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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188507288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850728
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850728
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-07
- Tag1885-07-28
- Monat1885-07
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.07.1885
- Autor
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Erscheint täglich früh «'/. Uhr. lieLaklion »nt Lrpk-itio» Iohauuesgasse 6. Sprechstunden der Uedarliou: Bormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. M tu «tia,»dk nn,«1»»tl«r v!»nuicr>>ti »Lchl Ich tu Icet»cru>i> uichr «atuidti«. ä»»«tz«e »er für »te nichAk»!,«»»« Nummer besttmmten Inserate an Lochriitage» bis S Utzr Nachmittag», »» So»»- u»v Aefttasenfrüt btS'i.SUtzr. 3n den Filialen für Ius.-IinnRh«: Otto Klemm, Universititsstraße 1. LoiilS lösche» Kalharineuftr. 28, p. nur di» '/,S Utzr. ttMgtrTMlllM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage LV,LOV. ^donnementrprei« viertelf. 4'/, Mi. incl. vrinaenoha 5 Mk., durch die Post bezöge» 6 Mt. Jede einzelne Nummer SO Ps. Belegeremplar 10 Ps. Eebüdren für Srtrabeilaae» (in Tageblatt-Format gesalzt) atzne Poftbeiärderung 39 Mt. »it Postbesorderuug 48 Mk. Inserate sigespaltene Petitzeile SO Pf. Gröbere Schriften laut uni. PreiSverzrichuiß. Tadellanscher u. Zifferniatz nach höhcrm Tarif. Ueelamen »Mer dem Nedaclioa-strich dle4gespatt. geile SO Ps.. vor den Familiennachrtchtt» die 6gespaltene geile 40 Ps. Iulerate sind strl« an die Crpegiti«« zu ieube». — Rabatt wird »icku gegeben. Zahlung prueuumentnäo oder durq Pest- uachaahme. ^ LOS. Dienstag vm 28. Juli 1885. 79. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntmachung. Mit Zustimmung der Herren Stadtverordneten haben wir beschlossen, die bisher auf Grund dcS Regulativs für die Leichenbestattungcn >» der Stadt Leipzig vom 3. Juli 1850 für die ThomaSfchule bei Beerdigungen erho benen Etolgrbühren von» L. August laufenden IahrcS ab aufzubeben. Diese Gebühren betragen bei der I. BeerbigungSclafle 32 ^ 25 ^s. bei der II. Classe lS 25 . . III. . 7 >4 75 . . IV. - 2 >3 bei Personen, welche von auSwiirtS aus hiesige Friedböte überführt werden, 7 75 bei solchen von Thonberg jedoch nur 2 13 ^s. Wir haben unsere ArtedhofScaffe angewiesen, die erwähnten Gebühren vom genannten Tage ab nicht mehr zu erheben und bringen dies hiermit zur öffentlichen Kenntnlß, Leipzig, den 2l. Zuli 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Kretschmer. Vekaniltmachung. Wegen Neupflasterung wird vom 29. d. MtS. ab die Pro«e»ade«stra-e auf der Strecke von der Elsterstraße bis zur Wcststraßc dem Baufortschritte entsprechend strecken weise für allen unbefugten Fährverkehr gesperrt. Zuwiderhandelnde werden mit Geld bis zu 60 oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft werden. Leipzig, den 25- Juli 1885. Der Rath der Stadt Letvztg. vr. Tröndlin. Gringmuth, Assessor. Wegen Reinigung der Locale bleiben die Geschäfte des Leihhauses und der Sparkasse für Dienstag den 28. Juli ». o. «»»gesetzt. Leipzig, den 24. Zuli 1885. DeS RathS Deputation für Leihhaus und Sparkasse. Vekanntmachung. Die Herstellung der Erd» und MacadamistrungSarbeiten cei der Anlage der Zusuhrstraße nach dem Veutralfrirdhofe bei»« Napoleousset« ,oll an einen Unlcrnchmer in Accord verdungen werten. