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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188410100
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841010
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841010
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-10
- Tag1884-10-10
- Monat1884-10
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1884
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Erscheint täglich früh 6'/.UHr. Letattlm u»t Lr-r-itüm Johonu«»gasse 33. SPrechKunden drr Lrdartivn: Bormittag« 10-12 Uhr. Nachmittag« ö—6 Uhr. Atnvt« R»S»av«^>«^«1<»>dter vr-imlcrip», »acht sich »ul »u nicht »ervmdilch. «n»a-»e der für dt« «Ach»f«l,e»»e N»m»er deftim»ten Inserate an Wochentagen di- 8 Uhr Nach«ttta,». an Bann- nnd Aeftta-e« früh dt»Utzr. In de« Filialen für Ins.-Anaahme: Otto Klem«, NniverMtsstrnße 21, Lsilis Lösche, »atharinenstroße 18, p. nnr dt« '/.» U,r. MipugerTagtlilatt Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. Meß.Auflage 18,7S« Adonnkmekts-reis oiertelj. 4'/, Mk. incl. Bringerlohu ü Mk.. durch die Post bewgen 6 Mk. Irde einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) Ohne Pvstbesörderung 3S Mt. «it Postbesörderung «3 Mk. Inserate 6gespaltcne Petitzeile SO Ps. Gröbere Schriften laut unserem PrriS- verzeichniß. Tabellarischer a. Zifiernsatz nach höherm Tarif. Krrltnnen unter dem Redartidn-ftrich die Spaltzcile 50 Ps. Inserate sind stets an die t^xprdittan zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prneuumeranllo oder durch Post nachnahme. ^ 284. Freitag den 10. Oktober 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekannlmachung. Die Gatsechä'dtgang sstr die am l7. und Ist. vor. Mon. vom Königlich Sächf. 8. Infanterie-Regiment Nr. IV7 und am 18. zum 10. tz-cpteiiiber o vom Königlich Stichs. 10. Infanterie Regiment Nr. ttT in hiesiger Stadt «„quartiert gewesenen Truppe» kann in den nächsten Tagen bei unserem Quarkicrcrmte. Stadthaus, zweite Etage, Zimmer Nr. 107, erhoben werken. Der den Quarlierzettcl Verweisende gilt zur Empfang nahme berechtigt. Leipzig, am 8. Oktober lststl. Der Rakk, der Stadt Leipzig. vr. Georgi. L. Ktürr-vtrinWüngl" In dem der Stadtqemeinde gehörigen Hause ReichSflraßc Nr. 50 ist vom I. Jannnr 1883 an ein Kellerlocal gegen vierteljährliche Kündigung anderweit zu ver mietheu. Miethqcsucbe werden aus dem Nathhaufe, 1. Etage, Zimmer Nr. 17, entgegcngenommcii, woselbst auch die Bcr- iiiiethungSbcdingnngcn cingesehen werden können. Leipzig, am 3. Oktober 1844. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgs Krumbiegel. Kewölb^- vcrmieWng. In dem der Stadtgemeinde gehörigen HauSgrundststck Salzgäßche^NH ' "ach dem ^alzgäßchen zu ge- legenc, an das GeschästSlocal dcS Herrn Goldarbeiter Lewcck anstoßende DerkaufSgewölbe vom I. April I88S an gegen etahalbjährliche Kündigung DtenStag den 2t. dieses Monat» Vormittags It Nbr aus dem Nathhause, l. Etage, Zimmer dir. 17, an den Melft- bteteudea anderweit vermiethct werden. Ebendaselbst auf dem großen Saale liegen die DermiethungS- nnd BerslcigerungSbedingungcn solvie daS Inventarium des rn vermiethenden Gewölbes schon vor dem Termine zur Einsichtnahme auS. Leipzig, den 4. Oktober 1384 Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Sti 5töß. Nichtamtlicher Theil. Herr v. Schlöier nnd der Papst. Am Dienstag ist der