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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188506155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850615
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850615
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-06
- Tag1885-06-15
- Monat1885-06
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1885
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Erscheint täglich früh 6ff,Uhr. KeLaction und LrprSitioa Johaauesqasse 8. Sprschsson-rn drr Urdaction. Bormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. »u, ti« NUltg-t- «aluticr»«, tic mch, «rt»»»iL Annatzme »er f»r «ie nächftk«I«en»e Nnm«er beitlu,«teu Inserate an Wochentagen »iS 3 Uhr Nachmittag«, au 2 a»n- u«0 Festtagen srätz d>» ,,S Uhr. 2n öru Filialrn für 3us.-Tnn«hme: Ott« klemm, Universität-straße 1. Lauts Laiche, Katharinens«!. 23, p. nnr »i« '/,S Uhr. tlWM.TllAMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage 18,10». ^lionnrmenlspreis viertelj. 4'/, Älk incl. Bringenohn b Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne fftummer 20 Pj. Belegexnnplae 10 Pf. Sebüdren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbcsörderung 39 Mk. Ml» Postbesorderung 48 Mk. Inserate 6gespaltene Petitznle SO Pf. Srühere Tchristcn laut uns. Preisverzcichnist. TobeNanscher u. Ziffrrniatz nach höherm Tari« Leriamrn unter dem AedactianSstrich die4ge!valt. Zeile 50 Ps., vor den Familien na chrichr.i die kgespaltene Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die Expedition zu ienden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuruneearnlo oder dura, Post. Nachnahme. 186. Montag den 15. Juni 1885. 79. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekarnitmachlmg. Wir bringen bierinit zur allgemeinen Kenntniß, daß den 2U. bis 2i. dss. Mts. Nichts die Hauptröhren der städtischen Wasserleitung durch die Spülschieber nach den Schleusten und vom 24. dss. MtS. an die Spülung der Zweigröhren am Tage slaltftndcn wird. Leipzig, am 10. Juni 1885. Der Nath der Etadt Leipzig. Dr. Georg». Gringmuth, Assessor. Sarten-Verpachtung. Zwei pachlfrei werdende Abthetlungen des der Stadt» gemeinde gehörigen. an der Promenade hinter dem sog Kloster (Klostergasse Nr. 5) geiegenen Garten-ArealeS, und zwar die belven letzten rechts und link« am Eingänge von der Promenade aus, sollen vom I. November dss. IS. an gegen einjährige Kündigung DounerStag, den 18. Juni dss. IS., Vormittags II Uhr, aus dem Ratbhause, I. Etage, Zimmer Nr. 16, an die Meistbietende« anderweit verpachtet werden. Ebendaselbst auf dem grosten Borsaale liegen die Ver pachtung«- und Versteigerungsbedingungen schon vor dem Termine zur Einsichtnahme au«. Leipzig, den 30. Mai 1885. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stöß. Versteigerung von Banplittzeu in -er Aor-vorstadt. Bon dem der Stadtgemeinde gehörigen Bauareale des zwischen der Bork-, Nord-, Gueiscnau- und Psassendorser Straße geiegenen BaubloekS H deS nördliche« Be bauungsplanes sollen die bereits am 5. März d. I. zum Verkaufe versteigerten, jedoch für die daraus grlhanen Gebote nicht zugcschlagenen 4 Bauplätze deS betr. Parzellirungs» planes Nr. 4 an der Yorkstraß« 4 ^ . 7^.86 :j anderweit Donnerstag, den 2S. dies. Mon., Vormittags II Uhr, im Saale der »Alten Waage, Katharinelistratze Nr. 1, 2 Etage, zur Versteigerung gebracht und zwar mit den abgetehnten Geboten Bauplatz Nr. 4 von 26,100 » » 5 » 27,300 . - , 10 . 