburger ArmeebezirkS. Man cvnsi-cirte daselbst eine Quantität von mehr als 100 Zollecutec Dyiiamit. I» Folge dieser Entdeckung wurden daraus m Petersburg und Umgebung 38 Marine, nnd 17 Artillerie- und Sappeur-Osficiere verhaltet »nd sofort in die Peler-Panl.Festung tranSvortirt. In Swiderek verhaftete man einen Artillerie. Oberstlieuteiiant, der unter den Bauern der Umgegend Propaganda machte und einen sehr großen Einfluß unter denielben besaß. Der Umstand, daß in letzter Zeit so viele Militairs und überhaupt Leute reiferen Mer- und mit bestimmte» Stellungen tu dtr Gesellschaft an der revolutionären Action thetlzanehme» scheine«, beunruhigt di, russische Regier»un ganz besonders. ' ' ' * Die von dem französischen Regierungstelegraphen verbreiteten günstigeren Nachrichten über den Stand der Dinge in Tonkill werden von der össenllichen Meinung Frankreich« bi« jetzt nur mit großer Zurückhaltung ent- gegengenommen. Im oppositionellen Lager herrscht nach wie vor unveränderte Animosität wegen de» eigenmächtigen Ge- bahrenS de- Conseilöprgsidenlcn JulcS Ferry, und der Ent schluß. ihn dieserhalb znr parlamentarischen Verantwortung zu ziehen. Herr Ferry seinerseits ist von dem, was die Opposition gegen ihn im Schilde führt, sehr genau unter richtet und einer beschleunigten Einberufung der Kammern darum auf da« Entschiedenste abgeneigt. Zwischen ihm und dem Krieg-minister Thibaudin. welch Letzterer sich gern mit der Autorität der Volksvertretung decken möchte, herrscht deshalb nicht da- beste Einvernehmen, nnd eS »st für La» Verhältnis, in welchem die Beiden zu einander stehen, be- zeichnend, daß Herr Thibaudin im Voran- ankündigen läßt, er würde dem in Paris stattgehabte« Mmisterrathe „Unwohl sein- halber" nicht beiwohnen. * Dem durch da» gewaltthätige Auftreten eine- eng lischen Zollbeamten in Kanton beleidigten chinesischen Nativnalgefühl ist durch die Berurtheilung de» NebelthäterS zu siebenjähriger Zwangsarbeit Gennglhuuna gewährt worden. Die für den verurtheilenden Gerichtshof bestimmenden Mo- * tive sind vielleicht weniger den Erwägungen der Gerechtigkeit und Billigkeit, al« der Besorgniß entflossen, daß Straflosig keit in diesem Falle da- Signal zu einer Erhebung des chinesiscken Pöbel« gegen die Europäer, welche in den chine- fischen Hafenplätzen ansässig sind, werden könnte, die der anzei, Zukunft de» europäischen Elemente» in Ostasien ver- man... ... kaum erwehren. Bolle drei Jahre ist diese Angelegenheit zwischen den Faktoren der ReichSgesetzgebuna verhandelt worden, und heute scheint di» Verwirrung säst größer als je! Kein Wunder, daß alle Diejenigen neuen Mutb schöpfen, welche immer der Meinung gewesen sind, daß e« sich hier um eine phantastische Projectcnmacherei handle, die eine» Tage in sich selbst zusammenbrechrn werde. Mit Spott und Hohn spricht man von der Verlegenheit, in welcher die Negierung sich Angesichts der nothwendig gewordenen Ausarbeitung eine« neuen UnfallversicherungSentwurs« befind«, soll, und thut bereit- so, al« ob demnächst .die ganze mit so großem Pomp angekllndigte seciale Resormpolitik" ^u de» Acten ge legt sein werde. Einer derartigen, unsere- Eracht««» überaus kurzsichtigen Auffassung gegenüber ist e» gut, daran zu er innern, baß die dreijährige