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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.08.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-08-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189108230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910823
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910823
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- unvollständig: S. 5402/5403 (2. Beilage) fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-08
- Tag1891-08-23
- Monat1891-08
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.08.1891
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ebrt täglich Dlh 6'/, Uhr Le-action und Lrpeditiou JohanneSgaff« 8. Sprechkunst» -er tirdarlion vormittags 10--12 Uhr. Nachmittag« 5— K Uhr. küidt» RIO»»»« «l»,ki«ii»ree mich» ilch »i, ««».«>»» „»« «r»,E». Aa««h»e »er sßr Utr »Schstsolgende R»»«er »eftt««»eu Jns«r«te an Kechentasr« »t« » Uhr Nachmittaa«, an Lonn-,«» Krfttagr« stütz »iS' ,9 Uhr. In den Filialen für 3ns.-^nnahmr. vtt, Ule««'» Vorti«. cMfrrd bahn), UniversititSstratze 1, Laut» Lösche. Kathariaeastr. 1«, Part, und LöntgSplatz 7, nur bi« '/,< Uhr. Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ^ 235. Sonntag den 23. August 1891. MwnnementspreiS vierteljährlich 4>", Mk. in Alt-Leipzig, i»cl. Bringerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Nr». 20 Pj. Betegeremplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen <in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesürderung 60 Mk., «lt Postbesorderung 70 Mt. Inlerate 6 gespaltene Petitzeile SO Pf. Gröbere Schriften laut aus. Preisverzeichinsc. Tabellarischer u.Zifferajatz nach hüherm Tarik. Urrlamen unter dem Redactionsstrlch die Sgespalt Leite SOPs., vor den Famil tennachrlchtea die 6gespalteue Zeile 40 Pt. Inierate sind stet« an die 8rpc»ttio» za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prusuumernulla oder durch Post« Nachnahme. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lönialichl vegin« e Kunstakademie und Kunkgewerbeschule in Leipzig. ^ -kginn her Studien im Wintersemester 189 l 92 am 1. Oktober 1891. kie Konigl. Kunstakademie und Kunftgrwerbeschnle vermittelt die Ausbildung ihrcr Schüler für das h»esaui»«tgcbiet drr ^ tetchuendr« (arapütschent Künste, sowie für ,'ämmttiche Fachrr des Knnjtgrwcrbcs. »eraetvl»i»1oo «ter Vvrtrüzxe u»«t v«I»mitreu: honeggcr. Aquarellmalerei: Prof. Werner. Decorationsmalerei, X. Fachschule für architektonische Kunstgewrrbe. Architektonische Formenlehre, darstellende Geometrie und Gefaß- lehre, Musterzeichnen. Ornamentlehre, Entwerten und Ausführung selbstständiger kunstgewerblicher Arbeiten: Architekt Schuster. Per spective und Echattenconstruction: Architekt Biehweger. U. Fachschule für Bildhauerei. Ornameutmodelliren, figürliches Modelliren nach dem Leben und Ciseltren von Gußarbeitcn, verbunden mit Ausführung selbstständiger Werke plastischer Kunst und de- Kunstgewerbe-: Pros, zur Strassen, Bildhauer. O. Fachschule für Zeichnen und Malen. Zeichnen nach graphischen Vorlagen: Kupserstecher Prof. Seifert und Prof. Mohn. Zeichnen noch Ghp«, anatomischen Präparaten, Naturadgüsseu und Antiken: Gejchichtsmaler Pros. Wehle und Winterstein. Buchornamentik, Entwerfen selbstständiger Ornamente für künstlerische Buchausstattung, für Diplome, Placate rc.: Prof. Anmeldungen sind in der Zeit vom 21. bi« mit 