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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.11.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188211298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18821129
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18821129
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-11
- Tag1882-11-29
- Monat1882-11
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.11.1882
- Autor
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Krtacliou und Lror-ition Iobanne-qasse 33. SyrrMlinüru drr krdactioa. Bormittaq- 10—12 Uhr. Nachnrmaq- S—6 Udr. FUr dt» NItSgad« em-eianttrr Viarmicnvre «acht sich Lx dttdacr«»« n«t»l verbindlich. A,,nab«e »er skr dir »S»ft»«l,e«»e Nummer bestimmten Jnirrarr an rS«che»»ngeu »>» 4 Nbr Nachmittags, au Leu»- an» -rtttageu srüd»>» ',,» Uhr. Zn den /Male» snr Ins.-^niiahme: Ltto klemm, Univerblät-strabe 21. Lauts Lösche. Loidormensiraße 18, o. u»r »t» '»,1 Utzr. WMer.TUMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage L7^vv. Ah»a»nnrnl»»rn» vierrelj. 4'/, Mlt., tael. Brmaerlolm - Mk.. dar« dir Lau bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 2- Ls. . Lelegexemaiar 10 Ls. Gebüdrru lür txrrabeilaqe, ahne Boftbeiördcrnng 39 Mt. «tt Loübeiöroernug 48 Mt. Inserate üqewaltene Petitzeile 20 Pf. Orögerr Ädrike, laui unierem Preis verzeichnis. Tabellarischer «az naa, höherem Tarif. Lerta»rn nntrr de» Rrdartionsitrich die LvaltzeUe SO Ps. Imerarr knd »eir an die Srpedittan z, senden. — ttabaii wird aichi gegeoea. gahtnng prneunmermiao oder vurq Post »aaiaahnie. ^ 333. Mittwoch den 29. November 1882. 76. Jahrgang. Amtlicher Theil. Veklmntmachung, die AuSloosuag Leipziger Ttadtschvldscheine betreffend. Die AuSloosung von 18.90» Capital der Anleihe vom 1. Juli 1858, von 32,400 Capital der Anleihe vom 9 April 1864, von 10,500 Capital der Anleihe vom 2. Januar 1865 (Theateranleihe). von l3,500 ^ Capital der Anleihe vom 12. Juni l868 und von 28,900 Capital der Anleihe vom 4. September 1876 soll den S. Deckender d. I., Bormittaq« um 10 llbr, im Slakthause, Obstmarkt Nr. 3, Zimmer Nr. 53, öffentlich erfolgen. Leipzig, den 25. November 1332. Der Skath der Ttadt Leipzig. Ur. Gcorgi. Seldemann. Grundstülks-vtr-cigerung. Die beiden der Stadtqemeinbe Leipzig gehörigen Par zellen de- Flurbuchs für vsohlis: 4k r. IAA, a» der Albert strafte gelegen, von 288Z Quadratmeter und 4kr. 170, der an der Ecke der Augusten» und Albertstraftr gelegene Bauplatz von 801 Quadratmeter Flächengchall. sollen Freitag, den 1. December d. I., Vormittag- 11 Uhr im Saale -er Alten Waage, Kalharincnstraße Nr. 29. 2. Etage, zum Verkaufe versteigert werden und zwar zurrst beide Parzellen zusammen, daun noch einmal ied« Parzelle einzeln für sich. Der BersteigerungStermin wird pünctlich zur anbcraumten Stunde eröffnet und die Versteigerung sowohl bezüglich der zusammen at« der einzeln ausgebotencn Parzellen jedcSmal geschloffen werden, wenn daraus nach dreimaligem Ausrufe kein weitere« Gebot mehr erfolgt. Di« Versteigerung«bedingungeu nebst Situation-plan liegen aus dem RathhauSsaal, 1. Etage, zur Linsichtnah«, au«. ' Leipzig, den 10. November 1882. Der Rath der Stadt Leipzig. Ccruili. Or. Georgi. Vekanntmachung. Im