preußische Gesandte am päpstlichen Hose, Herr v. Schlözer, vom Papste in Audienz empfangen werden. DaS wäre an sich kein Ereigniß, welches besonderer Erwähnung wcrth wäre, wenn ihm nicht die Zcitverhättnissc eine Bedeutung gäben, welche eS nnter gewöhnlichen Verhält nissen nicht beanspruchen könnte. Seit den letzten heftige» Debatten im preußischen Nbqeordnetcnhanse über die Nück- hcrusung der Erzbischöfe Dicl-herS und Ledochowöki war zwischen der römischen Curie und der preußischen Negierung eine so große Spannung eingetrcten, daß man ernsthast die Frage erörterte, ob Herr v. Schlözer überhaupt wieder auf seine« Postr» znrückkehren werde. Die Forderungen der Curie waren so hoch geschraubt worden, daß Verhandlungen auf dieser Grundlage zwecklos gewesen sein wurden; daS wurde ganz unumwunden zngestanden, ebenso, baß die Um gebung de» Papste» eine Verständigung unmöglich mache. Angesicht» dieser Sachlage erscheint cS allerdings wichtig, daß der Papst den Jesandten v. Schlözer alsbald nach seiner Rück kehr nach Rom empfangen hat. Aber irgend ein entgegenkommender Schritt von Seiten de» Papste» mußte geschehen, wenn nicht die wachsende Ent sreindung zwischen Staat und Kirche znin erneuten Bruche führen sollte. Die Eneyktica gegen die Freimaurer hat in protestantischen Kreise» sehr viel böse» Blut gemacht, und wenn man nicht an ähnliche Angriffe auf diesen Verein von dieser Seite schon seit langer Zeit gewöhnt wäre, so wäre die Wirkung eine noch tiefer gedenke gewesen. So nimmt man da» Schriftstück als etwa» Altgewohnte» hin und legt e» zu den übrigen, ob»c sich dadurch in seiner Ruhe stören zu lassen. Ein zweite-» Moment, welche- hemmend auf die Unterhandlungen cinwirken mußte, war die Amberger Katholikcnversainmlnng. Der Ton, welcher dort angestimmt wurde, war >o feindlich gegen die vrcußische Re gierung, der Ruf zur Fortsetzung deS Kampfe» gegen die- h-lbe wurde in so drohender Form erhoben, daß eS säst wie Billigung ausgeschen hätte, wenn der Papst seine Meinung darüber nicht geäußert hätte. Aber selbst kiese Versammlung war noch nicht das Acrgste, waS in neuester Zeit geschehen ist, um da» Bcrhältniß zwischen Staat und Kirche in Preußen wieder schroffer zu gestalten, den Gipfelpunkt de» Ungeziemenden erreichte die beabsichtigte, aber vom Kaiser abgelchnle Adresse deS katholischen Adels in Westfalen, durch welche die Harmonie zwischen Fürst und Volk in Westfalen, wie sie am Kaiscrlage in Münster sich in so erfreulicher Weise gezeigt hat. gestört werden sollte. Nach solchen Proben von Feindseligkeit der extremen Katho- likcii in Preußen und dem übrigen Deutschland gegen kic könig liche und kaiserliche Regierung war cS unerläßlich, daß der Papst dem Vertreter derselben Erklärungen gab, weiche Stellung er z» den Kundgebungen einnehme, ob er da» Geschehene billige oder tadle, und wa» er zu tbnn gedenke, »in da» stark gestörte Einvernehmen wieder herzustcllen. Man darf ohne-Wcitere» einnehmen, daß die in Arnberg versammelten Herren nicht minder wir die Unterzeichner der westfälischen AkelSadrcsse päpstlicher al» der Papst gewesen sind und daß dieser ein milderes Austreten gewünscht hätte. Nur leider läßt sich drr Gedanke nicht unterdrücken, daß die deutschen Ultramontanen eigentlich nur dem ihnen von Rom aus durch daS Rund schreiben gegen die Freimaurer gegebenen Beispiel