22.100 , - » 11 - 22,100 . augeboten werden Der Bersteigerungstermin wird pünktlich zur angegebenen Stunde eröffnet, die Versteigerung aber bezüglich eines jeden der einzeln nach einander in obiger Neihenfolqe und mit deni angegebenen Angebot auSgebotencn Bauplätze geschlossen werden, wenn daraus nach dreimaligem Ausrufe kein weiteres Gebot mehr erfolgt. , Die Versteigerungsbedingungen nebst ParzellirungSplan liegen aus dem Rathhaussaale, 1. Etage, zur Einsichlnabme aus und eS sind davon Exemplare ebendaselbst in der Sportel- caffe I, Zimmer Nr. 2. sür 1 .L 20 zu erhalten. Leipzig, den 5. Juni 1885. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Cerutti. Mlmitmichimr. Bei der am 13. Januar d. I. nolariell erfolgten fünfzehnten AuSIoosung der planmäßig zur Rückzablun.q bestimmten Obligationen unserer Anleihe vom Jahre 1870 sind: 1) von den Lprocentigen Obligationen die Nummern 90, 147. 36. 2) von den 4'/,proceiitigen Obligationen die Nummern 397, 459, 306, 348 gezogen worden. Diele Obligationen sind vom l. Juli ». ab an der Tasse deS Herrn Alex. Wcrtliauer (Marli 13. Lticqlitzen's Hof. Tr. 6. I.) zaiilkar, an welchem Tuge deren Verzinsung anshort. Die in früheren Auslvosungen gezogenen Obligationen sind bis auf die Nummer 164<l eingelöst worden. Leipzig, am 15. Januar 1835. Ter Vorstand der Israelitischen RrligionSgemcinde !» Leipzig. Verordnung, Erhebungen über de» Zug Ser Hagelwetter betreffend; vom 2 Juni 188S. In Versolg eines Antrags der Tircctorien der landwirtbschaftlichen Kreisvercine sollen znr Gewinnung von Unterlagen sür die im In teresse der Landwwthschast so wünschcnsw'rthe Hagelstatistik zunächst Erhebungen über den Zug der Hagelwetter, insbesondere die Zeit» Momente des Auftretens, die Ausbreitung derselben, ihre Verbindung mit Negensällcn sowie Gewittercrschcinungeu und dergleichen durch das meteorologische Institut zu Chemnitz unter Beihilfe der Orts behördcn dergestalt vorgenommen werden, daß da- genannte Institut au diese BebSrden mit geeignetem Bordruck versehene Postkarten abgiebt, welche von denselben alsbald nach Auftreten eines Hagel wetters an dem betreffenden Orte auszufüllen und an das Institut zurückzusenden sind. An die Lladträthe, Bürgermeister. Gemeindevorstände und Guts vorsteber ergeht daher hierdurch Veranlassung, die ihnen von dem »leieorologisch-n Institute zuznstellenden Fraackarten eintrelenden Falles mit möglichster Beschleunigung auszusüllen und an Vas In- stilut zurückzusenden, auch sonst die von letzterem in Bezug aus die Hagelwetter erbetenen Mi,«Heilungen demselben zugehen zu lassen. Dresden, am 2. Juni 1885. Mtnistertn« de« Znnrrn. v. Nostitz.Wallwttz. Vorstehende Verrodnung wird den Bürgermeistern. Gemeind« Vorständen und Gulsvorstehern hiesigen Bezirks behufs gehöriger Nachachtuag auch hierdurch besonder« bekannt gegeben. Leipzig, den S. Juni 1885. »saigliche A»t«hau»t«annschak1 vr. Platzmanu. Vekanntmachuns. In unser Genossenschailsregister ist bei dem Ne. 2 eingetragenen Vorschuß-Verein zu Prettin, eingetragene Genossenschast ln Spalte 4 zufolge Verfügung vom S. d. MtS. heute Folgende- eingetragen worden: „Ja der Generalversammlung vom 1b. März 1885 sind gewählt an Stelle der Beisitzer Otto Wust und Friedrich Herzog, der klempnermeister Wilhelm Reibestein zu Prettin und der Schulimachermeister August Häusel daselbst." Lorgau, den 10. Inn« 1885. königliche« Amt»-Gericht. Nichtamtlicher Theil. lUtramonlanes aus Oesterreich. * Bon der Gründung einer katholischen Universität in Salzburg ist eS zwar seit einjger Zeit wieder etwas still ge worben, aber deshalb darf man keineswegs glauben, daß die ullramonlane Agtlaliou in Oesterreich völlig ins Stocken geralhcn sei. Das Gegentheil eine- Stillstandes war gerade wieder gelegentlich der jüngsten ReichSrathSwahleu wahrzunehmen, bei denen die hohe und niedere Geistlichkeit in den Kirchen und außerhalb derselben alle Mittel der Ucberredung und des Einflusses ausgeboten halte, um oamcnliich die