DiScufsion denn doch über eine Reihe wichtiger Puncte bereit« eine weitgehende Ucberein- smnmung hcrbeigesührt hat. Daß der gesetzliche Zwang zur Versicherung der in den mit elementaren Kräften »rbcikenden Gewerd-zweigrn beschäftigten Arbeiter gegen di» ttirthschast- lichcn Folgen von Betriebsunfällen eine Nothwensigkcit sei, wird wohl nur noch von den Anhängern eines, radikalen Doktrinarismus bestritten. Kaum minder allgemein ist man darüber einia, daß die Versicherungslast anSschließlich von der Industrie selbst zu tragen sei. Die Negierung hat sreilitzin ihrem letzte« Entwürfe den vielerwähnten Reichszuschuß »och bei behalten und die Delegirtenversammlung deutscher Industrieller ist »och in den letzten Wochen in diesem Puncte dagctreten. Ans der anderen Seite aber steht die Thatsache.daß die betreuende Ccmmission de» Reichstags sich im letzten Frühjahr einstimmig gegen einen Beitrag au» öffentlichen Mitteln crßärt hat, und daß sich im Plenum de« Reichstag», in welchemidoL die Industrw eine ansehnliche Vertretung findet, mit «mlicher Sicherheit aus eine gleiche Entscheidung rechnen lä«. Von der Regierung unterscheidet sich die Deieg>rtenvers«i»iu»g de» EentralverdandeS durch die Forderung, daß die Irbeiter an der Tragung der auf die Industrie fallenden BersictzruiigS- last zu bctheiligcn seien. Auch in diesem Puncte adelist als feststehende Ansicht der großen Mehrheit des Rrlch-ßgS zu betrachten, daß die Versicherungskosten ausschließlich »>, den Unternehmern zu bestreiten seien. Streng juristisch gerecht möchte eS immerhin sein, den Arbeitern eine gewisseOuotc anszucrtcgen; ganz überwiegende Zweckmäßigkeit-grün» aber sprechen dagegen. Und da» Argument der Gejährdug der iiiteriialionaleii Concurrenzstihigkeit unserer Industrie vürde sich, so lange der gemeine Arbeitslohn im Durchschnitt mmer nn, «den ausreicht, um die nothwcndigsten LebcuSbcdbsnisie zn befriedigen, gegen die Bestreitung der Bersicherungdurch Unternehmer und Arbeiter zusammen, ebenso gut neben lassen, wie gegen die Bestreitung durch den Unternehmer »lein. Nach alledem kann als positive» Ergebniß drr bisherigen prla» menlarischen Erörtung der UnfallversicheruugSsrage' bczchnet werde», daß die obligatorische Unfallversicherung der «mit elementaren Kräften arbeitenden GewerdSzweiqen beschajßtcn Arbeiter eingesührt und daß die Koste» dieser Bersichemg ausschließlich von den Unternehmern getragen werden sjen. Streitig bleibt nur, wie die Versicherung oraanisirt wtzen soll. Und da» ist allerdings der schwierigste Theil der tzs gäbe. Allein, nicht« ist zu schwierig, was geschehen insß. AuS einer officiösen Mittheilung weiß man, daß auch ür den neuen Unfallversicherung»««»»»»^ die „berusSgrnoß,- schaftlichv Organisation" beibehalten werden wird. Geiß ist dieser Begriff ein überaus vieldeutiger: allein, einstw:»,, genügt cS, daß mit ihm wenigsten» die Möglichkeit evr gesunden Lösung gegeben ist. Die concrete AuSgestaltw bleibt abzuwarten. Wünschen können wir nur, daß r Versuch einer Verbindung der Unfallversicherung»- mit h Krankenversicherungsorganisation gemacht werde. Alle Ein» heiten der in dieser Richtung vor ewiger Zeit in der „Kölnisch, Zeitung" gemackte» Vorschläge würden wir freilich nicht ve treten