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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.12.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188412080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841208
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841208
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-12
- Tag1884-12-08
- Monat1884-12
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.12.1884
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Erscheint täglich früh 6' »Uhr. Urdllltio» und Lrprdition JohanneSgasse 33. Lpltchüundkn drr Nrdartion: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. > c>n,«I-ntier M»nutcri«e «»cht ftch t,c i>!rd»cnoa uichl vcrdmdiich. A„nahme »er skr dir nkchftsalgende Nnunuer besiiiumten Inseratc an Wochentage» bis 3 Uhr Nachuitttags. a» San» nuv Festtage» fr üh Ins' ,KUhr. 2n dr» /ilialrn fiir Ins.-Annahme: Otto Klemm, lluiversitäisstraße 21, Louis lasche, Katharlnenslraße 18, p. iinr bis '/,S Uhr. Auflage I8,7LV ?.h0!»iemrnlvpltlü vicrieij. 4'/» L!I>. iml. Bringerlohn 5 Mt., durch die Potz bezogen 6 Aik. Jede einzelne riuinmer 20 Pf. Belegexemplar ltt Pi. Gebühre» iur Extrabeilagen !>n !agcblall-?,orni2t gcsalzl) ahne Potzbciordernng30 Mt. Mlt Poslbejoroerung 48 Mt. Inserate ügejpaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften taut uni. Preieoerzclchiuß. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach Höhen» Tarn. Urrlamrn unter dem Redactions strich die 4 Hesvatk. Zeile50Pf-, vor den Familiennochrtchlcil die Ogespaltcne Zeile 40 Ps. Jnseraie sind stets an die ssypcoilia» zu iendc». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praellunmi'iuiäo oder dura, Post« Nachnahme Montag den 8. December 1884. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Nachdem die vsseulliche Eisbahn ain Schleußiger Wege eröffnet worden ist, bringen wir die sstr Benutzung derselben geltenden Bestimmungen hiermit in Erinnerung: 1) die Bahn ist errichtet fiir Kinder unbcnlitteltcr Eltern und Vars nur von Kindern iin schulpflichtigen Alter benutzt werden. 2) Erwachsenen ist das Betreten derselben nur zu dem Zwecke gestattet, ihre Kinder das Schlittschuhlaufen zu lehre». 3) Tic Bahn darf nur zur Tageszeit benntzl werden: mit cinbreckender Dunkelheit ist dieselbe auf das vom Aufseher gegebene Zeichen sofort von alten EiSsahrcrn zu verlassen. 4) Ten Weisungen dcS von unS bestellte» Aufsehers, deS FischmeistcrS Herrn Meißner, ist unweigerlich Folge zu leisten. Leipzig, den 25. November 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. Vv. Georgi. Stoß. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 8. December 1884. * Die Commission der Congoconserenz berieth am Sonnabend den Bericht der Subcommission über die Congo- Schiffsahrlöacte. Der Bericht der Subcommission schlagt vor, daß die Schifffahrt aus dem Congo und seinen Nebenflüssen, sowie der Verkehr aus etwa hcrzustellcnden Seiteiicanäleu und Eisenbahnen frei sei. nur dürften Taxen zur Beslreilung der Kosten der Schifffahrt und des Verkehrs erhoben werden. Eine eventuell von Stanley Pool behuss Umgehung der Katarakte nach dem unteren Ufer des Congvü zu bauende Eisenbahn soll der Macht übertragen werden, welche die User an de» Katarakten besitzt; indessen kan» diese Macht den Bau der Eisenbahn einer Gesellschaft übertragen. Eine cinzilsetzenve internationale Eommission kann eventuell clne zu Zwecken des Eisendahnbaucs ansgenoiiiinenc Anleihe uegoeiiren. Mil Genehmigung der in der Commission vertretenen Regierungen wird seitens der mternaNonalen Commission an der Conqomündung Ouarantaine eingnichtet. Die Ausführung der Schisfsahrrsacle unterliegt der Ueber- wacbung der internationalen