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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.11.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188211205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18821120
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18821120
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-11
- Tag1882-11-20
- Monat1882-11
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.11.1882
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Kr-»rti«K un- Lrvk-iti«» Iodanuesgafie 33. APriMn»-ru -kr Urduction: vocimNag« 10—12 Uhr. Naanninaq« 5—6 Ubr. s>» t«I Ullckz.v« »i,miicri»I« „cht Uch »« »>»> «ee»u»»lich. Annatme »er kür »ie nächfts«I,e«»e Nummer »eitimmten Inierate »» rSa»enka,en »iS 3 Ubr Nackmitta,». a» L»»u- uu» -esttagru irü» »>«Utzr. 3« -kn /ilialrn für Znl.-jXnnakme: ktl» Klemm, UniversitätSüraße 21, L«ui» lösche, Kaidonnenstraße 18,». nur »i« lltzr. Anzeiger. Organ fnr Politik, Localgrschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage L7,»V0. Adonnrmrnlsvrn» vterrelj. 4'/, Mir., inet. Vrmqerloba ö Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne -tummrr 25 Ps. Lkiegexenwiar 1t) Ps. Gebühren lür Extrabeilagen «hnr Postbeiörderung 39 Mk. «lt Postbeivroceuiig 48 Mi. Inseratr ssgeivaltene Petitzeile SO Pf. Gröbere Scheinen laue unierem PreiS- vrrzeichiliß. Tabellarischer Lay naw höherem Tarif. Lertamen unter den Nedartionsllrich die Lvalizeile 50 'Ls. Jmeratt sind „er» an die Expedirivn zu senden. — Raban wird nichi gegeoen. Zahlung pr»euuii,«>rauaa oder dura; Post- naamagme. 3 21. Montag den 20. November 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntmachnilg. Auf dem Platze »or dem kaiserlichen Poggebäude am Bayerischen Bahnhose Hierselbst werden Moitag. »rn 20. Nsvember. vorwttlag« 11 Uhr, verschiedene au» dem Abbruche gewonnene Materialien. Rundbogen- Tbür- und Fenstergerüfte, Tdürgewände, Zwsttelsülluogen, Sohl- bänke »c von Ctaudstein, Fußdodenplatten, Fußbodendretter. ein- slüglige Tbüren mil 4 Wallungen, eiserne Oeien, I GlaSverschlag, I Scknebeihür, 2 Eisenbahnschienen. 2.8 Meter lang, ic. unier den vorder bekannt zu machende» Bedingungen und gegen sosortige Be zahlung an dir Meistbietenden verlaust. Leipzig, 18. November 1882. Irr laiserliche Ober-Pokt»irect»r. Walter. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 20. November 1882. * Zu dem von uns gestern erörterten Steuerpro- gramm der preußischen Regierung schreibt die ,.Nationalliberale Corrrsponkenz": „Tesicit und Anleihe, Steuererlasse und neue Steuern bilden den widerspruchsvollen Inhalt der Finanzpolitik, die der Minister Scholz bei Er läuterung de- Etat- verkündigte. Man mag die Ausführungen des Leiters unseres Finanzwesens betrachten wie man will, inan kommt über die harte Thatsache nicht hinweg, daß Preußen- Bedürfnisse großer sind als die vorhandenen TcckungSmitlel und daß eine weitere Verminderung der letzteren i»it einer vorsichtigen Finanzpolitik sich kaum in Einklang bringen läßt. Eine Zeit der Deficit» ist logischer und ratio neller Weise keine Zeit der Steuererlasse. Die nationalliberale Partei war die einzige, welche die Politik der Steuererlasse bei gleichzeitigen TeficilS und Anleihen von Anfang an be kämpfte; die anderen Parteien glaubte» ans „takliscken Rücksichten" oder Wahlberechnungen die Steuererlasse accep- tiren oder sic gar noch reckt „sestnageln" zu sollen. Tic Nationalliberalen baden darüber viele Anfechtungen zu er fahren gehabt' ihre Haltung