können; sicherlich aber enthalten sie einen sehr fruchtbar, ^undg/dank-n. mit Lilse desien sich auch ein ziemlich we, hangniß^li zu werden drohe. Man kann Hieraus ersehen, gehende» Maß von Freiwilligkeit muerhalb der Zwangi wie ungemein gespannt die Zustände in jenen fernen Gegenden rm ligen ine eine ersprießliche Lösung der NnfaÜversichcrungSsrc^^'un^Uma 7^^eich"''so^a'r''^in7^l^^knttA7 Schlappe ungünstiger als früher oder gar ganz geschwundr...h„ Franzosen in Tonkin könnte leicht die verhäiianißvollsten * Im lS. hannoverschen Wahlkreis hat bei derLonsequenzen für da- europäische Ausehen im Allgemeinen L iichwahl der fortschrittliche Candidat mit einem Vor-nach sich ziehen. jpmng vm, etwa KOV Stimmen a-siegt und in der Presse . Der internationale Schied-gerichr«. und der siegreichen Parte, herrscht Jubel und Frohlocken. I,l la^iedenSverein. dessen Sitz in London ist und welchem voch wieder Wahlkreis und noch dazu deriemgr. den der «lr Ober- und UnterhauSmitqlieder und auch Earl Derby, der nat.onall.berale,, Parte, lange Jahre ^ StaatSsecretair der Colonien, anqehvre». ' lnndurch vertreten, dem radikalen Liberalismus gewonnen! Mit welchen Mitteln daS Mandat erobert wird, kümmert die leitende» Männer der Fortschritt-Partei schon lange nicht mehr. DaS vergißt sich leicht in unserer raschlebige» Zeit. Hier sind es die Welsen, dort die Ullramontancn, an einem ander» Orte wieder die Socialveinokraten, welche die fort schrittlichen Candidaten durchbringen müssen, und alle erhalten dafür schöne Worte und lockende Versprechungen. Diejenigen jortschrittlichen Abgeordneten, welche lediglich liberalen Wäh lern ihre Mandate verdanken, werden bald leicht zu zäblen sein. Daß r» diesmal die Welfen waren, welche den Aus schlag zu Gunsten deS Abg. Cronemeyer gegeben haben, kann die Fortschritt-Partei, wenn ihr noch ein Funken von Ehr lichkeit innewohnt, selbst nicht leugnen; die angeblichen W»hl- eiithallungSbeschlüfle nelfischer Parteiführer waren nicht» al« Duast und Schein oder blieben so gut wie wirkungslos; da» leitende welsische Parteiorgan hat bestimmt und deutlich genug erNSrt, wo der Platz de« wclfischen ParticulariSmu« sei. Am Vorabend unsere« nationalen Festtage« hatten die Welfen die Entscheidung in der Hand und haben sie zu Gunsten de« fortschrittliche»Candidaten auSgeübr. So war e« auch schon vor Zwei Jahren ganz notorisch i»> benachbarten Wahl kreis Stade. Sndeffen wir geben auch zu. daß r« der Fort schrittspartei gelungen ist. «ine große Zadl Anhänger in einem Wahlkreise auszubringen, wo man solche bisher kaum gekannt hatte. Ta» Neue findet nun einmal leicht Beifall, zumal »enn «< in ko wühlerischer, rücksichtsloser, demagogischer, alle Leidenschaften ausregender Art vorgebracht wird, wie e« geschehen. Wir bekennen, daß wir e« in diese, Beziehung hat einen usruf an da- französische Volk gericht«», der wie lgt lautet: „Der BollzugSausschuß de« intenialionaleu Schiedsgericht-- und iedenSverein» ist in Eemeinlchast mit den Friedensfreunden in ankreich ernstlich besorgt betreffs de- niöglichcn Ergebnisses der jemvörtig zwischen der franzüstsche» Republik und dem Kafterrciche jna bestehende« Differenzen und tief durchdrungen von dem nnbe- enbaren moralischen wie materiellen Nachtheil, der