30. September d. I. in drr Kanzlei der Akademie, mittags von 4—5 Uhr zu bewirken. Leipzig, im August 1891. Irr Direktor: Prof. vr. Ludw. Nieper, Geheimer Hosrath. hromaiologie und landschaftliches Stassagezeichnen: Maler Bourdct. Porzellan, und Glasmalerei: Prof. Hasrlberger. Kupier- und Stahl- slccherei (Radiren): Pros. Seifert. Xylographie: Pros. Berthold. Lithographie: Scheiter. Zeichnen und Malen nach dem lebende» Modell und nach der Natur, llompositionSiibungen für Buch illustration und Aussührung selbstständiger Illustrationen unter Anwendung der für die mechanischen Reproductionsmelhoden erforder lichen Technik: Direktor. Vorträge: Stillchre, Kunstgeschichte und Geschichte der Kunstindustrie: v»c»t. Archäologie: Pros. Vr. Overbeck. Anatomie des Menschen: Pros. 1>r. Altmann. Thierkunde: Pros. I)r. Zürn. Anmerkung: Zu de» Borlrägen de- Herrn Prof. Vr. Overbeck werden auf vorheriges Ansuchen beim Unterzeichneten Direktor der Anstalt, soweit der Platz reicht, auch Hospitanten unentgeltlich zugclassen. Wächterstraße Nr. 11, Nach Lekauntmachung. Nachdem gemäh unserer Bekanntmachung 1c. 3255 vom 20. Juni lausenden Jahres, betr. Feststellung der Fluchtlinien der Strasse „An der Rietzschke" in Leipzig-Reudnitz aus deren Aucdehnung von der Kirchstrabe bis zur Lilienstraße, der Plan DLV Nr. 4865 HX Nr. 5509 vorschrislSmäbig und zwar vom 25. Juni bis einschlieblich 23. Juli lausenden Jahres ausgelegen hat, ein gegen diesen Plan erhobener Widerspruch zurückgezogen und weitere Widersprüche innerhalb der genannten Frist nicht angemeldet worden sind, so gilt dieser Plan nunmehr aus Grund 8. 22 des Regulativs, die neuen städtischen Aubaue und die Reguiiruaa der Straßen betr., als sestgestellt. Leipzig, de» IS. August 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. l>r. Redlich. Ltklnintmachung. Da unsere Stcueruuterlagcn zum weit überwiegenden Theile aus den Angaben drr Einkommensteuer-Haus listen beruhen, welche nur die Wohnung Nachweisen» die der Betreffende im Monat Oktober be« vorhergehenden Jahre- inne gehabt hat, erfordert es oft viel Zeit und Mühe, zunächst diese frühere Wohnung sestzustellen, um den Betreffenden in den Steuerunterlagen aufzuslnden. Im eigenen Interesse des Publicums und im Interesse einer schleunigen Geschästscrledigung sprechen wir daher die Bitte aus: »atz «in Jeder auf den vingabe» an das Ltadt- Lteneramt oder a» das BcUstreckmigSamt (dafern sie Ltrucrangelrgcnhcite» betreffen» nufter feiner augrn- bttcktichen Wohnung auch noch die Wohnung an geben möge, die er in drr Mitte des letzt- »erflassenen Oktober tnne gehabt hat. Leipzig, den 14. August 1891. Der Rath drr Stadt Leipzig. 1»r. Lröndlin. Frenzel. Wohnungs-Vermielhung. Im früheren RathhauSgrundstück in Leipzig - Plagwitz ist «ine im III. Obergeschoft nach der Kurzen Strafte heraus ge- Iwme, aus 6 Zimmern und sonstigem Zubehür bestehende Wohnung von jetzt oder von einem späteren Zeitpunct an gegen ciuhalbjührige Kündigung anderweit zu vermiethen. Miethgesuche werden aus dem hiesigen Rathhause, I. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, entgeaengenommen. Leipzig, den 14. August 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. n. Krumk l». 