wird aber mit jedem neuen Schritt, der aus der abschüssigen Bahn gethan wirb, mehr gerechtfertigt, hätten wir nicht diese Stcucrcrlasse, die Schwierigkeiten würden sich lehr erheblich vermindern und da» von allen Parteien gebilligte Ziel der Aushebung der vier untersten Classensteucr- siiisen könnte leichter erreicht werden. Weit über das wirk liche Bedürsniß hinaus wird in den Vorschlägen der Negie rung in die bestehende Besteuerung des Einkommens ein Loch gestoßen. Wir erinnern an die bekannte RcickStagSrede de» Herrn von Bennigsen in der Sommersession. Da war a»S- gesührt, daß das Gesammlerlrägmß der Elasten- und Ein kommensteuer im Vergleich mit anderen Ländern sehr mäßig sei u»v bei der Gesammtleistung dcS Volks an direkten Steuern von einem unerträglichen Druck nicht die Rede sein könne. Nur in der ungleichen und unbilligen Verlhcilung der Gesanimtlast aus die verschiedenen Einkommenarlen und Einkommengrößen liege der Druck, und dem könne man ab- helfe» durch eine in sich selbst abgeschlossene Reform der Einkom men besteuerung, die a» der Gesamintsumine des Ertrag- nickt- ändere und durch die Mittel, welche ganz planlos und willkürlich mit unnützen Steuererlassen verzettelt würden. Diese Winke sind nicht befolgt worden. Die alten Steuererlasse sollen durch die Anleihe gedeckt werden, sie bilden die haupljächlichste Verwendung derselben; für die Aufhebung der vier unterste» Elastensteucrstttfen soll eine au- den verschiedensten prinei- piellen und praktischen GesichtSpuncten bedenkliche interimi stische GewerbebetriebSsteuer tue Mittel schaffen. Die „Germania" saßt ihre Bedenken gegen den Finanzpla» der Negierung in vier Puneten zusammen: l) wolle er die beiden alten Erlasse scsthalten, obschon keine leichte Deckung sür den besseren neuen zu sinken sei; 2) wolle er bloß den neuen Erlaß decken, die aiidern aus den StaatSeredtt verweisen; 8) schlage er interimistische Steuern vor, welche neben den finanziellen noch schwere wirthschastliche Bedenken erregen und 4) sehe er von jeder organischen Reform ab, macke die zufälligen, unsystematischen Erlasse zur Regel und lasse die allseitig gesordcrle Mehrbelastung des mobilen Capital- gänzlich außer Acht. Man wird gegen diese Vorwürfe de« CentrumSblatt» kaum etwa- Stichhaltige- einwcnbr» können. Wollte man sich aus die Aushebung der vier untersten Elassensteuerstusen beschränken, so würden sich die Mittel leichter und ans einem besseren Wege beschaffen lassen, alS dem vorgeschlagencn." * Ueber die am Donnerstag Abend zu Berlin statt- gehabte Auseinandersetzung innerhalb der Fort schritt-Partei hören wir, daß eS »ach einer Verhandlung, die Über vier Stunden dauerte, zu einem eigentlichen Be schlüsse noch nicht gckemmcn ist. Tie Entscheidung wird wohl erst erfolgen, wenn der erkrankte Birchow an den Verhand lungen lheilzuiiehmen in der Lage ist. Indessen ergab sich schon nach deni bisherige» Verlaus die bemrrkenSwerthe Er scheinung, daß nur eine kleine Minderzahl der Fractio», an- geblich nur ein halbes Dutzend Mitglieder, in dem Richter- Hänel'schen Streit aus Seilen de« ersleren stehen, die große Mehrzahl aber sein Vorgehen gegen Häncl mißbilligt. Dabei Ubenvog aber der Eindruck, daß die Disscrenzen in der Fortschrittspartei neck einmal äußerlich beigelcgl werden und diesmal zu einer Krisis nicht führe» würden. * In dem von ibm selbst berauSgegebenen „ReicbS- freund" verwahrt sich Herr Eugen Richter gegen die öfter» ausgestellte Behauptung, er habe in seiner Wahlrede in Kassel gesagt, ein