gefolgt sind; maßloser konnten sie sich nicht leicht g-bcrden, als eS in diesem Schriftstück geschehen ist. WaS also der Papst etwa an beruhigenden und besänftigenden Erklärungen gegenüber dem Gesandten hat verlauten lassen, hat wesentlich formelle Bedeutung, e» wird dadurch nur der äußere Verkehr in bequemere Formen gebracht, an der Sache selbst wird dadurch wenig oder nicht» geändert, denn die Unvereinbarkeit der beiderseitigen Slandpuncle ist durch >üe». was in den letzten drei Monaten geschehen ist, nur wieder aufs Neue über allem Zweifel erhoben worden. Vielleicht läßt sich der Papst herbei, die unerfüllbare Fordern»« der Zurückberufung der beiden Erzbischöfe von Köln und Posen- Gnesen endlich fallen zu lassen und die Wahl der Nachfolger aus solche Persönlichkeiten zu lenken, welche die Bestätigung des Königs erhalten können. Aber wa» wird dadurch ge bessert? Nur die äußere kirchliche Ordnung wird nothdürstig wieker hergestellk, der tiefe Zwiesvalt zwischen Staat und Kirche, wie er sich beute zeigt, bleibt bestehen und wird nie mals beseitigt werden. Wenn etwas Derartige- geschieht, so läßt sich der Gedanke nicht von der Hand weifen, daß eS durch die bevorstehenden RcichstaaSwahlen veranlaßt wird. ES würde offenbar aus viele katholische Wähler, welche heute schwankend geworden sind, ob sie ihre Stimmen aus- Nene den bisherigen Ver tretern geben sollen, den Ansschlag für ihre Haltung geben, sie würde» glauben, daß der gestörte Friede doch noch wieder- hcrgestellt werden könnte, »nv sie würden sich dadurch viel leicht bestimmen lassen, nochmals ei» Mitglied der CentrumS- p.rrlei zu wähle». Aus diesem Grunde wollen wir hoffen, daß sich der Papst noch nicht so schnell zu einem immerhin so bedeutniiaSvollen Schritt entschließen wird; für die Dauer können die beiten BischofSstüble zwar nicht unbesetzt bleiben, aber nm die katholischen Wähler nicht zu Venvirren, ist eS vorthcilhastcr, wenn sie erst nach den, 28. Oktober beseht werde», wenn überhaupt vor diesem Termin gar nicht die Möglichkeit einer solchen Wendung in Betracht gezogen wird. Daß die Spannung von den extremen Mitglieder» der Partei nur künstlich aufrecht erhalten wird, da» yat der Pag von Münster schlagend bewiesen; da» katholische Volk stimmt nicht in den Ton der Führer ein, und wenn viele davcn ihre Unterschrift zu Adressen, wie die Adel»- und Laien-Adreffe dcS MiinsterlandeS. vergeben, so ist daS nur unter dem Druck dcS geistlichen Einflusses geschehen, im Herzen fühlt da» Volk ganz anders und ist froh, wenn man e» mit solchen Kund gebungen verschont. Worauf eS ankommt bei den bevor stehenden Wahlen, da» ist die Haltung de- Eentrum» in der socialpolitischcn, der Colonial- nnd der Septennatsfrage. endlich in der Frage der Verlängerung deS Socialistrngesehr». In all--' diesen Cardinalfragen nimmt da» Centrum eiu« feindliche Stel lung ein und daran kann kein Zugeständniß der römischen Curie in kirchcnpolitischer Beziehung etwa- ändern. Da» Crnlrum will bei Lösung der socialen Frage mit der Regierung nicht Zusammengehen, sondern hält eine Annäherung an die deutsch- freisinnige Partei ihren kircbcnpolitischen Interessen am meisten entsprechend, cS nimmt die Miene der VolkSsreund- lichkeit an, um unter dieser MaSkc die Herrschaft der Kirche über den Staat zu erreichen, ohne sich dadurch irgendwie zu binden sondern