Hofe der hiesigen Gasanstalt sollen am 12. December d. I., RachmtttagS S Uhr, ungefähr 70,000 Kilo altes Gußeisen und - 3,400 Kilo alte- Schmiedeeisen incl. Blechstücke in zwei unter sich getrennten Partien an den Meistbietenden, jedoch mit Vorbehalt der Auswahl unter den Licilanten, öffentlich »ersteigen werden. Die LicitationSbedingungcn sind im Bureau der Gasanstalt cinzuschen, auch gegen Erlegung der Gebühren daselbst in Abschrift zu erhalten. Leipzig, den 28. November 1882. D«S RatkS Deputation zur Gasanstalt. Vekanntmachung. Am 24. ds«. Mt«, ist im Ronnenuolz», unweit de- Kettensteg«, der Leichnam eine« unbekannten, anscheinend dem Handwerkerstande angehürenden, etwa 20—25 Jahre allen, Im 58om großen Mannes, mit blondem (lockigem) Haar und Schnurrbart und von schmSchliger Statur, erhängt ausgesunden und polizeilich ausgehoben worden. Bekleidet war der Leichnam mit dunklem Stosfrock, ebensolcher Hose und Weste, grauem Sommerübcrzieher mit Sammetkragen, Barchenthemd und Stiefeletten, und fanden sich in den Taschen zwei Schlüssel, ein Portemonnaie mit 4 ^l 95 eine auf „Wilhelm Hasse, Hutmacher" lautende Visitenkarte, ein Wäschezettel und ein in ungarischer Sprache geschriebener Brief vor. Da die Persönlichkeit de« Entleibten, zu deren Recognitio» namentlich der Umstand dienen könnte, daß der linke Arm, der linke des Tobten Ausschluß zu geben im Stande sein sollte. Leipzig, am 27. November 1883. Das Polizrt-A«t »er Stadt Leipzig. I. D; Iunck, Pol.-Rath. N. Bekanntmachung. Sonnabend, den 2. December 1882, 1V Uhr varmittag», sollen im Grundstücke Liadenftraßc Nr. ll/12 allhier 11 Stück Iran-Missionen mit 42 Lagcrbecken und 25 Riemenscheiben, 1 Fahr stuhl mit Transmission, 295 Meter Rohrleitungen und 12 ver schiedene Treibriemen öffentlich an den Meistbietenden gegen so fortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 27. November 1882. Thierbach, Gericht-Vollzieher. Bekanntmachung. Sonnabend, den 2. Deremver 1882, 2 llrr Nachmittag«, solle» tm gerichtlichen Auclion-locale ca. 250 Mille Faßnleten, 5 Lentner verzinntcr Draht, 6 große Schraubstöcke, Ll gelochte Zinkbleche, 300 Stück div. eiserne Gewichte, 400 Packele eiserne Holz- ichrauben, 40,000 Stück Splinten (Vorstecher), 8500 Stück Wagen- schrauben, 4 Kasten blanke Mutter», 14 Stück Armseilen, 130 Buch Feuersteinpapier. 75 Buch Schmiergelpapier, 130 Buch Schmirrgel- teinwand, 55 Dutzend kleine Feilen, 6 Brückenwaagen, sowie ferner eiuig« Möbel und ein Pianoforte rc. öffentlich an de« Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden, g, de» 27. November 1882. Thierbach, Gericht-Vollzieher. Nichtamtlicher Theil. Vir Revision des Berliner Vertrages. Der „Goto-" bat da« Räthsel gelöst, weickieS die Reis» de« russischen Minister« de« Auswärtigen v. Gier« bi-her um gab; Rußland ist e« müde, de» Berliner Vertrag de» Jahre« >878 länger al« Hemmniß seiner Pläne zu betrachten, e« will die volle Freiheit, aus der Balkanhatbinsel nach Belieben zu schatten und zu walten, wieder erlangen, welche ihm der Bettrag von San Stefano eiaräumte — Da» ist der eigentliche Zweck der italienischen Reise de» Herrn v. Gier«. Daher die kaum begreifliche Zurückhal tung, welche Rußland bis dahin Angesichts der englischen Besitznahme EghptenS