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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.11.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188411063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841106
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-11
- Tag1884-11-06
- Monat1884-11
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.11.1884
- Autor
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Erfchstut täglich früh 6'/,Uhr. Nt-arNs» und Lrprditioa IohanacSgasse 33. -Prechßunirn -er Ue-action: vormittag» 10—IS Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. Slidtt SW»»«»« rü,««>a»tttr «»nalcrt»«, »ach« »ch di «w,cü», Ltch« »«»«»tch. »»«ch»« de« f»r »te »Lchftk«l,e»d« »»»«er »esttmmkrn Inserate an «2e»ta,en bis S Uhr Nachmittaa«, aue»»u-nnb Sesttage« früh bi»'/,»Utzr. 3« -en Fttialea für Ins.-Änuahme: Ott» »le««> Universttätsstraße 21. Lani» Lischt, Kaiharineustraße IS, p. ««, »iS '/.S Uhr. Taarblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage 18,111)0 ^bounrmcnlsprris viertel;. 4'/, MX. incl. Bringrrlohn 5 Mk.. durch dir Post bewge» 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren sur Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne ltostbesörderung 39 Mk. Mit Postdejbrdcrung 48 Mk. Inserate Sgespaltene Petitzeile 20 Ps. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer u. Zifsernsatz nach höhrrm Tarif. Nrrlamen unter dem Ur-artionsstrich die Spallzeile 50 Pf. Inserate sind stets a» die Expedittsu »u senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenuiuenuuio oder durch Post- Nachnahme. ^ 311. Donnerstag dm 6. November 1884> 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntmachnng, die Aeftstellung des ortsüblichen Tageloh»e» betreffend. Der ortsübliche Tagelohn gewöhnlicher Tagearbeiter ist für Leipzig durch die Königliche KreiShauptmannschast auf 2 für männliche erwachsene Arbeiter, 1 33'/z -s für erwachsene Arbeiterinnen, 0 .6 83'/, 4 für Arbeiter und Arbeiterinnen, welche da» 16. Lebens jahr noch nicht erfüllt haben und für Lehrlinge, sestgesteut worden. Leipzig, den 3. November l8S4. Der Rath der Gtadt Leipzig. (KrankenverflchernngSamt.) Winter. Aufforderung «u» die Dorstan-e der Kranken- nnd HilfSeaffea ;«r Einreichnng der Gaffenstatute«. Nachdem vielfach Arbeitgeber behauptet haben, daß ihre Arbeiter al» Mitglieder einer HilfScasse von dem Beitritt zur Gemciudekrankcnvcrsicherung beziehentlich zur OrtSkranken« eafse befreit seien, fordern wir die Vorstände der hier be stehenden, aus Tit. VI der Gewerbeordnung beruhenden JnnungSkrankcncassen und ebenso die Vorstände der hier, so wie in Abtnaundorf. Anger-Crottendorf. Böblitz-Ehrenberg incl. Barneck. Burgaue. Connewitz, CoSpudcn, Dölitz. Eutritzsch. Gautzsch. Gohlis, Großzschocher. Kleinzschocher, Lauer, Leutzsch, Lindenau, LöSnig, Mockau. Möckern, Mölkau, Neureudnitz, Neustadt. Ncusck'önescld, Ncusellerhauscn. Neutzsch, Oetzsch, PaunSkorf, Plagwih. Probstheida, Raschwitz, Reudnitz, Schlcußia, Schönau, Schvncfeld, Sellerhausen, Stötteritz. Stünz, Thonberg, VolkmarSdors und dortige Slraßcnhäuser, Wahre», Wiudörf, Zweinaundorf bestehenden HilsScassen. mögen solche auf Grund de» NrichSgesctzeS vom t. April 1876, als eingeschriebene