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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.09.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910921025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891092102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891092102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-09
- Tag1891-09-21
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Knapp vor Beginn der neuen Landlagssession ist der bayerischen Regierung insondcrS dem neuen Kultusminister daS Ultimatum der bayerischen CentrumSpartei bekanutgeaeben worden, von dessen Annahme bezw. Erfüllung oder Ablehnung der klerikalen Forderungen die Haltung der Kammermchrheit im Landtage, also Krieg oder Frieden, abhängig gemacht ist. Für die Behauptung, daß der ultramontane Besitzhunger unersättlich ist, liescrt dieses Ultimatum einen neue», hochinteressanten Beweis. Täglich bietet dasselbe eine seltene Gelegenheit, zn scheu, was man einer Negierung zu bieten wagt im Gefühle eines KammerübcrgewichleS von ganzen zwei Stimme». So lange Herr von Lutz Minister war, hat seihst der grimmigste klerikale Kampshahn eine solche Sprache nicht geführt, aber den neuen CnltuSminister erklärt man für ein „weißes Blatt" und fürchtet ihn als Neuling im Amte und Parlamente einstweilen noch nicht. DaS Ultimatum, von dem Kampf oder Frieden auf inner bayerisch politischen! Gebiete abhängt, trägt die Ucbcrschrift: „Was wir wollen" und verlangt, daß der neue Cultiis- minister den verstorbenen alten als „VerfaffungS-Vcrletzer" brandmarkt und den Stein deS Anstoßes seit 18 Jahren beseitige, nämlich die Lutzeanische Entschließung vom 23. November 1873 aufhebe, durch welche ausgesprochen war, daß von nun an die Bestimmungen der II. VcrfassungS- bcilage und die auf Grund derselben erlassenen Verordnungen und Instructionen ohne Rücksicht ans daS Concordal als alleinige Norm angesehen werden müßten. Der gcsammte klerikale Haß concenlrirt sich auf diese Entschließung und seit 18 Jahren wird sie fanatisch bekämpft. Jetzt wirb die Be seitigung mit einem Ultimatum verlangt, zugleich aber, und daS ist da» Interessante an der Sache, der Wcg^ angegeben, wie ohne von den Ultramontanen perhorrrscirte Verfassungs änderung dies geschehen kann. Die königliche Entschließung vom 8.April 1852, worin KönigMaxll. verfügte, daßbeiAuölegung und Anwendung mehrdeutiger und zweifelhafter Natur der II. Ver- faffungSbcilage jene Interpretation anzunehmen sei, welche mit den Bestimmungen deS Eoncordatcs übereinstimmend ist oder sich denselben nähert, soll vom neuen EiiltuSministcr im Verwaltungswege wieder in Kraft gesetzt werden und damit daS ganze Concordat für Bayern wieder in Wirksamkeit treten! Der Minister könne dies, indem er einfach die Ministerial-Entschließung vom 23. November 1873 ausbebe, die ohnehin eine VcrfassnngSvcrletzung involvire! Das wagt man im klerikalen Uebcrmuth von der bayerischen Regierung zu fordern! Zwanzig Jahre prallte jedwede Agitation zur Erreichung diese« ultramontanen Zieles an der bayerischen Regierung ab, zwanzig Jahre der heftigsten Kämpfe, in denen der gemäßigte Liberalismus der bayerische» Regierung Sieger blieb. Wird die Regierung jetzt nachgeben? Unmöglich, sic müßte de» Anspruch einer Continuität der Staatsverwaltung fallen lassen, sie müßte beute das gut- heißen, was sie 18 Jahre lang verdammte. Bleibt aber das alte bewährte System in Äayern, dann wird