beobachtet hat. Rußlands Diplo matie genoß von jeher den Ruf besonderer Geschicklich keit, sie hat niemals eine günstige Gelegenheit versäumt, welche sich ihr darbot, uni Rußlands Macht und Länder besitz zu erweitern und sie hat eS stets verstanden, die frühere Ungunst der Verbältnissc durch spätere kühne Sckacbziige wieder auSzugleichen. So warf Fürst Gortsckakoss im Jahre 1870 die PvniuSsrage auf und löste sic mit Deulschland- Hilse zum Vortheil Rußland-, die Scharte drS KrimkriegeS zum Theil wieder auöwetzend, und ebenso sucht jetzt sei» Nach- tolger Gier« auS der englischen Expedition nach Egypten Vortheil zu ziehen und die Einbuße an gehofftem Gewinn, .reiche der Berliner Vertrag Rußland auserlegte, wieder wett zu machen. Diese Handlungsweise entspricht so vollständig den russischen Traditionen, daß man dein „GoloS" aufs Wort glauben könnle, selbst wenn nicht noch andere Symploine dafür sprächen, daß der..Goto«" da- Richtige getroffen hat. AlS noch die Conferenz in Konstantinopcl tagte, um dir Kühnheit Gladstone'S in Schranken zu halten, da tauchte schon der Plan Rußland- aus. den Berliner Vertrag als Compenialionsobjcct sür die englische» Eroberung-plane in Egypten auSzuspieten. AIS Herr v. Nclibofs erschien, um den Geschäftsträger Onvu abzulöse», ging Jenem bereit- der Ruf voran, baß er die Conferenz mit einem derartigen Anträge überraschen werke. Nur die Schnelligkeit, mit welcher England in Egypten vorging, hinderte Herrn v. Nelidofi. schon damals mit seinen Absichten offen hervorzutreten; die Besitznahme de- SuezcanalS durch Admiral Seymour bereitete bekanntlich den Berakbungcn der Conferenz ei» jähe- Ende. Aber Rußland hatte schon vorher laut betont, daß die endgiltige Gestattung der egyplischcn Verhältnisse nur unter Zustimmung Europas erfolgen könne. Die übrigen Mächte Hallen ihr Einverständinß mit dieser Auffassung auSgevrückt und da- englische Blaubuch bat darüber Ausschluß gegeben, daß England eine solche Ver pflichtung Europa gegenüber stet« als unzweifelhaft anerkannt hat. Jetzt beginnen die Dinge in Egypten allmälig Gestalt anzunehmen und deshalb glaubt Rußland die Zeit gekommen, um aus die Ausführung seine- längst gesüßten Entschlüsse« zurückzugreifen. An wen konnte sich Herr v. Gier« in dieser Angelegen heit sonst wenden, al- an den Vorsitzenden de« Berluter CongrcsscS? Fürst Bi-marck gilt in Rußland at« derjenige, welcher ibm die Früchte dcS türkischen Feldzüge« de- Jahre» 1877 zu einer Zeit, als eS sich schon im sicheren Besitze der selben ansah, zum Theil wieder entwunden hat, und deshalb richtet Rußland seine alten Wünsche an diese Adresse. Natürlich kann Deutschland in einer Angelegenheit, welche unter der Mitwirkung sämnitlicker Großmächte zum Abschluß gelaugt ist, nicht allein Entscheidung treffen und darum genügt vorläufig seine Zustimmung zur Einberufung eine- Coi,- gresseS zur Regelung der eayptischen StaatSsrage und zugleich der Revision des Berliner Vertrages, ivenn die Mächte eine solche für zulässig erachten sollten. Unter solchen Umständen war der Leiter der auswärtigen Politik Deutschland- kaum in der Lage. Herrn v. GierS irgend welche bestimmte Zusicherungen zu gebe», höchsten- konnle er die Unterstützung der Wünsche Rußland- dem