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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188507199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850719
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850719
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-07
- Tag1885-07-19
- Monat1885-07
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1885
- Autor
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«rsch-1»t tLgNch ftüh 6'/, Uhr. Krdaction an- Lrprdition JohonactMisj« 8. Sprechstunden der Krdaclion. vormntags 10—12 llhr. Nachmittags 5—6 Uhr. »Ul d„ «va^i» «->uricr»t, »»M »« rs«»«l>», M», «r»«»»ch. Vnnatz«« »er für »te «LchMeI«e»»e )>u««er »estimmten Inserate an Wachrntagcu b,s 3 Uhr Neck»»»«,«, au Lonn- «nv Aeftlage« srntz »t» ft^Nhr. 2« den Filmten für Inl.-^miahrne: Otta Klemm, Universltätsstraße 1. Lani» Lisch«, Katharineustr. 28, p. nur »i« '/.» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichtr, Handels- und Geschäftsverkehr. 200. Sonntag vrn 19. Juli 1885. Auflage IV.IOO. .^bonnemrnlsprris vienelj. " , sNK. incl. Bringenod» 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne 2l»u»ner 20 Pi. Belegexemplar 10 Pi. Gebühren sür Extrabeilagen (in Tageblatt.Format gesalzt) ahne Postbesörderuiig 30 Mk. mit Postbesörderung 48 Mk. Znserule Ogkspaltene Petitzeile 20 Ps. Gröbere Tchristen laut uni. Pre-Soerzeichu.tz. Tabellarischer u. Zifferniay nach höherm Tarii. iirllnmrn unter dem Redactionsstrich die4gejpalt. Zeile 50 Ps., vor den Fam > lie» Nachrichten die Kgeipaltene Zeile 40 Pi. Huierare s,uü ucis ua üie ExpeSitnm zu senden. — Rabatt wird mW: gegeben. Zahlung priieimui"»»»» oder durcy P»fl- Nachnahme. 70. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntmachung, die?alh»ltsche Kirchen- und Echulaulage betreffend. Zur Deckung deS Bedarfs sür die römisch - kalhotischen Kirchen der Erblande und die hiesige katholische Schulgemeinde ist für das lausende Jahr eine Parochialanlage nach Maß gabe der Verordnung vom 4. April 1879 in Höhe von Siebzehn Pfennigen von jeder Mark de» normalmäHige« GinkonrasensteuersatzeS al» Kirchensteuer und Zehn Pfennige« v»n jeder Mark de» normal- maHigen Gtnkonrnreasteaersatzr» al» Schnt- steuer a« IS. Juli ». e. zu erheben. Die hierzu beitragspflichtigen katholischen Glaubensgenossen werden andurch aufgesordert, ihre Zahlungspflicht bei unserer Stadt - Steuer - Einnahme, Stadthau», Obstmarkt Nr. 3, parterre links, binnea drei Wochen, von dem Termine ab gerechnet, zu ersüllen, widrigenfalls nach Ablauf dieser Frist gegen die Restanten da» vorgeschriebene Beitreibungs- Verfahren eingeleitet werden wird. Leipzig, den 11. Juli 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Kock. Vrklnmlmachmlg. Am heutigen Tage sind Frau Sophie Albertinc verebel. Marti«, Elifenstraße 26, M., - Friederike verehel. Lheuring, Königsplatz 11, I., Hof, - Emilie Pauline verehel. Leschke, Bayerische Sir. 38,1., - Marie Charlotte Caroline verehel. Mannschatz, Promenadenstraße 34, III, als Hebammen für die hiesige Stadt verpflichtet worden. Leipzig, am 14. Juli 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Trmckter. Bekanntmachung. Von Montag, den 20. dies. Mon., an wird bis aus Weitere« in der Sedanstrastc auf deren Strecke westlich der Waldstraße bis zu der Straße „An der alten Elster" und in der Straße „Au der alte» Gister" auf deren Strecke zwischen der Sedan- und Fregestraßc, ferner in der Straße IV auf deren Strecke zwischen der Wettiner- und Sebanstraße Bauschutt, Erde und sonstige», zu Straßcn- herstcllungcn sich eignendes Füllmaterial gegen Schuttmarken zu 30 Pfennige pro Fuhre angenommen. Geströhde, Holz, Mist, Asche, Scherben u. f. w. darf nicht ungefähren werden. Leipzig, den 17. Juli 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. G Bekanntmachung. Wegen Schleußenbaues wird die PeterSstraße auf der Strecke zwischen Markt und Sporergäßchen von Montag, den 2«. d. M. ab wäbrend der Dauer der Arbeiten für den durchgehenden Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 17. Juli 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Hennig. Am Morgen des 1b. Juli l. I. ist in der Elster, oberhalb der Schwimmanstalt, ein mönulicher Leichnam aufgesunden und Polizei- llch aufgehoben worden. Da über die Persönlichkeit de- Verstorbenen ti< jetzt Nichts bekannt geworden, so ersuchen wir olle Diejenigen, welche darüber Au-kunst zu geben vermögen, ungesäumt anher Mittheilung zu machen. Leipzig, am 17. Juli l885. Das P»ltzeta«t »er Ttavt Leipzig. I. B. Junik, Pol.-Rath. N. Signalement: Alter: etwa 55 Jahre; Größe: übermittel; Haare: dunkel, graumelirt; Stirn: niedrig; Augen: grau; Mund: gewöhnlich: Nase: stumpf; Zähne: lückenhaft; Gesicht: voll, ge- dunsen; Gestalt: etwas korpulent; Bart: rohrt; Stand: vernntth- lich Tagelöhner. Bekleidet war der Todte mit schwarzem Tuchrvcke, defectrr Stoffhose, grauer Stoffweste, desecten Schaftstiefeln, buntgestreiftem wollenen Hemd, gelbgemostertem Halstuch und hellbrauner Stoff mütze. Bei sich trug er eine Stahlbrille, ein Taschenmesser, ein Portemonnaie mit 5 sj. Erledigt bat sich unsere den Handarbeiter Johann Gottfried Serbe aus Thonberg betreffende Bekanntmachung vom 4. dieses Monats durch Gestellung desselben. Leipzig, am 15. Juli 1885. Las Polizeiamt der Stadt Leipzig. I. B.: Junck, Pol.-Rath. Rsdr.Faldix. Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Handarbeiter Hermann Schmidt aus Jeßnitz, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Verbrechens gegen 8. 176, Zahl 3 Str.-G.-B. verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Gerichts- Gesängniß zu Jeßnitz in Anhalt abzuliciern. Jeßnitz, den 17. Juli 1885. Herzogliches Amtsgericht. Kran old. Beschreibung. Alter: 26 Jahre. Größe: 1.66 m. Statur: schlank. Haare: dunkel. Stirn: niedrig. Augenbrauen: dunkel. Augen: blau. Nase: klein, breit. Mund: klein. Zähne: voll. Kinn: oval. Gesicht: oval. Gesichtsfarbe: geiund. Sprache: deutsch. Besondere Kennzeichen: Narbe an der rechten Backe. Bekanntmachung. Die »eubegründete Stelle eines Biirrauoiener» soll sofort besetzt werden Gehalt 750 pro Jayr, ansichlirßllch eines noch festzuietzenden Betruges sür Beklridung. — Gesuche mit Zeugnissen sind bis zum »I.