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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.10.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188610242
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18861024
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18861024
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-10
- Tag1886-10-24
- Monat1886-10
- Jahr1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.10.1886
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Redaktion und Lrprdition Iohannesgaffe 8. Sprechstunden der Rrdackva: BornnttagS 10—12 Uhr. Nachmittags ö—6 Uhr. »tir tl» «va>»d> «uigeiaadier M-nuIcryN« »acht ß* die Nc»»cr>v» nicht «ertuUUch. Annnbme »er für »ie n-chftfol,en»e R«««er bestimmte« Inserate a» Aachrntaneu bi» » Uhr Rachmittan», an Larn- und Festtagen früh di»'/.» Uhr. Zn den Filialen fiir Zns.-^nvahme: Ott» klemm, Univerfität-straße 1. Laut» Lösche, Kathanaeastr. 23, p. nur dt» '<,» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage LS,68». ÄdoilNkumilsprris vierlelj. 4'/, MK. ivcl. Br ngcrlobn 5 Mk., durch die Post '-«zogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebüoren ,ür Extrabeilagen lin Tageblatt-Format geialzi) ohne Poslbesvrdcrung -kl Mk. «>t Poslbelörderuug 60 Mk. Inserate Ogespaltcne Pctitzeile 20 Pf. Größere Lchnilcu laut »nf. PreiSverzeichniß. Lubellacijcher u.Zifferniay nach höhermTarif. Rrclainru unter dem Redaktion« strich die »gespult. Zeile 50Ps., vor den Familiennach richten die kgei'pailcne Zeile 40 Ps. Julerate sind iierS aa die ^xtirdilion zu lenden. — Rabatt wird nicht gegeven. Zahlung praenum, r»li>Io oder durch Post- nachnatime. 297. Sonntag den 24. October 1886. 8V. Jahrgang. Amtlicher Theil. wesentliche Sitzung ker Slgdtuerordneke« Freitag, dea SV. October 188«. Abend» «'/, Uhr tu» Saale der I. Bürgerschule. Tagc-ordnun«: I. Bericht de» Finanz- bez. Bau-, Oekonomie», Stiftung»-. Lösch- und GaSauSschuffe» über die Hauptrechnung der Stadtcasse für 1885, die Rechnung de» Aichamte» für 1885 und die Rechnung de» Lagerhoses für 1885. II Bericht de» OekonomieauSschusse» über Reparatur der Fluthrinnensohle an deren Kreuzung mit dem von der heiligen Brücke nach dem Kuhihurme führenden Fußwege. HI. Bericht de» BauauSschuffeS über Einrichtung einrr mechanischen Saudwäsche rc. bei der Stadtwasserkunst und Unterhaltung »er Filter im Jahre 1887. IV. Bericht de» Bau-, Oekonomie« und Finanzausschusses über rin Abkommen mit Herrn Kaufmann Pölich wegen Arealabtretung an der Pelersbrücke und der Schloßgasse. Vrkiimlimchmi-l In Folge einer neuerdings ander ergangenen Verordnung der Königlichen Kreishauptmannschaft zu Leipzig, betreffend Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung einer Einschleppung der asiatische« Cholera verordnen wir und machen hierdurch alle Diejenigen, welche e» angeht, darauf besonder« ausmerk- sani, baß die Abortgruben uni» Pissoir» in Anlagen, die, wie aus Eisenbahnstationen, in Gasthäusern und Restaurationen, dem öffentlichen Verkehre zugänglich find, ingleichen in Schulen, Herbergen. Logir- und Kosthäusern, Massenquartieren, Fabriken und gewerblichen Anlagen und dergleichen öfter» gehörig beSinsicirt werden müssen. Al» zweckmäßigste» DeSinseclionSmittel wird eine Mischung von l Theil roher, flüssiger Carbolsäure und 9 Theilen Ä->sser empfohlen. Di« Organe unserer WohlfahrtSpolizei haben wir an- gewiesen, streng darüber zu wachen, daß dieser Vorschrift allenthalben nachqekonimen wird. Zu diesem Zwecke ist den mit der Ueberwachung beauf tragten Beamten der Zutritt zu den gedachten Oertlichkcitcn unweigerlich zu