Congresse gegen über in Aussicht stellen. lieber Vorbesprechungen in dieser Beziehung ist man in Larzin sicher nicht hinauSgekonimcn, da eine vorzeitige Enthüllung der Absichten Rußlands kaum im Plane de- Herrn v. Gier- liegen konnle; aber auch ohne benimmt« Erklärungen ist man an der Hand de- Vertrag- von San Stefano sehr wohl in der Lage, zu ermesse», wo Rußland hinaus will. Um seine» Wünschen Nachdruck zu verleihen, raffelt Ruß land stark mit dem Säbel und läßt dir neuen Dragoner- Regimenter mit vielem Geräusch sich an drr preußischen und österreichischen Grenze zeigen. Wohin da» ziett, weiß man in Berlin ebenso gut wie in Wien, aber auch in Petersburg ist man sich bewußt, an welcher Stelle inan mit solchen Demonstrationen Eindruck machen will. Forderungen, wie sic Rußland auf dem nächnen europäischen Conareß zur Regelung der egvptischen Angelegenheit erheben will, kan» man nicht geltend mache», wen» man nicht evtnluell bereit ist, sie mit den Waffen in der Hand zu verwirklichen und daß Rußland so weit zu gehen entschlossen ist, muß e» wenigsten- durcbblicken lasten. Rußland bat. al- Herr v. Gier» nnd Gortschakvff den Berliner Vertrag Unterzeichneten, diesen Schritt nur mit dem Hintergedanken gethan, da- Provisorium, welche» cr schuf, bei nächster Gelegenbcit umzustoßen und den Vertrag von San Stefano wieder hcrzustellen. Daß die Macht, welche 1877 den Krieg gegen die Türkei unternahm, ihre Absichten nur zum kleinsten Tkeile erreicht hat, zeigt der Fall, welcher zctzt vorliegt. Aleko Pascha verweigert als Regent von Oltrumelien seine Zustimmung zur Erbauung einer Capelle aus dem Scbipkapaß. sür welche Rußland die Kosten gesammelt bat. Alcko Pascha beruft sich bei seiner Weigerung daraus, daß er nur dem Sultan Rechenichast über seine Handlungen schuldig sei, und wenn nicht Marquis v. NoailleS vermittelnd eingetreten wäre, so würde Aleko Pascha sich schwerlich entschieden haben, Rußland zu Willen zu sei». WaS Rußland will, ist klar. Die Türkei soll überhaupt ausbvre», dieser Macht gegenüber noch eine» eigenen Willen zu haben, der Sultan soll den Kaiser von Rußland al» seinen Oberherrn anerkennen und sonst keinen anderen Einfluß aus sich wirken lassen. Al- noch Jgnatiefs Rußland in Konstantinopcl vertrat, da hatte er den Ton gegen den Sultan aiigestimmt, welcher den Wünschen der Russen entspricht; dann batte er den Krieg vorbereitet und schließlich war der angcstrebte Zweck doch nicht erreicht worden. Jetzt ist c» so weit gekommen, daß auch der König von Serbien sich den Absichten Rußland- zu widersetzen wagt; Fürst Rikitta von Montenegro ist der einzige Fürst aus der Balkanbalbinsel, der vollständig unter russischem Einfluß steht, sogar Alexander von Bulgaren scheint einen gcw ffen Grad von Selbstständigkeit Rußland gegenüber zu bean- spruchen. Da» sind Verhältnisse, welche Rußland auf die Dauer nicht rubig ertragen kann und dc-halb will e» die Gelegenheit zur Revision de- Berliner Vertrag- nicht ungenutzt vorüber gehen lassen. Ganz leicht wird eS Rußland in diesem Falle nicht werben, seine Absicht zu er reichen, denn Deutschland beherrscht in der egvptischen Frage die Lage nicht in dem Maße, wie zu der Zeit de» deutsch-sranzöiischen Kriege- und außerdem bat es auch Rußland