Commission. Ferner enthält der Bericht der Subcommission u. A. die Borschläge Tenlsch- lands und Belgiens. betreffend die Neutralität des Congos und seiner Nebenflüsse. Die Brrciiiigkcii Staaten behielten üch den Borschlag der Nentralrstrung des ganzen Congo- gebiet» vor. * Die Budgetberathungen de« Reichstags ziehen stch in dieser Session außerordentlich in die Länge; cS muß 'chon jetzt jede Hoffnung ausgegeben werden, die zweite Lesung vor Weihnachten vollenden zu können. lieber Haupt wird in Folge des spaten Beginns der Session sich bald wieder eine arge parlamentarische Drcmgtnge Herausstellen. Bis zum 15. Januar muß bekanntlich verfassungsmäßig auch der preußische Landtag einberufen werde», und man wird also von Mitte des nächsten Monats ab wieder dem Neben- cinaudertagen der beiden Körperschaften enlgcgensehcn müssen. * lieber die deutschfreisinnige Partei und die demokratische Unterströmung schreibt die „National- liberaleCorrespondenz": „Die Ausstellung VcS Porzellan- arbeilers Bey als „liberaler" Ncichötagscandidat im 6 Berliner Wahlkreise ist ein Ereignis; von mehr als localer Bedeutung, weil sie von einer mächtigen Strömung innerhalb der linksliberalen Partei Zeugniß ablegt. Sie bedeutet den Sieg der Demokratie über die gemäßigteren Elemente. Herr Bey steht auf dem äußersten radical-demokratischeu Boden; es ist sehr zweifelhaft, ob er überhaupt noch im ocntschsreisimiigen Berbande Platz findet, jedenfalls ist seine Ausstellung ein Protest gegen die „Fusion", gegen die Berinischiing der Fort schrittspartei mit „halben" Männern, die nach Ansicht der echten Demokraten noch immer ihre alten national- liberalen Schlacken nicht ganz los werden tonnen. „Heute gilt keine Halbheit mehr", lesen wir in den radikale» Berliner Blättern, „die schwere Reaktionszeit, in die wir eingetretcn sind, verlangt ganze Männer. Tie breitesten Schicksten dcö Volkes sind durchdrungen von der Notbwendigkeit. den Kamps mit der Reaktion in äußerster Schärfe anfziinebmcn. Wer fick hiergegen stemmt, über dessen Haupt schreitet die neu stch verjüngende Demokratie hinweg, und habe sei» Name einen noch so guten Klang". Es wird freudig bcrvor- gehobc», daß sich die fortschrittliche» Vertrauensmänner des 0. Wahlkreises mit einer an Einstimmigkeit gren zenden Majorität für den am meisten nach links stehenden Eandivaten entschieden haben; mau sucht die Maste» von Ueberlänsern wieder zu gewinnen, die neuer dings der Socialdemokratie sich angescblösten, „nb sieht das einzige Mittel dazu in der cnlschiedensten Hervorkebrung des radikalen demokratischen Charakters. Ans derselben Strömung ist ein neuer demokratischer Verein in Berlin bervvrgegangcii. „Die Strömung nach tinkS", sagt die „VvlkSzeitung", „der naturgemäße Rückschlag gegen die Fusion, der. nur durch die Wahlen aufgevatleii, durch ihren ungünstigen Ausfall einen neuen mächtigen Impuls bekommen bat bat auch den demokratischen Verein in Berlin entstehen lasten." Von der Fusion sagt die ,.Volk-zeit»ng", sic sei nichts Anderes gewesen alS eine mißglückte Wahlspielerci. Dieser demolratischc Ver ein muß sich von dem Rickster'scheu „Reichssreund" die bittersten Vorwürfe machen lasse». Die ossieielle Partei leitung versucht eben noch einmal, die selbstständige, gegen die Fusion gerichtete demokratische Bewegung »ieverznpoller». Allem in der Candidatur Bey zeigt sich, daß sie die Zügel in Berlin nicht mehr in der Hand hat. Sie wird sich Vieser Bewegung mischließe» und ebenfalls die Fahne der Demo kratie anspstauzen müsse», ober sie verliert allen Boden. Wahr haft bemitleibcnSwerth sieben dieser Bewegung gegenüber die cbemaligen Secessionistrn da, die einst der Memmig gewesen, dis Fortschrittspartei