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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.10.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-10-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188310319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18831031
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18831031
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-10
- Tag1883-10-31
- Monat1883-10
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.10.1883
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Erscheint täglich ftüh 6'/, Uhr. Ke-action „nö Lrprdition Iohannetqasse 33. AprrltKull-kn üer Nrdaction: Vormittag« 10—12 llhr. Nachntttiaqs 5—6 Uhr. tzi-r dt« »WH»«»« em,st»»Ner »»HI sich di« ««»»»»>> mH« »klbindli» Anu«h»e »Ak Wk Ate «ächMntie»»« Nnnunrr »eAun»,en Inserat« „ Sachentas«« bis - NH« Ngch«ttba«^ an »I»nu- »nb Fcsttagenfrüh bi» '/,S Uhr. 3« -r« /itialen fjrr Ius.-Äimahme: Ott» Klemm, U«iversilät«ftroße 21, Luni« Lbsche, Katharinenstraße 18, p. nnr bi« '/,3 vtzr UchMer.TagMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auflage IS,IO«. Idonnemciltsrirris Viertels. 4'/, MK. incl. Briugerloh» 5 ML. darch die Post bezogen K Mt. Jede entzelae Rümmer 20 Vl- Belegexemplar 10 Ps. Gebühre» tür Extrabeilanr» Ohne Poftbesörderuug 39 ML Mit Poslbesörderung «8 Mk. Inserate 6gespaltme Petitzeile 40 Pf. GrShere Schriften laut unser«« Preis, verzeichuib. Tabellarischer ». Ziffernsatz nach HSHerm Tarif. Lerlamen unter de» Nedactiourstrich die Spaltzcile 50 Vf. Inserate sind stet« an die Srb«btti«N zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnaouweramto od«r durch Post- nachuagme. Zir 3V4. Mittwoch dm 31. Oktober 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil. Veklnmtmachnus, Aestzng ,«r Lutherseirr bet,. Unter Bezugnahme aus da« von unS veröffentlichte Pro gran»«» zur Luthrrfeirr ersuchen wir alle diejenigen borporationr«, freie« Vereinigungen und Gesell. schäfte«, welche sich an dem für den 10. November in Aussicht genommenen g-estrnge zur Enthüllung de» ReforniatiouSbenkruai» betheiligen wollen, und welchen eme directe Beranlasiung dazu seilen« de- Unterzeichneten Feslcomitäs nickt zugegangen ist, sich deshalb unter Angabe der Zahl der Teilnehmer mit uns baldthuulichst und spätestens bis zum L November d. I. durck die Nuntiatur -e» Nathhause» in vernehmen setzen zu wollen. Wegen der Beschränktheit des Festplatze» müssen wir u»S eine eventuelle Rcduction der angemcldeten Theilnebmer Vorbehalten. Leipzig, den 29. October 1883. DaS Aestco«rtt». vr. Georgi. Da« am 9. Juli e. von der Unterzeichneten Behörde der Dienst- magd Ernestine HantNsch aut Hohenleina ausgestellte Dienstbuch ist vor kurzer Zeit der Genannten in hiesiger Stadt abhanden ge- kommen. Dasselbe ist im Ausfindungssalle anher '»-»liefern. Leipzig, am 27. Oktober 1883. Dn« P«tt,eia«t der Stadt Leipzig Bretschneider. ver-eigerung. Dan»er«tag, de« 8 November 1888, und eventnel br« folgrude» Dag. vormittags lv Utzr. sollen im Rittergute zu Schmitten verschiedene Gegenstände, darunter: circa 3000 lltr. Kartoffeln in Feimen, mehrere Schock Roggen und Gerste in Garben, auch Wicken, Klecheu, Stroh, 26 Stück Rind- Vieh, mehrere Schweine, landwirthsckaitliche und Branntweinbrennerei« Gerälhe, Enten, Gänse, Hühner, Möbel, auch Gewächshauspflanzen, meistbietend gegen sofortige Baarzahlung öffentlich