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, RathhauS, II. Etage. Zimmer Nr. >4, auS und könne« daselbst eingcsehcn, resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „3«fuhrstra-r nach dem Centralfrtedhose am Napoleoustrtn" versehen ebendaselbst und zwar bi- zum 4. August 1885, Nach mittags 5 Uhr, einzureichcn. Leipzig, am 25. Zuli 1885. DeS RathS der Stadt Leipzig Stra-eubau-Deputattou. Erstatteter Anzeige zufolge ist da» für die Dteustmagd Anna Adolpiiine Ralle aus Chemnitz unter Nr. 84 am 28. April diese- Jahres auSgescrtigte Dienstbuch tu hiesiger Stadt verloren gegangen. Wir bitten, dasselbe im AuffindungSfalle au rmS abzugebra. Leipzig, den 24. Juli 1885. Das Palizet-Amt »er Statzt Letpzt«. I v Iunck, Polizei-Rath. S. Diebstahls-Bekanntmachung. Bestohlen wurden allhier erftatterer Anzeige zufolge: 1) ein Mannsrock von grauem braunmelirien Stoff, mit schwarzem Futter und einer Reihe Steinnußknöpse» aus einer Wohnung in Nr. 39 der PeterSstraße, innerhalb der letzten vier Wochen; 2) eine Hose und eine Weste von dunklem weiß- und blau- gesprießelten Stoff, mit schwarzen Hornknvpsen, auS einer Kammer in Nr. 5 der Reichsstraße, vom 19. bis 20. dsS. Mich: 3) eine silberne Cylinderuhr mit Goldrand und Secundenzciger und den Bildnissen der Germania auf der Rückseite und de» Papste- Leo auf dem Zifferblatt, nebst kurzer Rickelkette» au» eiuer Piöce in Nr. 71 der Südstraßc, am 20. dss. MtS.; 4) eine neusitberne Cyltnderubr mit silbernem Zifferblatt, Blumengravirung zwischen dev Zahlen und der Nummer 2028, uebst schlangensörmiger Mrssiugkcttc, auS dem Garderoberaum der Schwimmanstalt an der Schreberstraße, am 20. dss. MtS.; ö) eine silberne Cylinderuhr mit Goldrand, Sekundenzeiger, sternarliger Gravirung aus der Rückseite und der Nummer 11,047, aus dem Garderoberaum de- städtischen Freibades, am 21. dss. Mt-.; «) ei» Paar kalblederne Herreiischaftstiefeln mit dreifachen Sohle» und Stistabsätzen und ein Paar Herrenprameua-enschuhe mit Giimmieinsätzei, und Doppelsohlea, aut einer Stube im neueu Schntzei,Hause. am 21. dss. MtS.; 7) eine silberne Cylinderuhr mit abgegriffenem Goldrand, Sekundenzeiger und geriester Rückseite (da- Zifferblatt ist bei der Zahl IX gesprungen), nebst kurzer Messingkette, au» dem Garderobe- Raume dcS FischerinnungSbadeS, am 22. dsS. MtS.; 8) 12 Flaschen ^Weißwein ohne Liiquettc und eine Parzella«- schüffel mit zwei Stückchen Vutier, auS einer Kellerabtheilung ln Nr. 13 am Floßplatz, am 23. dss. MtS.; 9) eine silberne EyliuVrrnhr mit Sekundenzeiger (in der Nähe desselben ist ein Stück Glas au-gebrochen), ohne Ring. auS dem Gardcroberaum de- FischerinnungSbadeS, am 23. ds». MtS.; 10) ei» Kinderbett mit rolh- und weißgestreistem Inlett und weiß-m Uebcrzug äl L. gezeichnet und eine Kinderwageudecke von olivengrüncm gepreßten Sammet. auS einer Hausflur iu Nr. 16 der Schulstraße. am 23. dss. MiS.; 11) drei kupscrne LrlterStvaflereyItiider mit der Bezeichnung ,.vr. 8truvo", aus einer Trinkbude am Gohltser Wege, m der Nacht vom 23. zum 24. ds». Ml» ; 12) ein zweiräderiger Handwagen von mittler Größe, mit wei Gabelbäumen und blauem verblichenen Anstrich, aus einem osraum iu Nr. 19 dcr Hainstroße. inuerhalb der letzten drei Wochen. Etwaige Wahrnehmungen über deu Verblieb der gestohleueu Gegenständ« »der de» Thäter sind ungesäumt bei unserer Lriminal «btheiluug zur Auzeige »u bringen. Leipzig, am 