Conservativer sei ihm lieber alS ein Nationalliberaler. Eine selche Acußernng habe er nickt ge than. Er habe aber allerdings erklärt, daß der national- liberale Eandidat in Kassel, Professor Ennecceru», sich seiner Wahlrede nach von einem Conservgtiven nur durch den liberalen Namen unterscheide und daß ein solcher „DämmcrungS- liberali-muS" der liberalen Sache unter Umständen mehr schaden könne alS ein offener conservativer Standpunkt. Damit ist außerordentlich wenig dementirt. Diejenigen Nationalliberale», welche der fortschrittlichen Parteileitung nicht gefallen. — und daS sind Alle, gegen welche sich mit der geringsten Aussicht aus Erselg fortschrittliche Gegen kandidaturen ausstrlleu lassen — werden eben sür „Däm merung-liberale" erklärt und dann sind sie der liberale» Sache schädlicher und der fortschrittlichen Partcitung unan genehmer, als ein rechter Conservativer. * Ein Antrag der „Liberalen Vereinigung" wegen vorheriger Verständigung Uber Initiativanträge unter den liberale» Parteien ist, soviel wir köre», bis jetzt bei der nationallideralen Fraktion nicht eingegange». * Beim Abgeordnetenhausc wird unter anderen Wahlansechtungen auch ein Protest gegen die Wahl in Biedenkopj eingereicht werke». Dortselbst ist der con- servative Regierungspräsident vonWurmb mit 78 Stimmen gewählt worden gegen 58, die aus den bisherigen Abgeord neten, de» nattvnailiberalen LandgericklSralh Bork, sielen. Der Sieg der Eonservaliven kam nur durch den un glaublichen Truck und die Beeinflnssun.zSkünste von Ber- waltungSdeamlen auf die Bürgermeister und andere abhängige Wähler zu Stande, und außerdem sind auch bei de» Wabl- mäunerwahlen so stark formale Unregelmäßigkeiten vor- gekomineu, daß die Cassiruug der Wahl wohl erwarte! werden kann * Die ..Nordd. Allg. Zeitung" ist in der Lage, den durch die Nachricht vom angeblichen Besuch des Herrn von Bennigsen in Barzin allarmirten Klerikalen und Eonservaliven die Beruhigung zu verschaffe», welche man ihnen in stummem Spott vorenlhielt; das genannte Blatt schreibt: „Diese Nachricht, an deren Richtigkeit die Redaclion der „Germania" schwerlich selbst glaubt, ist vollständig au» der Lust gegriffen. WaS das ultranionlane Organ mit seiner Erfindung oezweckt. ist kaum ersichtlich, da eS an und sür sich weder unerlaubt nock ausfällig wäre, wen» ein Minister sich mit hervorragenden Führern achtbarer Parteien in persönlicher Fühlung erhielte. Zufällig hat die angebliche „Cvuferenz" aber nicht statlgesunden." * Herrvo» Gier-, der russische Minister de-Aeußern. welcher gegenwärtig bei dem Fürsten BiSmarck in Barzin weilt, hat seit sieben Jahren Rußland nicht verlasse», aus genommen im September vorigen Jahre-, wo er den Kaiser Alexander nach Danzig begleitete und aus der „Tcrscbawa" »nt dem deutschen Reichskanzler eine mehrstündige Confercnz kalte, auS der er, wie auS den Depeschen deS damaligen österreichischen Botschafters, jetzigen Minister- Grafen Kalneky, erhellt, die beruhigendsten Versicherungen von den friedlichen Intentionen deS Fürsten empfing. AuS Barzin wird er hoffentlich denselben Eindruck mit nach Italien nehmen. Man darf in diesem Besuche dcS russischen Minister- bei unserem Reichskanzler wohl eher eine Bekräftigung der Auslassungen der jüngsten Thronrede erblicken, daß die Wohlthaten de- Frieden» gesichert bleiben, sowie als ein Anzeichen ber be sonderen Verwirklichung dieser Hoffnung. * Die „Elsaß-Lothringische Zeitung" erklärt gegen diejenigen dcntschcn Zeitungen, welche kürzlich daraus