versteigert werden. Ein Berzeichniß säinmtltchcr Gegenstände hängt im Gasthose zu Schmölen au«. Wurzen, am 29. October 1883. Ter Gerichtsvollzieher de« Köuiglichen Amtsgericht«. Grünewald. Veklmutmüihimg. Nachdem die beiden ersten AbtheiUingen des Iohanuts- srtedhos» in eine öffentliche Parkanlage umgewandelt worben sind, werden die zum Schutz der Promenaden in früheren vekannlinachungen erlassenen Bestimmungen auf diese neue Anlage hiermit erstreckt. Diese Bestimmungen, welche im Nachstehenden jusammen- gefaht sind und zu strengster Nachachtung hiermit eingescbärft werden, beziehen sich aus die Promenaden in der Umgebung der inneren Stadt, auf das Rosenthal, das Scheibenholz, den Johannapark. den Rabensteinplatz. das Areal dcS ehemaligen KanonentcicheS, den Floßplatz. den Platz am Eingänge der Waldstraße und de» Marienplatz. Daselbst ist verboten 1) das unbefugte Betreten der Anlagen, Wiesen, GraS- und Waldstücken außerhalb der Wege, 2) das Reiten, Diehtreibeu oder Fahren, ins. besondere auch mit Karren oder zum Transport von Sacken bestimmten Handwagen, sowie das Tragen von umfang reichen Gegenständen aus den Fußwegen, 3) das Befahren der Fußwege mit mehrere» Kinder- »aae« oder Rollstühlen nebeneinander, 4) das Wegmerseu von Papterstüeke» oder anderen Gegenstände». Erwachsene Personen, welche mit unter ihrer Aufsicht stehenden Kindern öffentliche Anlagen besuchen, haben bei eigener Verantwortung dafür zu sorgen, daß die Kinder nicht die Anlagen außerhalb der Wege betreten, Blumen, Blüthen, Blätter oder Zweige abpflücken oder sonst die Anlagen be schädigen. namentlich nicht auf den Rändern der Rasenplätze neben'den Wegen gehen, auch die obige Vorschrift unter 4 nicht übertreten. Weiter ist verboten 5) allen Unbefugten da« Fahre« mit Lastfuhrwerk aus den Fahrwegen des Rosenlhal», des Scheibenholzes und dcS Johannaparkes, 6) das Befahren der mit Verbotstafeln bezeichneten Dammwege deS Rosenthals mit Kinderwagen oder Rollstühlen, soweit nicht für Kranke hierzu beson dere Erlaubniß ertheilt ist. Zuwiderhandelnde werden um Geld biS zu SÄ Mark oder mit Hast biS zu 14 Tagen gestraft werden. Wegen Beschädigung der Anlagen wird nach Befinden aus Grund des H. 304 des Strafgesetzbuchs Antrag auf gerichtliche Bestrafung gestellt werden. Zu den vorstehenden Bestimmungen unter 2 und 3 wird nock Folgendes bemerkt beziehentlich hiermit verordnet: DaS Befahr.'« der Pronicnadenwege mit Kinderwagen ist nur statthast, wenn darin Kinder gefahren werde«, nicht auch, wenn sie leer sind oder lediglich zum Transport von Sachen benutzt werden. DaS Verbot des Fahrens mit mehreren Kinderwagen neben einander sucht man vielfach dadurch zu umgehen, daß zwei Personen, welche solche Wagen bei sich führen, neben einander gehen, während die eine de» Wage« vor sich herschiebt, die andere denselben »ach fich zieht. Dies ist ebenso vcrkebrSstvrend, al» das Fahren mit mehreren nebeneinander befindlichen Kinderwagen und wird hiermit unter das obige Verbot unter 3 gestellt. Das Fahren mit VeloctpedeS aus den Promenaden wegen wird hiermit verboten. Aus kleine, al» Spielzeug zu betrachtende Belocipcdcs der Kinder erstreckt sich diese« Verbot nicht. Wer dem Vorstehenden zuwiderhandelt, verfällt in die oben geordnete Strafe. Schließlich sprechen wir wiederholt die Erwartung an», daß alle wohlgesinnten Bewohner unserer Stadt unseren öffentlichen Anlagen