der Negierung gegen ansehnliche Gegenleistungen auch Zugeständnisse zu machen, welche mit den dentsck- srcisimngen Zielen in direktem Gegensatz stehen. Diese Haltung de» EcntrnniS ist so durchsichtig und seit so langor Zeit durcbgeführt worden, daß man kaum begreift, daß die katholischen Wähler darüber noch den mindesten Zweifel hegen können. ES ist daS auch in Wirklich keit nicht der Fall, aber diese Wählerkatcgorie unter liegt einem TerroriSmuS, von dem sie sich nicht loS- machen kann, bis die Dinge eine Gestalt einnehmen, welche den Führern daS Heft an« den Händen reißt: Noch einige solche Fehler wie die in Münster, nnd daS könnte in über raschend kurze- Zeit geschehen. Für jetzt wirkt die Macht der Gewohnheit noch zu stark, als daß man sich eine solche Wendung schon für die nächsten Wahlen versprechen könnte. Von großer Wichtigkeit ist eS ferner. daß die Dcnlsch- conscrvativrn sich darüber klar werden, waS sie vom Centrum zu erwarten haben, und daß sie sich endlich von Bundes genossen fern halten, welche da» Interesse deS Staate- niemals fördern werden nnd können. DaS Centruin hat seine ibni vom Reichskanzler zngewicsene Ausgabe den neuen Zolltarif anzunehmen erfüllt; Alle», wa» darüber hinau-gcht, kann nur dazu dienen, der Politik de» Kanzler» Steine in den Weg zu wälzen. Die Dentfchconservativcn haben offen ihr Einverstänk- niß mit der Soeial- und Colonialpolitik de» Reichskanzler» erklärt nnd anßerdein werden sie dem Zustandekommen eine» »cnen SepkennatS gewiß keine Hindernisse bereite». In allen diesen Cardinaliragen finde» sie daS Centrum auf der Gegen seite. mit der Maßgabe, daß seine Stimmen für da» Eine oder Andere sich erkaufen lassen. Eine Partei, die solche Winkelzüge macht, kann nicht al» ehrliche Partei gelten, sie hat daraus ebensowenig Anspruch wie die Deutschsreisinnigrn. welche durch Liebäugele» mit den Socialdemokraten ihre Macht erweitern wollen. Für die bevorstehenden Wahlen aiebt e» nur eine Richt schnur und da» ist feste» Zu amiiicnsteben der staatScrhallenden Parteien gegen die Radikalen, mögen sie sich nun „freisinnig" oder „katholisch" nennen. Die Nationallibcralcn haben sich durch daS Heidelberger Programm verpflichtet, das Socialisten- gesetz ausrecht zu erhalten, die socialpolitischcn Pläne des Reichskanzlers zu unterstützen und die Zollfrage vorläufig unberührt zu lasse». In, Lause der Zeit ist al» fernerer Prograiiimpunct für die NalionaUiberalen noch da» Zu sammengehen mit der Regierung in der Colonialfrage gc- trelen. I» allen diesen Punclcn stimmrn sic mit den ge mäßigten Conscrvativen überein, also sind beide aus ein Wahlbündnis al- etwa- durchaus Naturgemäße« angewiesen. Conservative nnd Naticnallibcrale gegen Tcutschfreisinnige, Centrum und Sorialdemolraten ist die Parole, unter welchrr wir in den Wahlkamps cintreten. und wenn dies« Parole Überall den Widerhall findet, welcher >hr zu wünschen ist. so wird un» auch der Sieg über unser« Widersacher nicht fehlen. ? Leipzig, 10. Oktober 1884. * Ti« Zuschrift d«S Rcichrkanzlrr» an Herrn von Plettenberg, den Vorsitzenden beS conservative» rheinischen Parteitags, ist ohne Zweifel eine der be deutendsten wabltaktischcn Aundgebiingen, und wir Hessen, sie wird ihre Wirkung auch aus die hochronservativen Kreise von der Richtung der „Kreuzzeitung" nicht verfehlen, welche noch immer in der