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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189007149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900714
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900714
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-07
- Tag1890-07-14
- Monat1890-07
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1890
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Lrfcheimt täglich MH SV, Uhr. Rrö«ti»» »»> LrpedM«» IohauueSgaff« 8. Sprechltuntei drr Ktdsrtio«: vormtttag» 10—12 Uhr. Nachmittag» b—8 Uhr. »er ftzr tzte^»tchftf»l,e»tz« N»««« »eftt»«1n, Lusrr«1r « »,che«ta,e« tzt« » Uhr «eutzWttta«-. ««kenn» nutz Keftt«,e«Mtz tzti '.»Uhr. Zu Lrn ZUialrn ftzr 3ns.-Ln«ah«e: ttt, «Ir»»'» Sertt«. («lfrr» Hetz»), UniversitätSstraße 1, Leut« Lisch«. tzalhariaeastt. 14 pari, und KöuiaSplatz 7, »ur bt» Uhr. Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. ^?1S5. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. Mtetwoeh, de« IS. d. M., wird mit der GaSrohr- legung im Gewaudgätzche« begonnen werden und in unmittelbarem Anschlüsse hieran mit Legung der Rohre im HMhf-rgäßche« und alsdann in der >» Mauazingaff«. Hierauf folgen die Trottoir» und Pflasterungsarbeiten daselbst. In Folge dessen werden vom bezeichneten Tage ab die genannten Straßen bis zur Beendigung der Arbeiten für dra gesainmte« Fährverkehr gesperrt. ^ Leipzig, den 10. Juli 189». Der Rath der Stadt Leivzig. IX. 4582. vr. Georgi. Hennig. Nächtliche Leschästigung von Arbeiterinnen in Fabriken. Mit Rücksicht aus die Verhandlungen über den Gesetzentwurf, die Abänderung der Gewerbeordnung betr., hat das König!. Ministerium des Innern die Handelskammer angewiesen, darüber zu berichten bez. lich gutachtlich zu äußern, in welchen FabrikationSzwcigen ihre« Bezirks dle nächtliche Beschäftigung von Arbeiterinnen bisher üblich war. ferner darüber, ob, bez. für welche Fabrikationszweige Umstände vorliegen, die eine ferner« Zulassung der Nachtarbeit weiblicher Personen über sechzehn Jahren erforderlich machen, und von welchen durch die Rücksicht aus Gesundheit und Sittlichkeit gebotenen Be dingungen die Zulassung etwa abhängig zu machen fern würde. Dieieniaen Arbeitgeber, welche dabei bethetligt sind, werden hier durch ersucht, ihre Angaben und Vorschläge bis zum 15 d. M. schriftlich bet der Kanzlet der Handelskammer, Nene Börse, Treppe X, I., einzureichen. Leipzig, den 7. Juli 1890. Die HanVrlSkammer. A^ Thiem«, stell». Bors, vr. Gensel, S. Histimpf-lil Die zur Herstellung von Ttzaurahrschleutzen in ^ Lud-, Garten- und Seitenstraße (ca. 600 lsd. Meter erforderlichen Arbeite» sollen an «inen Unternehmer in Accord verdungen werdeu. Tie Bedingungen und geichnnuaea füt diese Arbeiten liegen im diesigen Gemeindeamt, Hauptstraße Nr. 4L, au» und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von I .6, welche eventuell in Briefmarken etnzusrndea sind, ent nommen werden. Bezügliche Angebote sind verschlossen und portofrei mit der Ans- schritt „BeschleutzunßSardetten für SchSneseltz" versehen, eben daselbst und zwar bi- zu« 25. diese- Monats, Nachmittags L Uhr einzureichen. Ter Gemeinderath behält sich das Recht vor» simmtliche An gebote abzulehnen. LchöncselV, am 12. Juli 1890. Der Gemetnderath Lorenz. Die Herstellung von Versteinungs-Arbeiten usvursru». mausieemäßigen Ausbau des Schonesrlv- Thrklaer EommunicationswegeS in der Flur Schöneseld