27. Juli 1885. Paltiet«>»t der Stadt Leipzig. l§t»NNI»»nkd Die Lieferung de- zur hiesige» Straßenbeleach- vvltllltpty» tung (Mitte September bis April) erforderlichen ^ )etroleumS, ca. 3300 Kilo, soll dem Mindestsordernden, vorbehältlich der Auswahl unter deu Bewerbern, übertragen werden. ES wird lediglich aus beste Qualität reflectirt und hat der Liefe rant dasür zu garantiren, daß da- Petroleum deu reich-gesetzlicheu Anforderungen entspricht. Offerten siud verschlossen und mit der Aufschrift „Petroleum" bi» zum 31. Juli lausenden JadreS hier einzureichen. Connewitz, am 27. Juli 1885. Der Vrwelnde-Nattz. Eulenstein, G.-Lorst. Nichtamtlicher Theil. Frankreich und China. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und China sind nunmehr wieder angeknüpst; der chinesische Ge sandte Hsü-Tsching-Tscheng ist am 23. Juli in Pari- ein- gctroffen und wird dem Präsidenten Grevy demnächst sein Beglaubigungsschreiben überreichen Als ständiger chinesischer Gesandter in Paris wirb Oberst Tsckeng-K>-Tong die Geschäfte ühren. Hsü-Tsching-Tscheng wird seinen Wohnsitz in Berlin behalten und über den Oberst nur die Oberaufsicht üben. Der vorige Gesandte China- in Frankreich. Marquis Tseng, war bekanntlich zugleich in London und St. Petersburg be glaubigt. während der Vorgänger HsÜ-Tsching-Tscheng'S, Li- Hong-Pao, außer beim deutschen Reich auch in Oestcrreich- llngarn und Italien die Geschäfte de- chinesischen Gesandten ührte. Gleichzeitig mit Hsü-Tsching-Tscheng ist in Pari« die Kunde eingetrofsen, daß der Führer der Schwarzen Flaggen, c'uh-Vinh-Pbuoc, den chinesischen Boden betreten hat. Die Bedeutung dieser Nachricht bedarf der näheren Erklärung; die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß damit die Action der Schwarzen Flaggen in Tonkin vorläufig ihr Ende erreicht hätte; doch ist da- nicht wahrscheinlich. General Courcy schildert die Lage der Franzosen in Tonkin und Anam als keineswegs günstig; er verhehlt nicht, daß die Zahl der chinesischen unregelmäßigen Truppen in Tonkin be ständig zunehme und daß seine Truppen kaum au-reichten, um die Grenzprovinz Than-Hoa ru überwachen; hätten sich die Anamiten erst dort festgesetzt, so sei ihre Vereinigung mit den Schwarzen Flaggen kaum zu verhindern. DeSyalb ver langt er auch, daß ihm die noch in Tonkin befindlichen fran zösischen Truppen belassen werden. Hiernach beginnt die Wicdercmknüpfung der diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und China unter nicht sehr glückverheißenden An zeichen. Der Uebersall von Hue ist nur scheinbar überwunden und der Besitz von Tonkin für Frankreich aus daS Aeußerste esährdct. Freycinet hat den Satz ausgestellt, daß der sriedenSvertrag mit China und die Beruhigung von Tonkin und Anam zwei Dinge wären, die mit einander in keinem Zu sammenhang stehen, und dieser Satz ist den Chinese» so will kommen, daß sic ihn sofort al» richtig anerkannt und zu dem ihrigen gemacht haben. Oberst Tscheng-Ki-Tong hat den Be richterstattern französischer Zeitungen, welche ihn heimgrsuchl haben, auf die Frage, waS er über die Verhältnisse in Anam denke, erwidert, daß ihn diese nicht» angcben und daß eS Frankreichs Sache sei, die Ordnung in Anam wieder her zustellen. Da» ist eine den Umständen angemessene, aber keinesfalls eine befriedigende Antwort, denn Anam geht China wohl etwa» an, weil e» die Schutzherrschast Uber diese- Land auS- übt, wenn