3689. vr. Tröndlir umbiegel. Lekamltmachung. Die Lieferung verschiedener Utensilien von Blech. Eisen (Bett- stellea re.), Fayence, Blas, Holz (Tischler- und Böttcherarbelten) rc., iowie von Rouleaur und Feuerlöschgeräthe im Gesammtwerthe von wwesähr 1000 Xt soll unter den hier zur Einsicht und Unterschrift anliegenden Bedingungen in Submission vergeben werden. Bcr- schloffme. mit der Aufschrift „Submission aus Lieferung von Uten- silien" versehene Offerten sind bi- zum Eröffnungstermin«, den öl. d. iv., Vorm. 10 Uhr portofrei hierher «inzujendeu. Leipzig, h«o 20. August 1891. Königlich,» «arnis-nlazareth. kittergulsoerkauf. Da- zum N»chlaffe des verstorbenen Rittergutsbesitzer- Karl Theodor Lehman» auf Trebsen gehörige Rittergut Drebsen nrdst den Vorwerken Rathersdorf und Reuweihenborn. jedoch ausschließlich de» dazu gehörigen sogenannten Wassermühle und drr in Flur Trebs«, gelegenen Parcelle 192 de- Flurbuchs mlt einem Gesammlslächcnnhall von circa 1780 Ackern oder 982 Hektar, soll einschließlich de- '«benden und tobten Inventars und der Borräthe, aber mit AuSschllff, der im Herrenhause befindlichen Mobilien, der Kutschpferd« und K-»tschwagen, freihändig verkauft werden. Die dazu gehörigen Gebäck»« sind mit 845 100 in der Landerimmobiliarbrandversicherung v«-sichert. Die anshaftenden Hvvothekrn können vom Käufer mit übernommen werden. Zur näheren AurkunftSertheilung über die Lage, Beschaffenheit der Grundstücke, der Gute und Ertrag-fähtgkeit »e« Boden« sind Herr Rechtsanwalt vr. Georg Sormanu in Leipzig und Herr Privat mann Paul Schneider in Werinsdorf in Sachsen bereit, auch können die Grundstücke jederzeit besichtigt werden. KausSanaeboten mit Angabe de- in Aussicht gestellten Kaust Preises, welche an da« Unterzeichnete königliche Amtsgericht zu richten sind, wird entgegengesehen. Grimma, am 14. August 1891. Köntgiiche» Amtsgericht. I. Müller, «ff. Köhler, L^S. Vas europäische Gleichgewicht. t Zeit, al Zustande bestanden, Da« europäische Gleichgewicht hat zu der Zeit, al- zur Bezeichnung de» in Europa bestehenden Zustande« am meisten angewendrt wurde, am wenigsten bestanden, man verstand darunter da» Uebergewicht Frankreich» und dir Ohnmacht Deutschland». Al« man anfing, von der Störung de» europäischen Gleichgewicht« zu reden, da be gann sich eia Zustand aufzurichten, welcher diesem Gleich- gewicht nahe kam. Nach französischer Auffassung war da« europäisch« Gleichgewicht fest begründet zur Zeit Ludwig « Llv. and Napoleon'« l, d«u damals stauh ^ Frank- reich in der Hauptsache frei, dem übrige» Europa die Stellung anzuweisen, welche den Interessen Frankreich» am besten zu entsprechen schien. Die italienische und die deutsche EinbeitS bcwegung baden taö europäische Gleichgewicht im französischen Sinne gestört und der Krieg de- Jahre- 1870 war dazu bestimmt, daS gestörte Gleichgewicht wieder herzustcllen. Bekanntlich wurde dieser Zweck nicht erreicht, vielmehr wurde die deutsche Einheit durch den Beitritt Süddeutsch» landS zum Norddeutschen Bunde zur Thatsache und Frank reich wurde seine- leitenden Einflusses auf die Geschicke Europa- entkleidet. Rußland hat niemals Werth auf da- sogenannte euro päische Gleichgewicht gelegt, ihm ist eS immer nur darum zu thun gewesen, den Listen Europa- mit Nord- und Mittel asien zu einer zusammcnbängcnden Masse zu vereinigen und dadurch die russische Weltmacht anzubahncn. Sonderbarer weise taucht aber jetzt das Wort vom europäischen Gleichgewicht von Neuem als Schlagwort aus. nach dem sich ein herzliches Einvernehmen zwischen Rußland und Frankreich gestaltet hat. Wen» das Wort