von selbst die so nöthige Schonung angedeihcn lasten werden. Leipzig, am 24. October 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. Hennig. vr. Georgi. Vkkaimtnwchung. Die nächste NeujahrSmeffe beginnt mit dem 2. Januar 1884 und endigt mit dem 15. Januar 1884. Eine sogen. Vorwoche, d. h. eine Frist zum Au-packen der Maaren und zur Eröffnung der Meßlocale vor Beginn der eigentlichen Messe bat die NeujahrSmeffe nicht. Jede frühere Eröffnung, sowie jede« längere Offen halten der Meßlocale in den Häusern, ebenso da» vor zeitige AnSpaeken an de» Ständen und in den Buden wird außer der sofortigen Schltestnng jede«mal, selbst StaatSbversten Zuwiderhandlung, mit einer Geldstrafe di« zu den Abs^kk ober entsprtckcnder Hast geahndet werden. «Shmischekst. <"» 2«. October 1883. -«geschloffen^ Der Rath der Stadt Leipzig, de« Betrieb«». vr. Georgi. Hc ^-israelitische Neligionsschnle. Harrwitz. Wie, Via. icht beginnt wieder 8»««ta», den 4. N«ve«ber 1883 vr. G,l»sch«i»t, Director eoncursverfatirtn. Nachstehender Beschluß lieber das Vermögen des Kürlchner» Simon Christian Pr-bster und dessen Sodne» deS Kürschners Juli»« Prübster in Berka a. W. wird, da beide ihre Zahlungen eingestellt haben, heute am lV. Oktober 1883 Mittags 12 Uhr das ConcurSvcrsndren eröffnet. Der Gerichtsvollzieher Albert Heuer hier wird zun» Toncur«. Verwalter ernannt. Concurssorderimgen sind bis zum 12. Derrniber 1888 bei dem Gerichte anzuineldcn. Es wird zur Beichlußsastung über die Wahl eines anderen Ver- Maliers, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusseö und rintretenden Fall» über die in ß. 120 der Loncursordnung dezeich- neten Gegenstände — aus de» 2. November 1883 Vormittags 10 Uhr — und zur Prüfun g der angemeldeten Forderungen aus Freitag, den 21. Tcccuiber 1883 Vormittags 18 Uhr vor dem unter- zeiametcn Gerichte, Abtheilung 1. Termin anberaumt. — Allen Personen, welche eine zur ConcurSinasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur lloncursmasie clwaS schuldig sind, wird aufgegeden, nichts au den Gemeinschuldner zu verabsolgen, oder zu leisten, auch die Verpflichtung auserlegt, von dem Besitze der Sackte und von den Forderungen, sür welche sie au- der Sache abgesonderte Belriedigung in Anspruch nehmen, dem LoncurSverwalter bi« zum 12. Drcember 1883 Anzeige zu mache». Gerstlingen, de» 19. October 1^83. Grotzhrrzoglich SSchf. Amtsgericht. Gez.: Vr. Ratenbacher. wird hiermit veröffentlicht. Lerstunge», am 25. October 1888. Der Gerichtsschreiber Grosth. Amtsgericht» Hik. Nichtamtlicher Theil. Line balkanische Tragikomödie. Die Hauptstadt deS FürsienthumS Bulgarien war in de» letzten Tagen der Schauplatz einer große» Haupt- und Staats- aclion, deren AuSgana dem Urbcber derselben, Fürsten Alexander, leicht seine Fürsienkrone kosten kann. Daß dem jungen Fürsten endlich die Geduld anSgegangen ist nach Allem, waS er in den letzten Monaten erlebt Kat, ist ihm wahrlick nickt zu verdenken. Die russischen Ossicicre, welche man ihm zur Seite gegeben hatte, geöerdeten sick, al« ob nickt er, sondern sie die Herren im Lande wären, kündigten ihm den Gehorsam aus, blieben in ihren Acmtern, wenn er ihnen die Entlastung ankündigtc, und wiesen dann zum Ueberfluß auch noch geheime Befehle auf, welche sie zu dieser seltsame» Aufführung ermächtigten. Fürst Alexander wurde gegen seinen Willen gezwungen, die mit Genehmigung und aus Veranlassung