auch China in Zukunst keinen Tribut mehr von Anam erkält. DaS ist ein so seltsames und aus die Dauer so unhaltbares Berhältniß, daß es darüber früher oder später wahrscheinlich zu Streitigkeiten zwischen Frankreich und China kommen wird. ES ist gewiß kein Zufall, daß die chinesischen unregelmäßigen Truppen in Tonkin seit dem FricdenSschluß wieder bedeutend zugenommen haben; e» ist ebenso kaum zu bezweifeln, daß man i» China um den Plan Thuyet'S, den General Courcy zu überfallen, gewußt hat. Die Gegnerschaft zwischen der anamitischen KönigSsamilie und dem Regenten Thuyct ist vermuthlich nur MaSke, denn die Anamiten wünschen nicht» sehnlicher, al» daß die Franzosen, die ihnen Cochinchina und Tonkin genommen haben, vernichtet oder au» dem Lande getrieben werden. Alle Proclamationen zu Gunsten der Franzosen, alle DertragSschlüsse sind nur Schein, und ganz Anam sammt Tonkin und Cochinchina würde triumphiren, wenn e» gelänge, den Franzosen den Geschmack am weiteren Verbleiben in Ostasien zu verleiden. In Cochinchina ist Frankreich gegenwärtig fast machtlos, der Ausstand in Kambodscha hat dort Zustände geschaffen, welche Frankreich um die Früchte langjähriger Bemübungen. dort haltbare und Nutzen bringende Zustände zu schaffen, ge bracht haben. Man schiebt die Schuld auf die Unfähigkeit des Gouverneurs Thdmson. und glaubt, der General der Marine-Infanterie Begin werde dort die Ordnung mit Leich tigkeit wieder Herstellen; da» sind aber fromme Wünsche, die I. suuck, Poltze »lizei-Rath. vr. S. bodscha berichlet der .TempS", daß der Handel mit Cochin china vollständig lahmaelegt sei. Die chinesischen Kausleute in Puum-Penh sind sämmtlich auSgewandert, und gerade diese hatten den größten Theil de» Handel» in Händen. Die Fischerei im Großen See, die im Jahre 1884 einen Ertrag von etwa K Millionen Francs -geliefert hatte, liegt beut» brach und die FlußschifffahrtSgesellschast hat in diesem Jahre eine Mindereinnahme von KO Procent im Vergleich mit dem Vorjahre. Man mißt die Schuld daran der unterlassenen AuSsübrung de» Vertrage- bei, welchen König Noradom von Kambodscha am 17. Juni 1884 mit dem Gouverneur von Cochinchina geschlossen bat. Im Januar brachen schon Unruhen in Kambodscha au». Der Vertrag hat die Be wohner Kambodscha» au» Sclaven zu freien Menschen gemacht, deren Familie und Eigenthum geachtet wird; bisher'bestehen aber die alten Verhältnisse noch fort, und der König wünscht natürlich, daß auch in Zukunft daran nicht» geändert wird, daher di« von ibm begünstigte AufstandSbewegung. Frankreich steht sonach in Ostasien vor Ausgaben, welche Zeit, Geld und fortdauernd die Unterhaltung einer großen Truppeozahl in Anam, Tonkin. Kambodscha und Eochinchina verlangen. In Tonkin scheint der Tan, erst jetzt recht loSgcben zu wollen. Man hat dort aus die Rücksendung eine» TheileS der französischen Triwpen nach Frankreich gewartet, um den Rest zu vernichten. Welche Massen von sogenannten Schwarz, flaggen und unregelmäßigen Truppen den Franzosen gegenüber- stehen, lehrt die Thatsacke, daß bei dem Uebersall von Hue allein 30,000 Anamiten bctbeiligt waren, und ferner die Klage de» General- Courcy, daß sich die unregelmäßigen Truppen i» Tonkin zusebendS vermebren. In Frankreich giebt man sich de» Anschein, als ob man den Krieg in Tonkin alS beendet betrachte und al» ob der Uebersall vonHue ein Zwischenfall sei, der weiter keine Folgen haben