Da« keinen Tank sür geleistete Dienste abzustattcn. fällt schwer in- Gewicht: e» kommt aber noch hinzu, daß Deutsch land in herzlichem Einvernehmen mit Oesterreich-Ungarn steht und einen Angriff aus diese Macht schwerlich Gewehr bei Fuß dulden würde. Freilich ist dir Neutralität Oesterreich-Ungarn» im russisch-türkischen Kriege durch die Einräumung de- Besitze- von Bosnien und der Herzegowina belohnt worden, aber dieser Besitz ist vorläufig mehr Last at- Gewinn für Oesterreich- Ungarn. Die Revision de» Berliner Vertrage« eröffnet die Au-sicht ans außergewöhnliche Schwierigkeiten und e» wird der ganzen Geschicklichkeit ocS Fürsten Bismarck bedürfen, um den Weg aus diesem Labyrinthe zu finden. England ist der Urheber dieser bedenklichen Lage und wird jetzt erst der Folgen inne werden, welche die mit so leichtem Herzen begonnene egylische Expedition in ihrem Schooße birgt. Leipzig, 2S. November 1882. * Zur parlamentarischen Lage wird un» auS Berti» vom M o» tag geschrieben: „Ter ReichShauS- hattSekat wird dem Reichstage sofort nach seinem Wie- derzusa»ninc»tritt am Donnerstag zugehen. Derselbe wird morgen endgiliia fertig gestellt. ES ist zu erwarten, daß in der Generaldebatte der preußische Steuerptan, welcher allerdings in festen Linien dem Landtage noch immer nicht vorgetegl ist, ebenfalls zur Erörterung kommen wird, ebenso wie die Frage der Kornzvlle. WaS de» Sleuerptan aiibelangt. so bringt die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" in ihrer heutigen Morgen- und Äbendnummer zwei Artikel, welche sich in ge- wisscr Weise widersprechen. Wahrend sie in dem ersten dem Gefühle einer gewissen Befriedigung darüber Au-Vruck giebt, daß in der Generaldebatte zwar aus sehr verschiedene Wege bingewicscn worden sei, je nach dem Parteistandpunct den Ausfall, welcher durch den Erlaß der vier untersten Stufen der Classenstcuer entsteht, zu decken, indessen doch die llcbcr- rcugung au- der DiScussion sich ergeben habe, daß die Con- servativen außer der von Seiten de- CentrumS zugcsagten Unterstützung in wirthschastUchen Fragen bi» in die Linke hinein sür gewisse Sleueräquivalente Zustimmung finden können.- beschäftigt sich der zweite Artikel in zwar wohl- wollender Weise besonder» mit der Rede de- Proscssor Zagner, gegen welche besonder« die Unmöglichkeit betont ird, die Beweglichkeit der Einkommensteuer tn unser parla mentarische» Leben einzusllhrrn. E« ist auch eigrnthvmlich, daß die „gewissen Steueräguivalente", von denen da« officiöse Blatt spricht, die Capilatreiilenstcuer und die Erhöhung der oberen Stufen der Einkommensteuer gerade in der letzten Zeit von der „Provinzialcorresponvcnz" nachdrücklich verworfen ivorden sind, und vaß doch die „Norvveulsche" heute hervor« hebt, daß drr „Couponabschnelder". wie sie sich au-drückt, besonder- besteuert werden muß, daß dagegen die Einkommen steuer Denen, welche bereits Gewerbe-, Grund- und Gebäude steuern zahlen, nicht noch besonder» zur Last fallen darf. Dieser Widerspruch ist nur dadurch zu erklären, daß unserem Finanzministerium, wie Herr Wagner zum Leidwesen seiner Partei hervorhcbt, ein bestimmt au-gearbeitetcr Plan noch nicht vorliegt. TaS giebt die „Norddeutsche" bereitwillig zu, daß auch die sllnflc Stufe, bis zu >500 