Hilsscaffen, oder aus Grund landeS- rechtlicher Vorschriften errichtet fein, einschließlich der Ver treter der hier oder in den angegebenen Ortschaften errichteten örtlichen Verwaltungsstellen auswärtiger eingeschriebener HilsScassen auf, schleunigst die Casscnstatute» bei nn» rin zureichen, und zwar soweit die (Lassen ihren Sitz in Leipzig nicht haben, in einem hinsichtlich seiner dernialigcu Giltigkeit amtlich beglaubigten Exemplare, sowie unter Beifügung eines Zeugnisses der Gemeindebehörden des Sitzes der Caffe, daß die HilfScasse noch bestehe und die dem Statute entsprechenden Unterstützungen wirklich gewähre, sowie über den Betrag deS für diese Gemeinde gemäß tz. 8 de» NeickSgesctzeS vom l5. Juni 1883 festgesetzten ortsüblichen TagelolmeS. Nach Prüfung der Leistung der Casse werden wir den Vorständen eröffne», ob die Mitgliedschaft bei den Lassen als von dem Lersicherungözwange befreiend anzuerkennen sei Leipzig, den 3. November 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. (KrankeuversicherungSanrt.) Winter. Im Monat Oktober 1884 erlangten das hiesige Bürgerrecht: Ackermann. Ernst Paul, Aerichlsvollzichcr-Gehitse; Albrrcht, Georg Albin Eugen, Feuerwehrmann; Augustin. Ernst Gottlieb Reinhold, Lehrer; Varth, Christian Hermann, Expedient; Vassenge, Loni» Eugen, Agent; Becker, Georg Earl August, Kaufmann; Brrndt, Paul Theodor, Casfixer; VeriiSdark, Theodor Hugo, Kaufmann; Bergmann, Hermann Robert, Buchbinder; verlschiuger, Joh. Earl Otto, städt. Vollstreckung»hilsSbcamter; Bester, Friedrich Wilhelm. Mechaniker; virckigt» Johann Friedrich Rudolf, Kaufmann; Birnftrnget, Johann Traugott, Tischler; vornmann, Friedrich Eduard, Drechsler; Braune, Otto Richard, Fabrikant; Büttner, Georg Max, Schriftsetzer; Ttettrich, Gustav Clemens, Schriftsetzer; Dietze, Franz Albert, Kaufmann: Etsenbrrn. ve, Joseph, prakt. Arzt; Fischer, Bruno Max. Mechaniker; Jacke, Friedrich Franz, Bierverlcger; Kranke, Otto Hugo, Brauer; Gtesecke, Ehristian Wilhelm Raimund, Kaufmann; Hartmann, Felix Gregor Sally, Schriftsetzer; Hartmann, Ferdinand, Pcoductenhändler; veiler, Larl Ludwig Hermann, Former; venntg, Ernst Julia«, Strohhutpresser; Hetz«», Larl Ernst Oscar, Lorbwaaren-Fobrikant; Hetzne, Gustav Adolf Elemen», Goldarbeiter: Hoffman«, Larl Adolf Woldemar, Buchhändler; Hastmann, Julius Franz Richard. Redakteur; Hofmann, Gustav Adolf, RechtSanwalt; Jäh, Larl Julius, Kaufmann; Kahle, Bernhard Ludwig Theodor Franz, Mechaniker; Kisttzagen, Johann Heinrich, Gasiwirth; R«ch, Larl Gutmann Felix, Buchhalter; Landman», Larl Otto, Kaufmann; LatheiS, Bernhard, Buchbinder: Mehrte, Otto Bernhard Friedrich, Feoerwehrmaim; Menge, Richard Theodor, Kaufmann; Nietsche, Franz Emit, Kaufmann; Richter, Adolf Belnhard, MusiNehrer; Richter, Albin Bernhard. Kaufmann; «schel» Gottfried Heinrich Julius, Maschinenmeister; ' »Oh, Larl Friedrich Ferdinand, HauSmann; ister, Ernst Friedrich, Mechaniker; »k, Emil LouiS Richard, Buchhändler: Genf, Wilhelm August Loni«. Buchhändler; Ttz«»g, Friedrich August, Kaufmann; Illrich, Moritz Albert, Kaufmann; 8«g»rr. Paul Richard, Kaufmann. Vrkanntmachimg. An den hiesigen Volksschulen sind nächste Ostern 18 provt« orifche Lehrerftellen zu besetzen, mit denen ein jähe» icher Gehalt von je 1500 .ckl