vom eure fischen Gleichgewicht jemals einen tbatsächlichen Hinter rund gehabt hat, so war eS zu der Zeit, in welcher der Dreibund die kriegerischen Leidenschaften in Schranken hielt. Diese Zeit ist auch jetzt noch nicht abgeschlossen, aber seit der Eriieucnlna des Dreibünde- vor einigen Monaten ist die wlilische Lage verändert, weil Rußland und Frankreich in Holge davon da- Bedürfniß eines festeren gegenseitigen An chluffes empfunden und diesem Bedürfniß durch den Besuch des französischen Geschwader- in Kronstadt Ausdruck gegeben haben. Nach der Auffassung der Franzosen ist dadurch da durch den Dreibund gestörte europäische Gleichgewicht wieder aufgcrichtet worden, weil sich annähernd gleiche militairische Machtmittel gegenüberstcbcn. ES ist eine seltsame Auffassung deS europäischen Gleich gewichteS, welche darauf begründet ist, daß die »ach Berände rung deS bestellenden ZnstandcS begierige» Kräfte wieder mehr Bewegungsfreiheit erlangen, daß also eine Störung deS europäischen Gleichgewichtes wieder in größere Nähe erückt ist. Als Niemand daran dachte, den bestehenden Zustand zu verändern, am allerwenigsten diejenige Macht, welche nach französischer Auffassung dazu am besten be ähigt gewesen wäre, Deutschland, da war daS Wort europäische- Gleichgewicht" außer Uebung gekommen. Es wurde zwar Deutschland die Absicht untergeichobcn, Frank reich durch einen zweiten Krieg noch mehr zu schwächen und zu einer Macht zweiten Ranges hcrabzudrücken, aber als diese Befürchtung sich als grundlos erwiesen batte, strengte man trotzdem alle Kräfte an, um Frankreich angeblich in BertbeidigungSzustand zu versetzen, in Wahr heit, um Deutschland zu immer gewaltigeren Rüstungen zu treiben, die es wirthschaftlich zu Grunde richten sollten. Nach dem russisch-türkischen Kriege deS IabreS 1878 trat ein neuer Gesichtspunkt in die internationale Politik Europa- ein, und das war die Unzufriedenbeit Rußlands mit dem Ergebniß deS Krieges. AuS dieser Unzufriedenbeit ent wickelte sich ein unerquickliches Berhältniß zwischen Rußland und Deutschland, welche- im Iabre 1879 daS Bündniß zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn herbcifübrte, und aus dieser Zeit rühren die ersten versuche einer An Näherung zwischen Rußland und Frankreich her. Es kam »nächst die Empfindung zur Geltung, daß zwischen beiden Nächten eine Interessengemeinschaft bestehe, und die Ur sache, welche die beiden Mächte zusammensübrte, war die Unzufriedenheit mit den bestehenden Besitzvcrhältniffen. Ruß land war verstimmt darüber, daß ihm in Berlin die in San Stefano getroffenen Vereinbarungen verändert und die Errungenschaften deS Kriege- verkürzt worden waren, eS schob aber grundlos die Schuld dieser Enttäuschung auf Deutsch land, während sie lediglich auf Seiten Rußland- zu suchen war, welches die Widerstandskraft drr Türkei unterschätzt und die öffentliche Meinung Europas unrichtig bcurtbeill batte, ohne diese Schwierigkeiten durch seine militairische» Machtmittel auSgleickcn zu können. So kam allmälig zwischen Frankreich und Rußland ein Verhältniß zu Stande, welches die übrigen europäischen Mächte zur Abwehr nöthigte. Tie Folge dieser Bestrebungen war der Anschluß Italien» an den deutsch-österreichischen Bund, worau» der Dreibund hervorging eine Veränderung der internationalen Lage, welche Frankreich und Rußland zu verdoppelten Anstrengungen in militairischer Beziehung