Rußland» außer Kraft gesetzte Ver fassung wieder einzusühren und nachdem ihn die Herren Jonin und General Soboleff endlich dahin gebracht hatten, ihnen den Willen zu thun, verhöhnten sie ihn noch obendrein und Gotteten seiner Befehle. Jetzt drehte aber der Fürst den Spieß um. und als die Sobranje zusammengetrelen war, uni über einige dringliche Vorlagen zu berathen, zog diese zugleich die VerfastungSsrage in den Bereich ihrer Zuständigkeit, waS gegen die Absicht der die Regierung führenden russische» Generale war. Statt nun aber kraft ihrer Petersburger Vollmacht, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, zogen sie sich zur allgemeinen Ueberraschung zurück und überließen ihrem Gegner Zankoff daS Feld. Diese Scenenveränderuna war "nur dadurch zu erklären, baß Ver Lärm, welchen die Auisübrung der russischen Generale in Bulgarien, in ganz Europa Aufsehen und Befremden er regt hatte, und daß in Folge dessen von Berlin und Wien in St. PSterSburg höflich angefragt worden war. waS denn der Lärm eigentlich zu bedeuten habe. Die Antwort fiel der Anfrage gemäß ebenso höflich aus. und Rußland konnte nickt umhin, den Fürsten Alexander und seinen Minister Zankoff wenigsten» äußerlich gewähren zu lasten, da- ossiciöse ,.Journal de St. PcterSbourg" wünschte dem neuen Ministerpräsidenten alles Gute, und die Generale Soboleff und KaulbarS reisten unter dem fröhlichen Gläserklang ihrer Freunde, welche Ruß land und seinen Zaren hochleben ließen, nach Rußland zurück. Dort feierlicher Empfang beim Kaiser und ausführliche Be richterstattung, natürlich auch bedenkliche« Kopsschütteln. Vorläufig war weiter nicht» zu thun, al- mit Ausmerk samkeit der Entwickelung der Ereignisse in Sofia zu folgen, um im geeigneten Moment in dieselbe eingrrisen zu können. Der neue provisorische Kriegsminister Rvviger, welcher bi» zur definitiven Uebernahme de» KriegSministcriumS durch General Lessovoy die Geschäfte desselben führte, hatte seine Ausgabe begriffen und ließ sich al» Werkzeug der russischen Jntriguen gegen den Fürsten Alexander gevrauchcn, Fürst Alexander aber, durch die bisherigen Erfahrungen gewarnt und belehrt, machte diese Ränke durch sein energische»Auftreten zu Schanden, und sobald die Zurückberusung Leffovop'S und Polstkoff'S, der beiden Flügeladjutantrn de» Fürsten, nach Rußland ohne Borwisteu dcS Letzteren zur Thatsacke ge- worden war. entschloß er sich kurz und gab dem provisorischen Krieg-minister den Laufpaß sammt allen russischen Osficieren seiner Suite. Und um diesen Act noch demonstrativer zu machen und dadurch zu zeigen, wohin dir Maßregel eigentlich ziele, sprach er den von der Maßregel betroffenen Herren zugleich seinen Dank für ihre auSarzeichncten Dienste au» und erhob die Verdienste, welche sie sich um die bulgarische Armee erworben, bis in den Himmel. Endlich ries er 36 bulgarische Ofsiciere, welche jüngst russischen Regimentern zugetheilt worden waren, telegrapbisch nach Sofia zurück. Als er die betreffende Ordre unterschrieben hatte, mag er in großer Erregung ausgestandcn sein, die Feder hingemorfen und auS- gerusen oaben: „So, nun wollen wir dock einmal seben, wer »ier in Bulgarien etwa» zu sagen hat, ich oder die Rüsten. Hinan» mit der ganzen Gesellschaft!" Soweit ist die Sache ganz giatt abgelaufen, aber jetzt fragt e« sich, wa» der Zar dazu sagen wird. Der russische Geschäftsträger Jonin hat starr