^rseS Monats hier einzureichen. Der «emeinderath zu Reudmtz. Grüßet. Bsch. Bekanntmachung. DI« VLrgermetfterftrlle hiesiger Stadt >st am 1. Januar 1886 neu zu besitzen; da« Einkommen der Stelle einschließlich der Brr- Wallung de» Standesamtes beträgt jährlich 1200 -4l Die Wahl erfolgt aus 6 Jahre. Bewerber wollen sich bis zum 31. Juli ds. Jrs. unter Beifügung ihrer Atteste schriftlich bei uns anmelden. Bad Berka a/Jlm, am 16. Juli 1885. Der Vemeindevorstand Saalseld i. B. Bekanntmachung. Die h> unserem Firmen-Register unter Nr. 223 eingetragene Firma A. Richter»»Sohn zu Targa» ist mittels folgenden Lerwerks: „Das Handelsgeschäft ist aus den Kaufmann Karl Hermann Gotthelf Kühne zu Targa« übergegaugen, welcher dasselbe unter der bisherigen Firma fortsitzt", zufolge Verfügung vom 13. Juli 1885 am nämlichen Tage ge- löscht worden. Dagegen ist unter Nr. 272 desselben Registers die Firma „A. Richters-Sohn" zu Torgau und als deren Inhaber der Kausman» Earl Hermann Gottürlf Kühne zu Torga» zufolge Bersügung vom 13. Juli 1885 am nämlichen Tage eingetragen worden. Torgau, den 13. Juli 1885. Königliche» Amt»-Gericht. Bekanntmachung. Die in »userrm Firmenregister unter Nr. 147 eingetragene Firma S»car Huiiöcrtmark »u Taraau ist zufolge Verfügung vom 3. Juli 1685 am 6. Juli 1885 gelöscht worden. Torgau, den 6. Juli 1885. Königliche» Amtsgericht. Nichtamtlicher Theil. Zur afghanischen Frage. In London wird abgewiegelt; der „Daily Telegraph" hat sich der Aufgabe unterzogen, der Regierung in dieser An gelegenheit als Sprachrohr zu dienen. Nach den Mitthei- luugen diese» Blattes hat ein wirklicher Vorstoß der Russen in der Nähe von Zulfikar nicht stattgcfunden, und die Berichte über die Truppenanhäufungen bei dem Passe waren über trieben. Nach dieser Einleitung folgt jedoch die wichtige Thatsache, daß die englische Regierung von der russischen Er klärungen erbeten und bemerkt hat, daß eine Vermehrung 'der russischen Streitkräfte in dieser Richtung unmöglich als freundschaftliches Vorgehen betrachtet werden könne. Einer so überaus maßvollen Sprache gegenüber würde es der russischen Regierung schlecht anstehen, wenn sie schroff antworten wollte, und so ist denn auch die Sprache dcS tonangebenden russischen Organs, dcS „Journal de St. PötcrSbourg" entsprechen!) gemäßigt. Aus den Aeußerungen desselben ist zu entnehmen, daß Meinungsverschiedenheiten dar über obwallcn, welches Terrain unter der Bezeichnung Zulfikar zu verstehen sei. Rußland versteht darunter nur das Thal zwischen Herirud und dem Gebirgöfluß, während England darunter auch die im Osten davon befindlichen Gebirgs straßen begreift. Rußland weiß sehr wohl, daß Afghanistan dieser Straßen bedarf, um sich gegen Einsalte von Nord westen her zu sichern; im Osten hat ja Rußland bereit» die Stellung inne, welche ihm den Weg nach Herat bahnt, und Afghanistan ist eö zufrieden, daß Rußland Pulikhisti und Penschdeh behält, weil weiter südlich der Weg edcnsalls durch das Gebirge verlegt ist. Rußland wollte aber nur den Namen preisgeben und die Sache behalten, nicht aus da» Thal kam es ihm an, sondern aus die dasselbe beherrschen den Höhen mit ihren Weideplätzen und Quellen, und weil cs sich dieser versichern will, deshalb hat cs Ver stärkungen nach dieser Richtung gesandt. Es ist dasselbe Spiel, durch welches Rußland sich im Februar und März in den Besitz von Pulikhisti und Aktcpe gesetzt hat. Als General Komaroff in rücksichtslosester Weise aus den Zu sammenfluß von Kuschk und Murghab losging, beschuldigte es die afghanischen Truppen, daß sie Puncte besetzten, welche in der russischen Zone lagen, und al« dann Komarofs zum Angriff vorging, stellte er die Sache so dar, als ob