veranlaßte. Wahrend drr letzten Jahre haben Rußland und Frankreich ihre Rüstungen zum Abschluß oder doch zu der Höhe gebracht, die kaum noch überschritten werden kann, und nun kam der Zeitpunct, in welchem der Dreibund erneuert werden sollte Frankreich hoffte, daß e- ihm gelingen würde, diese Erneuerung zu Verbindern, mindesten- Italien dem Bunde entfremden zu können. Diese Hoffnung ist unerfüllt geblieben, vielmehr »st der Dreibund in seiner heutigen Gestalt ein fester ge schlosst««» Ganz«» al« früher. Es ist da» «ine Folg« d«r veränderten Verhältnisse, welche das Zusam. icngehörige fester aneinander gefügt, die aber auch die Gegner des Buntes zur schärferen Betonung ihrer Interessengemeinschaft ge- nöthigt haben. DaS sogenannte europäische Gleichgewicht hat niemals bestanden und kann deSbalb auch niemals zu neuer Geltung gebracht werden, das Wiederaufleben dieser diplomatische» Redensart ist nur ein Zeichen, daß die Gegner deS besiegen den Zustandes in Europa sich wieder zu fühlen beginnen und daß sie den Zeitpunct nahe glauben, an welchem er verändert werden kann. Die Kräfte, welche einander im Falle eines Krieges gegenübersteben, sind ebeiiso groß wie ungleich trotz der annähernd gleichen Zahl der Streiter, welche der Drei bund und der Zweibund einander gegenUberstcllen können. ES kommt auch noch die Ungewißheit über daS hinzu, was England am Tage der Entscheidung tbnn wird und diese fällt wegen der Machtmittel, über welche England zur See verfügt, schwer ins Gewicht. Man zählt jetzt mit großem Eifer die Streitkräfte, welche der Dreibund und welche Rußland und Frankreich ins Feld stellen können, man vergißt aber dabei die Eigenart der verschiedenen Truppcnkörper und den Geist, von welchem sie beseelt sind. Begeisterung und Fanatismus sind sehr ver schiedene Kräfte, und bewußte Kraft, die mit systematischer Ausbildung zusammentrifft, ist doch sicher eine ganz andere und gefährlichere Macht, als ein vom Despotismus oder von Selbstüberschätzung zusaminengehaltencS Heer. Die lebens fähigen Bestandtbeile Europa- werden und müssen über die kranken und moralisch nnterwertbigen Elemente die Oberband bedaltcn, und nur, wenn eS gelingt, den ungleichen Kampf zwischen Beiden zu verhindern, kann von einem europäischen Gleichgewicht die Rede sein. Die freie und friedliche Ent saltung aller der Kräfte, über welche die Bildung und Gesittung unserer Zeit verfügt, ist daS beste und schönste Ziel, auf welches wir kinarbcitcn können; daS kann aber nur erreicht werden, wenn die Lehre vom europäischen Gleich gewicht als überwundener Standpunct anerkannt wird. * Leipzig, 23. August. * Die officielle Liste der zu den Kaisermanövern in Erfurt eintrefsendcn Fürstlichkeiten liegt nun vor. Da nach versammeln fick in Erfurt die Großberzöge von Hessen und von Sachsen-Weimar, die Prinzen Heinrich und Albrecht von Preußen, der Prinz Alfred von Großbritannien, Prinz Leopold von Bayern, Prinz Georg von Sachsen und Prinz Ferdinand von Rumänien, der Herzog von Sachsen-Allcn- burg, der Erbgroßkerzog von Sachsen-Weimar, Fürst Reuß >. L. und Prinz Heinrich von Hessen. Ferner sind Gäste des Kaisers Generalfeldinarfchall Graf Blumemhal. Graf v. Waldersee, die Generaladjutantcn v. Versen u. v. Wittich ic. Die Könige von Sachsen und Rumänien kommen dem nach nicht. * Verschiedene Berliner Blätter schreiben: Gleich nach dem Aufenthalte unseres Kaiserhaares in Amsterdam