vor Entsetzen seine Zustim- mnng dazu gegeben, daß Oberst Kotelmkoff die vorläufige Führung der Geschäfte de« KriegSmimfierS übernimmt, aber jetzt kommt e» darauf an. waS von Petersburg au» besohlen werden wird. Denn darüber kann kein Zweifel obwallen, daß der Zar Bulgarien, daS er als erobertes Land betrachtet, nickt stillschweigend de» Händen deS Fürsten Alexander auS- liesern wird. Erst noch vor Kurzem hat er kategorisch durch den Mund deS „Journal de St. PvkrrSbourg" verkündet, baß er die Fürsorge sür die gedeihliche Entwickelung der bulgari schen Verhältnisse als ein werthvolleS Neckt in Anspruch nehme, und deshalb kann und wird er niemals das Wort Zankoff'S aiierkennen und zur Wahrheit werden lasten: „Bul garien den Bulgaren". ES scheint säst, alS wenn Fürst Alexander die Dinge aus die Spitze treiben wollte. So, wie eS bisher gewesen war, konnte cS nicht bleiben, bloße Marionette will Alexander nicht sei», und darum wollte er wenigsten- mit einem Knall effect seine burkevollc Herrscherlausbahn beschließe». Europa ollte erfahren, daß Rußland in Bulgarien eine unwürdige Komödie aussübre, daß der Fürst diese- Landes dort gar nicht» zu befehlen, sondern lediglich die Befehle Rußland» auSrufübrci, hat. Geschieht jetzt DaS, waS schwerlich aus« bleiben wird, daß der Mas de» Fürsten in dieser oder jener Horm von Petersburg her außer Kraft gesetzt wird, so kann sick Rußland hinter keinen Vorwand mehr verschanzen, da»» muß eS aller Welt klar werden, daß Bulgarien nicht mehr und nicht weniger als eine russische Provinz ist: Diese Situation hat aber auch für Rußland ihre unbe queme Seite, denn e« ist etwa» Anderes, seine» Einfluß unter der Form eines der Türkei tributpflichtigen Vasallenstaates auszuüben und selbstständig die Leitung der RegierungS- gesckästc in die Hand nehmen. Mag Rußland auch schon für den Fall des Rücktritts deS Fürsten Alexander einen anderen Candidaten für den bulgarischen Thron in Bereit- . ... .. .... ^ schas Haber, d-e Thatsacke b-r Absetzung Alexander'- durck grammS bal.ru an d.esem Tage kelue äveiteren Ruhestörungen Rußland läßc sich daun nickt mehr verschleiern. Und stattgesunben. — Zur Sache schreibt) noch die „National- vorigen ReickStagSsession die besondere Gunst deS Reichs kanzlers genießt. Es macht einen außerordentlich betrübenden Eindruck, wahrzunchmen, wie neuerdings die Berliner Fortschritt ler sich nicht nur um die Stimmen der Socialbemo- kraten bewerben, sondern geradezu um deren Gunst buhlen. Der „VolkSzeitung" ist die „Berliner Zeitung" gefolgt und das „Berliner Tageblatt" hat sich rückhaltlos angcschloffen. Die Fortschrittler wollen danach ohne Scheu bei den Stick- wahlcn sür die Stadtverordnetenversammlung, welche aus den 13. November angesetzl sind, für die Candidaten der „Arbeiter" stimmen, nur um bei diesen Gegenliebe in dem Kampf gegen die Bürgerpartei zu finden und noch einige Sitze für sich zu erobern. Die Bürgerpartei hat den Social- demokraten ein ähnliche» Anerbieten flemacht, und so findet den» ein reckt unedler Wettstreit zwischen den „Bourgeois" statt, um sich die Neigung der „Arbeiter" zu erwerben. ES ist überflüssig, zu saaen, daß die wirklich honetten Eleniente. gleichviel ob sie liberaler oder konservativer Richtung sind, diesen Schacher mißbilligen und sick nicht an solchem Unterbandet betheiligen wollen. Aber wie zum Hohn haben auch die Socialveinokraten den