er au» SelbsterhallungSrücksichten zum Angriff gezwungen gewesen wäre. Jetzt ist an dem streitigen Puncle wiederum eine Truppenmacht versammelt, welcher die afghanischen Truppen nicht gewachsen sind, und deshalb hat sich die englische Grenzcommission nach Herat begeben, um dem wetteren Vordringen der Russen nach Süden dort Halt zu gebieten Rußland macht gar nicht den Versuch, seinen Vormarsch zu erkläre» oder zu beschönigen, e» handelt und läßt die Engländer und Afghanen reden. Daraus geht klar hervor, wie thöricht die Hoffnung Gladsione's war. daß die Russen sich durch friedliche Unterhandlungen vom weiteren Ver rücken würden abhalten lassen. Alle Zugeständnisse, die Rußland in diplomatischer Beziebung macht, sind nur Schein, in Wahrheit geht eS systematisch und unaus- baltsam aus der Straße, welche es sich vorgezeichnet hat, vorwärts, trotz Grenzcommission und trotz des Einspruchs von England und Afghanistan. England ist in einer pein lichen Lage, denn eS hat keine Truppen in Bereitschaft, um die bedrohten Puncte zu schützen. DaS Ministerium Glad- stonc hat die merkwürdige Politik befolgt, mit Rußland ledig lich auf Grund seiner eingebildeten Macht zu verhandeln, daS Gewicht beS englischen Namens sollte genüge», um Rußland in Schranken zu halten. Diese Macht verfuhr aber klüger und zweckentsprechender, sie hielt so viel Truppen in Bereit schaft, um den Worten jederzeit die Tbal folgen lasse» zu können oder die Unterhandlungen durch Truppenbewegungen wirksamer zu machen. Salisbury wußte ja sehr wohl, daß er nicht i» wenigen Wochen die militairischc Lage durchgreifend ver ändern könne, und deshalb führt er die Unterhandlungen an dem Puncle weiter fort, bis zu welchem sie Gladstone gebracht batte. Aber er war sich sofort darüber klar, daß umfassende Vorkehrungen zur Abwehr der Russen sür die Zukunft ge troffen werden mußten. Hätte er sofort Truppenbewegungen »ach Norden cmgeorknct, so würde Rußlanv dadurch einen Vorwand zuni Abbruch der Unlerbandlunge» erballe» haben, eS mußte also zunächst das Abkommen abgeschlossen werden, dessen Grunvzüge durch das Ministerium Gladstone fcstgestellt I waren. Rußland hat aber niemals die Absicht gehabt, das Ab kommen abzuschließen. Es zog die Unterhandlungen in die Länge, machte bald hier, bald da Einwendungen und schob während der Unterhandlungen in aller Stille seine Truppen immer weiter vor. Gladstone war froh, al- er dem Parlament die erfreuliche Mittheilung machen konnte, daß der Krieg vermieden werde und ließ von da ab alle Vorsicht außer Acht. Jetzt wird eS offenbar, daß die Unterhandlungen nur den Borwand für Rußland boten, um seinen Zweck nur um so sicherer zu erreichen. Sobald Gladstone die» erkannte, ließ er die Sache in der „Pall Mall Gazette" so varstellen, als ob Rußland vollkommen in seinem Rechte wäre, wenn es sein unzweifelhaftes Eigenthum festhalte. Solchen Schwierigkeiten gegenüber bleibt der Regierung nicht» übrig als geschickt jede Gunst de» Augenblick» zu benutzen und gleichzeitig geeignete Maßregeln zu treffen, um die Zukunft besser zu gestalten, als die Gegenwart. Rußlands Entschluß war offenbar schon an dem Tage gefaßt. alS Gladstone zurücktrat, die Zeit de» Zögern» war damit für Rußland vorüber und eS konnte sich nur noch um die Auffindung eine» paffenden Vorwände» zur