Krieg die Losung sein und wir erleben neue Placctstürnie in der Kammer, Bcschneidungrn des Etats, Eidverweigcrung und wie die schönen Dinge der letzten Session alle heißen. Man darf sonach auf dir Kammertagung in Bayern einigermaßen gespannt sein. Leipzig, 21. September. * Der Kaiser ist beute früh 6'/i Uhr mittelst Sonder- zugcS von WilhelmShöhe abgerrist. * Die neueste Post aus Ostafrika hat einen Privatbrief von Dr. Karl Peters an den Abgeordneten Or. Arendt gebracht, durch welchen nun auch die letzte Möglichkeit zerstört wird, daß die von der „Bossischen Zeitung" gemeldete und beharrlich aufrecht erhaltene Nachricht von den „blutigen Kämpfen der Massais mit I)r. PcterS", durch welche dieser gezwungen sein sollte, in Mikotscheni zu warte» oder nach Masinde zurückzuzchen, richtig sein könnte. Der Brief ist aus Moschi am Kilimandscharo vom 28.Iuli datirt. vr.PetcrS hatte mitbin da» Ziel seiner Expedition glücklich erreicht. Dr. PeterS erwähnt mit keiner Silbe irgend eines feindlichen Zusammen stöße» auf dem Marsche, sein ganzer Brief zeigt vielnichr, daß die Verhältnisse in jenem Thcile DcutschostafrikaS durch aus friedlich waren. Dem Brief des I)r. PcterS entnimmt die „Post" folgende Einzelheiten: „Die Station Moschi liegt 4N00 Fuß hoch, ist kühl und frisch, stärkt Nerven und Seele, und ich habe mich lange nicht so tadellos befunden, wie hier an den Greinen der Massaigebirte. Ende der Woche setze ich mich in Bewegung, um den Kilimandscharo herum zu marschircn . . . Wie lange ich bier zu bleiben habe, weiß ich noch nicht. Bor Allem muß ich die Grenzrcgulirniig gegen das britische Gebiet vornehmen. . . * Den neuesten Veröffentlichungen aus den Denkwürdig keiten deS KricgSministrrS v. Noon entnehmen wir Folgende» über die Frage: „Wie Falk Minister wurde": Die innere Politik Preußens z» Anfang des Jahre» 1872 stand unter dem Zeichen „Kampf mit Rom". Das erste Opfer diese» Kampfe» aber wurde, wie bekannt, der preußische CultuSministcr von Miihler. Roon, dessen persönliche Sympathien in vieler Beziehung dem arg befehdeten College» zugenetgt waren, mußte sich schli,blich auch überzeugen, daß dessen Rücktritt zur politischen Nothwendigkeit geworden war. Aus seinem Briefwechsel mit Mühler in jenen Tagen ergicbt sich die Bestätigung der b«. kannten Thatsache, daß eine Angelegenheit nicht eigentlich politischer Art (Differenzen mit dem Kronprinzen in einer das Museum betreffenden Personalfrage) den Anlaß bieten mußte, ihn zuin Ent- lassungsgesuche zu nöthigen. Letzteres war von Seite» de« Staats- Ministerium» gewünscht und schließlich auch einstimmig befürwortet worden. Den geeigneten Mann glaubte man dagegen in der Person de» vr. Falk, llnterstaat-secretairs rm Justizministerium, cfunden zu haben. Der Kaiser schrieb. a>» e» sich um ie Ernennung de- Letzteren handelte (am 16. Januar 1872) an Roon: „Die Mühler-Katastrophe und deren Folge beschäftigt Mich aus» Peinlichste seit vier Lagen. Ich habe bi-her unr den Fürsten Bismarck über den Nachfolger gehört, muß aber wünschen, noch einige andere Urtheile über einen Condidaten zu hören, den Ich nur Hab« nennen hören! Ich ersuche Sie daher heute (um 12 Uhr) zu Mir zu kommen, um über die Sache zu sprechen. W" De» Weiteren ergab sich, daß der Monarch Zweifel hotte, wie der ihm vorgejchlogrne Landidat sich seinerzeit als Abgeordneter zur Milltairfrage gestellt hätte. In seinen« Berichte (vom 20. Januar) inachle Roon zunächst die