Bclänipsuna jede», auch de» ge mäßigtesten Liberalismus die wahre Ausgabe echter conler- vativer Politik erblickten. Fürst BiSmark hat damit der conscrvativen Wahltaktik de» richtigen Weg gewiesen; wo die Partei selbst keine Aussicht hat, durchzu- vringen. bat sie die Pflicht. »in richtiger Würdigung de» staallichen GesammtbedürsnisseS" die Schärfe der Gegensätze zn niildrrn. eine vermittelnde Thätigkcit zu entfalten nnd diejenige Partei zn unterstützen, welche, auf gemäßigt libe ralem Boden stehend und an ihrem liberalen Charakter scsthaltciid, doch unter den heutigen Verhältnissen eine ganze Anzahl Bcrührung-pnncte und praktische Aufgaben mit der konservativen Partei gemein hat. Der wahltaltische Grundsatz, den der Reichskanzler ausgesprochen hat, tritt noch concreter und in srinrr praktischen Bedeutung erkenn barer hervor, wenn man den speciellen Fell inS Auge saßt, wo Herr von Plettenberg seine vom Reichskanzler dankbar anerkannte vermittelnde Thäligkeit zunächst enlsallrte. Cs war im Wahlkreis Duisburg, wo die conservative Partei beschloß, von einer eigenen Candidatenausstcllung abzusehen und gleich von Anfang an für den nationalliberalen I)r. Hammachcr gegen den ultramontanen Herrn von Schorlcmer-Alst rin- zutreten. Damit hat drr Reichskanzler anerkannt, daß ihm die Stärkung der nationalen Sache, die Herstellung einer nationalen Majorität koch licdcr ist als die Förderung der rückschrittlichen hocbconservativ - ultramontanen Combi- nation, in der sich die „Kreuzzeitung" so völlig sestgcbissen hat. Wir möchten der conservalive» Partei rathen, unter diesem vom Reichskanzler empfohlenen Gesichtspunkt ihre Candidatenliste noch einmal zn reviviren und einige recht überflüssige Nummern rückgängig zu machen. Wenn üvrigen- vie hochrückschrittlichen Blätter wie „Kreuzzeitung", „ReichSbote" und dergleichen sich fortwährend grberdcn, al» beanspruchten die Natwnallibcralen allenthalben conservative Unterstützung, ohne die geringste Gegenleistung ihrerseits, so ist diese Unter stellung durchaus ungerecht. ES aiebt eine ganze Reihe von Wahlkreisen, wo di« gemäßigt Liveralen in Anbetracht der gesanimten allgemeinen und localen Verhältnisse beschlossen haben, conservalive Candidaturen zu unterstützen, unbeirrt durch die Borwürfe und Verdächtigungen von dentschfrei- sinniger Seite. * Am L. Oktober war der Lande«au»schnß der nationalliberalen LandeSpartri im rechtsrheini schen Bayern in Nürnberg unter Vorsitz de» Abgeord neten Professor M arq nard sen zu einer Sitzung versammelt. Tie Berichte über den Stand der Parteiorganisation und der Wahlvorbereitungen lauteten, wie der „Nürnberger Corre- spondent" mitlhrilt, fast durchweg erfreulich und oekundetrn das stetige Wachsen de» Einflüsse» und Anseh«»» der Partei in einem großen Theil« de» Lande». Seit de« Nürnberger Parteitage bat sich eine Reihe von nationalliberale» Vereinen gebildet; srüber bestandene WahIcomitL» sind organisirt, andere neu gegründet worden. In siebzehn Wahlkreisen ist die Organisation so weit gediehen, daß die Parteigenossen in den Wahlkampf cintreten werde». In dreizehn dieser Wahl kreise sind »ationalliberale Candidaturen bereit» proclamirt. ES sind die Wahlkreise: München I und II. Hos, Bayreuth, Bamberg, Nürnberg. Erlangen. DinkelSbühl, Rothenburg. Aschaffciibiirg, Schweinsurt, Würzbnrg, Jmmenstadt. In zwei weiteren