Land- bevölkerung >m ultramontanen Sinne zu bearbeiten und ihre Wähler zu Gunsten der klerikalen Candidaten zu stimmen. Tie Bischöfe in der Steiermark, in Lärnlhen und Kram haben sogar Hirtenbriefe erlassen, in denen aus drücklich betont wurde, daß eS die Pflicht der Kirche und der Geistlichkeit sei, sich a« dem Kampfe gegen den Liberalismus zu belheiligen, der in Oesterreich wie in allen übrigen Ländern Religion, Glauben und Gesittung völlig auSzurolten drohe, um an deren Stelle den rohesten, gewaMhäNgste» Materialismus zu setzen, als dessen Vorläufer bereits die Socialdemokralcn und Anarchisten zu betrachten eien. Mau kann sich leicht vorstellen, wie dieser Wink der Bischöfe gegen die Liberalen von der Lanbgeistlichkeit blind lings befolgt wurde. Da wurden aus den Kanzeln nicht allein die erwähnten Hirlenbriese vorgelescn, sondern die von den Pfarrern daran geknüpften Einleitungen und Erklärungen überlrasen an Helligkeit und Fanatismus noch zumeist den Inhalt jener Hirtenbriefe, der sich selbstverständlich durch eine keineswegs maßvolle Sprache auözeichnete. In dieser Be-- iehung wird noch eine ganze Reihe Einzelheiten de- annl, die besonders aus der Obersteiermark gemeldet werden, wo gewisse entlegene Gebirgsgegenden völlig dem Emflnsse der Geistlichkeit unterworfen sind. So hat in dem obersteiernitirkischen Wallfahrtsorte Maria-Zell ein jesuitischer Wanderpreviger gegen die Liberalen in einer Weise feconncrt, wie eS vcn der Kanzel herab noch kaum dagewcsen ein dürfte. Das ullramvittanc .Grazer Volksblatl" lheill mit großem Behagen einen Auszug dieser .Predigt" mit, welche, wie das fromme Biatt versichert, einen .großen Theil der andäckligeu Zuhörer bis zu ThrLncn gerührt habe." — „Ermannt Euch und wachet, liebe Brüder und Schwestern in Christo", heißt eS da unter Andern», .denn der Antichrist umschleicht Euch mit seinm höllischen Künsten. Er hat ahlrciche Gestalten angenommen, aber der wahre, golle«- ürchtige, an unserem heiligen Glauben sesthaltende Christ erkennt bas Ungeheuer, welches die Hölle ausgespien, in jeder Vermummung. Seine Lieblmgsverklciduiia ist der Liberalismus, mit dein er die Abtrünnigen und Einfältigen täuscht, um äe in daS ewige Verderben zu stürzen» von dem eü keine Wiederkehr giebt. Wie sollt Ihr aber diesen höllischen Ver führern, die sich Liberale nennen, widerstehen? Nun, sobald ein solcher Eure Schwelle belrill oder Euch sonst zu umgarnen versucht, so tretet ihn« unerschrocken mit dem Crucifix ent- gegen, weiset auf dasselbe und rujt: „Dieser ist mein Goll und Erlöser und kein Anderer!" — „Der Verführer in seiner liberalen Vermummung wird alsdann sofort entsetzt zurück- weichen und »leinalS vor Euch wieder erscheinen". — In dieser Tonart gehl eS noch lange fort, aber schon die hier »ulge- thcille Probe mag genügen, um unseren Lesern einen Begriff von der ultramonlanen AgitalionSweise zu geben, wie sie in neuester Zeit in Oesterreich geübt wird. Nun sind zwar die ReiLsralhSwahlen vorüber, aber die klerikale Presse hat sich schon wieder einen neuen, ihr mißliebigen Gegenstand auöerkoren, gegen den sie ihre An griffe richtet. Nun ist zwar im Grunde dieser Gegenstand nickt ganz neu, Venn er betrifft, die „cmS Deutschland in die österreichischen Gymnasien eiiigesckleppten anlircligiösen Schul bücher", die natürlich den Ultramonlanen schön lange ein froßer Dorn im Auge sind. Man hält es aber gegenwärtig ür zeitgemäß, sich zu einem abermaligen Schulbiichersturm zu sammeln, vielleicht auS dem Grunde, weil die kirchliche Partei schon mit manchen Forderungen im Unterrichtsmini sterium zu Wien durchgevrilugcn ist. Ganz besonders ver langt man die Unterdrückung der deutschen Lesebücher von Alois Egger, welche, nach der