werde. Kammer und Senat haben den Friedensvertrag mit China bestätigt, China befindet sich jetzt also ossiciell mit Frankreich nn Frieden. Daß bald aus der Provinz Than-Hoa weitere Zusammenstöße mit den vereinigten Schwarzstaggen und Irregulären gemeldet werden, läßt der Bericht Courcy'S welcher am 23. Juli in Paris ein- getroffen ist. bereits zwischen den Zeilen erkennen. Die Re gierung schweigt dazu und doch stiebt eS nur ein Mittel, allen Unannehmlichkeiten, welche au» Ostasien drohen, ein für alle Mal ein Ziel zu setzen: da» Eingestiindniß, daß die Unter nehmung gegen Tonkin ein Jrrihum und ein Fehler war. den man durch einen kräftigen Entschluß abstellen müsse. General Campcnon wollte vor seinem Rücktritt auS dem Ministerium Ferry da» Delta de- Rothen Flusse« Hallen, die weitere Aus- tebnung dcS Unternehmen» aber aufgeben. Heut» ist von solcher Beschränkung keine Rede mehr, heute ist die franzö sische Regierung entschlossen, Tonkin zu halten und Anam allmälig unter französische Botmäßigkeit zu bringen. Die Vergleichung mit der mexikanischen Expedition ist schon häufig gemacht worden, aber die darau- sich ergebenden Schluß lolgerungen hat man noch nicht zu ziehen gewagt. Eine« Tage» wird sich aber Frankreich arnöthiat sehen, seine Truppen aus Tonkin zurückzuziehen; je früher diese Einsicht der Regierung und dem Parlamente kommt, desto weniger unnütz vergossenes Blut und verschwendete« Geld wird Frankreich zu beklagen haben. * Leipzig, 28. Juli 1885. * Trotzdem in Gastein die bestimmte Meldung e'inge- gangen ist, daß die Kaiserin von Oesterreich, um dem greisen Kaiser von Deutschland die beschwerliche Reise nach Ischl zu ersparen, ihren Gemahl nach Gastein begleiten werde, hat. wie schon erwähnt. Gasteiner Privatnachrickten zufolge, Kaiser Wilhelm den Gedanken nicht ausgegebcn, diesen Besuch in Ischl zu erwidern. Man zweifelt jedoch, daß die kaiserlichen Leibärzte dazu ihre Zustimmung ertheilen werden, weil sich neuerdings wieder gezeigt hat, wie stark daS Reisen den Monarchen anstrengt. ES wird bestätigt, daß dcr Besuch de» Prinzen und der Prinzessin Wilhelm beim österreichischen Kronpriazenpaare einen Aus scbub erfahren und wahrscheinlich nicht vor Ende September erfolgen wird. Prinz Wilhelm wird zuvor erst sämmtliche Hebungen des GarbecorpS mitmachen, nach deren Beendigung seine Beförderung zum Ccmmandeur eine» Infanterie-Regi ments bevorsteht, lieber den Zeitpunkt der Vermählung dcS ErbgroßherzogS von Baden mit der Prinzessin lilda von Nassau ist bisher ebenso wenig eine endgiltige ntscheidung getroffen worden als über tue Frage, ob ein Mitglied dcS Kaiserhauses der Feier beiwohnen wird. Man Halle dieffcils zuversichtlich einen Schritt der Annäherung der naffauischen HerzogSsamilie erwartet, sei eS ein Besuch des Herzogs oder dcr Prinzessin beim Kaiser oder der Kaiserin in Em» oder Baden-Baden. Daß ein derartiger Sckritt wider Erwarten unterblieben ist, scheint in Berlin verstimmt zu haben. * ES ist jüngst ein Nachtrag zur Rang- und Ouartierliste de« Officiercorv« der kaiserlich deutschen Kriegs flotte herauSgegeben worden, und auS diesem Nachtrag ist mehr al» durch manche andere Auseinandersetzungen dcr gewaltige Aufschwung ersichtlich, den die Marine im letzten Deccnnium genommen hat. Mehr al» dreimal so groß ist die Zahl der jetzt im Dienst befindlichen deutschen See-Osficiere im Vergleich zu derjenigen