Wahlkreisen werke» demnächst nationalliberale Candidaten proclamirt. Endlich werden ticNationalliberalen in den Wahlkreisen Forchheii» und Kronach nnter vollster Billigung des La»deSauSschusscS mit aller Entschiedenheit sür die kort ausgestellte», der tcutsche» Reich-Partei angrhörigen Eandidatcn eintrctcn. * Im 5. hessischen Wahlkreis Dieburg-Ossenb a ch ist der HandelSkammerscretair Schloßmacher in Offenbach al» NeichStagScandidat der nationallibcralen Partei ans« gestellt. Der Wahlkreis wird zur Zeit von dem social- demokratischen Abg. Liebknecht vertreten. * Die nationalliberale .Neue Zeitung' in Berlin hat eine Serie von Wahlflugblättern erscheinen lasten, welche im Kampf gegen die Dcutschsreisinnigen gute Dienste thun werden, indem sie ein treffende» .Sündenregister' dieser Partei enthüllen. Probenummcrn sind von der Expedition der „Neuen Zeitung", Berlin 8. Zimmerstraßc 38 zu beziehen und eben daselbst zu sehr billigen Preisen die gewünschten Exemplare in belieoiger Anzahl. * Bereit» in dem laufenden preußischen Etat haben die Folgen der socialpolitischen Gesetzgebung sich in einer AuSgabevermehrung geltend gemacht. In dem Verwaltung al- Arbeitgeber durch da« Krankcncaffengesctz auserlegten Verpflichtungen eingestellt. Nachdem inzwischen auch da» Unfallgcsetz in Krast getreten ist und die Kranken versicherung vom nächsten Iabre ab in vollem Umfange Platz greift, werden in den Etak» der BetriebSunternehmnngen de« Reich», wie der Einzelstaaten erheblich höhere Mehraus gaben zur Erfüllung der dem Staate auserlegten kccial- politischcn Pflichten in Au-sicht zu nehmen fein. Der Betrag dieser staatlichen, lediglich den Ilntercflcn drr Arbeiter dienen« den Aufwendungen wird sicherem Vernehmen nach ans mehrere Millionen Mark veranschlagt. * Der preußische Staatsrath wird feine Sitzungen vermuthlich im königlichen Schlöffe abhalten. Die Nachricht, daß derselbe am 15. Oclober zusammentreten soll, halten die Osficiösen für unzutreffend. * Aus der Tagesordnung der nächsten Bunde »ralb». sitzung steht außer einer größeren Anzahl laufender Geschäfts sachen auch der Beschluß de« Reichstag» zum Antrag Acker mann betr. tz. 101« der Gewrrbe-Orvnung zur Beschluß- saffung. * Die man der ..Nationalzeitung" schreibt» werden zu der am 21. d. M. in Sigmaringe» bevorstehenden goldenen Hochzeit de» Fürsten Karl Anton »»a Hoben- zollern großartige Vorkehrungen getroffen. Wie bekannt, wird der Kaiser zur Feier nach Sigmarinaen kommen, und wir» au» diesem Grunde der Aufenthalt in Baden noch etwa« ausgedehnt. Auch da» kronprinzlichc Paar wird erwartet. Der König und die Königin von Rumänien sind bereits nach Sigmaringe« abgereist. Heber da- Jubelpaar spricht sich eine, E. v. S. gezeichnete Festschrift, wie folgt, an»: „Bald nach dem Jahre 1871 stellt« sich beim Fürste» körperliche» Leiden ein. welche- zwar die geistige Frische und die rege Thcilnabme de» hohen Herrn für da» öffentliche Leben, sür Künste und Wissenschaften, wie überbaupt sür alle» Edle und Schöne in keiner Weise schmälerte, ihn aber doch veranlassen mußte, den ruhigeren Aufenthalt auf den Schlössern zu Sigmaringen, Kranchenwie» und der reizenden Weinbnrg an die Stelle an strengender dienstlicher Wirksamkeit treten zu lassen. Wer de» Fürsten und feine Gemahlin, Icsephine, geborene Prin zessin von Baden, eine durch wahrhafte