und zwar von der Turnerstraße ab bis zur Flurgrenze mit Abtnaun- oors, soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Tie Bedingungen für dies« Arbeiten liegen im Gemeindeamt au» und können daselbst eingesehen, resp. gegen Entrichtung der Gebühren entnommen werden. Bezügliche Angebote sind verschlossen und portofrei, mit ent- sprechender Aufschrift versehen ebendaselbst und zwar bt- z«m 25. diese» Monat», Nachmittags 5 Uhr, rinzureichen. Ter G'meinderath behält sich da- Recht vor, sämmtlich« An gebote abzulehnen. Schöneseld, am 12. Juli 1890. Der Gemeinderath. Lorenz. Die Königliche Laugewerkenschule zu Plauen i. v. eröffnet am S. Oktober ihren 51. Mntercursu». Anmeldungen zu demselben sind bis 2V September zu bewirken. Die Aufzunehmenden muffen ein Alter von 1b Jahren erreicht, 2 Halbjahre praktisch ge- arbeitet und sich in der Volksschule eine gute Vorbildung erworben haben. Schulgeld beträgt jährlich 30 Prospecte kostenfrei durch »te Direktion. Löwe. Leipzig, 14. Juli. * Die „Hamburger Nachrichten" reproduciren den Bericht de- „Frankfurter Journal-" über die Unterredung seine- Herausgebers mit dem Fürsten BiSmarck, aber mit Vor behalt. Manche Gedanken möchten richtig wiedergrgeben sein, abcr nicht alle; jedenfalls sei die Form nicht die, in der sich BiSmarck auSgedrückt. Die „Hamburger Nachrichten" greifen als Beispiele von Ungenauigkeit heraus, waS der Interviewer den Fürsten über die Stellung der Presse 1862 und über die Möglichkeit der Nichtbilligung der kaiserlichen Erlasse durch den StaatSratb sagen laßt. Dem Schreiber des Bericht« müsse die Geschichte der 1862er Zeit völlig unbekannt sein Tantals habe die Presse nicht für den Minister gegen die Sirene Partei genommen, sondern gegen beide, aber noch mekr gegen den Minister als den König. Die Erlaffe vom 1 Februar warru längst publicirt, als der StaatSrath zusam mentrat. Dir „Hamburger Nachrichten" wollen durch diese HerauShcbungen übrigen» nicht den sonstigen Inhalt verist circn. Trotz alledem sei der Bericht nützlich. * Der Bcsitzwechsel bezüglich Helgolands dürfte, wie man der „Weserzritung" mitlheilt, wahrscheinlich bereit- im August vor sich gehen. * Die Behandlung, welche der CultuSminister v. Goßler gegenwärtig in der klerikalen Presse erfährt, ist eine der artige, als ob er der ärgste Feind der katholischen Kirche und da» größte Hinderniß für die völlige Wiederherstellung de- kircklicden Frieden» wäre. Mit Aaren Worten wird Tag für Tag seine Beseitigung verlangt, wenn da» Centrum auch ferner in wichtige» Entscheidunaen die Regierung unterstützen solle Den Ton hierzu Halle Herr Windthorst bereit» in der lebten LandtagSscsston angegeben Diese Agitation gegen einen Minister, der außerordentlich viel zur Versöhnung der katholischen Kirche beigetragen bat und den klerikalen Forderungen weiter entgegrngrkommen ist, als e« vielen Montag den 14. Juli 1890. anderen Leuten zweckmäßig und anaemeffen schien, zeugt von großem Undank. Wir glauben auch allen Gruud zu der An nahme zu baden, daß eia Personenwechsel in der Leitung de« CulkuSministeriumS zur Zeit an maßgebenden Stellen nicht in Frage steht, daß eine principielle »enderuna in unserer Kirchen- und Schulpolitik ganz au-geschloffrn ist und krinen- allS durch gute Dienste de» CentrumS auf auderru politischen Gebieten erkauft werden kann. * Die Forderung der Wiederaufhebung der Er gebnisse des Jahr'» 1866, welche neuerdings