Zahl, welche im April 1873 bei Feststellung de» sogenannten „Flottcn- gründungSvlaneS' vorhanden war. Die Admiralität zählt jetzl2 Bice-Avmirale(Generallicutenant-) und K Contre-Admirale (Generalmajore), da» See-Osficiereorp« 26 Capitaine zur See (Obersten), 52 Corvctten-Capitaine (Majore), 102 Capitain- Lieutenant» (Hauptleute), >K« Lieutenant« zur Sec (Prrmier- lieutenanl»), 86 Unterlieutenant-, im Ganzen 432 Osficiere. ferner 113 Seecavetten (Fähnriche), während 1873 vorhanden waren: 1 Vice-Admiral, 2 Contre-Admirale, 5 Capilaine zur See, 19 Corvetten-Capitaine. 35 Lieutenant» zur See. 32 Unler- lieutenantS und 120 See-Eadetten. An Kriegsschiffen aller Art besitzt die deutsche Flotte jetzt 102 Fahrzeuge mit 570 Geschützen und einem Besatzungsetat von circa 17,000 Mann Matrosen, Maschinisten und Seesoldaten, darunter 7 Panzer- sregatten und 5 Panzercorvctten; davon befinden sich augen blicklich 16 Schiffe mit 141 Geschützen und 3500 Mann aus außereuropäischen Stationen und 23 Schiffe und 24 Torpedo- bocte zum Dienst oder in Geschwader vereinigt in den deutschen Gewässern, während die übrigen in erster und zweiter Reserve in den Krieg-Häsen zu Wilhelmshaven und Kiel liegen oder in den Dock« von Danzig. Kiel und Wil helmshaven einer Reparatur unterzogen werden. * Wie au« dem Antwortschreiben de» Fürsten BiSmarck an den Bochumer Arbeiterverein hervorgeht, ist die EnquSte über die Frage der Sonntagsruhe, zu der letzt in Preußen die Vorbereitungen getroffen werden, eine für da» ganze Reich gemeinsame. Es ist deSbalb auch für da» ganze Reich ein gemeinsame» Schema ausgestellt worden, in welchem die Puncte festgesetzt find, aus welche sich die Untersuchung richten soll. Dieselben sind im Wesentlichen folgende: 1) Ist die SonntagSarbeit in allen Betrieben de» Industriezweige« üblich? 2) Findet die SonntagSarbeit dauernd statt? 3) Findet die Beschäftigung statt: ») für den gesammten Betrieb, k. für die gesammte Arbeiterschaft, e. für den ganzen Sonntag oder für welche Stunden? 4) Wird die Sonntag»- arbeit veranlaßt: ». durch technische Eigenthümlichkeitcn. d. durch welche wirthschastlicbe» Gründe? 5) Welche Folgen würde da» Verbot der SonntagSarbeit haben: ». für den Unternehmer technische oder wirthschaftlicbc? b, für die Arbeiter, welche Ein kommensminderung? Würde dieser Nachlheil und durch waS wieder aufgehoben werden? Endlich 8) Ist da- Verbot der Be schäftigung von Arbeitern am Sonntag durchführbar.». ohneEin- schränkungcn, d. mit welchen Einschränkungen, und wenn nicht, au» welchen Gründen? Die Untersuchung wird sich erstrecken aus alle Gewerbe- »nd Industriezweige. Gehört sollen werden: die Handel», und Grwerbekammern, die Innungen, Gewerbc- vereine, die Handwerker, die Unternehmer, in erster Linie aber die Arbeiter selbst. Damit ist die Annahme beseitigt, daß mit der Ausführung der Untersuchung die Gewerberäthe be- lraut werken würden. Von socialdemokralifcher Seite ist man eifrig beschäftigt, Petitionen zu Gunsten de» Grillen- derger-Bebel'ichen Anträge« wegen Abänderung der Gewerbe ordnung zu Stande zu bringen. ES sind verschiedene Schrift stücke mit und ohne Begründung zu diesem Zwecke in Be wegung gesetzt worden, doch ist die Belheiligung der Arbeiter nicht überall eine gleiche. Von socialdemokratiscker Seite wird behauptet, daß die Furcht vor den Unternehmern noch immer zu groß sei in Arbeilerkreisen. ES werden aber