tu» gewiesen haben, daß die Erleichterung der Rückkehr von Optanten und von Elsaß-Lol kringern. welche die Naturalisation in Frankreich erlangt haben, mißbräuchlich zur Umgehung der deutschen Militairpflicht lx ..yt zu werden scheine, eS sei die Annahme ein Irrtbum, als ob die Be handlung der Optanten in irgend welchem Zusammenhänge mit der Behandlung derjenige» Elsaß-Lolkringer stelle, welche vor Eintritt in bas Milltairpflichtigc Aller die Entlassung auS dem hiesigen StaatSvcrbandc erlangen. Diese beiden Fragen hätten durchaus nicht- miteinander gemein. Zur Prüfung der Staatsangehörigkeit der Ovlanlen Halle der Statthalter eine Commission eingesetzt, nach deren Anhörung er in jedem einzelnen Falle entscheide, aber alle Falle, die hierbei zur Erledigung kommen, stammten aus einer vergangene» sest- begrenzlen Zeitperiovc; es handle sich dabei ui» Änweukung specicller durch den Frieden-Vertrag gcsckassener Rechtsnormen. Ganz ander- verhalte eS sich »nl den seit Abschluß jener Periode auS dem SlaalSverbande entlassenen Elsaß-Lotbriiigern. Sie fielen unter daS gemeine Reckt, welche- ihnen gegen über von den ordentlichen Gericht»- und VcrwallungS- dehörden aehandbabt werke. „Sollte die Rücksichtnahme aus da» Interesse der einheimischen Familien, welche die Regierung u» der Optanlensrage hat walten lassen und welche sie auch fortan unbeirrt walten lassen wird, die Meinung erzeugt haben, daß junge Elsaß-Lotbringer die Militairpflicht umgehen könnten, indem sie die EiitlässuiigS- urkund« erlangen und sich nachher doch im Lande dauernd aushalten, so wäre diese Meinung irrig. Der Regierung stehen Mittel und Wege zu Gebote, einen, solchen Mißbrauch zu steuern. Die Regierung deS ReichSlankeS hat die Auge» offen und weiß, was sie nach Gesetz und Recht denjenigen gegenüber zu thnn hat. die sich der deutschen Wehrpflicht durch Entlassung auS dem hcimathlichen StaatSvcrbandc zu cnlzichcii suchen." — Dasselbe Blatt veröffentlicht (wie wir heute wiederholen) die Ergebnisse der heule statüzebabtcn 22 Wahlen zum La» dcS a»ssck uß, welche bei weitem über wiegend einen gemäßigten Charakter zeigen. Die klerikale Partei hat einen Sitz (Rappottsweilcr) verloren und einen (Colmar, Stadt) mit 2 Stimme» Majorität gewonnen; sonst haben mit Ausnahme von Zaber» und Metz Stadt und Land nur Wiederwahlen stattgesuuden. * * O * Tie im Verlaufe der österreichisch-ungarischen Delegationsverhandlungen zu Tage getretenen Er klärungen der ReichSregierung wie auch der gesetzgebenden Kactorcn hinsichtlich ber Slellung der Monarchie zu den secundaircn Staatcnbildungen auf der Balkan Halbinsel scheinen aus die rusiensrenndlichen und panslavistischcn Rgi- tation-bestrebungen in Cettinje, Belgrad und Sosia einigermaßen entmuthigend gewirkt zu haben. Ihre Macht- spbärc schruiiipst mehr und mehr zusammen, wogegen die Erkenntniß sich Balm brickt und von eben herab begünstigt wird, daß den einzelnen Rationalitäten von österreichischer Seite weder Aufsaugung nach Vergewaltigung droht. *Rm Sonnabend wünschte in der sranzösischenDepu- lirtenka», mer der Lbgitimist Baubrh V'Asson eine Ansrage an den Minister de» Innern zu richte» wegen einer in einem Schloß m der Bend de geworfenen Bombe. Dir Kammer beschließt, diese Ansrage aus acht Tage zu vertagen. — Der ConsrilSpräsideiit D „eiere verliest den Gesetzentwurf, nach welchem der Bcrlraq Brazza'S Uber daS Eongo-Gcbiet ge nehmigt wird. (Beifall.) Die Kammer beschließt die Dring lichkeit, die Commission zur Vorberalhung re« Gcsetzentivursü