von welsischer und hessisch-particularistischcr Seite mit einer bis dahin kaum für möglich gehaltenen Offenheit erhoben wird, findet auch im Fürstenlbum Reuß ältere Linie, wo die nationalen Errungenschaften stets auf besonders hartnäckigen Widerstand gestoßen sind, begeisterten Beifall. InderGreizcr „LandcSzeitung" bespricht Herr Collmann, ein früherer hessischer Geistlicher, jetzt Gcschichtölchrer de- fürstlichen Lehrerseminar- in Greiz, einen Vortrag des hessischen pnblicistischcn Agitator- Marlin über den Untergang der kurbessischenSelbstständiakeit und ereiferte sich ebenfalls für eine endliche Sübne dcS großen Un rechts von l866, das in seinen weiteren Conscquenzen zur Unter grabung aller Ordnung »nd rum Umsturz aller legitimen Fürstcnrechte führen müsse. Dem entgegen zu treten sei besonders die Aufgabe aller Conservativcn in Deutschland. TaS bedrohliche Anwachsen der Socialdemokratie sei eine naturgemäße Folge der Sünden von 1866. „Wie kann mau aus den Sieg des legitimen KönigtbumS hoffen, so lange, der Bruch mit dem LcgitinutätSprincip nicht geheilt ist, über den Niemand mehr triumphirt bat, als die Socialdemo kratie? Die Noth der Zeit enthält eine gewaltige Mah nung an Alle, welche an dem angestammten Fürstenthuin in Deutschland festbattcn und mit ihm da- Wohl de- Vater» landS untrennbar verknüpft sehen: die Mahnung, sich auf die wahrhaft conscrvativen Grundsätze zu besinnen und die Er- keiintniß, daß die Annexionen von 1866 ein ungeheilter Schade im Leibe dcS deutschen Reichs seien, durch die Forderung ihrer Wiedcraushebung, selbstverständlich allein auf gesetzlichem Wege, zu bcthätigen." Nun, in Neuß-Greiz ist die legitime Ordnung doch nicht gestört worden und Niemand hindert das dortige patriarchalische Fürstenregiment, da- volle Maß seiner ÄolkSbcglückung zu spenden. Gleichwohl ge hört aber gerade das Fürstentbum Reuß a. L. zu den festesten Sitzen der Socialdemokratie und ist auch gegenwärtig wieder durch einen Socialdcmokraten im Reichs tag vertreten. Die wahrhaft conscrvativen Grundsätze nach rcußischem Begriff scheinen also auch nicht» zu helfen. Zur Kennzeichnung der Bestrebungen und Anschauungen, die in der gegenwärtigen Zeit und namentlich seit dem Rücktritt de» Fürsten BiSmarck, gegen dessen gewaltige Persönlichkeit die particirlaristiscben ReichSgegncr aus ihren Schlupfwinkeln nicht heraus zu kommen wagte», wieder hervor zu treten wagen, ist aber auch diese Stimme auö Reuß von äntercssc. * AuS Hamburg wird vom 12. Juli geschrieben: Der seit 9 Wochen andauernde Streik der hiesigen Bauhand werker ist trotz des Beschlusses der FachvercinS-BeriainmIiingen, ihre Forderungen falle» zu lassen, noch nicht atS beendigt anzujehe», weil, wie eS heißt, die betreffenden Jnnungsmeister numnehr von den Arbeitern die Unterzeichnung eines Reverses verlange», wvnach sie sich znm Austritt auS den Fachvercinen verpflichten und der Vertreibung socialistischer Schriften entsagen. Es wird darauf hin von Seiten der Fachvereine zur weiteren Unterstützung der Streikenden und zur Abhaltung de« Zuzuges ausgekordert Die Streikenden sollen nachher Versicherung ihres hiesige» Organes enlschiossen sein, den „Kamps sür ihr VereinigungSrccht bis auiS „Acußersie" dmchzuführe», „möge daraus werden, was da wolle." Empfänden, so heißt cS weiter, di« Meister Neigung, „zum Vergnügen der sie anhetzendc» Groß- cavitalistcn sich zu ruinircn, so möchten sie e- thun . Die Arbeiter würden sich nimmermehr ihre Rechte nehmen lassen; mit Hilfe ihrer „Brüder" im In- und AuSlande würden sie den Kamps weiter bestehen, und die zähe Ausdauer werde im „Kampfe um das Siecht" schließlich doch zum „Siege" führen. Wir bezweifeln sehr, daß sich dies« pathetischen Versicherungen erfüllen werden. Hat cS je einen unberechtigten Streik gegeben, so ist es der der hiesigen Bauhandwerker. Abgesehen von der frivolen Veranlassung des AnSstaicheS durch die Arbeiter- deinonstration vom 1. Mai, hatten gerade die Bauhandwerker hier in Hamburg am allerwenigsten Grund, eine Verbesserung ihrer Lage durch AuSstand zu erzwingen. Die hier gezahlten Löhne sind seit Langem derartig hohe, daß sie, selbst wenn man die hiesige thenrere Lebensführung in Betracht zieht, immer »och exorbitant erscheinen gegenüber den im übrigen Deutschland gezahlten. Äehnlich verhält sich die Sache bezüglich der sonstigen Arbeitsbedingungen. Ter hiesige Bnnhandwerkcrstreik charaklcrisirt sich mithin als ein ganz willkürlicher Versuch, den Arbeitgebern Daumschrouben anzusetzen. Keine Noth hat zum Streik getrieben, nur die Sucht, ohne jede Rücksicht aus die Factoren der Preisbildung die Löhne einseitig und willkürlich in die Höhe zu treiben. Dieser Versuch ist mißlungen und er mußte e-, nicht nur weil er innerlich unberechtigt war, sondern weil die Arbeitgeber — und wenn sie noch größeren Schaden davon gehabt hätten — unmöglich nach- geben konnten, ohne die Zukunft aufs Acußerste zu gefährden. Die Shinpathien aller nicht socialdemokratischcn Elemente der Bevöl- kerung stehen ihnen zur Seite; denn bei dem Banivse, den sic kämpfe», handelt eS sich um die Verteidigung der Sache dcS Bürgcr- thums gegen den wüsten TerroriSmuS der socialistischen Arbeiler- masscn schlechthin. * Die conscrvative Parteileitung im Wahlkreise Kaisers lautern-Kirchheimbolanden will ihre Anhänger dazu bewegen, sie) bei der bevorstehenden Rcick-tag-wabl vorab der Stimmabgabe zu enthalten, also nicht für den national- liberalen Bcw-rber einzutreten, um so Vergeltung zu üben für Angriffe, welche von nationalliberaler Seite wider die Conservativcn nach der letzten Wahl geschehen seien Zu diesem bedauert chen Beschluß de» Partei-AuöschusscS dürste sich immerhin die Mehrheit der Conservativcn de- Wahl kreise- bekennen und so den Nationalliberalen gegen hundert Stimmen entgehen, für die Letzteren ein Grund mehr, Alles aufzubieten, um gleich im ersten Wablaang die Mehrheit zu erreichen. Die letzten Wahlen bezifferten an zehntausend nationalliberale Stimmen. AuS den Zahlen der früheren Wahlen dcS Kreise» ist aber unschwer zu erkennen, daß die Partei bei dem Proccntsatz der Säumigen unverhältnißmäßig stark vertreten ist. Die äußerst populäre und nach jeder Be ziehung glückliche Candidatur deS Gutsbesitzers Brunck wird cS wesentlich erleichtern, die beträchtlichen Reserven gleich im ersten Wahlgang heranzuholcn. * Es hat lange gewahrt, eh« die russisch« Presse von der Stellungnahme derPolen im dentschenReichs tage zur Militairvorlage übcrbaupt Notiz nabm oder nehme» durste. Jetzt erst kommt der ofsiciöse „Dncwnil" in Warschau ans dieselbe zu sprechen und bezeichnet sie kurz weg als eine feindliche Stellungnahme gegen Rußland. Laß ie eine solche Spitze hatte, ist allerdings am letzten Donners tag im klerikal-polnischen Organe Posen», dem „Kuryer Pozn", au-gefübrt worden. Wenn diese« Blatt freilich meint, die