Fortsetzung dcS Vormarsches nach Indien handeln. Rußland hat außerdem ein nabcliegendes Interesse daran, daß zu der Zeit, da cs England an der afghanischen Grenze angreist, die egvpliscbe Angelegenheit nicht eine günstige Wendung nimmt. Deshalb verweigert Rußland seine Zustimmung zu dem Vertrage wegen Ausgabe der Neun-Mcklionen-Aickeihe. Gladstone Kak Englands auswärtige Angelegenheiten derart in Ver wirrung gebracht, daß selbst ein BiSmarck seine Noth haben würde, Ordnung bineiuzubringen. Salisbury kann vorläufig nichts Anderes thun, als sich vor der Begebung neuer Fehler zu hüten und in aller Stille und ganz all- mälig eine Besserung der Lage anzubahnen. Dazu bedarf er in erster Linie Geld und in der Bewilligung desselben sind die Engländer bekanntlich sehr schwierig. Darauf hat Gladstone seinen Plan gebaut, die Thätigkcit der Regierung lahm zu legen. Mit Gladstone streitet die Unlust der Engländer, sür nitlitairiscbe Zwecke große Summen auSzugebcn und durch eine Systemänderung die Wehrfähigkeit Englands zu kräftigen. Die Engländer halten an der Ueberlieserung fest, daß der Kern ihrer Macht ihre Flotte ist. Daß die großen Machtsragcn der Zukunft sowohl in Asien al» in Afrika zu Lande entschieden werden müssen, dafür haben sie weder Sinn noch Bcrständniß. sie klopsen aus ihren vollen Geldbeutel und rechnen außerdem auf die Gunst deS Zufall«. Bisher ist ihnen das Glück fast immer günstig gewesen, aber seit dem Jahre 1815 haben sich die europäischen Verhältnisse so von Grund auS um- geslattet. daß eine Weltmacht ohne eine große Armee heute nicht mehr ausrecht zu erhalten ist. DaS ist die große Aus gabe. welche Salisbury zu ersüllen hat. wenn er Englands Macht wieder ausrichtcn will, daß er ihm eine Armee schasst. Ohne eine solche ist die auswärtige Politik Englands nicht in gesunde Bahnen zu leiten. * Leipzig, 19. "luli 1885. * Der Kaiser, dessen Wohlergehen Nichts zu wünschen übrig läßt, gedenkt, soweit bekannt, in der Mainau bis zum'Montag zu verbleiben und dann am Nachmittage dieses Tage« über Lindau und Nosenheim rc. sich nach Wildbad Gastein zu begeben. * Während der Berathung dcS Etats der Unterrichts- Verwaltung in der letzten preußischen Landtagssession führte der ultramontane Abgeordnete Spahn ein umfassendes statistisches Material über die Schulverhältnisse West- preußenS, das ihm aber befremdlicher Weise von dem bischöflichen Generalvicariat in Pelplin gesammelt war, vor. um an der Hand desselben den Nachweis zu erbringen, daß die Katholiken Westpreußenö in Bezug aus ihre Schulen schlechter behandelt würben al» die Evangelischen, und um hieraus den Antrag aus Abänderung des vermeintlichen Mißverhältnisses durch Neucrrichtung katholischer Schulen bez. Umwandlung evangelischer in solche zu begrünten. Bei den dortigen Verhältnissen würbe die Erfüllung dieses Wunsches nahezu gleichbedeutend mit der Errichtung polnischer und der Verwandlung deutscher in polnische Schulen sein. Bei der Untersuchung der Ursachen de« unbestreitbaren Vor bringen? des polnischen Elementes gegenüber dem deutschen wurde al» die vornehmste Ursache desselben die stetig wachsende Zahl der Ueberläuser aus Russisch-Polen erkannt. Deren Kinder find es allermeist, welche eine Verschiebung der Natio- nalitätS- und ConfessionSvcrhältnisse der Schulkinder