auch wohl noch andere Gründe maßgebend sein, welche dieselben von einer Unterzeichnung der Petitionen abhalten. Es wird deshalb der Versuch gemacht, besonder« die Fachvereine für den Pclilionssturm anzuregen. * Tie „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: „Die deutschen Behörden und besonder» da» Auswärtige Amt erhalten fortgesetzt au» den verschiedensten Theilcn Deutsch lands und auch au« dem AuSlande Gesuche um Anstellung oder Verwendung in den unter deutschem Schutz stehenden überseeischen Gebieten, um kostenfreie Beförderung dahin und uni Belehrung und AuSkunstSertheilung über die dortigen Verhältnisse. ES ist daher wiederholt darauf auf merksam zu machen, daß das Reich Stellen in den Schutz gebieten nicht mehr zu vergeben hat, daß auch keine Fond» zur kostenfreien Uebersührung dorthin zur Verfügung stehen und sich die Behörden somit nicht in dcr Lage befinden, der artigen Gesuchen näher zu treten. Soweit e» sich um AuS- kunslSertHeilungen über die Verhältnisse in den Schutzgebieten handelt, wird eS sich empseblen, sich an Gesellschaften zu Gebieten Niederlassungen vcsitzen» die wenden, welche in jenen wie z. B. an da» Syndikat für Westasrika in Hambur Deutsche Ostafrikanische Gesellschaft hicrselbst, da» C» der Neu-Guinea-Gesellschaft Hierselbst." * Nachdem in Bezug aus da» reich-ländische Dolks- schul wesen bei den Hauptfächern die eingesührten Reformen feste Wurzel gefaßt haben und befriedigende Ergebnisse liefern, die hinter den in den altdeutschen Nachbarländern erzielten wenig zurückstchen dürften, wird nunmehr auch die Sorge für die sogenannten Nebenfächer in den Vordergrund treten. Zunächst handelt eS sich um Förderung de» Turn- und Hand- arbeiterunlcrricht». Ersterer war zu französischer Zeit voll ständig unbekannt und konnte auch unter dcr deutschen Ver waltung nur untergeordnete Berirckstchtigung finden. Nach dem jedoch in dem aus Veranlassung de» verstorbenen Statt halter» von Manteuffel auSgcarbeiteten ärztlichen Gutachten aus die Wichtigkeit diese» UntcrricktSzweigeS aufmerksam ge macht worden war, wurde zunächst beschlossen, in besonderen Cursen eine Anzahl von Turnlehrern au« den Kreisen der jünge ren Elementarlchrcr hcranzubildcn. Ein solcher CursuS hat bereits Ostern zu Straßburg stattgefunden. Weitere Curse werden im nächsten Monat zu Metz und Colmar gehalten, und sich von jetzt ab jährlich wiederholen. Der weibliche Handarbeitsunterricht krankt« seither an dem Mangel an einer ausreichenden Anzahl methodisch gebildeter Lehrkräfte. Diesem Uebelstande soll nun dadurch abgeholfen werden, daß an den Lehrerinncnseminarien mehrwöchentliche Curse zur Ausbildung von Handarbeitslehrerinnen gehalten werden. Diesen soll sodann die Aussicht über den Handarbeitsunter richt in den einzelnen Cantonen gegen entsprechende Ver gütung übertragen werden. Dieses System ist bereit» im Kreise Wcißenbürg zur Durchführung gelangt, und hat sich dort, wie sich anläßlich der vor Kurzem veranstalteten Aus stellung weiblicher Handarbeiten ergab, vorzüglich bewährt. * Beim Betreten de» österreichischen Boden« wurden wie die „Frankfurter Zeitung" au« Prag meldet, der Ob mann de» aufgelösten Czechischen Club« in Dresden, sowie dessen Complice al« höchst gesährlicbe socialistische Agi tatoren verhaftet und dem Prager Strafgericht eingeliefert. * Ueber den Stand der englisch-russischen ver« .Politischen Co^ Wickelung