loyale Haltung der Polen werde nunmehr auch die Auf hellung aller „antipolnischen Gesetze" zur Folge haben, so ist dem zu entgegnen, daß antipolnische Gesetze nicht bestehen, sondern blo» solche, welche die Erhaltung de» uralten Deutsch- tbumS in der Provinz Posen und seine Wiederkräftigung, »weit eS in Folge bekannter Ursachen Rückschritte gemacht hat, bezwecken. Di« cbcncrwäbnten Ursachen dürfen nie wieder ausleben. * Herzog Ernst von Kobnrg-Gotha weilt seit einigen Tagen in .Karlsbad rum Besuche de» Prinzen Ferdi nand, und Karlsbader Berichte bezeichnen wichtige Familien angelegenheiten als Zweck diese- Besticke«. Eö ist nicht da- erste Mal, daß solche Beratlmngen stattsinden, und eS wird nicht zu vermeiden sein, daß die öffentliche Meinung dieselben mit der Stellung dcS Prinzen Ferdinand als Herrscher von Bulgarien i» Zusammenhang bringen werde. Vor einigen Tagen hieß cS »i Berichten auS Pari-, daß die orlcanistischcn Verwandten dcS Prinzen ihn. und zwar ohne Erfolg, in dem Sinne zu beeinflussen suchten, daß er dem Tbroue ent sagen solle. Wiewohl wiederholt versichert worden ist, daß dem Prinzen eine solche Absicht fern liege, wird in fran zösischen und russischen Blättern da- Gerücht von seiner geplanten Abdankung beharrlich weiter verbreitet. Es wird also sicher nicht an Meldungen fehlen, die auch den Besuch de- Herzogs Ernst in Karlsbad mit dieser Frage in Ber- bindung zu bringen suchen werden. Selbstverständlich wird eS nicht gut möglich sei», über die in Karlsbad gepflogenen Besprechungen ciwa- zu erfahren. Allein soweit die Berichte, die uns von verschiedene» Seilen zukommen, reichen, müssen die Gerüchte, daß sich Prinz Ferdinand mit der Absicht trage, auf den bulgarischen Thron zu verzichten, als nur von jenen ausgehend betrachtet werden, die cs eben gern sehen möchten, wenn eine solche Wendung eintrcten würde. * In Frankreich ist man wieder einmal voller Hoff nung, daß cS nun endlich gelingen werde, wenn nickt schon gelungen sei, das so lange ersehnte und erträumte Bündniß mit Rußland zu Stande zu bringen. Hat sich doch jetzt sogar die französische Justiz dazu hergegebcn, dem Zaren einen Beweis sür die Ernstbaftigtcit de« französischen LiebeS- werbeuS zu liefern und seine Zweifel bezüglich der Bündniß- würdigkeit der Republik zu bekämpfen. Daß dicscS der oberste GcsichtSpunct war, welcher das Pariser juchtpolizeigerickt bei der Verurtheilung der sechs russischen Studenten leitete, wird so ziemlich von der gcsammten Pariser Presse unumwunden zugegeben. Nabicalc und socialistische Blätter bezeichnen daö Urtheil geradezu al- cinen ini Interesse der Revanche begangenen Justizmord. Andere Blätter geben zwar nicht so weit, finden abcr doch, daß die Beweise gegen mehrere der Vcrurtheiltcii aus äußerst schwachen Füßen sieben und daß die erkannten Strafen außerordentlich barte seien, daß die Angeklagten jedenfalls, wenn sie Franzosen wären, mit so viel Wochen Gefängniß davongekomme» sein würtcn, wie sic als Russen Jahre davon- getragcn haben. Halte man doch sogar, um ibnen überhaupt den Proccß mache» und die seiner Zeit in Rußland so bitter empfundene Freilassung dcü Nihilisten Hartniann in Vergessen heit bringen zu können, ein längst außer Anwendung ge kommene- Gesetz wieder bcrvorsnchcn müssen lieber die Ge wissensbisse, wclcke hier und da wegen des NibilistcnproceffeS, sei cS vom GesicktSpuncte einer unparteiischen Rechts pflege, sei es