verbunden ist. Bewerber, welche die WablfähigkeitSprüfung bestände» baben oder bi» Ende de» Jahre» zu bestehen gedenken, wolle» Gesuche und Zeugnisse bis Ende dieses Monate» bei un» einreichen. Leipzig, am 4. November 1884. Der TchulauSschuS der Stadt Leipzig. I>r. Panitz. Lehnert. In der letzten Woche der diesjährigen MichaeliSmeffe ist '»euiem hiesigen Restaurationslocale et«e v««k««te zu ISS und .. Mitte de» vor. Monat» in einem Garderoberaumr de» Neuen Stadt theater» «1« Geltzhetrag von SS in Lassenscheiaen ausges-nh» worden. ^ ,, . Die unbekannten Berlnftträger diese« Geld«» werde» hierdurch ansgesordrrt, sich in nuferem Lommiflariat» zu melden. Leipzig, am S. November 1884. Dg« P»lt»eiO«t der «t«»t Letp»tv , «retschneider. «ras. Vekanntmachnng. Königl. Amts v-cricht Nauinvnrg a/T. In unserm Handelsregister sind zufolge Verfügung vom 3l. Ok tober 1884 am 1. November 1884 folgende Eintragungen bewirkt: I. i« Airmcii-Nrgifter: ». bei der Firma Nc. 457 Carl Köhlmaun zu Naumburg a/H. tu Lolonne 6: Di« Firma ist bei Abtretung de» Geschäfts ans den Kaufmann Gustav Emil Schotte zu Naumburg a/S. übergegangen. Bcrgl. Nr. 849 deS Firmeu-Register». b. unter Nr. 849: Die Firma Carl Köhlmaun zu Naumburg a/S. und al- deren alleiniger Inhaber der Kaufmann Gustav Emil Schotte in Naumburg a/S. II. i« Proeuren-Negifter bei Nr. 83, betreffend die Firma Carl Köhlmaun: Die Procura ist erloschen. Bekanntmachung. Di« tu »nserrm Firmenregister unler 24Ü eingetragene Firma K. ik. Herrmann zu Belgern ist zufolge Verfügung vom 29. Oktober 1884 am nämlichen Doge gelöscht worden. Torgan, den 29. Ociober 1884. Königliche» Amtsgericht. Nichtamtlicher Theil. Der Krieg in China. General Briöre, der srauzösisch« Oberbefehlshaber i Tonkin, hat am 30. Oktober da» letzte Lebenszeichen von ich gegeben: Er melket, daß eine nach Lenthe niarschirende Truppcnabtheilung den Nacklrab der Chinesen erreichte und ihm erhebliche Verluste zufügte, eine andere Abteilung habe die Umgegend Thainguyens von Versprengten gesäubert. Die Depesche schließt mit den Worten: Tie Lage am Weißen Fluß ist eine gute und von, Rothen Fluß ist nichts Neues zu be richten. WaS an dieser Depesche zunächst ausf'ällt, ist die lange Zeit, welche sie brauchte. um nach Paris zu kviiiiiie». am 30. Oktober wurde sie in Hanoi aufgegeben und erst am 4. Noveniber wurde sie in Pari» der Lefscntlichkcit über geben. Hielt man ihren Inhalt für zu unbedeutend, um ihn bekannt zu machen, oder wollte Ferry eine bessere Post ab- warten, um damit aus die Kammer» Eindruck zu machen? Die Meldung deS Generals Briöre läßt allerdings viel zu wünschen übrig. Was hat der Nachtrab der Chinesen in Lenthe zu Ihn» und wohin richtete sich der Marsch der Hauptmacht ? Da« sind die Fragen, aus welche der Leser der Meldung vergeblich eine Antwort sucht. Die Fassung der Depesche läßt die Deutung zu, daß sich die Chinesen auf den, Rückzuge nach Langson befanden, alS sie von den sie verfolgenden Franzosen eingeholt wurden, auS früheren Mitlheilungen weiß man aber, daß die Chinese» noch nicht ausgehört haben, die Franzosen anzugreise». Um die Festung Thainguyen und Thuyenquan. wie die beiden Lesarten lauten, ist seit dem 13. Oktober unaufhörlich ge kämpft worden: nach den Berichten der Franzosen