einkommkiislcucrsrci bleiben soll. Jnveß damit sagt sie ja nicht- Neues, da jene große Finanzrede de- Fürsten Bi-marck, welche ihrer Zeit dem Minister Hob recht da» für ihn ver- bängiiißvvlle Wort „ZukunsiSmusik" entpreßte, bekaiintilch einen noch wcitcrgehenven Plan dem erstaunten Reichstage entwickelte. Im Ganzen genommen mag man den Artikel lesen wie man will, so weiß man nicht recht, wa» in Aussicht genommen werden soll. Eine sofortige weitere Turchsührung der Klnanzresorm ist von Herr» Scholz, wie VaS Blatt sagt, nicht zu erwarten, da er erst wenige Monate ii» Amte ist und in seinen Ueberzeugungen von denen seine- Amt«vorgängerS durchaus abweicht. Diese Aus führung sieht wiederum in Widerspruch mit Dem, wa» wir au« dem Munve des Herrn Scholz selbst in seiner letzten EtatSrede gehört haben. Eigentlich kann man nicht- weiter der „Norddeutschen" sowohl wie den anderen ossiciösen Aus lassungen entnehme», at» „daß etwa» geschehen muß". Warum? nun darüber werden Wenige zweffcthasl sein, welche die Entwickelung oder vietmehr die RückwärtS- bewegung unsere» Staat-wagen» in de» letzten vier Jahren mit offenen Augen beobachtet haben. Es soll eben da» Volk, man verzeihe un» den Au-druck, al- „Stimmvieh", gewonnen werden zur Unterstützung der weiteren Neaction. Fürst B-marck selbst steht unserer Urberrrugung »ach durchaus nicbl auf dem politischen Boden ver Kleist-Retz ow und seiner Freunde, und eS wäre uni so bedauerlicher, wenn e» der »ationalliberalcn Partei nicht getingen sollte, wozu ihr die Wege durchaus nicht ver schlossen sind, wieder da- Ohr de« Fürsten Bi-marck zu ge winnen. Einer Reform unsere« Steuersystem«, soiveit sie die bewährten Traditionen nicht verläßt, sind die Liberalen in keiner Weise abhold; und daß die nolhwendigen Bedürfnisse befriedigt werde:» niüsscn, olme daß dadurch rin zu großer Druck aus dem kleinen Manne lastet, darüber herrschte grade innerhalb der nationalliberalcn Partei niemals eine Meinungsverschiedenheit. Wir können nur wünschen, vaß die coni'rrvatwe Partei durch Herrn Wagner genügend auf geklärt werde, ui» die Annäherung an die NationaUiberalen zu ermöglichen — dann wird die Unterstützung be< CentruiiiS überflüssig werden. Daß eine solche übrigen» auch weitrren Kreisen der conservativen Partei mehr und mehr lästig wird, zeigt eine beulige Ausführung der „Post", welche ziemlich deutlich zu verstehen giebt. daß bei einer Annahme de- Anträge« Ger» main» Winter er durch den Reichstag die Auslösung desselben nicht unwahrscheinlich ist Dasselbe Gerücht tritt heute in Bbgcorvnetenkrcisen stärker al» je aus. Freilich können wir, wie wir bereit» auSgrsührt, der Annahme nicht zustimmcn, daß aus diese Möglichkeit iu den Kreise» de« BunbeSrath» gerechnet wird." * Sämmtlicke Berliner Blätter bringen Nachruf« für den verstorbenen früheren preußischen Ministerpräsi denten Freiherrn Otto v. Manteusfel. Der Ver storbene stand bekanntlich, wa» merkwürdiger Weise io keinem der heute mitgetheilten Biographien bemerkt ist, in seiner Jugend ebenso wie sein Vetter, der Statthalter von Elsaß- Lothringen, Edwin v. Manteusfel, in sehr naben persön lichen Beziehungen zu unserem Kaiser. Beide Vettern waren dessen Spielgenossen und hatten längere Zeit mit ihm selben Unterricht. Die