von dem der demokratischen Tradi tionen auS rege werden, hilft man sich durch die Erwägung hinweg, welch' höherem Ziele der UrtheilS- spruch zu diene» batte. Einzelne Blätter lassen sich voller Freuden aus Rußland melden, Herr von Gier- habe auf die Nachricht von dem Urthcilc bi» eine lange Depesche an den gegenwärtig an der sinnländischen Küste weilenden Zaren geschickt, die russischen Blätter hätten Extra Ausgaben veranstaltet, überall in dem weiten Rnsscnrcichc hätten sich die Bewohner zu dem in Paris gegen die Feinde des geliebten Selbstherrscher- ergangenen gereckten Richtersprncke beglück wünscht und aus Straßen nnd Plätzen sich unter Freuden thräncn umarmt unk geküßt, kurz und gut, da- Bündniß sei gesichert. Auch die Pariser Börse glaubte da- große Er- cigniß mit einer Hausse der russischen Papiere begrüßen und feiern ru müssen. * An- Pari- wird vom 12. Juli gemeldet: Die Kammer nahm die beiden ersten Artikel der Vorlage, betreffend die dircctcn Steuern, an und vertagte die Fortsetzung aus Dicnütag. Laur wünschte die Regierung über die Erklärung Smith'ö im englischen Unterhause bezüglich de- englisch deutschen Ab kommen- zu iutcrpcllireil. Ribot erklärte, er könne die Inter pellation m dem Wortlaute, wie dieselbe eingcbracht, nicht entgcgennebmcii, da die- den parlamentarischen Gcpsicgen- heitcn zuwiderlaufe; er werde indessen demnächst Aufklärungen geben können. Laur zog die Interpellation zurück, worauf die Sitzung aufgehoben wurde. (Wiederholt.) * Wenn die Aenßcrnngcn einiger liberaler Hauptführer die Ansichten der Partei wiederspiegeln, ist im englisch en Unterhause kein ernstlicher Widerstand von Seiten der Opposition gegen die Abtretung Helgoland- zu befürchten. John Morley beglückwünschte in einer in Durham gehaltenen Rede den Premierminister dazu, dem „Iingolhum" (Bra- marbaS) den Fuß auf den Nacken gesetzt zu haben. Es freue ihn, daß ein Toryministcr jetzt mit einer anderen mach tigen Nation Verbannungen in einem billige» und vernünf tigen Geiste führen könne. Acbnlich äußerte sich Sir William Harcourl. Dieser sprach seine Befriedigung darüber au-, daß Lord Salisbury daö „Iingotbum" ini Sande von Helgo land begraben habe. Im Uebrigcn bedarf cü einer besonderen Beschleunigung der Debatte», wenn bis zur übliche» Ber tagung M'tte August der noch zu erledigende Tbcil de- Bud actS, die LocalbcsteuerungS, die ArbeitcrwobnungS nnd die Velgoland-Bill, welche das übriggebliebcne Pensum der Session bilden, bewältigt werden sollen * Ein Bruder des verstorbenen Major- Barttelot, de- Führer- der Nachhut de- Stanlen'schen Zuge-,Walter G- Barttelot, hat an die „Daily New-" ein Schreiben ge richtet, in welchem er sagt: „Stanley stiebt vor, i» seinem Buche „Im dunkelsten Tyeil Afrika-" einen wahrheitsgetreuen Bencht über die Lage der Nachhut und die Maßnahmen der Ofsiciere derselben zu geben Sobald aber die Tagebücher und Briefschaften Major Barttelot- und Mr Iaineson'- veröffentlicht sind,' wird man sehen, daß Stanley'- Ber- theidigung wegen seines Benehmens der Nachhut gegenüber Lbomiemerrl-prei- vierteljährlich 4»/» Mk. drei, vrinarrlohn 5 Mk., durch di« Post d«t»ge» 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pt- Belegerenrplar 10 Pf. Gebühre» für Extrabeilage, (tu Daaeblatt-Foeinol gesalzt) atz»« Postbetörderung SO Mk. »u Postbefibchen», 70 Mk. IiftrÄe S «spalte« Petit-eile 20 Pf. GeStzer» Schrift« laut »us. PretSver^eichniß. Tabellarisch«». Ztfferusatz »ach höher« Daris. «et» h«,N»d»rtto»SSrich di» 4a«ipalt. A»ü« tzv Pf.» »or de» F a «1 l i» , » a ch r I ch t«a dt» «geipatte»« geil« 40 Pf. Juserut, stud stet« « dt« GphrtzMa« zu send«». — Rabatt wird nicht gegeben.: Zahlung prnooawenuiäo oder durch Post- uachnahm«. 