soll nächsten Montag ernannt werde». Marct (rakwal) be antragt die provisorische Freilassung der Angeklagten von Montceau-leS-MineS und verlangt die Dringlichkeit. Ter DringlichkeitSantraa. welchen daS Ministcriuni bekämpft, wird mit 381 gegen 76 Stimmen abgelehnt. — Reche (radikal) iiilerpcllirt die Regierung wegen der dem Erzbisilles ron Algier bewilligten 50,000 FrcS. Ter Minister des Innern weist nach, daß dieser Credit vom CultuSminister ordnungs mäßig bewilligt worden sei zum Ersatz der Vorschüsse, welche der Erzbischof von Algier geleistet habe. Der Minister wies Varaus hi», daß der Erzbischof iin Interesse deS französischen Einflusses in Tunis grcsze Opfer gekrackt habe, unv bezeich- nete daS bezügliche Borgchen desselben alS ein patriotisches Werk, welawS vollständige Billigung verdiene. Die vom Minister beantragte einfache Tagesordnung wurde mil 314 gegen >25 Stimmen angenommen. * Die Königin von England nahm am Sonnabend in London au> dem Platze vor den, Gebäude der Horse GuardS die Parade über die auS Egvpken zurückgckeürten Truppen ab. Die Zabl der vor der Äoingin vorüber tesili- rciiden Truppe», einschließlich der Marinedrigade und der von kein indische» Tnippencontinaent hierher eommandirten Texutation. betrug gegen 8000 Man», an der Spitze der Truppen befand sich General Wolseley. Sowohl aus dem Paradeplatze, wie in d^n zu demselben führenden Straßen wurden die Truppen von den Kops a» Kops gedrängte» Volksmasse» mit enthusiastischen Zurusen begrüßt. * Aus Kairo wird gemeldet, daß eine Commission zu dem Behufs gebildet werde» soll, die Zahlung der Ent schädigungen an die bei dem Bombardement Alexandriens in Mitleidenschaft gezogenen Europäer zu beschleunigen. Aus der Form, in welche der Telegraph seine bezügliche Nachricht gekleidet hat, ist nickt ersickllich, ob die Commission, deren er erwähnt, einen internationalen Charakter tragen wird, über haupt mit jener EnlschäbigungScomiiilssion identisch ist, von welcher schon früher die Rede gewesen. Möglich, daß man eS hier wiederum mit einer freiwilligen Anregung dcS egypti- schen CabinetS zu lhun hat, wie deren seit Ankunft Lord Tnss'criii'S i» Kairo mehrere zu registriren gewesen sink. An und sür sich hat die EnIschädigungSfragc mit der politischen Seile des egyptisckcn Problems wenig oder gar nichts zu schassen und ließe sich daher die verfrühte Behandlung dieses PiiiictcS unter den Einwirkungen einer internationalen Com mission ganz wohl statuircn. Rathsam aber erscheint freilich, erst ba- Eintreffen a»lSführlichercr Mittheilunge» abznwarlcn. * Der Proceß gegen Arabi Pascha ist suSpendirt, bis die Regierung über die Absichten Englands unterrichtet sei» wird. Dieselbe würde vorziehen, aus die Fortführung deS Processes zu verzichten, falls der Nrthcilöspruch ange- sochten werken sollte. — Gerüchtweise verlautet, daß die eyhptischeu Truppen in Suez, ivelche nach Suakim ab- gehkii sollten, gemeutert hätten und sich weigerten, sich ein- zuschifsen. Neues Theater. Leipzig. lS. November. Gestern Abend wurde Georg Siegerl'S Tragödie „Klytämnestra" hier zuin ersten Male gegeben und fand eine beifällige Ausnahme. Vor Jahren machte eine tüchtiges küiisileriscl'c Schöpfung, die „Klytämnestra" Tcmpcltey'S, die Runde über die brutschen Bükncn; diese lehnte sich treuer an die antiken Vorbilder an. alS Siegert'S Trauerspiel, welche» in dem einen wesentlichen Hauplpnncle von den allen Tragikern abwcickt, daß die Heldin nicht von Orestes gctödbel wird, sondern sich selbst