Fortschrittlern gestern in einer großen Versammlung „ibre Verachtung" ausgesprochen und ausdrücklich erklärt, sich bei den Stichwahlen zwischen Fortschrittler» und der Bürgerpartei der Abstimmung zu enthalten. Es gewinnt sonach an Wahrscheinlichkeit, daß zu den acht Antisemiten nock einige treten und daß die Zahl der Socialdemokraten — eS sind zwei gewählt — sich mindestens verdoppelt. DaS steht aber jedenfalls bereit- fest, daß der Wahlkampf und die Erfolge die SicgeShoffnungen der Socialdemokraten erheblich gesteigert haben, und wenn inan schon diesmal glaubte, den Gipfel der gehässigsten Wahlagitation erreicht zu haben — die RcickStagSwahlen im nächsten Jahre werden, fürchten wir, un» noch weit schlimmere Ueberraschungen bereiten." * Wie die „Magdeburgische Zeitung" au» Berlin meldet, soll der Kaiser sein lebhaftes Bedauern über die Mißhellig- kciten, welche in Oldenburg zwischen der Bevölkerung und preußischen Osficieren statlgcfunden, ausgedrückt baden, und eine strenge Untersuchung ist bereits einaelcitel worden. Wie schon kurz gemeldet, begeben sich ein Flügeladjutant, sowie die unmittelbaren Vorgesetzten deS older,burgischcn Jnfanterie- Rcgimenlö Nr. 91 zur Feststellung der ThaHache nach Olden burg. Laut eine- von dort am Montl.g eingcganaenen Tele- irerden die Garanten deS Berliner Vertrages da,« sage,,? DaS ist immerhin eine Frage, welche sick Rußland verlegen inuß, bevor es bandelt. Das weiß Fürst Alexander sehr wohl und deshalb hat er „ra banqno" gespielt. Inzwischen haben die Verhältnisse auf der Balkanbalbinscl auch »och durch die Sendung Muthtar Pascka's »ach Hcm- burg. FriedrickSrub und Wien eine andere Gestalt erhalten. Gras Kalnoky mag sick noch so beinübt zeigen, dieser Sen dung alle politische Bedeutung abzuiprecken, die Miktheiliingen der „Norvd. Allg. Ztg." stehen damit in unlösbarem Wider spruch, denn dieses hochoisiciöse Organ hat klar und beullich gesagt, daß Mukbtar Pascha über tue bulgarischen, eqyptischen und armeniscken Angelegenheiten in Homburg und Wien con- serirt bat. Und die brennendste dieser d»ei Fragen ist un- rwcisclbast die bulgarische. Ter Sultan bat nack der An kunst Mukbtar Pascha'o in Konstanlinofel telegraphisch seine» Tank nack Wien gesandt sür die Ausnakme, welche Mukbtar Pascha dort zu Theil geworden ist. Der Tank wird aber auck Dem gegolten habe», was der Marsckall in Wien erreicht bat. Die bulgarische Frage birgt in ihrem Schooße ernste Verwickelungen. Leipzig, 31. Ortober 1883. * Zur Lage wird uns auS Berlin vom Montag ge schrieben: „AuS zuverlässigster Quelle wird nun bestätigt, daß von der Einberufung de» ReickStagS an, 15. Januar an maßgebender Stelle ganz und gar nichts bekannt ist, ebenso wenig ist die Grundsteinlegung für daS neue ReicbStagS- aebäüde aus den 18. Januar eingesetzt. Dieselbe soll vielmehr bestimmt ani Geburtstage de» Kaiser», am 22. März, erfolgen. Der Reichstag wird keineSsallS vor dem Februar zusammen- trcten, da erst bis dahin die socialpolitiscken Gesetzeniwürse fertig gestellt sein dürsten und die Hauplthätigkeit deS Reichs tags sich aus diese Vorlagen coueeutriren soll. Außerdem liegt allen Bclheiligten in gleicher Weise daran, daS Rebcn- einandcrtagcn der parlamentarischen Körperschaften, wenn eS sich auch nickt ganz vermeiden läßt, so doch thunlichst einzu- sckränken. Die neueste Nachricht, welche heute colporlirt wurde, ist wenigstens