gestatten. Wir geben un» der Erwartung hin, daß Alle, die e» ailgeht, in Erkeunlniß der Wichtigkeit dieser Anordnung für ca» allgemeine Beste derselben gehörig Nachkommen werden, behalten u»S aber für den unerwarteten Fall nicht allseitiger gehöriger Brachtung derselben weitere Müßregeln gegen die Säumigen vor. Leipzig, den l6. October 1386. Der Rath der Stadt Leipzig. vm, 192l. I)r. Georgi. Cichoriu» Vekanntmachungl Bei dem im neue» Böri-naeoäiide Yierieibst eingerichteten Post- amle 9 können vom 25. Lct. rer ab allgemein, Nicht nur von Büisenbesnchern, gewöhnliche und eingeschriebene Briesvoslsendunqen, Geldbricie, kleinere Geld- und Werlhpackete, Briese mit Postnach nähme und Postanweisungen, sowie Telegramme ausgeaebe» werden. Tie Dlenststunden bei dem Bostamlc 9 sind wie solgt festgesetzt: an de» Wochentagen: von 8 Uhr Vormittag» (,m Sommerhalbjahr von 7 Ubr Bor- mittag«) bi» 8 Uhr Nachmittag»; an dc» Sonn- und Feiertagen: von 8 Uhr Vormittags (im Sommerhalbjahr von / Uhr Vormittag») vi» 9 Uhr Vormittag» und von 5 bl» 7 Uhr Nachmittag». Leipzig. 18. October 1886. Der Kaiserliche Vbrr-Postdtrector. Walter. VekaillltMliAng. Eine Anzahl durch bauliche Veränderungen im Atteriegebäude entbehrlich gewortrner Gegenstände, als 1) 11 Stück innere, dreithcittge Fensterläden von 35 m/m starkem Eisenblech mit starkem Rahmen und Querschienen, 2.20 w hoch, 1.225 m breit, 2) 11 Stück Rundbogeafeuster 2.30 m hoch. 1.25 w breit, 3> 11 Stück dazugehörige, Süßere Wintersenster, 4) 1 eiserne» Vogengitter 2.30 m bi» zum Scheitel hoch, 1.43 m breit, bestehend aus: 10 vertikale» 2 cw lm Durchmesser staikr» Rundeisenftäbea und 3 horizontalen 10/50 m/m starken Flachei,enstäbeu mit herumgehenden 10,50 m/m starken Flach- eijenrahmen, 5) eine alte Bretplanke, soll rteugtaa, den 2«. Oktober 188S, van vormittag» 10 Uhr ab. au den Meistbietenden, unter den vor der Versteigerung mitzntheilen- den Bedingungen, jedoch mit Vorbehalt de» Zuschlag», gegen sofortige Baarzahlung üffemlich im Lotlerirgebäude, Johannesgasse Nr. 5 hier, versteigert werden. Der Hausmann tm Lotteriegebäude ist er- mächtig», die zu versteigernden Gegenstände ans Verlangen am Lagerorte besichtigen zu lasten. Leipzig, den 23. October 1886. königliche Lottcrtr-Hanpt-Erdrditton. Espenhayn. Nichtamtlicher Theil. Die Verwirrung in Bulgarien. Rußland hat eS durch feine Wühlereien in Bulgarien nun glücklich dabin gebracht, daß die Verwirrung daselbst den Gipfelpunct erreicht hat. Im Schooße der Regentschaft sind Zwistigkeiten auSgebrochen, Stambulow und Mutkurow stehen Karawelow feindlich gegenüber, weil er zur Unterwerfung unter die russischen Forderungen geneigt ist, während die beiden anderen Regentschastsniitglieder da» Heil der Zukunst allein in der Fortsetzung de» Widerstande» erblicken. KoulbarS wird nickt abberusen, wie c» hieß, sondern ist nach Sofia zurückgekehrt und setzt dort se,n frühere» Treiben fort. Nekliudow unterstützt seine Bemühungen dadurch, daß er die bulgarische Regierung für die Vorgänge am Wahltage verantwortlich macht, und so drängt denn Alle» augen scheinlich aus eine neue Katastrophe hin, welche den Rück tritt der Regentschaft und de» Ministeriums und die Wahl einer neuen Sobranje unter russischem Einfluß berbeizusühren bestimmt ist. Karawelow und ein Theil der Minister suchen sich sür die Zeit nach der Katastrophe regierungsfähig zu er halten und reden deshalb der Verständigung mit den Rüsten da» Wort. In Philippopel sind zahlreiche Verhaftungen russischer Agenten vorgenommen worden, und die Regentschaft erblickt ihr« Hauptaufgabe jetzt darin, die russischen Wühlereien durch