schreibt man der .Politischen Correspondeuz", anscheinend au» diplomatischer Quelle, au- Petersburg, 22. Juli: Ueber Gesinnung und Stellung der ernsten politischen Kreise in Rußland dcm Eabiuete Salisbury gegenüber herrschen in der öffentlichen Kieinung Europas vielfach unklare und den Thatsache» nicht enisprechende Anschauungen. Es muß zunächst in Bezug auf die Gesammtbeit der anglo-russischen Frage nachdrücklich betont werden, daß, wenn Rußland in den Gleisen friedlicher 8er- ständiaung auSharrt, d>eS keineswegs daraus zurückzuführen ist, daß e» sich eiwa durch polnische Schachjage, deren Tendenz greifbar ist, täuschen ließe, oder daß Rußland an seiner Kraft zweifeln würde, sondern lediglich daraus, daß c» sich der Berantworllichkeit bewußt ist, welche man durch einen ohne zwingende Nothwendigkeit und ohne Rücksicht aus die eigene Rulie und jene der Welt unternommenen Krieg aus sich ladet. Man setzt allerdings tn die Aufrichtigkeit der quast.sriedlichen Erklärungen Lord SaliSbury'S kein besondere« ver trauen. Man hatte zu dem neuen Eabinet nie Vertrauen und wird e» auch in Zukunst nicht haben; man glaubt im Gegentheil, da^ wenn Lord Sali-bury eine ziemlich rescrvirte Haltung beobacht?, und eine gleiche Sprache führt, dies einzig a«< dem Grunde geschehe, um Zeit zu gewinnen. Diese- Bestreben ziele nicht blo» daraus ob, jene miiitairiichen Maßregeln, deren Durchführung ihm nothwendig erscheint, in- Werk zu setzen, sondern wurzele namentlich in der Erwartung einer Evenlualiiät. welche in einem parlamen tarisch regierten Lande von den weittragendsten Folgen sein kann. Gegenwärtig ist da- neue Cabinet noch weit entfernt davon sich der Sffentlichen Meinung de- englischen Volke- und der Stimmen seiner Vertreter sicher zu suhlen. Wenn da- Labinet allzu kühn di« Dinge zur Enischeidung drängen und au- eigenen Stücke» eine» Bruch mit Rußland unvermeidlich machen würde, so könnte e» ge schehen. daß da« Labinet sich plötzlich durch ein parlamentarische» TadelSvoium gestürzt steht, ehe r- in die Lage kommt, seine Proiecte durckzusühren. Ls liegt daher im eigenen Interesse de- englischen Eobinete-, daß eS nicht offenkundig alS der Urheber de« Bruche- erlcheine, de» e«, nach der Ansicht der erwähnte» Kreise, innerlich wünscht. Der englische Premier wirkt, indem er Roßlaad d»rch mehr oder minder platonische Versicherungen, über bereu Werth mau sich hier keiner Täuschung hiugiebt, zu beruhigen lucht, daraus hi», die Krise in die Länge zu ziehen, in der — sicherlich aus unter irdische Operationen gegründete» — Hoffauug. daß in der Zwischen- »eit irgend eia Sreigniß eintrilt. durch »elche- dir Karte» destuiti» burcheiaander geworseu werden. Ist eia solche« Lrrigaiß einmal da, dann würde Lord Sali«bury sich de» Anschein geben, als ob er blo- der Gewalt der Thatsache» wiche, und könnte frei die Bahn de« Kriege« betreten, ohne sich der Gefahr eiuer parlamentarisch«» Niederlage au-zusetzrn. Au« dieser dem Marquis vou Salisbury »»geschriebene» Taktik erklärt mau sich schau den ersten von ihm herbeigesührteu Zwischen fall, welcher den Gang der Unterhandlungen zu Verzügen» geeignet ist: die Frage, bettessend Zolsikar. Nach der Ansicht de« englische» Premier» involvirt die Lesston von gulfikar an Afghanistan eine Greuz«, welche die russische Neairruug bei dieser Lesstoa nie meine» komm»
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