beben und veredeln zu können, und jetzt stch unaufhörlich sagen lassen müssen, daß der Hinzutritt dieser halben, charakterlosen, nach rechts schielenden Männer vas ganze Unglück der alten Fortschrittspartei verschuldet babe. Der Abg. Möller sagte neulich in einer Berliner Versammlung, wo die dcmotratische Unterströmung ebenfalls sebr stark zum Vorschein kam: „Das Programm der Fort schrittspartei ist stets ein demokratisches gewesen. Es ist nach unser,» Programme jedem möglich, sich nach links zu ent wickeln". Dieser Entwickelung-gang scheint sich jetzt unans- hallsaui zu vollziehen. WaS sagt Herr vonStanssen- bcrg, der „Führer" der deutsch freisinnigen Partei, dazu'/" * Die herkömmliche Uebersicht über die GeschäftS- thätigkcit des deutschen Reichstags in der vierten Session der fünften Legislaturperiode, herauSgegcben vom Bureau deS Reichstag-, ist soeben erschienen. * Der Vorstand der CentrurnSsractio» läßt die Nach richt dementireii, daß die Fraclien beschlossen habe, das Ein trete» für die Einführung der obligatori scheu Innungen abzulehnen. Die Angelegenheit der obligatorischen Innungen, welche fick» zur Vorbereitung vo» Vorschlägen in den Händen einzelner Mitglieder der Cenlrumssraclio» befinde, habe bisher zu keinerlei Stellungnahme oder Beschlußfassung Anlaß ge geben. Die „Conservalive Corresponbcnz" bemerkt zu der Frage, vor Einführung deS IniilmgszivangeS müßten die Innungen ein ausreichendes Maß von wertbvollen Rechten erhalten. Die nächste Ausgabe sei also, den Innungen diese Reckte zu verschaffe»; in diesem Sinne sei manches Neue be reit- in Vorbereitung und werde ohne Zweifel die Zustimmung deS Reichstags finden. Man darf also demnächst aus neue Innungsanträge gefaßt sein. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" setzt ihre Polemik gegen das Centrum fort. TaS RegierungS- blatk schreibt an leitender Stelle: Wenige Wochen, nachdem der Bundesrath den in der letzten ReichStagsiession angenommenen Antrag Windtborst ans Auf hebung des Expatriirniigsgesepes abgclehnt bai, ist derselbe von Neuem im Reichstage Angebracht worden und am Mittwoch zur Berathmig und Annahme gekommen. Abg. v. Schortemer bezeichne» jüngst die Entscheidung des Bnndesralhs als einen „Schlag in das Gesicht des Reichstag»"; Abg. Windthorst aber wollte nicht zugeben, daß in der sofortigen Wiederansnatime seines Antrages eine Mißachtung des BundesrathS- bcjchlasjes liege: er hatte es so dringend mit seinem Anträge, als ob ec wirtlich glaubte, daß die abermalige Annahme im Reichstage für das Schictial Scheibe» maßgebend ieiu würde, oder uni die Majori- tätsiragr im jetzigen Reichstage ttar zu stellen. Letzteres ist ihm ja auch gelungen, und das »lüßte ihm ja ge nüge«. Denn van einer Liiiculinmg der Regierung knirch Mast», täten will er tckaiinlUch nichts wisse», es wurde ihm vermn'Iili genügen, wenn sie mehr oder mindel verständliche Winke bei Zeilen beherzigte. Ein solches Berhällniß, wo der leitende Staatsmann nicht am RegicrungStstche sitzt, ist ja schon nianchnial dagemesen, nur ist es nichi als dein inouarchst'chen Priucip eittiprccheiiv empsohle» worden. Jedenfalls bat Abg Windthorst, wenn er mit seiner zweiten Rede in der Mittwoch Debatte zu einem solchen Ver hältnis; kittlade» »voll», mit diesem Peinliche entschieden kein Glück gehabt. Die Erllärnnge» des .Herrn Reichskanzlers, welche keines Comnientars bedllrsen. haben ilim ossenbar nach alle» Richlnngen »in so sehr daSCvneept verdorben, des; er wiederholt in bedenklicher Weise aus der Rolle siel, lind das ist sehr schlimm für einen Feld herr», welcher über eine Armee von Biiiidcsgenvstcu cviiniiaiidlrt, die ihm an» verschiedene» Antriebe» folgen, von denen aber jeder ein Interesse bat, die Berschiedeiiheil hinter einem gcinciii'ainen Fetdgeichre, zu verstecke». Abg. 