feste» rücksichtsloses Auftreten wirknng-lo» zu machen. Da» mag eine Weile zweckdienlich erscheinen, aber nur o lange, als Rußland an dem bisherigen System der Rathschläge festhält; wenn eS von Worten zu Thaten über geht — und da« wird trotz aller anderweitigen Bersiche- rungen aus die Dauer nicht zu umgehen sein —. dann ist e» mit dem Widerstande zu Ende, und die russisch« Supre matie, wie der .Observer" sich auldrllckt, tritt dann an die Stelle der bulgarischen UebergangSperiode. Der Wider- tand der bulgarischen Regierung gegen die russischen Ein mischungsversuche hatte so lange einen Sinn, als England diesem Widerstande seinen moralischen Beistand lieh: er war vernünftig und berechtigt, al» noch die Hoffnung bestand. eS werde zu einer Vereinigung mehrerer Großmächte kommen, welche ein Gegengewicht gegen die russischen Umtriebe bildeten; er war auch noch verständlich und nicht völlig aussichtslos, als noch Meinung-verschiedenbeiten zwischen Rußland und der Türkei über die bulgarische Frage bestanden: nachdem aber England Rußland in Bulgarien Vollmacht ertheilt, nachdem ich Oesterreich-Ungarn in Schweigen gehüllt, und nachdem endlich die Türkei mit Rußland gemeinschaftliche Sache ge macht hat. ist jeder fernere Widerstand der bulgarischen Re gierung nutzlos und kann nur dazu beitragen, di. Lage zu verschlimmern. Der Zusammentritt der Sobranje am 27. October oder 1. Novembe- hat gar keinen verniinsligen Zweck, seitdem die Türkei dagegen Einspruch erhoben hat. und deshalb ist VaS Verlangen der bulgarischen Regierung, daß Rußland und die Türkei sich innerhalb >4 Tagen über den neuen Candidaten ür den bulgarischen Thron verständigen sollen, rin Schlag inS Wasser. AuS eigenem Antriebe wird Rußland in dieser Sache keine Hand rühren, so lange ihn, die Zeit dazu noch nicht reis erscheint, und wenn die bulgarische Regentschaft die Sobranje trotzdem eröffnet, so kann daS »ur im Sinn« der Wiederwahl des Fürsten Alexander gedeutet werde». Daß diese aus sichtslos ist. weiß die bulgarische Regierung, denn die Be stätigung der Wahl durch die BertragSniäcble wird mit Sicher heit nicht geschehen, und gegen den Willen Europas kann Fürst Alexander die Zügel der Regierung nicht wieder ergreifen. Mit der Abdankung deS Fürsten am 7. September war das Schicksal Bulgariens, wie die Entwickelung der Dinge seil jenem Tage bewiesen hat, entschieden, die russische SLuhherr- sckast über Bulgarien war nur durch den freiwilligen Verzicht Rußlands aus seine Machtstellung in diesem Lande oder durch einen Krieg zu Verbindern. Weder ist aber Rußland geneigt, Bulgarien sich selbst zu überlassen, noch haben die «ächst- betbeiligten Mächte England und Oesterreich Ungarin im Bunde mit der Türkei Lust, wegen Bulgariens Rußland dc» Krieg zu erklären, also nehmen die Dmge aus der Balkaiihatbiilsct ungehindert ihren Laus. Mit der neuesten Wendung haben die WiderstandSversnche der bulgarischen Regierung gegen die Ausrichtung der russischen Suprematie in Bulgarien ihr Interesse verloren, den» Widerstand kann nur in dem Falle Mitgesühl erwecken, wenn Aussicht auf Ersolg bestellt. Wenn List mit der Stärke streitet, so ist dem schwächeren Theile der Beistand der öffent liche» Meinung um so sicherer, aber der rohen Gewalt offene» und deshalb nutzlosen Widerstand entgegeiizusetze», ist einfach Thvrheit. Die Redensart von der Bevorzugung deS llnicr- gangeö vor der Unterwerfung bat sür Bulgarien keinen Sinn, weil eS sich durch den Staatsstreich vom 18. September selbst inS Unrecht versetzt bat. Wer sich aus Gesetze bcrusk, muß sie auch achlen, und VaS tbnt der Revolulionair bekanntlich