freundschaftlichen Beziehungen un den» unsere- Kaiser« zu dem Statthalter v. Manleussel dänern bekanntlich noch heute fort, während die zu dem Verstorbenen schon anfangs der sünsziger Jahre getrübt waren. Wie man weiß, wurde er im Jahre 1844 durch unseren Kaiser, den damaligen Prinzen von Preußen, welcher zu jener Zeit den Vorsitz im Staat-Ministerium führte, auS seiner Stellung al« RegierungS- Vicepräsibent al« persönlicher Vortragender Ralh »ach Berlin berufe». Ai» Otto v. Manteusfel später an die Spitze der preußischen Negierung gelangt war, dehnte er sein polizeiliches Spionagesystcm so weit au», daß er selbst unserem Kaiser lästig fiel. Als im October 1858 Prinz Wilhelm al» Regent die StaatSherttchast übernahm, war seine erste Amtshandlung die Entlassung deS Ministerium« Manteufset. Ganz Preußen, aanz Deutschland athmete ans, wir von einem vrtichenden Alp oesrcit. — Seitdem schon war Herr v. Man- teufsel ein tobter Mann, und nun ist der November-Mann auch im November von der Erde geschieden. Daß auch die Conservativen vom Odem der Zeit nicht unberührt geblieben sind, dafür zeugt der Artikel der „Kreuzzeitung", welche von ihm nur den äußern LcbenSgang bringt und eigentlich nicht- weiter zu rühmen weiß, al- daß er seit dem Tode de« Grafen Wränget der älteste Ritter des Schwarzen Adlerordens gewesen ist. Die „Post" sagt: „Es bleibt ihm der Ruhm eine» vor nehmen ManneS", nachdem sie vorher bemerkt, daß er nach seiner Ernennung zum Minister de» Auswärtigen «in Feld betrat, sür weiche« er nicht vorbereitet war. Da» genügt! * Ans der Tagesordnung der ersten Reichstagssitzung steht unter Andern» auch eine Interpellation de« Abgeordneten Schulze-Delitzsch, ob von der Reich«regierunq bereit« die vorbereitenden Schritte zur Einbringung der Novelle zum Genossenschast-gesetze gethan seien, „wie dies nach der Erklärung de« StaatSsecretair« vr. v. Schelling in der ReichStag-sitzung vom 18. Mai 1881 — dem Be schlüsse de« BundeSrakh« gemäß — im Anschluß an die AclienrechtSnovelle verheißen wurde". Wie un- mitgetheilt wird, sind in der Thal die in Au-sicht gestellten einleitenden Schritte geschehen. Der Entwurf ist im Reichsjustizamt bereit« vollendet und soll dieser Tage dem BunbeSrath zugehen. Die Jnterptllaüo« wird demnach in bejahenden» Sinne bsantwottrt werde«. * Der ReichSrrgieruug »ird die Absicht zugeschrieben, ein neue« Berzeichnitz der deutschen Berufs- und Wahleonsutat« im Antlaude zu veransiüilten, wobei namentlich aus die in letzter Zeit stattgehabte« vrränderungeu im Personalbestände und Vermehrung der Stellen Rücksicht genommen werden soll. E» steht zu erwarten, baß die« Ber- zeichnlß in einer Weise hergestrllt nnd buchhändlerisch Ver trieben wird, welche e« der commerziellen Welt ermöglicht, thunlichsten Nutzen daraus zu ziehen. * Die „Bossische Zeitung" entnimmt Londoner Blättern die Meldung, daß an einer dieser Tage in London statt gehabten Besichtigung der Arbeiten am Canaltunnel (zwischen England und Frankreich) u. A. Herr Cumming Madden au» Berlin Theil genommen habe, welcher der lieber« bringer von schriftlichen Gutachten der Grasen Mvltke und Walderscc, sowie anderer hervorragender deutscher Autori täten zu Gunsten de« TunneiprojectS gewesen sei. Dem gegenüber wird