verlangte» Angaben über die einzelnen Abstimmungen des Abgeordneten Falk i» der Milltairfrage lFalk war Mitglied der Fraclio» Malhis »nd damit der gemäßigten Opposilion gewesen) und fuhr dann fort: „l>r. Falk gehört unter allen Umständen zn Denjenigen, welche, durch die Erfolge der Reor- ganisation längst mit derselben ausgesöhnt, offenbar zu einer größeren poliliickien Reise gelangt sind, sowie er auch sletS zu den Männern zu zählen war, weiche selbst da, wo sie irrien, einer ernsten, gewissenhaften Ueherzeugung folgten, zu Denjenigen, welche, Feind Itder Frivolität und persönliche» Gehässigkeit, ihre Meinungen stets mit angemessener Würde und einer uncrkcnncnswcrthen Ruhe zu vertreten wußten." * Durch daS in Aussicht stehende preußische Landes- gcsetz über die außerordentliche Armciilast soll namentlich auch dafür gesorgt werden, daß die Verhand lungen wegen der ilebernahme der Verpftegmigskostcn sür uuterzubringende Geisteskranke die Ucberweisuiig in eine Irrenanstalt nicht aufhallcn. In der Begründung zn dem Gesetze wird ein Helles Lickt ans die unhallbaren bis herigen Zustände gcworjen. NcncrdingS har auch die Statistik der preußischen Irrenanstalten weiteres Material zu der in Rede stehenden Angelegenheit beigetragcn. ES ergicbt sich daraus, daß der Abgang der Geistes kranken auS den Anstalten von Jahr zn Jahr ge ringer wird. Durch den Tod werden mit geringen Schwan kungen rund acht Procent der in de» Anstalten Verpflegten jährlich dahingcrasik, während die Heilungen und Besserungen der Geisteskrankheit an Zahl verhältnißmäßig inimer kleiner werden. Nicht mit Unrecht wird der Grund für die jälir- liche Verminderung des Abganges in dem Umstande gesehen, daß die Erkrankten nickt sofort, sondern erst nachdem die Geisteskrankheit schon Monate oder Jahre bestanden hat, den Anstalten zugcführt werden. Durch diese Verzögerung der Aufnahme in die Irrenanstalten wird erfahrungsgemäß die Aussicht auf Heilung oft vermindert oder aufgehoben, mindestens aber der Verlauf der Krankheit in die Länge gezogen. Ein solches Verfahren findet nun nicht allein bei wohlhabenden, sondern auch bei armen Geisteskranken statt, und bei diesen wahrscheinlich verhältnißmäßig noch öfter, da wegen der Aufbringung der Kosten für die Verpflegung in den Irrenanstalten seitens der betbeiligten Gemeinden oder Armen- vcrbäntc mamiickfache Verzögerungen einzutreten pflegen. Es handelte sich z. B im Jahre 1888 um rund 30 000 Geistes kranke, deren Aufnahme in Irrenanstalten in den seltensten Fällen nach dem Ausbruch der Krankheit oder sofort nach der Anordnung dcö behandelnden Arztes oder nach dem Anträge der Angehörigen, sondern in den überwiegend meisten Fällen erst erfolgte, nachdem lange Zeit in Anspruch nehmende Verhandlungen, die Erfüllung vorgcschricbcner Formalitäten, insbesondere die Uebcrnahinc der BerpslegungS- kosten betreffend, stattgefunden batten. Abgesehen von dem nachtheiligen Einflüsse, den die Verzögerung der Aufnahme in eine Irrenanstalt auf den Verlauf und Ausgang der Geisteskrankheit auSüben kann, fallen außerdem die Störungen, die der Geisteskranke inzwischen durch seine Beziehungen zu anderen Menschen hcrvorruft, bedeutend ins Gewicht. Manche Conflicte der Geisteskranken mit dem Strafgesetze außerhalb der Anstalt werden zwar von den Angehörigen ans Stolz oder Scham verdeckt und gelangen nicht zur Kcnntniß der Behörden, aber die Zahl der;enigen Vergehen oder Verbrechen, die Geisteskranke