für Lausende unschuldigen Personen in Europa und tu Lbtoa im Falle des ruches eine- Kriege- entstehen muß. In dieser Krisis ist es die Pflicht Aller, die sich der Uebel der Kriege bewußt sind, Maßregel« »Abweudung derselben zu vereinbaren. Der Vollzugsausschuß ist über- »i«, daß das sranzSsische Volk irgend welche Anstrengungen, die ntede stehenden Disserenten der Entscheid»»« eines »»parteiischen dsrichter« zu unterbreiten, freudig begrüßen wird Es ist de- >e»d zu wissen, daß eia großer Thetl des Volkes zu Gunsten riedens ist. Unter diesen Umständen wagt der Ansfchnß, seine Ftzde und Anhänger tu Frankreich und die Mitglieder des Verein» riedenssreund« aufzufordern, den sranzSsische« Abgeordneten, .oren und der franzSsischen Regierung da« Wüaschenswerthr, dichwebendea Streikfragen dem «nsfprnche irgend eines ««Par- teil» Schiedsrichters, in welchen Frankreich and China gleiches Beinen setze» würde«, zu unterbreiten, an das Herz zu legen. Etlicher Schiedsrichter dürfte gefunden werden in dem Präsidenten desthweizer vnndesrathes oder dem Präsidenten drr vereinigten Sich, von Amerika al« die HSnpter von Staaten, die glücklicher Ar», der Lage sind, solche Fragen unbeeinflußt durch internationale Eiserbt oder Borurtheile zu benrtheilen. Der Ausschuß hofft zu- v«rfä,ch. daß die gegenwärtig in Europa befindliche« Vertreter de« <efischen Reiches Willens sein würden, dieses Verfahren ihrer dringend zu empfehle», h, es htr Hände der Friedens- China in hohem Grade stärke» würde. Sollte " fronzSstsche Republik diese« Versah,«« Anschlägen, so wird sie der Humanität einen vermanenten Dienst erweisen, da jede» neue Beispiel einer Anrufung des großen PrincipS der schiedsrichterlichen Vermittelung dessen sernere Anwendung erleichtert und den Tag beschleunigt, wo dessen Anwendaug allgemein werdcn soll. Dadurch, daß die gegenwärtigen Differenzen einem SchiedSgerichk unterbreitet werden, wird die feanzöstsche Republik neuen und dauernden Einfluß in der West sowie die Dankbarkeit und Bewunderung von Millionen durch ihre Anerkennung der Pflicht und Lhunlichkri», internationale Streitigkeiten durch schiedsrichterliche Vermittelung statt durch einen Krieg zum AuSlrage zu bringen. ernten." ^ . An Harmlosigkeit können die Urheber diese» Schriftstücks wohl kaum übertroffea werden. Neues Theater. Am vergangenen Sonnabend ging Rudolf von Gott schall'« Trauerspiel „Mazeppa" über unsere Bühne und zwar nach langer Pause, denn wenn mich meine Erinnerung nickt trügt, ist eS seit der Direktion Haase bei uns nicht zur Ausführung gekommen. Soviel ich mich entsinne, wurde da mals die Rolle Peter de« Großen durch Herrn Stürmer und die des Mazeppa durch den Heldendarsteller Herrn Neumann gegeben. Die Veranlassung zur jetzigen Inscenirung war, wie bekannt, eine Vorfeier zum SO. Geburtstage deS Dichter-, und da daS „Tageblatt" schon gestern und vorgestern eine beredte Würdigung der Person de-Dichter- und einen Rückblick über sein Schassen, sowie auch einen besonderen Bericht Über den Inhalt und die literarhistorische Bedeutung de» Trauer spiels „Mazeppa" gegeben hat, so bleibt mir heute nur die Berichterstattung über die Aufführung selbst übrig. Da die unverkürzte Dichtung für eine« Bühnenabend etwas zu lang