wurden die Chinesen stets mit großen Verlusten zurllckgeschlagen, ohne daß die Franzosen auch nur einen Mann verloren, nnd trotzdem befanden sich in der Umgegend der Festung noch am 30. Oktober versprengte Chinesen, mit denen wiederum ein Kampf stattgefunden hat. DaS erinnert lebhaft an die Schwarzflaggen, welche von den Franzosen schon etwa ein dutzcndmal vernichtet worden sind, aber trotzdem immer wieder zum Vorschein kamen. Der dunkelste Theil der Meldung deS Generals Briöre ist aber der letzte, welcher die Lage am Weißen Fluß für gut erklärt und vom Rothen Fluß nicht» Neues zu berichten weiß. DaS läßt nur die Auslegung zu, daß e» am Rothen Fluß »och so schlecht siebt, wie am 20. Oktober, an welchem Tage bekanntlich große Massen von Chinesen im Delta erschienen, deren Ankunft nichts Gutes verhieß. Die Wahrheit ist offenbar, daß die Franzosen sich mit Mühe gegen die Angriffe der Chinesen im Delta de» Rothen Flusses behaupten und gar nicht in der Lage sind, zum Angriff über- rugehen. Dan» kommt, daß die Gebeimnißkrämerei im Aus schuß für die Tonkincredite die schlimmsten Besorgnisse erregt Der Vorgänger Briöre'» im Commando in Tonkin, Millot, und sein Stabschef Guerrier, sind vom Ausschuß am 30. Oktober vernommen worden, und Ferry hat die Aus schußmitglieder beschworen, daS waS sie erfahren baben, ge heim zu halten. Wenn die Mitlheilungen Millot's und Guerrier'S gute wären, so würde Ferry sie nicht schnell genug verbreiten können, statt dessen sind sie offenbar der schlimmsten Art, deshalb da» tiefe Geheimniß, mit welchem sie bedeckt werden. Aus Formosa stehen die Dinge womöglich noch schlechter, wie in Tonkin. Die Namen Keclung und Tamsui werden schon seit längerer Zeit gar nicht niehr genannt, der üble Eindruck, welchen die vergeblichen Kämpfe um bkide Häsen gemacht haben, sollte durch die Nachricht verwischt werden, daß über sämmtliche Häsen FormosaS die Blokade verhängt sei. Wie e» mit dieser Blokade bestellt ist, zeigt daS Ein- geständniß der Franzosen, daß sie von den Chinesen wieder holt gebrochen wurde, und daß sie trotz der Blokade Truppen und Kriegsmaterial auf die bedrohten Puncte der Insel schaffen. Dagegen hat die französische Flotte große Nolh, sich gegen die in den chinesischen Gewässern herrschenden Stürme zu halten, und wenn eine« Tage« die Nachricht von der Vernichtung der französischen Flotte eintrifft, so könnte man sich darüber nicht zu sehr verwundern. DaS giebl ein Gesammtbild der Lage, in welcher sich die Franzose» in Tonkin und China befinden, wie e» kaum trauriger gerächt werden kann. Dazu kommt, daß m Tientsin Unruhen auSgcbrochen sind, welche die chinesische Regierung gcnölhigt haben, den französischen Consul und seinen Kanzler auSzuweisen. WaS man daran nicht begreift, ist nur die Thatsache. daß ein fran zösischer Consul cS gewagt hat, unter den bestehenden Ver hältnissen in Tientsin zu verbleiben, während er sich doch sagen mußte, daß jeder Kamps zwischen Chinesen und Fran zosen, gleichviel ob er für die Chinesen siegreich oder verderb lich ansfiel. seine Sicherheit auf da» Acnßerste gefährden mußte. EssinddaS dieFolgen de» eigenthümlichen Verhältnisse« zwischen Frankreich und China, die, obwohl fie unzweifelhaft mit einanter im Kriege begriffen