herbei- gesührt haben. Dieser Sachverhalt war dem bezcichneten klerikalen Abgeordneten ohne Zweifel sehr wohl bekannt, gleich wohl hatte er nicht Anstand genonimen, die Umänderung der bestehenden Schulverhättnisse zu Ungunsten der preußischen Bevölkerung Westprcußens und lediglich zu Nutz und Frommen jener Ausländer zu verlangen. Man ging dabei sogar so weit, den schärfsten Tadel anSzusprcchen, daß den Bedürft nissen der letzteren gegenüber aus die Wünsche und Absichten der vornehmsten einheimischen Träger der Schnllasten einige Rücklicht genommen werde. Hatte die Ueberschiremmung Weslpreußeiis mit polnischen Ucberlausern schon anderweit zu den crbeblichstcn Mißständen geführt, so mußte sie völlig alS unleidlich erscheinen, wenn daran die Forderung weiter gehender Polonisirung deö wesipreußisckcn Schulwesens ge knüpft wurde. Das naheliegende AuSk.instSmiltel, den Kindern jener nickt preußischen Ueberläuser den Zutritt zu der öff.iil licken Sckule zu versagen, ließ sich, wie ossiciös auS Berlin geschrieben wird, nicht ergreifen, weil nach der bisherigen Auslegung des Landrechts auch die nichtpreußischcn Einwohner de» Staates die Pflicht und daS Recht haben, ihre Kinder in die öffentliche Volksschule zu schicken. Selbst wenn sich nach der rechtlichen Seite leicht ein Riegel gegen die Polonisirung der Schule vorschicben ließe, so bliebe deck die tbalsächlicbe Uebcrschwcmmung zahlreicher Schulen mit polnische» Elemenleii bestehe». So haben aus Anlaß der Centruinsaction in dem Schulwesen WestpreußenS »aber erkannte Mißstände den An stoß zur Ausweisung der polnischen Ueberläuser gegeben; der gegen die Regierung und ibre politischen Bestrebungen von der polnisch-ultramontanen Verbrüderung gerichtete Pfeil ist auf diese letztere zurückgrflogen. * AuS München, 18. Juli, wird der „Dossischen Zei tung" geschrieben: Die neueste Nachricht vom Hofe besagt, daß der Stallmeister Hornig und mit ilim der Hofsecrekair Gresser in Ungnade gefallen leien, und diese Nachricht macht Aufsehen, weil i» der letzten Zeit sich daS Interesse in weitesten Kreisen auch den kleinsten DcinilS am Hofe znwendei. Die Katastrophe wird eben für die nächste Zeit erwartet — od mit Recht oder Unrecht, sei dahingestellt, wenn auch die enorme» Kosten der letzten Separatvorstellungen, die nach all gemeiner Angabe 600,000 .41 betragen haben, eine Entscheidung in nächster Zukunft wahrscheinlich machen sollten. Daß das Pul ücum sich damit beschäftigt, ob Stallmeister Hornig oder Hofniarsrall'cmlier Hasselschwerdt, der vor dem Tode deS Fürsten von Tdurii und Ta^iS in Regensburg gewesen sein soll, zur Zeit de» größlen öiiistaß hat, daS zeugt von einem gewissen Interesse; wichtiger wäre ..lio» ein Amtsrücktriit Gresser'S, was auf Mißerfolge i» seinem Amt a!ü Borstand der CabinetScasse deuten würde. Man w g ja, das; sein Borgänger Pfister zurückrrat, als er einen Schm.- ' . an ausgearbeüet halte, E>n Zeichen der Zeit ist es, daß mau >a der bayerischen Presse ansängi, die Ermtuniiläten einer Re ge nt schalt u erörtern. Die cinichlägige Bestimmung (Tii. 11. 