interessant genug, um mitgctheilt zu werden, obgleich wir unö ausdrücklich dagegen verwahren, irgend welche Bürgschaft für deren Nichtigkeit zu übernehmen. Wie e» heißt, soll im Reichstage daraus hingewiese» werden, daß trotz deS großen Nachtragsetat« sich der zweijährige Etat bewährt habe, und solle dann im nächsten Jahre die Vor lage wegen der zweijährigen Budgetperiode von Neuem eingebracht, außerdem aber im preußischen Landtage für Preußen ebenfalls die zweijährige Periode vorgeschlagen werden, derart, daß nur aiterirend in dem einen Jahre im Landtage, im anderen im Reichstage ein Etat zu berathen wäre. Der Finanzminister v. Scholz soll ausdrücklich nickt nur die technische Möglichkeit und Gefahrlosigkeit hervorgchoben haben, sondern eine ganz außerordentliche Verminderung der parlamentarischen Arbeiten au» diesem neuen „System" ab leiten wollen. Die Aussichten auf Annahme derartiger Vor schlüge ver Regierung, wenn sie ernstlich geplant sind^ dürften allerdings sehr gerina sein Herr v. Schol, soll im Uebriacn bei seiner jüngste» Anwesenhrit in FriedrichSruh dem Reichskanzler seinen neuen Steuer- und Finanzplan vorgeleat und sich dessen völliger Billigung von Seiten de» Fürncn Bismarck zu er freuen haben. DaS bestehende Staatösteuersystem soll von Grund au» abgeändert werden, wenn auch an den Principien dcS im vorigen Jahre vorgelegten BcrwendungSgesetzeS fest gehalten worden ist. — WaS die Bearbeitung der social- politischen Gesetze betrifft, so bestätigt eS sich, daß die Vorschläge de« Geh. Rath Lohmann sich nicht durchweg der Zustimmung de« Fürsten Bi«marck zu erfreuen hatten, dock ist eS burchau« übertrieben, bier von ernstlichen Differenzen Z.:t>ma": In Oldenburg ist eS in den letzten Tagen zu sehr brdanerlichrn Vorfälle» gekommen. Seit einiger Zeit bereit« herrschte in der Stadl eine gereizte Stimmung gegen den vor mehreren Monaten dorthin versetzten preußischen Major Steinmann, der von der Volksstimnie beschuldigt wurde, sich gewoknheikSmäßig in be leidigender Weiic über die oldenburgischc Bevölkerung, insbesondere auch über die Oldenburger im 91. Jnsantcrie Regiment, zu welchem cr»«I>ört. zu äußern; er sollle u. A. wiederholt den Ausdruck >M»enburqer Ochsen" gebrauchl haben. Bon anderer Seite wird letzteres bestritten und erklärt, die bereits eingcleitetc militairgericht- llche Untersuchung werde die Gcu»dlosi;keit dieser Behauptung ergeben. Jedenfalls wurde diese in Oldenburg allgemein geglaubk. lieber das. was solgte, wird von dort unterm 27. d. der „Nal.-Ztg." Weiler geschrieben: „CS erschien alsbald ein „oldenburgischeS Ochsenlied", welches in zahlreichen Exemplaren Verbreitung fand. Tie fünfte Auslage wurde consiScirl, weil Drucker und Verleger nicht angegeben waren. Tie sechste Auslage erschien noch an demselben Tage mit dieser Angabe. Drei von Soldaten viel besuchte Wirthsi äuser wurden denselben verboten, weil daS Lied dort ausgelegt war; während die drei Wirthe beim Großherzvg Beschwerde erhoben, leitete Major Steinmann gegen einen Dienstmann, der wiederholentlich das Lied in dessen Hause angebotcn hatte, Klage wegen Hausfriedens bruches ein. Haupimann von der Lippe ioll »nn gelegentlich dem Adjutanten des Srvßberzogs gegenüber auch Klage über Major St. ge- führt haben; jedenfalls erfolgte eine Forderung de» MajorS; bei dem Duell, das am 25. Nachmittags stattscmd, erbiclt Haupiman» v. d. L. einen