sind, dennoch de» Schein de» Friedens aufrecht halten wollen. Um aus dieser für Frankreich sehr unangenehmen Lage herauSzukommen, hat sich die Vermittelung einer drillen Macht al» daS allein mögliche Mittel herausaestellt. Die officiöse französische Presse ist denn auch nach Kräften bemüht, eine solche Vermittelung herbeizuführen. Der „TempS" hat seine Hoffnungen aus England gerichtet und behauptet steif und .en, daß China gar nicht daran denke, die englische Ver mittelung ab;ulehncn. DaS kann richtig sein, aber nur des halb. weil England seine Vermittelung überhaupt gar nicht angeboten hat. Wie käme auch England dazu? Freilich ist dieser Mackst der Kamps zwischen Frankreich und China wegen seiner Handclöinleressen keineswegs erwünscht, aber es liegen hinreichende politische Gründe vor, welche den Engländern eine Vermittelung in der chinesischen Streitsache verbieten. Neulich hat Daddington, der französische Bvlschasler in London, mit dem englischen Minister de» Auswärtigen, Lord Granville, eine Unterredung gehabt, wegen der Blokade FvrinvsaS. Dabei hat Granville die Ansicht ausgestellt, daß die Blokade nichtig sei, weil keine Kriegserklärung vorangegangen. Ist daS etwa ein Symptom der Absicht Englands, al- Vermittler in dem Streit zwischen Frankreich und China auszutreten? In der That hat England alle Ursache, Frankreich zu zürnen sowohl wegen teü Protestes gegen den Vertrag, welchen England mit Portugal wegen der Schifffahrt aus dem Congo geschloffen hatte und wegen der auS diesem Proteste sich entwickelnde» Cousere»;. ferner wegen de« Angriffs der Franzosen auf Madagaskar und wegen seiner Haltung in der egyptischen Streittrage. Das Alles sind Gründe, welche daS feind selige Lerbältniß zwischen Frankreich und England verschärfen müsse», aber sie sind gewiß nicht geeignet, England zu einem Freundschaftsdienst gegen Frankreich zu ermuntern, deshalb schließt auch der .TempS- seinen Artikel mit dem sehr verständige» Rathschlag an die sranzösische Regierung, bei »er Gewohnheit der Chinesen, Verträge zu verletzen, die Ndcstsächliche Besetzung von Tonkin zu betreiben. Wenn diese »iber erreicht werden soll, dann mutz mit ganz anderen weit erheblichere» Slreitkrästen operirt werden, wie bisher geschehe». Frankreich bat in Tonkin und China seit Jahr und Tag nur Sisyphusarbeit gclhan, eS bat fortwährend Geld und Soldaten geopfert, ohne etwas nur irgend NennenSwcrthcS erreicht zu haben. Mag auch China unter diesen Kämpfen gleichfalls gelitten und zahlreiche Truppe» cingebüßk haben, so steht doch der Mißerfolg Frankreichs mit Rücksicht aus dessen nnlitairische Ueberlegenheit in gar keinem Verhältnis; zu dem, was China dabei gelitten hat. Die Erkenntniß dieser Thalsacbe bricht sich auch in Frank reich in immer weiteren Kreisen Bahn und deshalb wird Fern, demnächst, wenn die Tonkinsrage vor die Kammern kommt, einen sehr schweren Stand haben. Tie Verhandlung über die Tonkincredite in der Deputirten- kammer ist auf den 10. November festgesetzt, bis dahin muß da» Material so grnppirt sein, daß cS aus die Kammer den von Ferry gewünschten Eindruck macht. Es ist bereits ein Abgeordneter ausgetreten, welcher fordert, daß man daS Ministerium in Änklagezustand versetze, weil cS Krieg führt, ohne die Kammer