8, ll der Ber- assungSurkunde) lautet: „Sollte der Monarch ourch irgend eine Ur sache, die in ihrer Wirkung länger als ein Jahr dauert, an der Aus übung der Regierung gehindert werden und sür diese» Fall nicht selbst Vorsehung getroffen haben oder treffen können, so findet mit Zustimmung der Siaude, welchen die BerlündrrungSursacü n anzu- zeigen sind, gleichfalls tie sür den Fall der Minderjährigkeit de- ilimmte gesetzliche Regentschaft statt," Hier jehlt nun jede Be- stimm nag, wer denn eigentlich das Recht der Initiative, wer den Kammern die Miiiheilung zu machen bat. Deshalb mcinte der berühmte verstorbene SiaatSrechtslebrer v. Pözl in München mit Recht, daß er fürchte, dieser §. 11 werde in der Praxis als iiiidurchiührbar sich erweisen, da jede Anzeige an die Kammer vom Könige ausgcheii und die Zeichnung dcS Königs wagen muß. Es ist interessant, daß eiu liberales Blatt, das sich in diese Verhältnisse vertieft, n>>! Mücksichi auf diese Unklarheit des tz. 11 deS Tit, ll der BersaffungSurkuiide und Mit Rücksicht aus Abiatz 2 de» Ar!. 76 der Reichcversassung. welcher bestimmt, daß Versaß'»"gs- slrcitiokeiten in einem Bundesstaat entweder von, Bunde raih vc- glichen oder, wenn ein Vergleich nicht möglich ist, von« Reichstag durch ein Gesetz entschiede» werden sollen (Pözl bemerkt dazu, daß Streitigkeiten über die Noibwendigkeit einer Regentschaft in Bayern hierher gehören), dazu kommt, dafür zu plaidiren, daß die bayeriichen Kammern im Interesse der Selbstständigkeit der Eiuzelsiaatrn durch ein Veriassungsqesep die Frage löse» sollten, wer die Noihwendigkeit einer Regentschaft erklären und wer während der Zwischenzeit bis zur Entscheidung der Frage die königlichen Regierungssiincttvncn ausüde» könne. Die Frage, wer znr Regenlschnsl berufen ist, ist klar: da der Bruder des Königs, Prinz Otto, unheilbar geisteskrank ist, würde an erster Stelle der Onkel dcS Königs, Prinz Luiipold, und sollte dieser verzichten, sein ältester Sohn Prinz Ludwig, der präsumpttve Thronfolger, berufen sein. Prinz Ludwig, dem man eine gewisse Zuneigung zu nliramontaiien Idee,, »achingt, ist das Muster «in«S Familienvaters, eines einfachen Bürgers. Trotz seines großen Reich- thnms für einen Prinzen des königlichen Hauses sehr bescheiden lebend, hat er sich durch sein leutseliges Wesen die Sympatifien aller Perionen, die mit ihm in Berührung gekommen sind, erobert. Das Volk bat sich gewöhnt, ihn als Thronfolger zu betrachten und der demonstrative Beifall, mit dem er überall begrüßt >mr>, zeigt, daß er willkommen sein wird. * Aus dem Herzogthum Braunschweig wird der „Kölnisch?>i Zeitung" vom 15. Juli geschrieben: „Bon ver schiedenen Seilen wird die Nachricht angezweisell, daß Prinz Neuß z»m Regenten in Braunschweig auscrftl'cn sei. lim eine „Wahl" kann eS sich bis jetzt allerdings nickt bandeln, da der Regentschastsrctth den Regenten gar nickt zu mähten, sondern nur der braunschweigischen Landesvciffammlung dor- ziischiagen bat. In dem Regentschastsgesetze beißt eS aus drücklich: „Die LandeSversammiung wähit den Regenten ans Vorschlag deS NegeittschgstsrathS auS den volljährigen, nicht regierenden Prinzen der zum deutschen Reiche gebörenven souverainen Fürslcnbäuser." Da eS nun imzweisclbvst ist, daß zunächst nach dem Regeittschaftsgesetz verfahren, und eS auch aiizunehmen ist, daß die Regeittenwabl gleich im Qctober er folgen wird, so ist die Annahme berechtigt, daß in maßgebenden Kreisen die Pcrsonensrage bereits erörtert worden ist. An sonst gut unterrichteter Stelle wird nun trotz alter