'Windthorst dark nicht rede» wie der Abg. v. Schorlemer, welcher oft sehr böte Dinge jagt, sehr zornige, trotzige und auch wobt herausfordernde Worte gebraucht, ohne daß sie einen fiese» volitischen Eindruck hinterlassen. Letzterer ist ein Kampier voll Bravour, der daS Wort führt wie den Sabel und den Hieb iür die sicherste Parade halt. Tie Hitze des Tcinverainents erklärt bei ihm Vieles, ohne es zu rechtfertigen. Ihm stellt es auch ganz gm zu Oiesich,, wen» er die andere» Parteien brnsquirt, selbst wenn sie Beistand leisten. So aber kann Abg. Windthorst nicht agiren. An der Spitze der Klerikalen marichirend, welch,- von Welse», Polen und Franzosen, oder auch von blaue» und roihc» Deinokraien slaiikirl werden, darf er doch »iemals vergessen, was die kalüotzichc Bevölkerung, jo weit sie ihm und dem Eeniru», Vertraue» schciill, mit diesem Vertraue» meint, und wo die Grenze liegt, an welcher dasselbe »othwendig .Halt machen muß. Um so schlimmer für ihn, wen» er diese Rücksicht feinals aus de» Augen verliert, denn er kann seine Ausschreitungen nicht als Temveranientsselster entschuldige»; er ist zu klug, um sich hinreiße» zu lassen, aber doch vielleicht ehrgeizig genug, um unter Umständen einen schwindenden Erfolg auch durch das Ansgebot verzweifelter Mittel erringen zu wollen. Abg. Windthorst halte nun allerdings nicht nöthig, am Erfolge zu verzweifeln, wen» er lediglich die Abstimmung über seinen An trag im Auge halte. Dieser Erfolg war die Consequenz srübcrer varlamentarischer Vorgänge; aber es kam dein Abg. Windtborst sicherlich daraus a», sei» Prestige neu zu befestigen »nd zu eon- statire», daß er noch immer der Man» sei, welcher „die Schläuche des Aeolus" in der Hand Halle. In diesen Bestrebungen greift er zu verzweifelten Mitteln Er empörte alle auf richtige» Freunde von Kaiser und Reich mit der Reminisccnz an die Zeiten, wo zwilchen Kaiser und Papst um die.Herrichail ge stritten wurde, und wen» er an die Wirkung der Jnterdicle erinnerte, so wollte er doch sagen: was einmal vor, kan» auch wicderkommen. Und wenn er mit dieser Remi riseenz, welche zugleich eine Drohung war, der deutschen Nation einen Schlag ins Ge- ficht versetzte, so möchte er durch die andere Anspielung, welche nicht minder den Charakter einer Drehung an sich trug, mit der Anspielung auf die Bajonnette und die, vo» welche» sie getragen würden, die Grenze beschritten haben, in welcher die Treue und Loyalität der katholischen Bevölkerung sich von dem Mandat los sagen könnte, welches sie dem Centrnnissührer bisher vertrauensvoll überlassen hatte. Jene Apostrophe richtete sich zu deutlich an Bnndesgcnosseli, mit welchen loyale Katholiken gewiß nicht werden in Action treten wollen, wenn sie sich auch verleiten ließen, ihnen bei den Wahlen die Hand zu reichen. * Zum Thema der Prätensionen des Welse»thumS auf Hannover schreibe» die ojsic lösen „Berliner Po litischen Nachrichten": Unter den Facloren. mitelst deren Unterstützung die Präten tionen des Welsenthuins aus Hannover ihr schattenhaftes Dasein zur Zeit noch fristen, muß der Adel der Provinz an erster Stelle genannt werden. Den sogenannte» „welsischeii Adel" kan» man als den Hauptträger jener kaiier- »nd reichsseindhche» Agitation betrachten, welcher den von Natur kerndeutsch gesinnten »icdcrsächsischen Lolkssiamm mittelst ebcnlo frivoler als trügerischer Borjpiegcluligen sür ihre selbstsuchiigen Privatzwecke ullszuinitzen sich angelegen sein läßi. Freilich wolle» die Herren das ösfeullich nicht eingestehcn und thu» gewaltig erbost, so Jemand sich unterfängt, an der MaSke idres „Deutsch Hanno Vera »er ihums" z» z'ipse»; sie