das Lebe» nimmt. Im Uebrigen ist da- Stück ein Extract auS mehreren griechischen Tragödien und deshalb wohl allzu inhaltreich geworden. Die beiden ersten Acte haben denselben Inhalt wie der „Agamemnon" des AesckyloS, die folgenden erinnern an die „Chocphorcn" dieses Dichter- und die „Elektra" dcS Sophokles, obwohl gerade hier der Dichter eigene Bahnen cinschlägt und Orestes vor dem Muttermorre zurückbellen läßt. Klytämnestra reckt- fertigt sich »nd zwar, indem sie den Inhalt der Iphigenie in AnliS in langer Erzählung wiedcrgiebt; die Voraussetzung ist. Laß de» Kindern die Opferung der Schwester durch den Vater bisher verschwiegen blieb; eine keinesfalls wahrscheinliche Borau-setzung. Und doch beruht daraus die große Wendung deS Stückes: OresteS wird vorübergehend von der Nacht de« Wahnsinns ui»sangen, vbsckon die Eumenidcn in diesem Trauerspiele ja nichts mit ihm zu thun haben, und Klvlämncstra vergiftet sich selbst mit dem SchirlmgStranke. Wir verbinden inveß mit Orestes einmal den Begriff de» MuttcrmörderS so eng, daß dw ganze Gestalt ohne Ausführung dieser Tllat ihre typische Bedeutung verliert. Und was soll ein milderndes Lickt, das auf die Gräuel dieser Atriden fällt, von denen ja selbst die Sonne ihr Angesicht abgewendct hat, nur nicht die tragische Muse der Gegenwart? Es ist »nS im Einzelnen viele» bedenklich vorgekommcn in dem neuen antikisirenden Trauerspiele: die Schnelligkeit, mil welcher Klytämnesira gleich am Ansange dcS Stücke» nur aus Grund eine- BolenberichleS. der von des Agamemnon Zwist mit AckillcS unk seiner Liebe zur Tochier de» ChryicS Kunde bringt, dem Aegislb die Hand rum ehebrecherischen Bündniß reicht; der aus ÄesckyIoS Chcepborcn ausgenoinmenc Schallen de» Agamemnon — Geister sollen aus der modernen Bühne keine Stätte sinken; Orestes, den wir doch im ersten Acte sahen und der im dritten allerdings nach längerer Zeit wiederkchrt, aber dock erkennbar sür zeken, am meisten ssir da» argwöhnische Auge de» AegisthoS u. A. Doch sehen wir ab von dem Stoffe, der sür.tie Bühne der Gegen wart auch in niodernisirender Behandlung sich wenig eignet, so müssen wir dem Talent deS Dichter» Anerkennung zollen, der über eine ckelkrästige Sprache gebietet, für starke drama tische Wirkungen und glückliche theatralische Arrangement» Sin» und Geschick bat und wenigstens die richtige Intention zeigt, den antike» Stoff in ein nioderne» Licht zu rücken, so spröde sich auch derselbe gegenüber seinen kühnen Gassern zeigen mag. Frau Magda Irschik hat in der Nolle der „Klytäm- ncstra" wiederum bewiesen, daß sie sür hocktragische Ausgaben eine hervorragende Begabung besitzt. Ihr modulationsreichc» Organ giebt lick sür alle Schaltirungen und Abstufungen te« kramalischen Au«truckk» willig her; bisweilen indeß wiegt sie sich all;» sehr aus kiesen auf- und »iederwogcnden Tonwellen. Vorzüglich gelang ihr die allerdings an Macbeth erinnernde Scene vor der Ermordung. Aucb die bi« zur Ermüdung lange Erzäblung vom Opserlode der Iphigenie trug sie mit verstäiidnißvoller Wiedergabe der Verse vor; in den großen Momenten gebet sie, wie n»mer, über eine markige Energie und ließ keine Masche der Dichtung sallen. Herr Grube als Aegisth war ein imposanter Besewickt: eS lag clwa? wie Herrscherberns in dicstr Gesielt ,„,d da« vermechle cinigermaßcn ,„>t der wüten Genug und Herrschsucht de» Tyrannen auSzusvhnen. Der Oreste» de- Herrn P nrkck> ian Halle Feuer und brachte den innern Kamps deS Helden, besonders in der großen Scene mit der Mutter, dramaliich