nicht. Die Bewegung im September v. I. ist unter falsche» Voraussetzungen unternommen worden und nimmt dcSbalb einen andercn Verlauf, als die Urheber deS 18. Seplember gehofft haben. Um Bulgarien an da» Ziel seiner Wünsche zu führen, waren zwei Wege möglich: entweder Rußland machte sich zum Träger des bulgarischen E>nheltSgeba»ke»S und stellte sich an die Spitze der Bewegung, oder die bulgarische Einheit wurde von den Gegnern Rußlands wider dessen Willen her gestellt. Weder das Eine, noch daS Andere ist geschehen, also bleibt »ur als Ausweg die Wiederherstellung deS früheren Zustandes übrig. Daß Rußland bei dieser Wendung seinen Einfluß in Bulgarien zu stärken sucht, kann nicht befremden, maS an Rußlands Haltung so verletzt, ist die Unansrichtigkeit seiner bulgarischen Politik. Unter der MaSke des Wohlwollen» sür Bulgarien strebt e» nach der Ausdehnung seiner Macht aus der Balkanbalbinsel. eS will durch Ränke die Verwirk lichung seiner Absichten erreichen, e» soll so scheine», at« ob DaS, waS geschieht, der eigenste Wille des bulgarischen Volkes sei, und als ob die Macht, auf deren Kosten die Ausbreitung des russischen MachtgebieteS erreicht wird, die Türkei, damit vollkommen einverstanden wäre. Die Täuschung, welche die Versicherung deS ungarischen Ministers Tisza in Europa erregt hatte, daß Oesterreich- Ungarns Politik aus die Erhaltung der Selbstständigkeit der Balkanstaaten gerichtet sei, ist ebenso schnell verflogen wie das Echo, welches diese Erklärung in Dartsord erweckt batte. Die Lage ist seitdem in ihr Gegentheil umgeschlagen: die Türkei ist au» ihrer Zurückhaltung hervorgetreten und hat zur allgemeinen Ueberraschung ihr Einverständniß mit Rußland» Politik in Bulgarien erklärt, England läßt Rußland ohne Widerspruch gewähren und ist zufrieden, wenn sich die fernere Entwickelung Bulgarien- ohne den Einmarsch russischer Truppen vollzieht, und Oesterreich-Ungarn läßt DaS. waS es nicht hindern kann, schweigend geschehen. Dieser Verlaus war zwar von Anfang an in Aussicht genommen worden, aber eS waren eben Zwischenfälle eingetreten, welche eine der öffentlichen Meinung in Europa willkommene Aenberung rin zuleiten schienen. Diese Zwilchensälle waren aber nicht von entscheidender Bedeutung, weit sie nicht dem Entschluß ihrer Urheber entsprangen, ihre Wünsche auch mit den Waffen in der Hand zn vertreten. Wegen de« kleinen, kaum sür dir Gesammtentwickelung Europas in Betracht kommende» Bul garien» wäre daS ja ohnebin nicht geschehen, aber Bulgarien ist sür Rußland eine Etappe aus dem Wege nach Konstanti- nopel, und au» diesem Grunde wünschte die öffentliche Mei nung i» Europa, daß Rußland Halt geboten würde. Der Wunsch ist unerfüllt geblieben, und Rußland hat den Vor theil davon. * Leipzig, 84. October 1886. * In der am Donner-tag unter dem Vorsitz de» Slaatl- n.inistcrs EtaatSsecretair deS Innern v. Boetticher ab« gehaltenen Plenarsitzung de« BunveSrath» wurde über die Anrechnung einer längeren al« der gesetzlich Pension-. fähigen Dienstzeit bei Festsetzung de« Ruhegehalt» eine» ReichS- beamten, über eine Ergänzung der Bestimmungen, betreffend die Zulassung der au- dem Dienste der kaiserlichen Marine geschiebenen Maschinisten ,c. al» Maschinisten aus Seeoamps- schissen der Handelsflotte, endlich aus zwei Eingaben wegen Zulassung als Schiffer oder Slcurrmann aus großer Fahrt vezw. zur Prüfung al» Steuermann Beschluß gefaßt. * Tie Reich«tag»wahl in dem we stpreußischen ahtkrei» Graudenz-Straßburg hat ein höchst erfreuliche» Ergebniß gehabt. Der gesammtdeulsche Eanvidat Herr H »brecht (nationaltiberal) ist gewählt und den Polen VaS Mandat