baden triftige Gründe, ibr wahres Antlitz bei den obwaltenden Zeitläufte» jorgjainst verborgen zu Hallen. Für andere Leute fallen folche Gründe fort, und »vir jpecicll stehen nicht an. zu behaupten, daß der frondirende Adel der preußischen Provinz Hannover seine Sonderinteressen nicht nur unbeküiniiilrt um das gemeine Beste seiner engeren Heimath, sondern sogar im bewußten Gegensatz zu demselben betreibt. Er erhofft von der erträumten Wieder,>u!richl»»g des welü'chen Königthrons n» der Leine persönliche und Famiiicnvorthcüc, uns um die Erlangung solcher Borthcile aus Unkosten der Gesammiheit ist eS ihm bei seiner , Aufhetzung des Volkes gegen die bestehende öffentliche Ordnung in I der Provinz zu ihn». I Für die welfischcli Siaudesherrcn als bloßer Hos- und« Thron adcl wiegt das Bewußtsein der Solidarität mit de» Inter essen, mit dem Wohl »nd Wehe der engeren Heimath. wie des großen deutschen Gejammtvalerlandcs äußerst leichl. Sic sind in erster Linie Fürsten diener und wollen auch gar nichts Anderes sei». Als solchen verursacht es ihnen anch weiter keine Gewissensbisse, in ihre Ziikunstsrechnung die Einmischung des Aus landes in deutsche Angelegenheiten »lit einem sehr erklecklichen Posten cinziistellcn, »nd wenn die Herren sich seinerzeit mit dem vollen Pathos tugendhafter Entrüstung gegen naheliegende Schluß folgerungen verwahrte», die inan betreffs ihrer heutigen Gesinnung aus ihrer aclenmäßig erwiesene» Theilhaberschaft an den Conspira- tionen mit dein Erbfeinde zu Ende der sechziger Jahre zog, so chnrakicrisiri ein solches Manöver nur das Maß von politischer Viel seitigkeit, das bei den Bannerträgern der deutsch-hannoverschen Idee zu Hause ist. Der frondirende welfische Ade! muß eS der deutschen Nation schon gestatten, sich über den Werth seiner patriotischen Beiheuerungen ihr eigenes Uriheil zu bilden. Verheuerungen, die mit der Logik der Thatiachen in Widerspruch stehen, können auf objeciive Glaub würdigkeit eben keinen Anspruch erheben. Sie können es um so weniger, wenn diejenigen Kreise, von denen sie ausgehen, in Traditionen wurzeln, welche nur geeignet sind, der Ueberzeugung des Gegentheils Vorschub zu leisten. Und zufällig sind wir in der Lage, den von angeblich „deutschen" Gesinnungen beseelten Weitzschen Adel Hannovers mit seinen eigenen Familien-Uebcrlieserungen zu schlagen. Vor uns liegt ein Exemplar des königlich wcstphälischen Hof- und Staatskalendcrs aus das Jahr 1812. Jeder deutsche Patriot weiß, daß die westfälische Königreichskomödie deS „morgen wieder lustigen" Jcrome eines der schmachvollsten Capilel ans der Geschichte der Napoleonüchcn Tyrannei in deutschen Landen bildet, und baß der deuiiche Stolz, das deutsche Ehrgefühl mit vollem Rechte sich schamersüllt von dein Schau'Piel der Kriecherei abwendei, daö eine valerlandsvergessene Rotte vo» Strebern am Hose des Schaitcn- königs uufführle. Ein seltsames Gefühl beschleicht den heutigen deuisckie» Durchblütterer jenes vergilbte» Ha»dvnck,es. wenn er unlcr den Reiben jeromisti scher Hossch ranzen, welche um die Gunst des Einporköniinliiig? buhlte», die Träger gerade solcher hannoverichcn Adelsnaiiieii in stattlicher Zahl vorfindet, deren gegenwärtige Nach kommen einen peoiwncirlc» Platz in der welüichc» Propaganda ein- nehiiie», aber gleichwohl ihre angeblich „deuischc" Gesinnung zu beibeuern nicht müde werden. Der in Rede stehende Kalender zahlt beiläufig solae.ide hannoversche Standesberren auf: unter den „Groß-Beamtc»>" der Krön- Se. Excellenz den Eommanbeur Herrn Grasen von Hardenberg; unter de» Kamniri Herren die Barone vo» Schilcher, von Knigge, von Campe, vo» Münchdaine», de» o,castu vo» Schivickieid: unter de» Ka»»»eri»nkcrii die Barone vo» dein Blisjche, vo» Adeledien, vo» Linsiiigen; unter den Ehreiistall- ineistern die Barone von Haininerslein, von den« Busschc Munch: unter den Pagen den Baron von Oldershausen. Als Groß-Jäger- ineister findet sich verzeichne! Se. Execllcuz der Eominaiideur Herr Gras vo» Hardenberg: als Palastbamen figuriren u. A. tue Gräfin vo» Schwicheld n»d die Baronin von Schilcher. 