84 Jahrgang. unzureichrod ist. Außerdem ist sie ungenau, irreführend und unedel." * Der London« Telegraph flgnalisirt rme günstigere Wendung de« Eonflict« »u der englischen Postver- iltung: « sieht in Folge de» zwischen dem Generalpost- _ ist« RaikrS und ein« Abordnung der Briefträger zepflogenen Gedankenaustausche» di« Gefahr eine» allgemeinen Briefträgerstreike» für beseitigt an und stützt diese seine Mei nung auf den „günstigen Eindruck", der au- dem Empfange beim Generalpostmeister resultirt sein soll. Wer den günstigen Eindruck davongrtragen, wird nicht hinzuaefüat; nach der Stellungnahme inde-, welche andere Civil-und selbst die Militair- behörden gegenüber den in ihren Ressort» hervorgetretenen Regungen der Unbotmäßiakrit angenommen haben, wird man aus ein ziemlich weit getriroenr- Entgegenkommen de- Chef» der Postvcrwaltung schließen dürfen, immer vorau-gesetzt, daß der Inhalt de» London« Telegramm- dem wirklichen Thatbestande entspricht und nicht von optimistischen Tendenzen dictirt ist. Denn da» ganze Auftreten der Briefträger in den letzten Tagen war kaum danach angethan, der Hoffnung auf alsbaldige Rückkehr zur Besonnenheit und Be- rus-pflicht Vorschub zu leisten. Praktisch bat die Agi- tation unter den Postuntrrbramten denselben Charakter angenommen wie er den MaffrnauSständcn der Lon doner Dock- und GaSarbeiter in ihren letzten Stadien eigen war. E» handelt sich nicht sowohl um die Frage von Gehalt- oder Lohnaufbesserungen, al- vielmehr um den Macht wettstreit zwischen den Arbeitgebern und Trabe-UnionS. Der inanchestcrUche Geist, der da- gesummte öffentliche Leben England- so lange Zeit ausschließlich beberrschte, Kat auch der englischen Staatsverwaltung seinen Stempel ausgedrückt, dergestalt, daß in dem Verhältniß der RessortchcsS zu ihrem Personal weniger die Stellung als Vorgesetzte und Untergebene, sondern als Arbeitgeber und Arbeiter zum Ausdruck kommt. Daher fühlen sich auch die Briefträger so wenig alsStaatöbcamtc nach unseren deutschen Begriffen, daß in ihrer letzten Haupt versammlung in Holborn Town Hall widerspruchslos die Forderung laut werden konnte, der Generalpostmeister solle sich anheischig machen, in allen GchaltS- und sonstigen Streit fragen mit ihrer Trade-Union Raths zu pflegen, d. h. er soll sich der Autorität einer abseits stehenden und gänzlich unverant wortlichen Instanz unterwerfen, welche stet- mit der Drohung bei der Hand ist, den postalischen Corrcspoiidcnzvcrkcbr mir einem Schlag« lahm m legen. Diese Forderung wurde nicht nur widerspruchslos lormulirt, sondern unter allgemeinem Beifall zum Beschluß erhoben und zur Grundlage der dem Generalpostmeister zu unterbreitenden „Friedensvorschläge" gemacht. Ferner trat ein Redner auf, der die Idee, als sei der jetzige Constict blo- auf eine Auseinandersetzung zwischen den Briefträgern und ihrem Chef zugeschnitten, verächtlich zurückwieS; da- möge vielleicht zuerst der Fall gewesen sei», gegenwärtig aber habe sich der Constict, Tank dem Eingreifen der Trade-Union, zu einem „wichtigen Thcil des Programms der Arbeiterbewegung erweitert". Auch dieser Redner erntete stürmischen