und auch jetzt tauchte wieder die Nachricht aus, daß die KLnigin-Regcntin der Niederlande mit ihrer jungen Tochter, der Königin Wilhclminc, den Besuch im Lause deS September erwidern und nach Berlin kommen wolle. An sonst wohl- unterrichteter Stelle ist von diesem dem Kaiserpaare zuge dachte» Besuche zur Zeit nicht- bekannt, auch wird betont, daß die Nachricht wenig Wahrscheinlichkeit für sich habe. Zunächst halten die Manöver in Oesterreich, in Bayern, in Hessen Nassau »nd in der Provinz Sachsen den Kaiser die ersten Zweidrittcl deS September von Berlin fern. In den Niederlanden tritt nach altem Brauch am dritten Sonntage deö September die zweite Kammer zusammen. E» ist im hohen Grade wahr scheinlich, daß die Königin-Regentin den EröffnungSact per sönlich vollzieht, da sic hierbei zum ersten Male, seitdem sie für ibre Tochter die Regentschaft führt, der Volksvertretung geacnübertritt. Endlich ist durch den soeben eingetretenci, Dlinisterwcchsel in den Niederlanden dort die Lage eine völlig neue geworden» welche bis auf Weiteres den Aufenthalt der Königin im Lande erfordert. Von einem Kaufmann an der deutschen Ostgrenze erhält die „Nordd. Allg. Ztg." folgende telegraphische Mittheilung: In Ostpreußen ist die Roggcnern tc vollständig, die Gcrste- und Weizcneri'tc zur Hälfte geborgen. Die russische Roggenausfuhr ist kolossal, alle Häfen laden, was immer bewältigt werden kann, und unsere Grenzstationen sind mit den angesammelten RoggenwaggonS überfüllt. In Wir ballen allein sind gestern 3—400 Waggons eingetrosfcn und warten auf deutsche Wagen zur losen Schüttung und Ucbcrfüh rung nach Deutschland. Bis zum 27. d. M. werden Eydtkuhncn allein sicher l000 Waggon- passircn. DicRoggcnpreise in Kowno sind von 135 auf 95/lüO Kopeken per Pud gesunken.— Eine demselben Blatt zugehende Warschauer telegraphische Privatmeldung besagt: „In sämmtlichen Gouvernement- Polen- werden umfangreiche Noggcnankäufe zum sofortigen Bahnversandt nach Preußen gemacht. Man berechnet daS Gcsammtquantum, welches bis 27. August zur Verladung gelangt, aus mindestens 30 600 Tonnen. In hiesigen kauf männischen Kreisen herrscht allgemein die Ueberzeugung, daß das Ausfuhrverbot »n spätestens drei Monate« aufgehoben wird. Die Ernte in Polen ist gut." * Die „Nationalliberale Correspondenz" schreibt: Kein Ding ist so schlecht, daß eS nicht auch seine gute Seite hätte AuS den schlimmen Ernte-Erfahrungen dieses Jahres werden hoffentlich heilsame Lehren gezogen werden. Zu nächst ist der landläufige Glaubenssatz, daß ein bis an die HungerSnoth reichender Mangel an Brodfrüchten in unserem Zeitalter gar nicht mehr möglich sei, bedenklich erschüttert Man hatte sich gewöhnt, Rußland wie eine geradezu unver siegbare KornqucUe zu betrachten; daß da« ungebeure Nachbar reich jemals gleichzeitig mit uns von einer vollständigen Miß ernte heimgesucht werden sollte, schien so gut wie ausgeschlossen. Heute sind wir eine- Besseren belehrt. Und wer garantirt uns, daß nicht ein andere« Mal gleichzeitig mit der unsrigcn auch die andere Hälfte des Erdball- von der Ungunst de» Himmel« betroffen werden könnte? Derartigen Möglichkeiten gegenüber bat die moderne WirlbschaftSpolitik unverkennbar eine unter Umständen nicht ungefährliche Lücke. E« wird Gegenstand ernstester Erwägung sein müssen, wie sich die VolkS- ernäbrung wirksamer als in den bisherigen Formen de» Getrridehandel» sichern