entrissen. Die wenigen »och ausstehendea Bezirke werden an dem Resultat, daß Herr Hobreckt mit nahezu lOOO Stimmen Mehrbeil gesiegt hat, nicht» ändern. Der Wahlkreis war bis zum Jahr 138t durch Nationallibcrale (Henning, dann Vieler) vertrete». Bei den Wahlen von l88l und l884 siegten die Polen. In letzterem Jahr waren zwei deutsche Candidaten, ein Natioualliberater. der 5987, und ein Deulschsreist»»iger, der 2336 Stimmen erhielt, ausgestellt. Diesmal vereinigten sich die deutschen Parteien von Anfang an auf einen Candidaten mittlerer Richtung und der Erfolg hat bewiesen, wie richlig diese Taktik in solche» Wahl kreisen ist, >vo die nationalen Gegensätze den AuSscdlag geben. Rur die Parteileitung der deutschen Ultramontanen hatte in bekanntem Patrioti-mus und mit liebevoller Unterstützung der ..Kreuzzeitung" die Mahnung an die deutschen Kalbolikcn er gehen taffen, iür den polnischen Candidaten zu stimmen. Die deiilschen Katholiken haben dieser Mahnung entweder nicht Folge geleistet, oder sie waren nicht stark genug, de» Polen zu», Sieg zu verhelfen. — Ein Wolfs'scheS Telegramm giebt da« Resultat wie solgt an: „Bei der am 20. k. M un 3. Wablkrrise Graudenz-Straßburg sür den verstorbenen Ritter gutsbesitzer von Ly-kowSki statlqebabten RcichStagS-Ersatzwabl erhielt der Staat-minister a. D. Ho brecht (nät.-lib.) 8860, RybinSki (Pole) 7783 Stimmen. 9 Bezirke fehlen noch." * Die Gründung der polnischen RettungSbank findet natürlich die vollste Billigung de» polnischen Presse in Russisch-Polen. Die „Gazela PolSka" in Warschau macht umfassende Reclame für das Unternehme», und erinnert daran, daß in diesem Falle keine Opfer verlangt werden, sondern nur der Kaus von Actien, welche Zinsen (?) tragen werden. „Der Besitz vpn Actien", schreibt das polnische Blatt, „muß Ehren- vstichl für alle Polen sei», welche disponible Capilalien be- 'itzeu und der nationalen Sache nicht gteichgiltig gegenüber- slehe». Wir haben die Hoffnung, daß die Actien'iiald verlaust sein werde» und würden gar nicht erstaunt scin, wenn die Snbscriptio» die Höbe der prvfectirten Anleihe sogar bcdeu tenv »dertreffen sollte. Wie der Petersburger „Kraj" bc richtet, hat ein ungenannter polnischer Besitzer bereits lO.OOO sür den Ankauf von 10 Actien geopfert, dabei aber die Be stimmung getroffen, baß die Actien Eigentbum de» polnischen Unterstlitzuttgrvcreins der studirenben Jugend in Posen sein sollen, so daß also da» eigene Interesse mit einem wohlthä- ligen Zwecke verbunden werden kann." Die „Germania", welche diese Aeußerungen mittheilt, begleitet di selbe» mil Ve- inerkuiigen, die ans volle Billigung eines Unternehmens schließen lassen, daS de» Widerstand gegen die AnSbreilung und Be festigung teS DeutschkbnmS in den polnischen LandeSIHeilen zum Zweck bat. Die Reklame aber, die von allen polen- irellndfichen Blättern sür di« Bank gemacht wird, scheint darauf hmzudeuten, daß die Beteiligung nichl recht vorwärts aeheu will. Und eS sind doch nur 3 Millionen Mark, welche Zinse» (!) tragen sollen! Vielleicht findet sich aber deutsch- ultramo»taneö Capital. * Ucker die Preßprocess« in Bayern wird der „Natioiialzeiliiiig" auS München. 