w>>ki»iu zum Ausdruck; doch vermrßten wir die durchweg edle Haltung. DaS Fortwerscn deS ManlelS in der ErkennungS'c.nc mit Elektra erschien un» überflüssig; denn der Mantel verbarg ja seine Züge nicht. Der Bölkcrhirte Agamemnon des Herrn Meyer reprkffentirtc m kräftiger Weise den Oberseidllerr» der Hellenen. Frl. Salb ach alS Elektra überraschte uns durch eine» leidenschasilicken Zug. den wir bisher bei ü>r zu entdecken nicht Gelegenheit hatte»; sie sprach mit einer inner lichen Wärme, welche un« die Gestalt syinpalhisch machte. Der sauste und rubige To» de» PyladeS wurde von Herrn Teucher gut getroffen. Besonders gut sprach er die Er zählung vom Tode deS Orestes, die übrigens etwas an die Erzählung vom Tode de» Hippolyt i» der „Pbädra" erinneil. Herr Herbst alS Bote sprach in den Inlroduckionslcene» die Bcrje in ancrkcnnenSwerlker Weise, auch der Wächter (Herr Treutler) und der Pfleger deS OresleS (Herr Prost) verdienen Lob. Die Inkcenirung war lebendig »nd besonders die Gruppirung der Gestalten osl eine plastische. Frt H ahn hatte die Ausgabe, die stumme Kassandra darziiiiellen und sie repräsentirte die Wahrsagerin fürstlich und ausdrucksvoll. Rudolf von Goltschatl. Musik. Stimmen der Wiener Kritik über Teresina Tua. Professor Dr. Ed. Han Silk schreibt ln der „Neuen Fr. Pr.": „Bei überfülltem Hause hat heute eine Wiederholung des Ballet« „Melusine" stattgesundcn, vor welcher die Violinspielerin Teresina Tua sich zum zweiten Male producirte. Der Erfolg der jungen .Künstlerin war heute ebenso vollständig, vielleicht noch glänzender, alS bei ihrem ersten Loncerte am verflossenen Sonnabend. DaS Wiener Publicum scheint sich säst so schnell wie kürzlich da- Berliner in doS graciöje und höchst talentvolle Mädchen verliebt zu haben. Glücklicher Weise bildet die Anmuth ihres äußeren Wesen- nur eine holde Beigabe, nicht die Hauptsache ihrer Productionen. DaS hat Signorina Tua heute wieder zweiselloS darnethan mit dem Bortrage zweier Blolin-Eompositionen. welche zwar nicht zu den besten oder interessantesten gehören, wohl aber zu den dankbarsten gezählt zu wrrden pflegen: mit Böriot'S Eoncert Nr. 7 und WieniawSky'S „Faust" - Phantasie. Wir haben beide Stücke schon mlt größ-rem Ton«, aber kaum mit mekr Reinheit, Eleganz und liebenswürdiger Pikanter!« vor tragen höre«. Glänzte die junge Geigerin in dem erstgenannten Stücke hauptsächlich durch anmulhigenGesang und feine»Passageuspiel, sozeigte sie sich in dem zweiten vornehmlich im Besitze der moderneren, gewaltsameren Birtuosenkünste und leistete da ganz Vorzügliches in Doppelgriffen, kübnen Octavenpasfagen und gewagten Ftagcolet- Effecten. Stürmisch gerufen gab sie noch dieLaprice-Pyanlaste von BieuxtenivS zu und bereitete uns mit dielen, oft gehörten Stücke einen auserlesenen Ohrenschmaus, so reizend spielte sie es." Das „Wiener Fremdenbt." schreibt über die Künstlerin:. „Die Biotin-Virtuosln Sign. Teresina Tua, welche gestern zum ersten Male vor bei» Wiener Publicum ausirai, hat eine ebenso glänzende Ausnahme gesunden, wie ia Italien und erst kurz zuvor in Berlin. DaS Glück dcS heitersten Erfolges begleitet die Fahrten der jugend liche» Künstlerin, welche gleich berühmten Vorgängerinnen, den Schwestern Milanollo und Ferni» von Turin auS in die Welt ge zogen ist und nun durch die Anmuth ihrer Kunst wie ihres ganzen WejenS überall Gesalleii findet. ES bildet einen charmanten Ge- iaiiimieindruck und Effect, Signorina Tna spielen zu hören und spielen zu sehen. Da- junge Mädchen im kurzen we.