läßt. Vor Allem aber haben wir gelernt, wie leicht da» „sich auf Andere verlassen", wie e- unsere extremen Freihändler predigen, sein Ende findet. Gewiß werden Wir in Jahr«» wi« dem gegenwärtigen schwerlich jemat» im Stande sein, unfern vollen Brodgetreidebedarf lediglich durch unsere eigene Production zu decken. Aber die Weise, wir uns die mit Sicherheit in Aussicht genommene russische Zu fuhr plötzlich abgcschnitten worden, zeigt uns die Nothwendig- kcit, unsere eigene Leistungsfähigkeit blS zum höchst möglichen Grade zu steigern. Es ist ein schlechter Trost, wenn man uns sagt, daß Rußland daS Ausfuhrverbot gar nicht aus wirth- schastlichcr Nolh, sondern lediglich auS politischen Gründen verhängt habe. Wäre dem so, was wir zwar nicht glauben, so würde u»S damit erst recht die Aufgabe ge wiesen, uns im Interesse unserer nationalen Unabhängigkeit möglichst aus unsere eigenen Füße zu stellen. Weit entfernt also, daß der gegenwärtige Zustand die Schädlichkeit be sonderer staatlicher Schutzmaßregeln für daS Gedeihen unserer Landwirthschast darthuu sollte, beweist er vielmehr deren Uncrläßlichkeit. Nur darüber, welcher Weg am zweckmäßigste» cinzuschlagen sei, wird sich streiten lassen. Mit der gesteigerten Werchschätzung unserer eigenen Production aber wird eine csteigerte Sorgfalt in der Behandlung derselben Hand in )and gehe» müssen. Sollte dem Fatalismus, mit welchem der Laiidwirch dem Wetter gcgenübersteht, nicht doch in etwa« abrubetsen sein? Gegen die Unbilden deS Winters, unter welchen unsere Production in diesem Jahre so schwer gelitten hat, wird sich ja kaum etwas auSrichtcn lassen; doch wird zu untersuchen sein, ob man nicht zweckmäßiger i» größere»! Umfange zum Anbau von Sommergetreide überzligehen habe. Zum mindesten aber sollte endlich ein mal ernstlich nach Mitteln gesucht werden, welche eS verhüten» daß eine gute reife Ernte durch anhaltende Nässe verdorben wird. Die Idee, große Schuppen zu bauen, in welchen da» Getreide mittelst Luftzugs getrocknet würde, ist nicht neu. Sollte der gewöhnliche Luftzug nicht auSreichen, so würde an erhitzte Lust gedacht werden müssen. Tic Kosten der Anlage, sollten wir meine», würden sich bei so hohen Getreide- greisen schon verlohnen. Ehedem besaß jede Dorfgemeinde öffentliche Anstalten zum Flachsdörren. Sollte man nicht ähnliche Opfer bringen können, um ganze Getreideernten zu retten ? Wir wollen boffen, daß die bitteren Erfahrungen dieses Sommers zum Nachdenken über diese Frage anregen, und daß dieselbe später, unter günstigen Umstanden, nicht alsbald wieder vergessen wird. * Im ReichStagSwahlkrcis Stolp-Lauenburg ist Herr von Ham in erstein — nicht ausgestellt worden. Die „Krcuzzeitung" selbst muß sich heute m einer Meldung au« Stolp dahin belehren lassen, daß man auf seine Eandidatur verzichtete, „weil die Majorität für ihn im Wahlkreis« als keine sichere erscheint". Nachdem Herr von Puttkamer die Wiedcrbewerbung abgelchnt, hat die Generalversammlung de» confervativcn WahlvercinS iin Kreise am 20. d. MtS. einen Herrn v. d. Osten-Zannewitz als Eandidaten bestimmt. Wie wir hören, hat übrigen- die eigentliche Wahlarbcit im Kreist bei allen Parteien noch nicht begonnen, da man vorauSsetzt, daß die Wabl erst nach beendeter Ernte anbcraumt werden wird. * AuS Cassel wird unSgeschrieben: InHannoversch- Münden, i» der Nähe von Cassel, treibt der Particulari«- muö noch sein Unwesen DaS