ist, war die Regie zu manchen Stricken genöthigt gewesen. Dadurch wurde wohl einerseits die Handlung etwa« kräftiger herauSgchoben. Andererseits gingen aber auch gar manche poetische Schöuheiteu verloren. So begann daS Stück nicht mit der Scene ia der Steppe vor der Hütte der au« der Jugend des Hekden so grheim- nißvoll in die Handlung de« Stücke« hmeinragcnden Harpyna, sondern «n der offenen Haste de« Schlöffe- zu Baturia, in welcher sämmtUche Fäden für die Hauplhand- lung und die damit verwebten Nebenhandlungen angeknüpft werden. Die immer in den Vordergrund treteude Rolle des „Mazeppa" hatte Herr Max Grube übernommen. Die .von »hm gewählte Maske »ar vorzüglich auSgiarbeitet und e. brachte da« Gemisch vou rücksichtsloser Kraft . «sp diplomatischer Rücksichtnahme im Charakter de» Helden überall gut zum Ausdruck. AuS dem durchgehend sehr energisch gehaltene» Spiele hoben sich die zarteren Partien mit der Matrena schön heraus, aber auch in den Steigerungen versagten die Mittel niemals. In der „Matrena" de« Frl. Brandtmann war Liebe und Haß nnd Ehrgeiz von der nöthigcn Glnth genährt, während die Lieblichkeit, Naivetät und HerzenSinnigkcit der „LodoiSka" in Fräulein Salb ach eine entsprechende Verkörperung fand. Der Zaar „Peter der Große", dessen direkter persönllcher Eingriff zweimal zu epi sodischer Eutsaltung kommt, war durch Herrn Baxmann recht glaubwürdig vertreten. Der „Gordienko" de« Herr» Schönfeld war recht temperament-voll, erhielt aber durch den etwa« zu gut gemeinten Ausdruck südrussischcr Beweg lichkeit manchmal einen bedenklichen Stich in« Komische. Herr Door hatte die Rolle de« alten Oberst „Jskra", de« schwer gekränkten und zum Aeußersten arreizten Vater» der Matrena, ganz vorzüglich au-gestattet. Al» klein« Aeußerlichkeit sei nur bemerkt, daß in der Scene» wo er vor seiner Berurtheilung durch Mazeppa in langer peinliche, Erwartung in der Nähe der Thür harrt, di« etwa« Helle Gestalt de« greisen Jskra sich merkwürdig wenig von der Hellen Tapete abhob und nur fast verschwindend Silhouette macht«. Dem ließe sich ja äußerst leicht abhelfen. Der „Kasimir SoldanSky" de« Herr» Hosmann war von Kopf bi« zu Fuß der junge, heißblütige Pole und feurige Liebhaber, wie ihn der Dichter verlangt, nnd Fräulein Truhn fand in der Rolle der Seherin „Har, phna" reichlich Gelegenheit, ihr tragische« Pathos zu ent, wrckeln. Auch Herr Schwel lach gab den jungen Heißsporn „Bulavin" recht hübsch. Die Herren Ott. Bischer, Vüller und Treutler al« Kosakensührer, Herr Herbst al« Eecretair „Orlik", Herr Meyer als General „Jstanl" ebenso die Herren Tietz nnd Alfen in ihren Kosakenrollen, wie auch die übrigen Darsteller thaten im Einzel- und Zu sammenspiel ihre Schuldigkeit. Die Anordnung der größeren Gruppen war der Regie de« Herrn Gettke gut gelungen. WaS die scenische Ausstattung betrifft, so war auck diese vorzüglich. Nur in Bezug auf die Steppe im vorletzten Acte sei bemerkt, daß dieser der Horizont fehlte und man sich auf hohem BergeSgipfel mit dem Ausblick in- Blaue wähnte. Daß die Schlackt von Pultawa im Juli stattgesnnden bat, wird di- Regie recht wohl gewußt haben. Die Winter- fernen« (mit den übrigen» nicht recht fest stehenden Bäumen) war wohl nur gewählt, um da» Schlachtfeld