Beifall. Wie reimt sich mit diesen Tbatsackcu der „angenehme Eindr»ck"zusammcn, den der Empfang der Briefträgerabordnung bei Mr. NaikcS hervorgerusen baden soll ? Liegt er einseitig bei den Briefträgern, so müßte ber Gencralpost- meister vor ihren agitatorischen Forderungen capitulirt bade», WaS schlechtbin auSgeschloffcn ist; siegt der „angenehme Eindruck" beim Chef, so müßten die Briefträger über Nacht vernünftig geworden sein, was nach Lage der Dinge ebenfalls aus- acschloffcn erscheint. So würbe al» dritte- nur der Fall eines EompromisseS übrig bleiben, über dessen Beschaffenheit man einstweilen nicht- Näheres erfährt, da« aber, wen» eö auch nur einen geringen Theil der anmaßlichen Forderungen de« Personals berücksichtigen sollte, verdächtige Aehnlichkeit mit einem sogenannten „faulen Frieden" haben würde, der den Constict nur vertagt, mit dem Ausblick auf eine spätere Wiederkehr unter erschwerenden Umständen. * Der „New Aork-Herald" veröffentlicht Auszüge auS dem diplomatischen'englisch-amerikanischen Briefwechsel in der BehringSmcer-Fischcreifrage, woraus bcrvorgcht, daß beide Regierungen an ihren Meinungen festbieltcn. Die amerikanische behauptete» der srcigcgcbene Robbenfang würde ihre Vertilgung veranlassen, während England eine amtliche Statistik beibrachtr, welche da- Gegentbeil darthut. England schlug im März vor, den ganzen Fifchereistrcit durch ein internationale» Schiedsgericht, bestehend aus englische», amerikanischen und russischen Sachverständigen, entscheiden zu lassen, womit Nordamerika einverstanden ist mit der Be mcrkung, eine andere Lösung sei unerreichbar. Die jetzigen Unterhandlungen betreffen nur noch die Formalitäten des Schiedsgericht». —— Sachse«. * Leipzig, IS. Juli. AuS Cassel liegt folgende Mit- tbeilung vor: Reich-gericht-präsident vr. v. Simson, welcher seit einigen Tagen auf WilhclmShöhe zur Luftcur weilt, hat nunmehr sich für längeren Aufenthalt häu-sich eingerichtet und für die Dauer der Sommerferien eine Billa ans Moulang gemiethet. In Begleitung de- 80jährigen Greise-, der für sein Alter noch sehr rüstig ist, befindet sich dessen Tochter. Der Präsident lebt sehr zuruckgezogen und macht bei günstigem Wetter nur kurze Spaziergänge im Park. X.IVü.Leipzig, 13. Juli. Die juristischen Prüfungen de- lausenden Semester- erreichten gestern Abend ihren Ab schluß. Zu den schriftlichen Prüfungen hatten sich 56 Candi baten gestellt. Die mündlichen Examina machten 53 mit, nachdem ein Candidat vor den mündlichen Prüfungen frei willig zurückgetreten war nnd zweier Candidatcn Arbeiten nicht zu dem erwünschten Ziel geführt hatten „Gut" und „sehr aut" bestanden 22 Candidatcn oder 1l,5 Proccnt. Dies sind dre Censurclaffen II und III. Die vierte Note erhielten 2l Candidatcn oder 39^6 Procent. Ohne Ergebniß blieben die Prüfungen bei 10 Candidatcn oder 18,8 Procent. Tic erste Censnrnote konnte diesmal nicht ertheilt werten („aus gezeichnet bestanden" würde sie ungesäbr in der Nebersetzung lauten). „Sehr gut" wurde 6, „gut" 16 Canditaten zu erkannt (11^ und 30,2 Procent). Die Prüfungen dauerten 18 Tage. * Leipzig» IS. Juli. Die am letztveraangenen Donners tag vom Reichsgericht wegen HochverratheS zu 6 Jahren ZuchtbauS und 6 Iabrcn Verlust der Ehrenrechte verurthestte Aiiarchisti», Frau Reinhold ged. ScklapSky, wurde, dem I Vernehmen nach, gestern in da» Zuchthau- nach Halle ge-
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