und tiefe Herzensgute ausgezeichnete Dame, dort ;n sel>en Gelegenheit hat, inmitten de» engeren Kreises drr mit ibii-n gealterten nächsten Getreuen in patriarchalischer Emsachbeit und Herzlichkeit lebend, nimmt ein erhebende- B>>v i»it sich von deren Güte und Hochsinn, da» Bild eines in Dabrbcit vornehmen greisen Ehepaare«. Seinen leidenden Zustnnd — partielle Läbinung — aber erträgt der Kürst mit der heitere» Ruhe eines philosophischen Geiste«. „Kops nnd Herz sind ihm, wie er selbst äußerte, jung n»v gesund geblieben." ES ist für de» am fürstlichen Hose herrschenden Geist bezeichnend, daß als Festspiel Goethe'S „Iphigenie" in Aussicht genommen ist. « * » * AuS der Hauptstadt Norwegen» wird berichtet, daß die Radikalen bedeutende Anstrengungen macken, bei den bevorstehenden C ommnna lwa b len den Sieg zu erringen. Die conservative« Blätter ertheilen den Wählern den Rath, sich nicht durch die Lcckuiigen der Radikalen betbören zu lassen. * Die türkischen Truppen haben de» Insurgenten in der siidarabische» Provinz Bemcn bei dem Städtchen Zesir eine totale Niederlage beigcbracht und diesen Ort in Sturm genommen. Zesir war in der letzten Zeit der Haupt- stützpuncr dieser Innirgenten, nnd man glaubt nun in den Psortenkreisen, daß mit dem Falle diese- Städtchen» die Iiisurrcclion gänzlich zerfallen und die Ruhe in dieser Provinz baldigst wiederkehren werde. Jedoch ist c» den beiden Anführern der Insurgenten, Scherif Eddin und Scheikh Hadi. gelungen, mit einigen ihrer Getreuen zu entkommen und sich in die Gebirge zu retten. Der Generalgouverneur von Vrmen bat daher sogleich einen Trnvp Reiter zur Verfolgung der Rcbellenführer abgesendrl und außerdem einen Preis auf deren Einlicserung auSgesetzt. Da» türkische Krieg-Ministerium hat die fernere Absendung von Truppe» nach Südarabien sistrrt. * Drr vierundvierziger Ausschuß der französischen Depntirtenkammer sür die Untersuchung Uder die Volk»- wirthichastlicbe Lage de» Lande» und besonder» der Haupt stadt hat einen engeren Ausschuß von sieben Mitgliedern ernannt, der sich nach Lyon verfügen und sich über di« Lage der Arbeiter informiren soll. Die letztere hat sich in den jüngsten Wochen ganz außerordentlich verschlechtert; diele Tausende Arbeiter sind vrodlo» und man spricht bereit« davon, Rationalwerkstätten zu errichten, um den Arbeiter« aus Staats kosten Beschäftigung und Verdienst zu verschaffen. * Es gilt noch immer al» wahrscheinlich» daß der spa« nische Botschafter Silvcla in nächster Woche bei der Rück kehr aus seinen Pariser Posten die Nachricht von der Auf hebung der Ouarantaine an der spanischen Grenze mitdringt. * Zur Congos rage ergreift der bekannte Asrikareifende, Commander B. Lovett Ca'mrron, in einem Schreiben an die „TimeS" nochmals das Wort, um ans die Bedeutung de» Congobccke» S für den Handel zwilchen Europa und Central« asrika hinznweiscn, wobei er diirckscheinen läßt, daß e» nun mehr sür England Zeit sei, sich zu beeilen, nm den ihm ge bührenden Antbeil am Handel sich zu sichern, indem er darauf hinweist, daß sich unter den unbcsiriltenen Theilen de» unteren Congo die reichsten und srncktbarsten Gegenden de» Continent» helinden, welche vermittelst der ältesten und besten Ronten mit dem Innern in Verbindung stehen. Oline Zweifel haben die Portugiesen in ihren afrikanischen Gebieten den Handel verkommen