'Wir beschranke» »liiere diesbezüglichen Mittbcilungen absichtlich aus d,e Krön- und.Hofchargen, denen wir aus der niilitairische» Rangliste noch d:e baine» von Klcnck und von Pavel hinzusüge» wollen, und la'seu das eigentliche Beamtenthni» ganz bei Teile. Der Beamte iann und darf sich bei den» Bewiißiiein beruhige», daß er dein Lande dient und daß da- qcn>c>»iii:tz,ge Jnlerenc des Landes seine» peeiönlichen Dienst in Zeilen polinicher Unnual- zungeii osl um io dringender bedarf. Ganz verschieden oder steht es ui» jene Clique von nbeiiteiiernden Glücksriitc, u, Strebern und Stellenlägeiii. die vdne einen Funken von Manneeivürde und nationaler Gesinnung ihr Heil als Hosichranzen versuchen und sich kiia-m Emporköniinling zu Füße» legen mochten, dcß.» Gcdahrcn eher alle andere» Regungen ciiistößt, als Hochachtung und Neivecl. Und mit welche!» Gefnlil kann man heule ans die Enkel jener Renegaten, die ihr Deiitsckithiiin dercitwiliig't dahingaden, blicke», wenn nicht nut dem Gefühl des tiefsten Mißtrauens ,u die Sorte von „Patriotismi-s", die innen frischweg gestattet, im Dienste eine- kaiser und rcichsieiudliche» Prätendenten an der mste>i>arischeii Unier- wiihiiiiig dcs Baues der nationale» Einheit Deutschlands zu arbeiten! I»i engl iscki en Oderstausc kam am I. tS. der australische Ver dundnngsp > an zur Sprache. Der Colonialmiiiister Loro Derby erklärte, er habe die ver- schiedciicli Cvlviiialre.gierungen über Einzelheiten des Planes befragt und ermarle ihre Aiiiworten im Frühjahr, »»> eine Vorlage einbringen zn können. Die Vorlage soll keinen ZwaugScharakter haben. sonder» lediglich die Colonicu ermächtigen, z» bestimmten Zwecken gemeinsam zu Handel», falls sie dies wünschen. Einstimmigkeit unter den Colonien sei also nickt nöthig, dock werde e» immerhin von Vortheil sein. wenn Neusüdwate« und Neuseeland, weiche den Verbündungsgcdaiiken, zurückgewiesen haben, ihre Ansicht ändern wollten. Neues Theater. Leipzig, 7. Dceeiubcr. Nachdem wir uns gestern Abend einigermaßen darüber vrientirl hatten, daß wir uns im 'Neuen Theater und mchl im Carolalbealer befände», wo wir bisher gewöhnt waren, die Erzeugnisf'e der Leon Trep tow'sehen Muse an unS vorübergehen zu lassen, Uberzeuglcn wir uns durch näheres Studinm des Zettels, daß wir cs mit keiner Gesangsposse :u tlmn halten, sondern mit einem Volkssiücke und zwar ganz ohne Gesang und Musik. Zwar sielen uns die Verse cm: „Wo man stiigl, da laßt Euch ruhig nieder, Böse Menschen haben keine Lieder;" — doch wir ko-liitcii der Familie Buchholz nichts BöscS znkrauc»; dafür bürgten schon die aus der Bühne stets wohl« gesinnten Mitspiclciidcn; Herr Borchcrdt. der die bösen Menschen spielt, stand gar nicht auf dem Zettel. So sahen wir beruhigt der Vorstellung entgegen, und wenn uns auch die Schicksale der Familie Buchhol; sehr be kannt und wenig interessant verkamen, so wurde iinscr Seelen frieden doch nie in unangenehmer Weise gestört. Es ist wahr, eS geht der Familie schlecht genug, und sie wird durch Börsen- und anderes Spiel ruinirt; doch das macht uns uur geringe Sorge; denn das passirt Alles im dritten Acte, und glücklicher Weise ist noch ein vierter da. und wir wissen ans Görner'S „Geadelter Kaufina»»". a»S L'Arronge'S „Mein Leopold" und vielen ander» Stücke», die nach derselben Schablone angeseriigl sind, baß sich