Versicherung des Wiener ultra- mviilanen „Vaterland", i» .schleichendem Culturkamps" »lachen sollen. Das genannte Blatt knüpft daran eine Reihe so sonderbarer Bemerkungen, daß wir sie hier, weil sie gerade sür deutsche Kreise ewige» Interesse haben dürsten, in Kürze wiedcrgeben wollen. .Allerdings", heißt es im .Vaterland", .werden in Alois Lgger'S Lesebuch die cultur- kämpseriscken Absichten nur leise angedeutel, so daß davon der harmlose Leser nicht» merken soll; aber kommt nur der rechte Professor darüber, der wird seinen Schülern gegenüber schon deutlicher reden. Und wer hindert ihn auch daran? Einige Slellen sind jedoch besonders ausfallend. So heißt eS im zweiten Theile, erster Band. tz. 37, in Betreff unserer Schriftsprache: .Die Canzleisprache wurde durch Luther zur Lileratursxrache, indem sie durch dessen Bibelübersetzung im Volke heimisch und Muster sür alle (?) Schrtslstcller wurde. Luther sagt ausdrücklich, daß er sich nicht einer speciellen Mund' art, sondern der Sprache der sächsischen Canzlci bediene, welcher .Nachfolgen alle Fürsten und Könige in Deutschland." Diese- allgemeinen Gebrauches wegen gilt sie ihm als .die gemeine deutsche Sprache", geeignet, von Ober- und Niederländern verstanden zu werden." So Egger. Also von Luther stammt unsere Schriftsprache! Merkwürdiger Weise wurde aber Sebastian Brankt's „Narrenschiff" niedrere Jabre vor Luther'» Bibelübersetzung in ganz Deulsckland gelesen und Luther spricht doch selbst von der „gemeinen deutschen Sprache". Glaubt man denn wirklich, daß wir ohne Luther keine hoch deutsche Schriftsprache hätte», oder ist es hierbei um Anderes zu lhun? Unter den auS Herder ausgenommenen Lescstückeii prangt eines über die Freimaurer! „AuS den Briese» zur Beförderung der Humanität: Gespräch über eine uuttchlbarc sichtbare Gesellschaft". Und wenn eS auch bei Herder schließ lich daraus hinausläust, daß jene gewissen Symbole zwar nickt nolhwcnvig sink (d. h. man kann Mitarbeiten, ohne sich in eine Loge aufnehmen zu lasten), so wird doch dem Wirken jener im Dunkeln wühlenden Brut daS beste Lob gespendet. — DaS ist doch gewiß ein sehr deullickeS klerikales Latein, welches keiner weiteren Erklärung bedarf. Da wir uns schon mit dem Wiener „Vaterland" be schäftigen, so mag hier noch seines polnischen GesinnnngS- genossen in Krakau gedacht sein, der dort unter dem Titel „Czas" (Die Zeit) erscheint. Dieses polnische Blatt ist daS anerkannte Organ deS hohen polnischen Adel» und KleruS. ja seine Verbindungen reichen, wie aus seinen römischen Cor respondenzen wiederholt zu entnehmen war, bis in den Vatican. Aus diesem Grunde dürste auch ein Artikels deS genannten Blattes nicht ohne Interesse sein, welchen dasselbe vor einigen Tagen über die Wiederbcsetzung des Posener Erzbi«lbums gebracht hat. Der „Czas" macht sich nicht wenig über die Forderung der „preußischen Regicrungsprcsie" lustig, daß der zukünftige Erzbischof von Posen ein Prälat deulscher Nalionalität sein müsse. Dadurch beweisen die Preußischen Organe, erwidert daS Krakauer Blatt, daß sie von katbolischen Dingen nichts verstehen oder nickt» verstehen wollen. Die katholische» Erzbischöfe und Bischöfe, heißt es weiter, sind überall und stet» derselben Nalionalität wie da« Land, in dein sie eingesetzt sind: In Italien Ita liener, in Frankreich Franzosen, in Spanien Spanier, in Teulschland Deutsche, in Polen Polen. „Posen", fährt der „Czas" fort, .war nickt allein ein polnisches Land, sondern ist es in nationaler Beziehung nock heule, trotz aller Ger- manisirungsvcrsuche und antikalbolischen Agitationen. So kann nur ein polnischer Prälat Erzbischof von Posen werden oder — Niemand. Daraus möge man sich in Berlin ver lassen." ES ist kaum anzunehmen, daß