ße» Kleide tritt mit herzgewinnender Anmuth aus, blicki sroh und munter umher, ein Lächeln belebt ihre Züge, wenn sie mit voller Sicherheit eine Schwierigkeit überwunden, >ede Assertion, jede einstudirte Geste ist ihrem Austreten sremd, mit einer gewisse» Unbefangenheit ausrich- tiger Freude und mit künstlerischem Temperament ist sie bei ihrer Ausgabe. Grazie zeichnet nicht nur die Erscheinung und doS Be nehmen der jugendlichen Künstlerin, sondern auch ihr Spiel aus. Der Ton ist sonach schön und rein, die Passagen und Läuse klar und präciS, daS Flageolet vortrefflich ausgebildet, der Vortrag und die Ruancirung ebenso zierlich als lebhaft. TaS überaus zahlreiche Publicum überhäufte Signorina Tua niit Applaus, so daß Liese, als der Beifallssturm sich nicht legen wollte, noch die Phantasie- Caprice von Bieuxiemps zugab, welcher abermals eine Reihe von Hervorrusen solgte." Ein andere» Blatt bemerkt u. A.: „Die Tua ist ein Phänomen wie Adelina Patti; sie ist die Paiti der Geige" und die Berliner Kritik hat sie al« „Grigenkee" bezeichnet. DaS am Mittwoch, den 22. November, im GewanbhauSsaake stattfindend« Eoneert der Signorina Teresina Tua wird unter- stützt durch den vorzüglichen Pianisten Herrn A»sorge, welcher sich äußerst schwierige Ausgaben gestellt hat. Als sehr bedeutendes, vor trefflich durchoebildeie« Tlaviertalent anerkannt, wird eS dem jungen Künstler, welcher erst sein 20. Jabr erreicht Hai, boffenilich gelingen, seine musikalische Tüchtigkeit und Bravour im Vonrag clasfii'cher und romantischer Werke m virtuoser Weise mit Erfolg zu cnlwickcln. * Crimmitschau. Am 16. d. M. sang hier in der „Lieberkallc" Fran Unger-Haupt, die sich neuerdings in Leipzig als Ges »s- lehrcrin und Concertiängerin niedergelassen bat. Wir nehmen gern Gelegenheit, an dieser Stelle die Vorzüglichkeit ihre« Gesänge» und den enormen Bestall, den derselbe gesunden, zu erwähnen mit dem Bemerken, daß man Frau Unger-Hanpl bereits brei Mal hier engagirt hat und dieselbe ganz zweiselloS in Zukunft noch öslcr gebeten wird, uns durch ihre Kunstieistung zu erfreuen. * Die „National-Zeitung" kann constatiren, daß zwischen Lee General - Intendantur der königlichen Lctnnstpsele und Frau Reicher-Klndermann zwar Verhandlungen im Gange sind, welche aus Abschluß elneS ConIracteS mil der Künstlerin Hinzielen, daß jedoch bl» jetzt eine Vereinbarung noch nicht getroffen worden ist. * Maske net'S Oper „HervdlaS" geht in Deutschland unter deS Componistcn Leitung zuerst in Hamburg in Scene. Auch die komische Oper „Der Bauer ei» S-ix lii," von Anton Dvorak, die kürzlich am Dresdner Hoktdealer auch gegeben worden ist und die Aufführung deS vielgenannten (Yoiiiivd'jchen Oratorium» „1-» kockomptian. welche« am I. November in London (AlVerl-Hille) in Gegenioarl de« Prinzen »nd der Prinzessin von Wale« einen großattigen Ersolg erzielt hat, ist in Hamdnrg in Vorbereilung. Sachsen. * Leipzig, 19. November. Nachdem die Milbibätigkeit der Bewohner unserer Stadt im Lause der letzten Monate in ziemlich auSgedebntem Maße durch die auswärtige Neth und Bevrängmß in Anspruch genommen war, kommt nunmehr mit dem bcraniiahenden WeibnachtSscst die Veran lassung, die Blicke aus die Hilssbekürstigkeit in der eigenen Stadl zu lenken, linier Leipzig wird mit jedem Iabre größer an VelkSzabl »nd Hustern; leider aber wächst dam t auch derjeniae Tbeil der Bevölkerung, welcher mit Enkblbrnng und Roth Tag aus Tag ein zu kämpfen hat und ans die
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