im letzten Acte Alles zum Guten wendet »nd veriinglnckkc Familien väter vo» der traurigen Pflicht, zu arbeite», wieder durch die Güte der dramatischen Vorsehung erlöst werden Auch darüber ängstigen wir »nS nickt, daß der Bildschnitzer und Kilnstdrechstcr, obschon er nicht recht für voll aiigcsehe» wird, LieHaiiV der ilaivenMaric erhalten werde: i» so vielen Stucke» kommt ja ein Handwerker von tüchtigster Gestnnnng vor, der den „schwachen Allen" gelegentlich die Wahrheit sagt. Und selbst Das regt uns nickst an», daß es dem Maler so schleckst gehl, daß er Scyinkc» und Eier für Reitaurationsschilcer malen muß, ui» 78. Jahrgang. sich durchznschlagcn: wir wissen ja aus so viele» Stücke», daß die künstleristhen Talente im letzten Aele durch Preise belohnt werden. Wir sehen also den Vorgängen im Stücke mit großer Gemnlhsrnhe zu; denn da tann ja nichts passiren, was ivir nicht schon auswendig wüßten, und auch die Moral des Stückes: „Spiele weder an der Börse, noch zu Hause", ist zwar sehr annehmbar, aber sie überrascht nicht durch ihre Neuheit. Uns falten bei diesen Schansviclcn inil moralischcc Nutzanweisung iminer die klassischen Verse von Moritz Busch ein: „Helcnchen, sprach der Onkel Nolte, WaS ich schon immer sagen wollte, Ich warne Dich alS Mensch »nd Christ, Kind, hule Dick, vor allem Bösen, ES macht Plaisir, wenn man es ist, ES macht Verdruß, wenn man'S gewesen." Wenn man sür den Lnket Nolte die dramatische Muse setzt, so hat man ja daS Motto sür alle derartigen Stücke. Dock Etwas ist neu in dem Stück, und daS ist bei den Colonisalionsbestrebungen in Wcstasrika und bei den Congo- debattcn, die jetzt aus der Tagesordnung stehe», von aktuellem Interesse: eS ist ein Mohr, ein leibhaftiger Mohr, nickst der „Mohr deS Zaren", sonder» derjenige, welchen Herr Großeck seiner Frau schenkt, um einen ihrer Herzenswünsche zu er füllen; und dieser „Mohr", der am dramatischen Horizont aus- taucht, wo man etwa- ganz Anderes erwartet, trägt den zweiten Actschluß, den einzig wirtfamen des Stückes, und wenn er auch nicht ganz den Effect mackst, wie der Con- sistorialrath Titus Talius im „Raub der Sabinerinnen", so thut er dock seine Arbeit, und dann kann er wieder gehn. Dieser Actschluß erregte einige Heiterkeit; im Ganzen ging das Familiengemälde, daS uns Leon Treptow nach be rühmten Mustern entrollt, vorüber, ohne irgendwo Miß fallen zu erregen; dazu ist eS überhauvt zu moralisch, aber auch ohne die Gemnther zu clektrisiren. Einzelne drollige Eiiif'älle, wozu wir aber weder die Papageicnscene, »och den „singenden" Thcc rechnen, fanden Anklang: das Ganze ist malle Limonade, und wenn es auch besser gearbeitet ist als die trüberen Possen Leon Treptow's nitd uns beweist, daß auch dieser Autor, wie L'Arroiigc cS getha», sich aus der Schablone der Berliner Gesangtzvosie herauszuarbeiten sucht, so hatten dock den» Stücke noch so viele Flachheiten, Fadheiten und Trivialitäten jener Posse an. daß es kein „sogenannter Genuß" »st — ein geslüzeÜeS Wort ans „Doclor Klaus", das in diesem Stücke i'.limrrsvit wie ein: aiig-ickofiene Ente, ein wenig ver stümmelt. aus dem Wafier deS Dialogs austaucht — diese vier Acte über sich ergehen zu lassen. Gute Rollen enthält das Stück anck nicht. Der Posten- dichter Leo» Treptow war darin glücklicher. Dock etwas von der Naiveläl deS „IägerlieSchcns" ist ans die häusliche und ivirlhfchastliche Marie nbergegangcn. die „ihr Herz enldeckl", als Mietzel sie Mietzclcheil anrnsl; tan» den Spiritus unter dem Thee anznzüuden vergißt, als ihre Herzensslamme lodert, und den Geliebte» alS Papagei äfit, was er als Asse iiack- papagcit. Frl. Petri war cinerecbt muntere und artige Marie, weihte das Publicum aninuthig in ihre