der .CzaS" diese Sprache führen würde, wenn er dazu von Rom au» nicht ermächtigt wäre. Ueberhaupt will sem römischer Corresponveul wisst», daß eine Verständigung zwischen dem Papste und Berlin hin. sichtlich der Wievcrbesetzung deS Pojcncr ErzbiSlhums frag licher den je geworden sei. Leipzig, 15. Iani 1885. * In Blättern verschiedener Parteirichtung werden noch immer Erörterungen darüber angestellt, warum die Arbeite» deS Reichstag» auf dem Gebiete der Arbeiterschutz-Gesetzgebung ohne Ergebniß ge blieben seien. Die Erklärung ist sebr einfach: lediglich deshalb, weil die Sacke verkehrt ungefaßt worden ist. Am Anfang der Session wurde bekanntlich vom Centrum eine Resolution eingcbracht, welche von der Negierung eine Ge setzesvorlage in ganz bestimmter Nichlung .womöglich noch in dieser Session" verlangte. Dem wurde von nalivna l- liberaler Seile der Vorschlag entgegengrstcllt, zunächst eine amtliche Untersuchung darüber auzuttellen, inwieweit ein ge setzgeberische» Vorgehen in dieser Richtung durch unsere con- creien Zustände überhaupt geboten erscheine, und welche Wirkung dasselbe aus die Verhältnisse der Arbeiter sowohl wie Ver Arbeitgeber üben würde. In der Plenarvcrhaud- lung erklärte Fürst BlSmarck, daß bei dem augenblick lichen Stande ver Tinge die Regierung zur Ausarbei tung eines zweckenisprecheube» Gesttzeutwurss nicht ir der Lage sei. und überließ den Vätern der Resolution die Aus gabe, auS ihrer besseren Keiintniß der Sacke heraus die so dringend gewünschte Vorlage selbst zu machen. Unter diesen Umständen wäre daS Zweckmäßigste offenbar die svsvrlige Annahme deS nativnallibcralen Engucteantrag« gewesen. Daun hätte die Untersuchung, mit welcher der Reichskanzler einverstanden war, schon in den ersten Monaten diese- Jahres vorgenemmen werden können, und hätte sie das fragliche Bcdürsniß erwiesen, so würde die Regierung spätestens in der nächsten Session entweder selbst einen Gesetzentwurf vorgelegl haben, oder sie hätte wenigstens einem aus der Mitte des Reichstag» hervorgegangencn nicht mehr ein nnn liguet entgegensetzen können. Aber da^ Haus verwies die Centrums- refolution sowohl wie den nationallibcralen Antrag an eine Commission. Auch diese hätte nichts Zweckmäßigeres lhun können, als dem Plenum zunächst eine Engucle zu empfehle». Jndeß, daS Centrum fühlte durch jene Aufforderung deS Reichskanzlers seine Fraclionschre engagirt; seine Com- missionsinltgliedcr brachten einen im Anschluß an das eben in Oesterreich Vurckberalyene Gesetz auSgearbclteten Entwurf ein. der nun als Grundlage sür die CommissionSarbeilen diente. Nicht weniger als neunzehn Sitzungen sind dann aus die Erledigung des ersten Paragraphen dieses Entwurfs, der sich mit der Sonntagsruhe beschäftigt, verwendet worden. Aus dem darüber an das Plenum erstatteten Berichte erhellt zur Genüge, daß nicht etwa Obstructionsmanöver der Oppo sition dabei im Spiele gewesen sind, soiidern lediglich die vollständige Unklarheit der Sacke und die dadurch bedingten Meinungsverschiedenheiten der Freunde eines sofortigen gesetz geberischen Vorgehens die lange Dauer der Verhandlungen verursackk haben. Wenn irgend elwaS, so beweist dieser Commissionsbericht die Nothwendigkeil der vorherigen Be schaffung lhatsächlichcn Materials. Ueberall slößl man auf ganz VoctrinSre, principielle Auseinandersetzungen, belehrende Angaben über die wirklichen Verhältnisse sucht man vergeben». „Damit dock etwas zu Stande käme", wurde der SonntagSpara- graph gesondert an daS Plenum gebracht. Niemand konnte im Zweifel sein, daß er in dieser Fassung die Zustimmung des BundesratkS nicht finden würde. DeSbalb wiederholten die Nalionalliberalen in diesem letzten Stadium der Session nock einmal ihren