lassen, doch fei die» eine Folge der politischen in,b anderen Schwierigkeiten, mit denen Portugal während de- letzten Jahrhunderts zu kämpfen gehabt habe, sowie be halten Schlages, welchen daS Land durch die Unterdrückung de» Sklavenhandel- erhalten habe. Die Letztere habe vor ver- hällnißmäßiq so kurzer Zeit erst stattgcsunden, daß von einer wirklichen Erholung des Lande» noch nicht die Rede sein könne, koch wenden der König nnd daS Ministerium der Angelegenheit ihr Interesse zn, so daß der Handel sich voraus sichtlich bald heben werde. Auch würden die Reise, welche Scrpa Pinto soeben angctrcten habe, und die Arbeiten anderer porkugieiischer Reisenden viel zur Kcnntniß veS Lande- beitragen. Da die HandelSronte von Capstadt nach dem Zamhesi- District durch da- Vergeben der Beer» nunmehr geschlossen sei. werde der künftige AuSslnß der Produkte dieses schönen Gebiete», sowie der oberen Bassins de» Kassni-Kwango und de- Congo durch das portugiesische Gebiet fuhren. Mehrere der hervorragenderen Kauslente in England hätten sich daher im Hinblick aus diese Thatsache mit der portugiesischen Regierung i» Verbindung gesetzt, um an verschiedenen Puncten HanvclScentren anzulegen, welche zur weiteren Entwickelung der afrikanischen HlljL^ucllcn dienen sollen. Deutsche Lultur- und Colouialpolilik. * Unter der vorsiebenden Ucberschrist bringt daS Organ deS „CeiitralvercinS für HandelSgeographie und Förderung deutscher Interessen im AnSlandc", der .Export'» die folgende lescnSwcrlbe Betrachtung: Neuere Nachrichten auS Kiel mcidc», daß bereits demnächst ein Geschwader von 4 Torvkl.'cn mit 50 Kanonen und ca. 1400 Mann Besatzung nach de» dcnlschcii Colonic» in Wcst-Afrika gesandt werden wird. — jedenfalls ein Beweis, daß cS der ReichSregicrunq sehr ernst mit der Sicherung de» dentlchen Besitzstandes dort ist. Durch Emsalluiig einer stattlichen Macht will sie den West-Asrikauern impcmircn und den europäische» Mächten zeigen, daß sie die vor vier Monaten -iagclcittten co!o»ialvolitiich«,i Pläne und Maßregeln mit Energie reriolgt, was eine l.-ichticriigc Ignorirunq und Verletzung deutscher Interessen, wie sie u. A. seitens eines englischen Tonsuls vorgckommcn sein soll, sür die Zukunft verhindern oder doch mindesten- sehr erschweren wird. Do» unverkeimbar planmäßige, schneidige Borgeben der Re gierung in West-Afrika hat nicht nur in Deutschland Aussehen erregt, auch im Auslande ist inan davon im höchsten Maße über rascht worden, begriff aber sehr bald die Taktik, welche dl« Welt seit Beginn der Bismarck'scheu Aera gewohnt ist. ein« Taktik, die unter allen Umständen den Bortheil hat zu verblüffe». Unleugbar hat die deutsche Politik seit 1871 ungleich größere Erfolge zn registriren — wir erinnern nur an den Berliner Eongreß — als die wistasrikanische Coloninlpolit>t sie bi« jetzt zu zeitigen vermochte. Aber bei der groben Menge hinlerlüßt die einfachste, kräftig« That einen tieferen Eindruck, als die feinste geistige Arbeit uav Lom- binat'on des Staatsmannes, welche ln ihrer Borarbeit und ln ihren weittragende» Wirkungen zu erkennen nm das geübtere Auge vermag. Wer zufällig Gelegenheit gehabt hat, im Laufe der letzten Monat« i», Ausland«, etwa in Oesterreich - Ungarn oder Frankreich, zn reisen, der wird das Gesagte bestätigen. Die Magyaren und r.»
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