deswegen um Crlaubniß ersucht zu haben. Das mag zu weit gegangen sei», denn Ferry hat ja den Auftrag, den Vertrag von Tientsin energisch durckzusühren. Mit diesem Auftrag wirb Ferry jeden Angriff zu pariren suchen, aber eS darf bezweifelt werden, ob ihm daS auf die Dauer gelingen wird. ES hat nicht an Warnungen gkichlt; Campcnon, der Kriegsminister, hat die Verantwortung für die tonkincsische Unternehmung schon vor längerer Zeit ab gelehnt und hat verlangt, daß man die französischen Truppen auS Tonkin zurückziehe. DaS mag schwer ausführbar gewesen sein, aber jedenfalls ist der rechte Moment, wo eS noch hätte mit Ehren geschehen können, verpaßt worden, und die Schuld dafür trifft unzweifelhaft Ferry. Der französisch« Minister präsident hat schon manchen Sturm, welcher ihm drohte, geschickt bestanden, aber der chinesische Streitfall hat eine Gestalt aiiaenommen. welcher eine Entscheidung zur unab- wcisbaren Notbwendigkeit macht. Entweder muß Ferry bei der Kammer die Mittel zur endgilligen Durchführung der Sache beantragen oder znrücktreten, ein Drille« giebt e» nicht. " Leipzig, 6. November 1884. * Zu einer gründlichen und offenen Erforschung der Ursachen ihrer schweren Niederlage kann sich die deutschsreisinnige Partei nur schwer entschließen. Ihre Presse Hilst sich durch Ausreden, die daS Wesen der Sache gar nicht treffen; sie redet von Niederlagen der Regierung» Politik und der gemäßigten Parteien, weil eine Parlament« Mehrheit gegen das Centrum diesmal noch nicht erreicht worden ist, von einer ausrichtigen Selbstprüsung aber sind erft wenige Spuren zu entdecken. Der Liberalismus in der Auffassung der deutschsreisinnigen Partei ist darum vom Volke verworfen worden, weil er in den wichtigsten Anliegen der Gegenwart sich über eine unfruchtbare verneinende Opposition nickt zu erheben vermochte. Da« Geschrei, al» ob cS heut zutage nickt« als .Reaktion- zu bekämpfen gelte, verfängt nicht mehr. Man mag die WirthschastS-, dazu auch die Cocialpolitik de- Reichskanzlers in manchen Stücken für verfehlt halten, daß ihr ein gut Theil sehr gesunder Rcsornigcdanken zu Grunde liegt, kann nur noch Verblendung und Verranntbeit der Doktrinen leugnen, die eine stet« wachsende Mehrheit de« Volke« enlscbieten zurückweist. Ins besondere die socialpolitische Frage stand im Mittelpunkt de« ganzen Wahlkampfe-, und wenn einst der Plan bestanden, die Haltung der Nationalliberalen in dieser Frage zu ihrem Verderben zu verwenken, so ist umgekehrt terErsolg eingetreten, daß den Leutschsreisinnigen ihre gänzlich negirenbe Haltung gegenüber der socialen Reform zum schwersten Schaden ge reicht bat. Mit dem Ruf: Fort mit den indirekten Steuern, ohne Angabe, wie der Ausfall aus minder brückende Weise zu ersetzen ist. mit der phrasenhaften Vertheidigung von FreiheitS- rechten, die kein Mensch bedroht, mit dem Uebcrtäubcn jeder von der Regierung angebahnten Reform durch ein überlautes NcactioiiSgeschrci ist nichts mehr auSzuricbten. Der deutsche Liberalismus muß positive Ziele ausstellcn und den leidigen Doktrinarismus, der sein Erbübel ist. überwinden; diejenige liberale Richtung, die dies vermag, hat eine Zukunft, die jenige, die eS nicht vermag, wird hcrabsinken zu einem kleinen Häuslein unbelehrbarer Sonderlinge und