Enqueteantrag. Derselbe kam im Reichstage zusammen mit jenem SonnlagSparagrapben zur Verhandlung. Fürst BiSmarck erklärte sich aus de» früheren Gründen wiederum gegen ein sofortige» Gesetzmackcn und befürwortete die Enquete. Die Beralhung wurde abgebrochen und nicht wieder ausgenommen Warum nicht? Weil die Conserva- tiven, die für den Antrag des CentrumS eingetreten waren, sich bei der Schlußabstimmung mit dem Reichskanzler nicht in so schreienden Widerspruch setzen wollten. DaS ließ sich kören. Aber warum traten denn Conservalive und Centrum nicht iveniasten« jetzt sür den Enqueteantrag ein, den die Nationalliberalen noch wiekerbolt a»f die Tagesordnung zu setzen beantragten? Einfach deshalb, weil ihr FractionS- egoismus nicht zulicß. daß daS einzige positive Ergebniß auf dem Gebiete der Arbciterschutzgesetzgedung der Initiative der Nalionalliberalen zu verdanken sein sollte. * Tie „Kreuzzeitung" ficht die Mittheilung, daß die Vorlage wegen Erneuerung deS MiliairseptennatS dem Reichstag schon in der nächsten Session zugehen werde, als „entschieden verfrüht" an. Wir halten trotzdem die Angabe entschieden aufrecht. Man wird ja sehen, wer recht hat. Das Gesetz läuft freilich erst am 31. März 1888 ab (die vortrefflich unterrichtete „Kreuzzeitung" meint Ente 1887), aber eS ist begreiflich, daß so wichtige und im Falle ihrer Ablehnung voraussichtlich ganz außerordentliche Maß nahmen erfordernde Gesetzentwürfe nicht erst zum aller äußersten Termin eingebracht werden. Die „Nationalzeitung" erinnert mit Recht daran, daß die Vorlage, durch welch« das bestehende Septennat eingeführt wurde, dem Reichstag schon im Januar 1880 gemacht wurde, obgleich daS damals geltende Septennat noch dlS zum 3l. December 188l zu lausen hatte. Die „Kreuzzeitung" hat aber ein naheliegendes Interesse, die Mililairsrage au» Ver össeiillichen Dtscusflon, namentlich in der Wahlbewegung, auSzuschcivcn; ihr ganzes schönes poli tisches System, welches aus dem Zusammengehen mit den Ultraiuoillanen beruht, fällt ja bei solchen Gelegenheiten über den Hausen. * Aus Wilhelmshaven schreibt man der „Vossischcn Zeitung": „In der Strafsache gegen die Führer der bei der unberechtigten Fischerei an der Nordseeküste in Hast geiiomencn zwei englischen Fifcherkulter scheint die Entscheidung noch auSzustehen, von welchem Gericht daS Urtheil gesprochen werden wird. Für einen der Kutter- f'ührer ist durch Vermittelung des englischen Confuls in Brake eine Caulion in Höhe von 13,000 .<k geboten worden, was seine Entlassung aus der Hast zur Folge haben dürste. Den betreffenden Fischereigescllschaste» dürste daS Wagniß, deutsche Gewässer zu berauben, diesmal doch recht lkeuer zu stehen kommen, denn nickt nur die in Aussicht stehende Geldbuße, welche sür beide Schiffe weit über 1000 ./t betragen dürfte, sondern auch der Verlust der ihnen consiScirten Netze und sonstigen Fischereigerälhschasteu, deren Werth zusammen aus 6000 veranlagt wird, ferner hinzugercchncl die Kosten des Verfahrens und der Zeitverlust, den die Schiffe mit ihrer Mannschaft erleiden, werden ein ganz anständiges Verlust- conto bilden. Als Curiosum mag erwähnt werden, daß auf die gepfändeten Fischereiobjecte in erster Linie die hiesige Steuerbehörde ibre Hand gelegt hat. Zum Transport derselben, vom Schisse zum Lande, sind l5 Mann nöthig gewesen, die dafür einen Lohn von 60 ^ erhallen haben." * Im Laufe deS vorigen JahreS wurde daraus aufmerk sam gemacht, daß daS seit mehrere» Jahren durch den Tod seines Inhabers erledigte evangelische Bisthum Jerusalem, dessen Besetzung jetzt der Krone Preußen zusleht, nicht besetzt werden kann, weil die englische Hochtirckc einem billigen und einfachen Verlangen preußischcrscilS nach- zukommen nicht