kleine herrlich gelegene Städtchen gehörte früher zum Königreich Hannover, und eS bestehen dort nicht weniger als drei Wclfenvereinc, welche dir Namen „Gesangverein Zung-Hannover", „Club Mündcnsia" und „Club zur fröhlichen Wiederkehr" tragen. Die Leutchen müsse» die Sache aber wohl etwas zu bunt getrieben haben, denn die Polizei hat jetzt die drei Vereine auf Grund der Verordnung vom 11. März 1850 (H. 8), betreffend das Ver- einSrccht u. s. w., geschloffen und sich noch daS gesetzlich ein zuleitende Strafverfahren gegen die Betheiligtcn Vorbehalten. * Der Großherzog von Baden ist, von Metz kommend, am 2t. August in Straßburg ringetroffen. Um 6»/, Uhr begab sich der Großhcrzog zum Besuch der Gewerblichen Maschiiicn-AuSstellung, Wo derselbe l^/. Stunden verweilte, hieraus nahm der Großhcrzog an dem Festmahl im Osficier- ^asino Thcil. Am Abend war zu Ehren deö Großberzog« großer Zapfenstreich. Am nächsten Vormittag sollte^ Parade deS 126. Württembcrgischen Regiment», Großherzog ist, stattfinden. dessen Chef der * AuS Prag wird gemeldet: Der Ausschuß der czechischen Ausstellung erließ eine Mahnung gegen daS Absingen unpatriotischer Lieder in der Aus stellung und drohte Verfügungen dagegen an. Den Anlaß zu diesem Vorgehen deS Ausschusses gaben ruffensrcundliche Zdundgebungen während der Geburtstagsfeier für Kaiser ^ranz Josef. U. A. wurde bei der Feier ein altes czechischeS Irutzlicd mit einer neu untergelegten Strophe gesungen, mit etwa folgendem Inhalt: Wenn eö auch noch so viele Deutsche gäbe als Teufel in der Hölle, Wir fürchten unS nicht, denn Rußland ist mit unS, Wer gegen uns ist, den wird der Franzose vernichten. * In Kopenhagen empfing der König den französischen Gesandten Grafen d'Aunay, welcher ein eigenhändiges Schreiben deS Präsidenten Carnot, sowie daS Großkrcuz deö Ordens der Ehrenlegion für den Prinzen Christian, ältesten Sohn des Kronprinzen, überreichte. * Wir haben wiederholt Anlaß gehabt, auf die in Nor wegen bestehende Bewegung zu Gunsten einer weiteren Aus dehnung der bisherigen Selbstständigkeit de« Königreichs binzuweiscn. Dieses Bestreben hat nunmehr» einer Stock holmer Mittheilung zufolge, einen neuen unzweideutigen Ausdruck in einer vielbemerkten Rede de» norwegischen Minister-Präsidenten und Finanzministers, Herrn Steen, gesunden. Der Minister-Präsident betonte, daß Norwegen, obgleich rin selbstständiger Staat, gegenwärtig keinerlei Ge währ dafür besitze, daß die auswärtige Politik deS König- Oskar II. im Sinne der norwegischen Interessen und Be strebungen geführt Werve. Diese Gewähr müsse aber dem Lande geboten werden, und zwar durch die Errichtung eine« besonderen Ministerium« de- Aeußern für Norwegen. DaS Land werbe für diese durchaus gerechte Forderung unablässig mit Entschiedenheit eintreteu. * AuS Turin wird vom 2l. August gemeldet: Der König, welcher in Begleitung de« Grasen von Turin und de- KriegSniinisterS beule früh in Perero bei Pinerolo von hier eingetroffen war, und, von der Bevölkerung warm be grüßt, den Uebungen von sieben Bataillonen Alvcntrupzwa und drei GebirgSbalterirn in drr Nähe ^oon Perero be^e- wobnt batte, beabsichtigt, präfidrnt e, ^evirasvanerien in rer vcaye von vercro oe^e- batte, kcbrte gegen Mittaa nach Perero zurück und tigt, Abend« hurher zurückzureisen. — Der Miuistrv» >t di Rudi», ist nach P«»oot »d-«r«ist, um mit
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