etwa» pikanter auSzustatten. Der Dichter wurde schon nach dem dritten Acte hrrauSgerufen und unter lautem Applaus de» gefüllte» Hauses durch Ueberreichung eine« prachtvollen Lorbeerkranze- geehrt. Nach stürmischem Hervorrufe am Ende de« Stückes hielt derselbe von der Bühne folgende dankende Ansprache: .Für die gütige Aufmerksamkeit,' die Sie der heutige» Aus führung meiner Dichtung schenkten, sage ich Ihnen herzlichen Dank; gleichzeitig spreche ich auch diesen Dank auö für die freundliche Theilnahme, die Sie seit einer langen Reihe von Jahre« den Aufführungen meiner dramatischen Versuche an hiesiger Bühne zugewendet haben. Die dramatische Muse ist zwar aa keinen bestimmten Ort gebunden, aber dort, wo der Dichirr selbst weilt, wo er die Auffübrungen seiner Stücke nnd oft die ersten Aufführungen mit ansieht, empfängt er doch die bedeutsamsten Eindrücke. Nnd glücklich darf er sich preisen, wenn wie hier ein Publicum von vielseitigster Bildung und edler Geschmacksrichtung ihm fördernd zur Seite siebt. Ich bitte, bewahren Sie da» gleiche Wohlwollen auch künftigen Aufführungen meiner Stücke» möge» es »un ältere Werk« sein »der neue Schöpfungen, wenn e» mir noch vergönnt sein sollte, sie zu schaffen und vier in Scene gehen zu lassen. Nochmel» meinen berzlichsten Dank!" Daß die Aufnahme de» Stückes seitens deS Publicum» eine so belebte war, kommt natürlich nicht am wenigsten mit auf Rechnung der Darstellung. Die Hauptdarsteller erhielten wiederholten und stürmischen Applau» und Hervorruf. Der Löwcnantheil davon fiel ohne Zweifel den, Herrn Mar Grube zu, der diesen .Mazeppa" jedenfalls zu feinen Glguzroüen zählen darf. Hoffentlich bleibt da« Stück dem Neptrk^» erhalten. Adolf WeiSke. GriinLerproceß in Glogau. — Glogau, 28.September. (Neunter BcrhandlungStag. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Einholung einet Gutachtens der Sachverständigen über die wirkliche Lage der Firma I. S. örstrr am 8. Februar 1874. als dem Loge, welchen Friedrich ,Srster zur Basis seines am 14. Februar 1874 an die Gläubiger versandten Statu« machte. Die Staatsanwaltschaft will daraus den Beweis liefern, daß die Angabe« de« Angeklagten nicht richtig waren. Rechtsanwalt Kempner bekämpft diesen Antrag, indem er namentlich daraus hinweist, daß eS um so weniger statthaft sei, abermals in dieser Art eine Voruntersuchung zu etabliren, als dir Staatsanwaltschaft gar nicht angeben könne, in welcher Beziehung denn die Angaben de- Förster'schen Status falsch wären. Drr Gerichtshof beschließt nichtsdestoweniger die Extrahirung eines solchen Gutachten-, um daraus ersehen zu können, zu welchem Statu- Friedrich Förster auf Grund der Bücher damals hätte kommen müssen. Der Gerichtshof tritt nunmehr in Berathung über die mit der Gründung der Schlesischen Tuchfabrik verbundenen und von der StaatSanwaltschask incriminirlen Handlungen, welche sich als Bergehen gegen die LoncurSordnung und das Handelsgesetzbuch darstellen sollen. Der Angeklagte, Commerzienrath Friedrich Förster, atebt gemäß der Anffordernng deS Präsidenten eine eingehende Darstellung aller der Umstände, welche aus die Katastrophe des Etablissement- Bezug litten. Seiner Darstellung nach ist die Haupturjache aller Calamitäien die gewesen, daß der „Schlesische