21. October. geschrieben: „Die volim'che Berechtigung und Zweckmäßigkeit der Preß, processe, welche von der Regierung gegen ultramonlane Blätter wegen Perleiimdung des Ministerium» ans Anlaß der Ent- »iülidiguiig König Ludwig'» 11. angestrengt wurden, ist melirseilig Instriltcn morden. Ein erreglcs Dort in stürmisch bewegken Zeiten ist allerdings besser der Vergessenheit zu übergeben; aber in den be- zeichnele» Fällen bandelte es sich nichl darum, iondern um eine ge- ilgsenllich sorlgcseyl ' böswillige und wahrheilsividrige Nuib tzung de« Volke» gegen Regierung-Handlungen. d>e zum Dohle de« Gemeinwesens nothweiidig und eine» unwürdigen Zustand zu bejeitigen bestimm! waren. Die bayeeiichcn Geichworenen sind keineswegs geneigt, der Frei, heit der Presse Fesseln anzulegen: daS habe» sie osl und auch >»>«> mal wieder bewiesen, aber selbst a»s klerikalen zusammengejehte Schwurgerichte konnten nichi freisprechcn, wen» offenkundige Ehrab> schneidereien und Berdüchliqungcn Vorlagen, die keine andere Trieb jeder, al» einen in ieinen Mitteln qewissenlosen Haß gegen ein Mini fternim erkennen ließen, da» seine Pflicht gegen dnS Land gelban hat. Die angeblich Jahre lange Verspätung der Entinündignngs action schruniplt nach alle» klaren und überzeugenden Beweissuh rungen aus einige Wochen zusammen, und diese Verzögerung erklärt und rechtfertigt sich zur Genüge durch die Nolhwendigkeit der vor herigen Erledigung derjenigen staatsrechtlichen Maßregeln, die bei einer so dochveranlwortlichen und schwierigen Actio» unumgänglich waren. Hinterdrein zu behaupte», daß der kranke König schon längst hätte der Regierung entsetzt werden müssen, ist freilich bequem genug; aber vor der Eatastropbe hoben alle die Neunmalweisen, die jetzt mit ihrer überlegenen Einsicht prahlen, auch wenn sie al» Ad- geordnete dazu berechtig» und verpflichtet gewesen waren, kein Sterbenswörtchen darüber sollen lassen. Giebt es ja noch jetzt ultromontane Fanatiker genug, die überhaupt di« Berechtigung de» Vorgehen» gegen den König bestreiten und denselben al» ein un schuldige» Opfer boshafter Gewalt hinstellen möchten. Die Ver- achtung, mit welcher der König nichi allein in den Ausbrüchen seiner Varanöa, sondern selbst in seinen lichten, zurechnungsfähigen Tagen sich über da« Volk aussvrach. hat. so schroff und abschreckend sie auch »nitrat, doch nicht verhindert, über sein Grab hinaus einen fromm- gläubigen Lultu» seiner Person sorlwuchera lassen, der ost an widersinnigen Götzendienst grenzt Die Wahrheit ist bei den Kammer- Verhandlungen im Juni und setzt wieder bei dcn Preßprocefien klar genug herausgetrelea, um allen Fiktionen and Lügea den Boden abzugrabea." * Die Nachricht der „Germania", daß Professor vr. Franz Hetlinger in Würzburg den Cardinal»but erhalten werde, hat viel innere Wahrscheinlichkeit, denn Pro fessor Hetlinger gehört zu den gelehrtesten, sedergewanvtesten und eifrigsten Führern aus klerikaler Seite. Er Halle — so schreibt man der „Schlesischen Zeitung" au» Berlin — zuerst vor säst einem halben Jahrhundert Philosophie „durchaus studir» mit heißem Bemühen", ober weder Hegel noch Schelling, noch Fichte gewährte» ihm rechte Befriedigung. Auch i» den Hörsälen der Theologie fand er anfänglich nicht, wo« er suchte, und io warf er sich aus die orientalische» Sprachen. Durch seinen Lehrer In der Dogmatik, den ipäteren Bischof Georg Anton v. Stadl, fand er dann den Weg »ach Rom in» deutsche Oollsginm «terr.ia'iicnm. Hettinger ha« selbst geschildert, wie sehr man ihn vor dem Wege dorthin gewarnt habe. Man rttth ihm mit dem Ausdruck lebbaster Theilnohme, umzukehren, da nur selten einer über die Alpen zurückgekommrn sei. Ein Laie jedoch, und zwar ein Prosessor der Philosophie, sagte ihm: „Gehen Sie nur; ich bin zwar ein Gegner de» dortigen System», ober sie daben doch ein System, ein Ganze- und aus einem Guß." G rade da» hatte der junge Hettinger gesiiwl, und iein Ausentbal» im Deutschen Lolleg zu Rom und da» System desselben ist stälrr von ihm in seinem zweibändigen Werke: „AuS Wett und Kirche" (Freiburg, Herder, 1885) mit großer