Schuß in den Unterleib, Major St. einen ganz leichten Streifschuß. Letzterer soll an Ort und Stelle sofort eine weitere Forderung von einem anderen Hauptmann erhalten haben, der TagS darauf noch zwei Forderungen folgten. Gestern früh nun erschienen Muuera» sch läge, worin zu einer Boltsvcrscimmlung Abends 8 Uhr vor des MajorS Hause behufs Demolirung desselben ausqesordert wurde. Trotzdem die Polizei dieselben schnell entfernte, ging die Kunde wie ein Lauffeuer durch die Stadt und Abends vor 8 Uhr sammelte sich eine Menschenmenge, die nach Hunderten mindestens zählte. Tie Rosenstraße wurde gänzlich adgespcrrt, doch reichte der drängenden, johlenden Menge gegenüber die Gendarmerie und Schutzmanuichast nicht auS: eine Abtheilung Militair rücklc unter Trommelwirbel vor. Nur schritt weise wuh die Menge unier de» Tönen des erwähnten Volksliede», und biS spät in die Nacht hinein hörte man noch de» Lärm. Ob damit der Sturm im Glase Wasser zu Ende, bleibt abzuwarten. — Nachtrag: Major Steinmann ist von scinen vier Hauvtlcuicn geiordcrt; das zweite Duell fand gestern (26.) statt. Major St. erhielt einen Schuß in die Schulier. Da» Militair blieb bis nach Mitternacht consignirt; man fürchtet auch heute Abend Ruhe störungen." So der Bericht, mit welchem die in den Oldenburger und Bremer Blättern vorliegenden Darstellungen der Sache übcremstimmen, nur daß dort von einem zweiten Duell noch nicht die Rede ist Es wurde bereit« erwähnt, daß der Wortlaut der de», Major Stein mann zugeichricbenen beleidigenden Aeußrrungen vo - anderer Seile bestritte» wird; indeß daran, daß ein Verschulden desselben vorlicgt, ist nach allem. WaS geschehen ist, nicht zu zweifeln. Wir bezweifeln ebenso wenig, daß seitens der militairischen Vorgesetzten das Er forderliche geschehen wird, um die oldenburgische Bevölkerung z» beruhigen und dadurch zu verhindern, daß Ausschreitungen eines Eintelncn die Stimmung in einem Bundesstante verbittern: wie leicht das geschehen könnte, zeigen die in Oldenburg angedeiietcu Placate, welche sich zum Theil gegen „die Preuven" »n All gemeinen wenden. Bisher war, seit der Begründung des norddeutschen Bundes, i» der Haltung des kleinen Landcs keine Spur von anti preußischer Gesinnung hervorgetrcten. Die „Wescrzeitnng" vom 29. d. M. bringt noch die fol genden weiteren Meldungen: »Oldenburg, 27. October. Ueber die Einzelheiten deS Piftolcnduells zwischen dem Major Stein mann und dem Hauptmann v. d. Lippe geht ein- Anzahl von Gerüchten im Publicum herum, die sich aber wahrscheinlich sämmtlich aus Ber- inuthungen gründen und keine feste Basi- haben. Auch die Mit- tbeilung, daß Major Stcinmann noch mehrere Duelle mit Osficieren oldenburgischer Geburt zu bestehen habe, ist anscheinend weiter nichts als ein Gerücht und nur al« ein Product der aus- geregten Stimmung, welche sich eines Theiles der Bürgerschaft bemächtigt hat, anzuirhen. Thatsachr ist, daß der Hauptmann v. d Lippe einen Schuß in den Oberschenkel, nickst, wie erst ver- tu sprechen, und sind zudem neben H^ern Lohmann noch der., erhatten hai und in ' das Ga'^- scbiedene Kräfte bet der Ausarbeitung thätig, von denen vor I la^areth überführt ist. Sein Zustand soll gefahrlos und den Um- Allem Geh. Rath Bödiker zu nennen ,st, welcher sc,t der I ständen nach befriedigend sein. Es wird gesagt, daß die Kugel hente
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