Bankverein" im October 1873, nachdem ihn Friedrich Förster — wie die Anklage sagt, hinter dem Rücken des AnssichtSraihes — bi» auf einen ge«- ringen Rest seiner Forderungen durch Hingabe von 300,000 Ihlrn. Gruiidschuldbriesen sicher gestellt, doch gleich daraus in ostentativer Weile der Firma den Credit verweigerte, was wiederum sofort die Versagung deS bisherigen Lredits bei dem Bankcomploir tn Glogau zur Folge hatte. Nur der, welcher im praktischen GeschäftSlebeu gestanden, kann ermessen, welche ungeheure Veränderung sich mit Eintritt eines solchen Verhältnisse« sofort im Besitzwert- vollzieht. Die gesammtc Kundschaft stellt sich sofort aus einen anderen Stand» punct, sie will von einem solchen dem Untergang geweihten Etablisse ment in erster Linie billig kaufen, und >o verlor denn auch die „SLlesische Tuchfabrik', die nachweislich bisher noch kein einzig«» Stück ihrer Waare ohne Gewinn verkauft batte, nun, da sie ver kaufen mußte, an ihren Waarea Kaps und Kragen. Der GerichtShoi geht nun in die Brwcisausnahme über die fer neren Puncte der Anklage gegen Friedrich und August Förster eia, so namentlich betreffs der »»ordentlichen Buchführung, speciell ». durch unterlassene Beibringung der Detail-Inventuren über die bei Gründung der Fabrik ini Jahre 1870 angeblich übernommenen Bestände im Betrage von 383,520 THIr., d. durch undurchsichtig« Buchung einer Zahlung von 50,000 Thlr. an von Lepel znr >«s- s ihning der Schönholzer Speculatioa im November 1871, v. derrch unteuaffcne Buchung der von drr „Schlesischen Tuchfabrik" am 26. März 1872 bei Gründung der „Niederschtrsischen Mascht»«»- baugesellschast" gezeichneten 100,000 THIr. und der darauf entfallende» Gliinberprovision, <1. durch Nichtbuchung der Betheiligung der Tuch fabrik mit 10,000 Thlr». an der Gründung der Grüneberger „Artten- baugesellschast", e. der Betbeilignng an der Gründung der „Sommer Vereinssabrik" im December 1872 mit 10,000 Thlrn., k. ourch undurchsichtige Buchung der ohne Vorwissen deS Berwaltuugö- rath- au den „Schlesischen Bankverein" überlassenen 300,000 Thlr. Gruudschuldbriese aus den Fabrikgrundstückcn in Gründers am 27. October 1872. Es wird als erster Zcußc und Sachverständiger der ConcurSverwalter der Schlesische» Tuch'abrik, Herr Kaufmann Iuraschek aus Grünberg ausgcrusen. Derselbe bekundet, daß er die Bücher der Fabrik in Ordnung gesunden habe. Ter EoncurS, den namentlich Schwarzrock und sein Anhang verschuldet, sei unbedingt nicbt nöthig gewesen. — Präsident: Die Anklage sagt, daß der Ruin gerade durch da- ungcmeffcne Bestreben Friedrich Förster'» nach Ausdehnung deS Absatzes erfolgt sei. — Zeuge: Derselbe besaß allerdings ein heißes Streben und einen gewissen Ehrgeiz der In dustrie zu nützen. Vielleicht war eS deshalb nicht gut, daß alle Ge- schüste in einer Hand lagen. — Präsident: Welcher Unterschied waltete in der Gesckäftssührung des verstorbenen Geh. Commerzien- raths und seinem Sohn ob? — Zeuge: Ich habe den Verstorbenen dreißig Jahre lang gekannt; er war ein überaus redlicher «ud dabei sehr vorsichtiger Geschäftsmann, der aber dabei doch nur in seinem Weingcschäft gute Geschäfte machte. Daß die Ver dienste ans seinen andereil Geschäfte» — er besaß eine Glashütte, Oehlmühle, Papierfabrik