Ablengnungen der Name des Prinzen Reuß an erster Stelle genannt, doch sollen an zweiter unv dritter Stelle noch ein mitteldeutscher, bczw. süddeutscher Prinz ins Auge gefaßt sein. Bei dem guten Einvernehmen zwischen Negierung und Landtag ist es nicht zu bezweifeln, daß letzterer den an erster Stelle oder alleinig präsentirtcn Eandidcttcn einstimmig wählen wird. Eine andere ist es: WaS geschieht, wenn der Regent gcwäblt ist. Da man hier längst der Ansicht ist, daß mit vei» .Herzog von Cumberland zugleich auch dessen Erben von der Thron folge ausgeschlossen sind, so wird recht bald eine weitere Neu ordnung der Dinge einziitretcn haben. Man ist hier an gut unterrichteter Stelle der Ansicht, daß man zunächst an das Regent- schastsgesetz gebunden ist und also cinen Regenten bestecken mu,,. daß aber nach Einsetzung de« Regenten Regierung und Landtag berechtigt sind, gemeinsam eine anderweitc Gestaltung der Dinge aus gesetzlichem Wege, sei e« auch mit Abänderung des NegentschastSgesetzeS oder der Verfassung herbeizuftihren. In Abgeordnetenkreisen glaubt man auch, daß dieser Weg gewählt werden wird. Man wünscht hier im ganzen Lande so bald wie möglich eine endgittcge Regelung der RegierungSsrage, »nd das mit Recht, teil» e- bedarf wobt keiner Ausführung, wie lähmend ein längeres Provisorium aus Handel, Bcrke! r und alle Verhältnisse wirkl. Eine Regentschaft würde do nur wieder ein Provisorium sein, die Beunruhigt,, g der B. vötkerung durch wetsijche Umtriebe in Pennaueu; .ü. i.cii — kurz und gut de» alleru»crwüu'chtcsten Zustand schaffe.. r einmütbigc Wunsch der Bevölkerung gebt daher da u, sobald als möglich eine endgillige Regiernngsiuliruug zu crbalicn (sei es nun als Reichsland oder iiniee r, r- sönlicher Spitze i» engem Anschluß au Preußen) unler möglichster Bewahrung der Selbstständigkeit des Laude »amcittlich in finanzieller Beziehung und in Bezug »us die Ordnung der inneren DcrwaltungSaiigclegeiil'ei!..'. Eia i'-rblssencr ParlicularismuS, wie vielfach neck and .. , ist dabei hier nickt zu Hause, i», Gegenlheil. wau st ll l ,c überall das Rttchsiittereffc als ninidestens glcieööere. ft mit d-n LankeSiitterissen hin. Man hofft »nd erwarte: e, Io hier, daß schon in Jahresfrist Landtag und R- ierun Einvernehmen mit dein Reiche unS aus gcsetzli > in festes Regiment schasse» werte». Der erste öö, , d.e Brannschwciger. vvn einem Welsenrcgiineiil > st za bleiben, ist erfüllt — mit dein zweiten wird dies -ftpi Ilich zu Nutz und Frommen unseres cng ren wie weitere» ftater- landes auch der Fall werden. Bemerkt mag noch werden, daß seit Bekanntwerden der Lanktagsverband luuge,, vom 30. Juni der Herzog von Cumberland seine wenigen iesft.rn Anhänger fast vollständig verloren bat. Ein verbissener W stse setzt zwar eine Adresse an Cumberland in Umlauf, man spottet aber »nr darüber und unterschreibt nickt." * Allem Anschein nach wird die preußisch c Regierung daS mil der britischen wegen de» evangelischen Bi^- tbuniS Jcrusaleni geschlossene Abkonimen ihrerseits aus hebe», da sich bei der jetzt Preußen zustchenden Wieder hesetziiug der Stelle zu viele Schwierigkeiten ergeben. Der Gegenstand ist, wie ina» sich erinnern wird, bereits im eng lischen Unlerbause zur Sprache gebracht und eine daraus de-
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