geneigt ist. Nach dem zwischen Großbritannien nnd Preußen ld4t geschlossenen Vertrage über die Errichtung deS BiSlhumS hatte sich die englische Hochkirche trotz der beiderseitig gleichen Lasten sür die Institution doch eine Art Oberhoheit anzueignen gewußt. Auch die von Preußen zu erileuneudcu Bischöfe mußten die von der englischen Hoch- kirchc vorgeschriebcncn drei Weihen besitzen, ehe sie in die Würbe einlretcn konnten. Man betrachtete da« BlSthum als eine britische Domäne, und die nicht geringen deutschen Stistungeu aus palästinischem Boden wurden höchst stief mütterlich bchanvctl. Halte inan früher diese kirchlichen Ucbcrhcbungcn britischcrieilS geduldet, so war man iu dem neuesten Falle, daß die Krone Preußens zur Ernennung eines Bischofs berufen war. nicht Wcklens, sich dem von« britischen Kircheiiregiment cinseilig aufgestelllen Zwange zu unterwerfe», und es wurde LaS Verlangen nach London gerichtet, die preußische Kucke mit der englischen insofern gleichzustellcn, daß jene ohne Rücksicht auf englische Kirchenvorschriften ihrerseits einen Geistlichen ernenne. Hieraus ist keine Antwort erfolgt, und eS kann nunmehr kaum bezweifelt werden, daß vielleicht binnen kurzer Zeit von Berlin aus eine Kündigung deS Vertrages ersolgt. » * » .* Die spanische Regierung ergreift mit pflichtmäßigem Ernste alle Maßregeln, um dem Forlschrciten der Cholera Einhalt zu thun. Einstweilen hält sich denn auch die Krank heit noch in relativ bescheidenen Grenzen und schlimmer als der directe Schaden, den sie austistet, ist die Panik der Be völkerung. welche in dem fluchtartigen Abfluß der bemittelteren Gesellschaftsklassen, sowie in dem planlosen Verhalten des großen Hausens zu Tage tritt. Es ist baker vollkommen ge rechtfertigt. wenn die Behörden ein scharfes Augenmerk aus die Presse richten und nicht dulden, daß sich letztere zum Sprachrohr ins ungeheuerliche übertreibender Gerüchte macht. Der lähmende Einfluß der pessimistisch angehauchten Volks- stimmung aus die wirthschaslliche Thätigkeit des Landes ist ohnehin schon unverkennbar. Seitens der Behörden und Aerzle wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die dies jährige Cholera-Epidemie milde verlausen werbe, da die Keime, auS Venen sie nur allein entstanden sein könne, durch den statt- gehaben UeberwinterungSproceß im spanischen Boden den ursprünglich bösartigen Charakter cingcbüßt baben. Cs würde sich niilhin, wie für Spanien, so auch für daS übrige Europa, wesentlich um Verhütung direkter Einschleppung neuer Cholera keime au» Indien handeln. * Die auswärtige Politik deS italienischen Cabinets ist schon seit längerer Zeit in einer nichts weniger als an genehmen Lage. Als Herr Mancini sich bereit finden ließ, Geld. Kriegsschiffe und Mannschaften an die Expedition nach dem Rothe» Meere zu wenden, handelte er unter Voraus setzungen, über deren Hinfälligkeit jetzt wohl weder innerhalb nock außerhalb Italiens noch irgend eine Meinungsverschieden heit bestehen dürste. Wie Herr Manclni zu w.ederkoUen Malen eingestanden hal, sollte die von ihm an der Seile England« und im engsten sreundschastlichen Einverständnisse mit dieser Macht unternommene „Parallelaction" zur Förderung hervorragend nationaler Ziele deS Staates dienen; er suchte de» Schlüssel zu der italienischen Machtstellung am Miltelmeer im Rothen Meere, und ließ sich auf die Occupalion der dortigen Küsten- plätze — Massauab, Assab rc. — nur ein, weil er sich über zeugt hielt, daß Italiens Beihilfe den Engländern in ihrer damaligen bedrängten Lage unentbehrlich sei. England sonach auch nicht umhin können werbe. Italien den ausbedunqeuen — oder noch auszubedingrnben Preis zu zahlen. Bon den
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