rechthaberischer Theoretiker, welche da« praktische Leben und die active Politik unbeachtet bei Seite liegen läßt. Wir warten geduldig ab. ob die bitteren Erfahrungen des 28. October nicht doch aus den belehrungSfähigcn Tbeil der deulschsrcisinnigen Partei ihre Wirkungen üben werden oder ob sie in ihrer Gcsaminlhcik bei der systematischen Negation und Opposition gegenüber den großen Aufgaben unserer Zeit verharren wird. Den ge- fammten deutschen Liberalismus auf Freihandel, Maiichestcr- thum und politischen NadicatiSmuS verpflichten zu w>KIe», war das Ziel der .Fusion", und dieser Versuch ist aufs Ent schiedenste vom Volke zuriickgewiesen worden. * Die .Nationalliberale Corrcspondenz- schreibt zur Parteilage: „Die unerfreulichste» Erscheinungen dek ganzen WablkampfeS pflegen bei den Stichwahlen hervor-zutrcten. Dabei beginnt das Werben um die Gunst derjenigen Parteien, die den Ausschlag zu geben haben; da werden „befriedigende Erklärungen" im Culturkamps. Widerspruch gegen das Socialistengesctz und dergl. in die Wagschale gelegt oder cS wird an die Gemeinsamkeit der liberalen Interessen oder an die Pflicht der Ordnungsparteien, gegen die Umsturzbestrc- bungen zusammenzuftche», appcllirt, Gesichtspuncte. von denen man während des WablkampfeS wenig genug gemerkt halte. E« koiiinien vielfach wieder jene unwürdigen Schachergeschäfte zum Abschluß, die dem Abgeordneten gegen andere Parteien Verpflichtungen auferlcgen, welche er als ehrlicher Politiker kaum eingehen kann. CS wird dabei wieder außerordentlich viel im Trüben gefischt werden und manch unnatürliche „Wahlmanscberei" zum Vorschein komme». Der Markt ist eröffnet und Käufer und Verkäufer haben sich schon zahlreich ein gefunden. WaS die Haltung unserer Parteigenoffen be trifft, so werden sie ancb auS den Stichwahlen mit reinem Schild hervorgchen. Es ist unniögtich, eine allgemeine Richt schnur für das Verhalten in den Stichwahlen aufzustellen. Die Verhältnisse in den Wahlkreisen liegen zu verschiedenartig» die Combinationen sind zu mannigfaltig und eS kommen zu vielerlei Erwägungen in Betracht, als daß eine übereinstim mende Norm ausgestellt werden könnte.. Unsere Partei genoffen werden ihre Haltung bei den Stichwahlen nach dem Maße deS Wohlwollen» einrichten, welches die gegenüber- stehenden Parteien gegen die NationalUbcralcn bewiese« haben, und werden die in Stichwahl stehenden Canvivatea nach dem Gesicht Spuiict prüfen, welcher von ihnen in den wichtigsten, den Reichstag beschäftigenden Fragen, der Social-, der Eo- lonialpolitik, deS MilitairseptennatS, deS Socialistengesetzes, der Kirckcnpolitik u. s. w., die besten Garantien für Ueber- einstiiniiiling mit der nationalliberalen Auffassung giebt. Eine Partei, deren Unterstützung in keinem einzigen Fall in Frage kommen kann, sind die Ultramontauen mit ihrem polnisch- welfiscben Anhang.