der „Rordd. Alla. Zlg." von glaubwürdiger Seite versichert, daß weder der Cbes d»S GcneralstabeS, noch der Generalquartirrmeister ein schriftliche- Gutachten über die in Rede stehende Materie abgegeben haben. * Die Sihung deS Abgeordnetenhauses vom Montag bot nicht« Besondere». Die Holzzotldebatte wurde fort gesetzt, Herr Büchtemann bekämpfte ihn. Minister Lucius war — allerdings mit mehr gutem Willen al- Glück — be müht. dessen Rolhwrndi'gkeit zu erweisen. Die Bänke de» Lause« waren so schwach besetzt, daß jede Auszählung die Bcschlußunsähiakcit hätte darthuu müssen. Interessant war nur da» erste Erscheinen de- StaatSsccretair« der auswärtigen Angelegenheiten Grasen Hatzselvt auf der Minislerbank; >m Hause bemerkle man wieder den Abg. Eugen Richter, welcher, wie an« verläßlich mitgetheilt wird, für einen Re- convalk-ecnten „recht wohl" au-jah. * Wie entschieden c» in immer weiteren Kreisen anerkannt wird, daß die von der nationalliberalen Partei im Verein mit den Freironserva tiven von Anfang an be- sürwortete und ihr in der Wahlagitation vielfach zum Vor wurf gemachte Opposition gegen die Steuererlasse durch aus gerechtfertigt und einzig den Grundsätzen einer befunden Fi»anzpolilik cnlsprcchend gewesen, davon legt Vie„T ribünc" Zcugniß ab, welche in einem sehr verständige» Arliket sich über diese Frage auSspricht. Da» fecessionisilsche Blatt sagt u. A.: „Wir sind sür den Steuererlaß von 188l nie mals begeistert gewesen. Unsere Freunde im Ab geordnetenhaus? haben sür de»jelben gestimmt und wir glauben, sie gegen die Vorwürse. welche ihnen darüber gemacht werde», vollkommen vertheldigen zu können. Aber sie haben nur dafür gestimmt, nachdem die Maß regel von anderer Seile her angeregt worden war; sie selbst würden diese Maßregel niemals angeregt haben. Und wir halten r- nur sür unsere Ausgabe, sie gegen Vorwürse zu vertheidigrn. und sind weit entsrrnt davon, ihnen a»S diesein ihrem Votum einen besonderen Ruhme-titel herteitcn zu wollen. Wir haben e« sür keine glückliche AgitationS- methode gehalten, wenn einige fortschrittliche Blätter eS ihrer Partei immer wieder und wieder zum Preise anrechnetrn, daß sie diesen glorreichen Steuererlaß angeregt und durchgeführt haben; wir haben un- auch stet« sorgfältig dessen ent halten, den Nationalliberalen au« ihrem abweichenden Volum einen Vorwurf zu machen, da wir ihre Gründe, wenn auch nicht theillrn, doch verstanden, und al« wohl erwogen anerkannten. Wir können un- nimmermehr den Schluß gefallen lassen, daß. weil wir sür den ersten Augenblick eine Maßregel von sehr zweifelhaftem Werth vor läufig hinaenvminrn haben, wir irgend eine Verpflichtung hätten, dieselbe bauernd gelten zu lassen. Wir finden in der Lage, in welcher wir un« gegenwärtig befinden, den voll- giltigen Bewei« dafür, in wie wenig durchdachter Weise die Regierung an ihre Resormplän, httangetreteu. und wir ent. nehmen gerade daran« die Berechtigung, eine Acnderung de« eingeschlagenen Wege« z« verlangen." Wir glauben, die hier vorgetragenen Anschauungen werden nachgerade von allen Parleien de« Abgeordnetenhauses und innerlich vielleicht auch von der Regierung gelheilt. * Tie BerwaltungSgesetze sollen um die Mitte de»
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