Wärme geschildert woroen. Seine wissenschaftlichen Hauptwerke sind: „Die Apologie des Ehnslen- tbums" und ein „Lehrbuch der Fundainental-TIieologie ob r der Apologetik." Ein gewisses Aussehen erregte auch in der Prot stan- tiichen Welt seine vor fünf erschienene kleine Säinsl: die „Kr.sis des Christenthums", in welcher er dein liberalen Prolestaiitisniiis und der Pbilosopbie Hariinann's scharf zu Leibe geht Die EinseitigleN des katholischen Glaubensstreiter» tritt ln der schon erwähnte» Sa»»» »iig von Reisebildern aus Italien, Deutichlund und Frankreich: , Al S Welt und Kirche", in welcher er sich als ein sehr anregend, srisch und geistreich schreibender Fe»illelvi»st elwieseii ha», vielsach zu Tag». Freilich suchte er überall nur nach den Spuren der kaklwliiiyen k.rchc, alle» Groß-, Edle und Menschenwürdige, wo» ihm erscheint, suttit er zu ihr in Beziehung zu setzen. Nach Thüringen ist er gezogen, uni das Leben de» ProtestaniiSmu», der, seine» Erachtens, in der baNer.ichk» Diaspora von den katholischen Elementen zehre, die mehr oder weniger im Volke läge», an der Quelle kennen zu lernen. Die Zeiten deutschen Helden- und Minnegeiange», an welche die Wartburg erinnert, kümmern ihn nicht: alle», wa» er sieht, wird zu eine», Lobgcsang ans die heilige Elisabeth, und beim Anblick der Fresken Cckwind's drängt sich ihm die Frage auf: „War würde Luther sprechen zu all' diesem papistischeu Greuel?" Al» die denkbar schärfsten Gegensätze ericheinen hier „Elisabeth, die au- fürstlicher Ehe ins Kloster, und Luther, der aus dem Kloster in die Ehe trat". — Beim Betreten des Lutbeizinnners sucht er vor allem nach dem berühmte« Tintenkl- x. diesem unwiderleglichen Beweis von Luiher'S krankhaft subjektiver Richtung". Kaum gidrnkt er der großen Thal Luther's, der Bibelübersetzung: und da er sie erwähnt, unterläßt er nicht, zu bemerken, daß l? katholische ihr vorauSgegangen seien und daß man neuerdings uamhaslc Fehler in ihr entdeckt habe und zu beseltigen bestrebt sei. Da» Luther- zimmer, das ihm gegen ein Entgelt an den Führer gezeigt wird, erinnert ihn an die zu einer Lapelle umgewandelte Zelle de» Heilige» JgnatiuS im Prvjoßhause der Jesuitrn in Rom, in der «in Mann wohnte und starb „von wenigsten» gleicher, wenn nicht höherer Energie, von gleich welthistorischer Bedeutung, ober von unendlich reinerem Streben". Auch weiterhin stellt er den „Ignatius, der al» Ritter kam und Mönch wurde, dem Mönch Luther entgegen, der die Rüstung de» Ritter« anzog und da» Ordenskleid von sich warf". Auch Land und Leule geben dem Verfasser fort und fort Anlaß zu Parallelen mit katholischen Ländern «ad katholischen Rationen. Natürlich fällt bei ihm der Vergleich allemal zo Gunsten der katho lischen Seite au». * Die um 17. d. M. stattgefundene Wahl inm lothrin gischen Bezirkstage, während der in Metz ei» alldeutscher Abgeordneter gewählt wurde, bat die Frage der Einführung der deutschen Sprache al» Geschästssprache de» lothringi schen Bezirkstage» wieder auf der Tage«ordn«ng erscheinen lassen. Ein Csrrespondcnt deS .Hamburger Correspondeut" schreibt demselben in dieser Beziehung in den letzten Tagen Folgende»: .ES kann nicht geleugnet werden, daß diese Em- fnbrung zeitgemäß ist und weder an den sprachlichen Verhält nissen de« Bezirke» Lothringen, noch an der mangelhaften Lprachkenntniß der jetzigen Mitglieder de» Bezirkstage» ein Hinderniß finden wird. In Lothringen macht die nur fran zösisch sprechende Bevölkerung blo« 30.37 Proc. der Gesammt- öi-völkrruiiz au«, während 16 38 Proc. dem gemischten und .',3.25 Proc. dem rein deutschen Sprachgebiete angehvren. Von den Mitgliedern