- * Ter nationalliberale Verein von Ratzeburg batte gelegentlich des durch seine Mitwirkung errungenen Wahlsieges de» Grasen Herbert v. ViSmarck über den dculschsreisinnigen Wcstphal (Graf Bismarck wurde be kanntlich als Eompromiß-Caiididat ^ nationalen Mittel- Parteien ausgestellt) an den Fürsten Reichskanzler folgendes Telegramm gesandt: „Voll freudiger Gcnugthunng über die Wahl des Grafen Herbert zu unserem Rcichstagk-Abgeordiicten iogt Ew. Durchlaucht seiuen ausrichtigsten Glückwunsch ui unwandelbarer Liebe und Verehrung. Der Vorstand des nationalliberalen BerrinS sür den Kreis Herzogtum Lauenburg." Hierauf ist folgende Antwort emgetroffen: Berlin, 30 October 1884. „Für Ihr Begrüßungs-Telegramm verbindlich dankend, sehe ich in dem Wahlergebnis ein erfreuliches Zeichen der sorischreileuden gegenseitigen Verständigung der nationalen Elemente, durch deren Zusammenwirken allein die großen Aufgaben, die uns gestellt sind, gelöst werden können. v. Bismarck." * Die Wahl des Abg. Nickert in Danzig, die mit nur 18 Stimmen über die absolute Majorität ersolgte, wird wegen Aufnahme zahlreicher wahlunbcrechtigler Personen in die Wählerlisten für ungiltig erklärt werden. Schon bei Proclamirung des Wahlrcsullats hat der Wahlconimissar er klärt, daß er von Amtsivegen beim Reichstag den Antrag aus Ungiltigkeitserklärung der Wahl stellen werde. Tie schleunige Calsirung der Wahl kann unter diesen Umstände» keine,» Zweifel unterliege». Herr Rickert steht bekanntlich auch noch in Brandenburg zur Stichwahl und dürste gut lhun, im Fall seiner Wahl daS dortige Mandat anzunchiucn. * Nach Schulze-Tclitzsch'schem Muster haben sich in de» Provinzen Posen uns Westpreuße» auch zahlreiche pol nische Erwerbs- und Wirlbschafts-Genossenschaften gcbilkel, in denen der polnisch-katholische KleruS eine nicht uiibeteiilenre Rolle spielt und die hauptsächlich die wirtbsckastliche Kräftigung deS polnischen StamuieS, besonders beö polnilchcn Mittel standes bezwecke». Anwalt dieser Genossenschaften, die sich zu einem Verbände zuscimmcngeschlosse» haben, ist der Geistliche SzamarzcwSki. Bei dem LcrbandStag, der im October in dem Städtchen MiloSlaw abgebaltcn wurde, waren circa dreißig Dclegirte erschienen, unter denen sich zehn Geistliche besauten. Äen» auch diese polnischen Erwerbs- und Wirtb- schaslS - Genossenschaften mit der Politik nichts zu schaffen haben, so dienen sie doch, gleich den bäuerlichen nnd land- wirlbschastliche» polnischen Vereinen, alle der national- polnischen Iree. Der Endzweck aller dieser polnischen Ber einigungen ist kein aiitcrcr, als die polnische Nationalität bi« in die untersten Volksschichten herab lebensfähig und lebens kräftig zu erhalten und dem polnischen Elemente ein Ueber- gewicht über die Deutschen im Osten deS Reiche- zu verleihe». * Dem BundeSrathe ist die Uebersicht der ReichS- auSgabcn und Einnahmen für daS EtatSjahr 1883/84 zugegangen: Darnach betrugen die fortdauernden Ausgaben 528,758.107.78 .«k, anRcstensindvcrblieben I3.280.007.25.st.inLumma 542.038,115.03^; da« «oll nach dem Etat für 1883 «4 belief sich aus 537,297,305 an ReftsondS au» dem Vorjahre sind hinzugetreten 13,107,358.52.//. da» Gesaminlsoll betrug mithin 550,404.063.52 .4!; es beträgt mithin die Summe der BuSgaven gegen das Gesammlioll 8,366,548.49 weniger. Diez« genehmigende» CiaiSübkrschreil»ng-n,bezw.außeretoi-> mäßigen Ausgaben belrugen 6,520,151.77.//. Der letztgenannte Be trag vertheilt sich folgendermaßen: aus den Reichstag mit 50,761.60.//, den Reichskanzler und Reichskanzlei 6,426.47 ./i, aus das aus- wärtige Amt 462,083.14 aus das ReichSamt des Innern
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