rc. — groß waren, bezweifelt mau in Grimberg. Präsident: Hat das Tuchgcschäst nicht proSpcrirt? Zeuge: DaS Geschäft florirte »nd hatte gute» R»f. Präsident: Welche Ansicht haben Sie über die Ehrenhaftigkeit und Redlich keit der Firma? Zeuge: Ich habe nie an der Redlichkeit und an dem guten Willen aller Inhaber gezweifelt. Präsident: Die An- klage lagt, daß die Firma I. S. Förster nur gründete, um Veld für sich heraiizuzichen; ist cs Ihnen bewußt, daß die Lage der Firma im Jahre 1870 prccär war? Z uge: Sie brauchte durchaus nicht zum Bestehen und höchstens nur zur Er weiterung ihrer Etablissement- fremdes Geld; der verstorbene Geheime Cominersicn-Ralh war aber durchaus gegen eine solche Heranziehung sremden Tantals: ich selbst halte den entgegengesetzten Gedanken Friedrich Förster'S für berechtigt und genial. Staatsanwalt Woistasch: Dabei sind aber 6 Millionen Actiencapital verloren gegangen und außerdem noch 1,900,000 Forderungen der Gläubiger allein bei der Tuchladrik ausgefallen. Zeuge: Immerhin ist bei dem Eoncurse noch mehr herailSgckommcn, al» ur sprünglich veranschlagt war, n»d der Erfolg wäre noch größer gewesen, wenn Schwarzrock nicht entgegengearbeitet hätte. Präsident: Nun sind aber der Anklage nach 18 tn« 20 Millionen bei den Förster'schen Gründungen verloren gegangen; wo ist das Geld, abgesehen von den gezahlten Dividenden und Gehältern, geblieben? Zeuge: Ich führe die Verloste »amentlich aus die durch Schwarzrock bewirkte Ivftematische Untergrabung dcs Ercdits »nd dessen Vertrauen» zurück. Präsident: lebten die Gebr. Förster luxuriös? Zeuge: Nein, sie haben stet« fleißig gearbeitet »nd dabei einsach gelebt. StaatSanwalt Woytasch: In Folge der zahlreichen ans dem Grünberger Kreise an de» Obkrpräsideiilcn gerichteten Deputationen wurde eine Staatö- hilse au- Prooinzialsonds in Höhe von 156,000 THIr. gewährt; warum wurde z» deren Zurückzahlung lischt auch die Familie Förster herangezogen? Zeuge: Die halte saclisch nichts mehr. Die weitere Zeugenvernehmung ist belanglos. Mit einer lletnen Controverse zwischen dem StaatSanwalt Wonlasch und deni RechtSanwalt Cohn schließt die Verhandlung. Letzterer hatte nämlich gegen einige Fragen de« StaatSanwalt» an de» Angeklagte» August Förster, die sich auf eni anderes als da« zur Verhandlung stehende Thema be zogen. Einspruch erhoben, worau, sich Staatsanwalt Wotitasch mit der Aufforderung an den Präsidenten wandte, nunmehr, da la auch ihm Mäßigung auferlegt worden sei, doch ja auch der Vertheidigung Mäßigung auszuerlegen. vermischtes. — Berlin, 29. September. Die Borsig'sche Fabrik feiert beute da» Fest der Fertigstellung deS lOVO. Locomotiv» Dampfkessels. Schon in friisies.ar Morgenstunde wurde drr mit Guirlanden. Bininc» uns Kränzen reich derorirte und mit der weithin leuchtenden Zahl „1009" geschmückte „Jubilar" unter Begleitung einer großen Arbciter-Abtheilnng au» der Fabrik in Moabit nach dein Etablissement in der Ebciussrestraßo nberslibrt, woselbst die bozsiglicbe Locomotiv« brrgcstrllt wird. I„ 10 dis 12 Woche» dürste die Arbeit vollendet sein und dann daS Fest der 4000. Locomotiv« ia würdiger Weife gefeiert werden. Zehn Jahre sind «tz h«, - Ä G M k-, ' .. * «
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