de» Bezirkstage« sind jetzt schon zwei Drittel der beulsche» Sprache mächtig. Da» letzte nur fran zösisch sprechende Drillet würde mit wenigen Ausnahmen bald verschwinde», wenn nach Einführung der deutschen prachc als GcschäitSsprache deS Bezirkstages die Bevölkerung cs in ibrem Interesse fände, nur Vertreter zu wählen, welche in deutscher Sprache ihre Wünsche und Bestrebungen ans- cinaiiderzusetze» im Stande wären. ES ist wohl anzunehmen, daß die Regierung sich bald zu diesem Schritte entschließen wird." ^ Die Choleraberichte de» Telegraphen räumen der ungarischen Hauptstadt immer noch den wenig be- neidenSRierthe» Platz an der Spitze der inficirten Slädte unserer südöstlichen Rachbarmonarchie ein, indeß Wien seit teilt neulichen, ebenfalls auS Pest eingeschleppte» Falle keinen weiteren AuSbruch der Seuche zu verzeichnen gebabt bat. Uebrigen» erscheinen auch di« Pcster Ziffern „ur relativ, nicht aber absolut doch, zumal wenn man erwägt, daß- die dortige sanitäre Action b>S aus die jüngste Zeit Mancherlei zu wünschen übrig ließ. In Wiener Blattern werde» dics- bctreffenb Schilderungen veröffentlicht, bei deren Lektüre man sich nur wundern kann, daß Pest von der Epidemie nicht »och weit empfindlicher heimgesuchl wird. Dieser Umstand scheint aber die von unS schon mehrfach gezogene Schluß folgerung zu bestätigen, daß die Cholera mil jedem wei tere» Iadre ihres Verweilen» aus europäischem Boten an Bösartigkeit verliert, anderenfalls sie durch die sani tären Zustände jenseits der Leitha kaum an der E>- langung eines intensiven HöhegradeS behindert weiten wäre. WaS Wien betrisst, so hat der neuliche Cdolerafall de» An stoß zu einer so umjangreichen sanitären Organisation gegeben, daß ein Auftreten der Epidemie in neniienSwertbein Grade al» au-geschlosscn gelten dar«, zumal sie die »»benieitie Eie blirung von AnsteckungSderdeii unmöglich macht Mn Uiizn gänglichmachunq der Wiener Etappe wird aber der W- Nerver breitung der Cholera in nordwestlicher Richtung ein H nderms; bereitet, welches, wenn eS nur vorbält, die Seuche uberbaup" zum Stehen bringen, und diese dann sür Mitteleuropa un schädlich machen könnte, vorausgesetzt, daß nirgends mebr neue sanitäre Unterlassungssünden begangen werken und die schon begangenen sich nicht mehr wiekerbolen. Unter selche» Umständen stände denn auch zu lwsfen, daß den von der preußischen Grenzbebördc getroffene» BorbengniigSinaßregeln die Prüfung aus ihre LeiNungSjähigkeil, i»> In len sie deS Gc- mcinwobl«. erspart bleibt. * Zur Lage in Griechenland schreibt man der „Poli tischen Correlpondenz" a»S Atben, 14. October: Eine interessante Episode über den diesigen Besuch deS Herzog» von Edinburqd verdient noch nnchqetiagen zu werden. Zu dem glänzenden Balls,stc, welches im Palais der diesigen eng- suchen Geiandiichatt zu Ehren der sürsilichen Gäste gegeben wurde, waren zahlreiche Eiulod,ingen aa hervorragende Personen der Aibener Gejellswast erfloffen, welche indessen hiervon nur einen mäßigen Gebrauch machic. Unter Anderin halte auch der griechische Admiral MiltiodeS Kanaris eine solche Einladung erhalten, aber dieselbe nicht nur nicht benutzt, sondern sie geradezu m» dem Bemerken zurückqeschickt, daß er überrascht war, eine solche Ein- ladung zu emvlangen Zum besseren Verständnisse der Sach: muß bemerkt werdev, das; Admiral Kanari- Cvmmandant de» gni-chi-chen Operation» - Gcschwider» war, z» dessen Lahmlegung eben die Ver- Hängung de» Blokadezustande» seiten« der Lignalarmächte de» Ber- liner Vertrage» beschlossen und bewerkstelligt wurde und daß damals
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