Hcrzensgeheimnisse ein imd zeigte eine solide Cbarakterlüchligkeit bis zum letzten Augenblick, wo sie ihre Wirfhschastsbückicr zumachl und ihre Arme öisnet, um den Geliebten ans Herz zu drücken; und Herr Rohland war ei» sehr frischer Mietzel. Vertreter der gefunden Arbeit im Kreise der ungejunvcil Speculation und äbsolvirte die mehr zoologischen Stadien seiner Rolle mit Humor. Vater Buchhvlz ist ein Sckivachkops ersten Rangcs; Herr Bütter spielte ihn in glaubwürdiger Weise. Mil der anderen Familie ist nicht viel Staat zu mache», sic enthält keine Ausgaben »ür darstellende Kunst, die Malbilde der Frau Baumeifler, die prätenliöse und dlasirte Erna deS Frl. Saalbach, die im ersten Acte recht muntere Clara dcs Irl. Schneider, der leichtsinnige und verschwenderische Großeck deS Herrn Hosmann. der Max Brunner des Herrn Hänseler: sie bildeten die Familicngruppe nach Len In tentionen deS Autors. Der Agent Mendel dcs Herrn Tictz. der Mister Fox des Herrn Herbst. daS Faktotum Leder- mciiiii des Herrn Müller waren gute Cl'araktcrköpfc: die kleineren Rollen fügte» sich dem Cnscmblc ein; der Mobr Ihat seine Wirkung; doch der Darsteller kann 'ich dabei kein Verdienst zuschrcibc»; hier thal die dichterische Erfindung Alles, und bicsezLorbecren dürfen Herrn Treptow nickst streitig gemacht werden. Rudolph von Gottschall. Musik. * Leipzig. 5. December. Herr Di. H aus v. Butow, der berühmte Musiker »ud Virtuos, wird am 17. December >il eineni von dem Streichquartett unseres ausgezeichneten Meisters im Violinspicl, Herrn Brodsky, im Saale deS Alten Gewandhauses veranstalteten Conecrt als Pianist Mit wirken. In neuerer Zeit hat Herr Hosinlcndant Dr. Ha»S v. Bi«low durch seine Ansprachen, welche er im Coneerlsaal an daS Publicum hielt, maiicherlci Opposition erregt. In Wien soll ihm sogar von der Polizei das Sprechen in seinem Cviieerl verboten worden sein, so Laß er den Ovationen dcs Pnbliciims gegenüber den Finger an den Mund als Zeichen des nothgekruiigeilen Schweigens) legte. In Prag hielt der hockbekeutenke Künstler eine von Ezechen ciilblisiasiisch aus- genomnienc Ansprache in czechiicker Sprache. Wird derselbe auch in Leipzig reden? In Leipzig wurde cs stch, wenn durchaus gesprochen werden soll, empfehlen, nur aiialysirente Worte zu wählen, welche in strengem Zusammenhänge mit den vorgetragcnen, vielleicht noch wenig bekannten Knnsl- werke» stehen! * Die „Nachrichten sur Grimma" schreiben: Am Freilag >28. No vember! Abend gab im Saale des Stznitz-iwiinies miiere Sladicavelle ihr I.Abonneiiicnieoneerl. Jede Nlniimcr des intt vorzüglichen elastischen lonweiken ausgkslalieten Programms wurde m verjiandnißvollcr Aussasillng der Compostlioil und lcclnnicher Fertigkeit vorgelragen. c>» eiiigcl>eiidcs Studium war uns alten Vorträgen erkennbar, und so kam eS, daß auch die eoiiiplieirleren, schwierigen Tonwerke, wie die große Sinfonie „Ländliche .Hockizen" von Kreutzer und „Wald- weben" aus „Siegfried" von 'Wagner den volle» Beifall des an- wesenden tliiisiverstäiibige» P»bl>e»i»s fanden. Eine aiimullxge Ab wechselung fand die Jnstruincliialmiists m den Vorträgen der Leip ziger Coiiecrtjangcri n Frl. Elisa Winkler. Dieselbe ver- siigt über eine» ziemlich l»ol>en Sopran, ihre Aussprache ist gut aeeciitnirt und rem »ns ihr Vortrag nngekünslell, ohne Effekt hascherei. Besonders de» einfache» Gcniülhslon musste Frl. Winkler in dem Wiegenlied von Mozart vortrefflich zimi Ausdruck zu bringe». Mil viel Beifall saug sie auch die Arie aus dem „Nachttagei" von Kreutzer und das „Spieimannslied" von Nestler. Lanier Beist.!! briohiiie sw i»r jeden Vortrag. Das Eoiiccrl war zahlreich >»>e selten c>»« bestick-!.
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