vor Gericht führen, ist trotzdem nicht klein. In den Jahren 1885 bis 1888 waren von den in Anstalten aufgenommenen Geisteskranken jährlich 6 Proccnt mit dem Strafgesetze in Conflict gerathcn. Allen diesen Uchelstände» kann nur abgcholfen werden, wenn die Unterbringung der Geisteskranken frühzeitig erfolgt, und diese Forderung wird zum großen Theile durch das erwähnte Gesetz über die außer ordentliche Armcnlast erfüllt werden. * Da- bayerische Ministerium deS Innern hat bekanntlich einen Gesetzentwurf über mehrere Abänderungen des Hcimarhs- und BerebelickungSgesetzeS anSgearbeilct. Der Gesetzentwurf wird dem Landtag sofort bei seinem Zu sammentritt vorgelcgt werden. Anfänglich batte die Regierung beabsichtigt, lediglich die Frage der HeinialhSberechtigung der in den ReichSlandcn garnisoiiircnden Officicre und der No tare, welche vielfach in der Praxis zu Schwierigkeiten führte, zu regeln. Darnach sollen die Officicre ihre letzte Bayerische Garnison als Hcimatk erkalten, die Notare als StaatSdieiier betrachtet werden und deshalb ihre Hcimath in ihrem Amtssitze haben. Betreffs der Giltigkeit der ohne districtöpolizcilichrs Zcugniß ciiigcganacncii Ehen wolle die Regierung die Initiative des Land tages erwarten. Der Fall Gradl und die sich daran an schließende Debatte i» der Oesfentlichkeit haben aber die Veranlassung gegeben, auch diesen wiindestcii Punct i» den Entwurf aiisznnehmcn. Der Gesetzentwurf enthält nach den „Neuesten Nachrichten" auch eine Bestimmung, welche die vielfach erörterten Folgen beseitigt, welche auS solchen bereits geschlossenen Ehen oder b^S zum Tage der gesetzlichen Ein führung der neuen Bestimmungen noch einzugebcndcn Eben gezogen werden könnten. Die StaatSregierung hat hier den bei der Lage der Dinge einzig möglichen, praktischen Ausweg gcwäklt, einen Paragraphen in daS Gesetz auizunchnien, welcher die Wohltbat der rückwirkenden Kraft enthalten soll, so daß also die säinmtlichen in Frage stehenden Eben als solche zn betrachten sind, wie sie unter der Herrschaft der neuen Bestimmungen geschloffen werden »iüssen. * Die drohende» Wolken im Orient bringen anfS Neue die Frage in der Presse zur Besprechung, welche Bedeu tung der Suezcanal im Falle eines Krieges mit Rußland für England habe. Die „TimeS" hatte, wie berichtet, vor einigen Tagen offen befürwortet, im Kriegsfälle den Canal zu schließen. Der natürliche Weg nach Indien gebe ni»S Cap über da« bokc Meer. Heute schreibt Generalmajor W. I. Stuart an die „TimeS": „Seit Jahren habe ich gepredigt, daß unser Weg nach Indien über das hohe Meer gehe. Warum sollen wir mit unseren unzureichenden Mitteln un- an die sogenannte Orientalische Frage ketten, mit allen ihren furchtbaren und unzertrennliche» Folgen? Warum? In dieser Sache läßt sich mit Halb heiten nichts anSrichten. Eypcrn, Malta und Gibraltar müsse» fort. Cie mögen denjenigen ausgeliefert werden, welche sie am besten in Friedenszeiten gebrauchen können. Tie Garnisonen können nach Stationen an der Ostküste Afrikas gebracht werden, von wo eS eine kurze Fahrt nach Indien ist. Besondere Schiffe sollten sür den Lruppentra»»- portdienst nach Indien gebaut werden. England mag ja „den Graben" für HandclSzwcckc in FriedcnSzcikcn benutzen. In .Kriegszeiten aber würde cö eine sichere und gute Straße nach Indien haben. England mag Egypten mit Grazie aufzcben, wenn es nicht mehr wesentlich sür seine LebcnS- inlercssen ist. Es könnte bcislchen oder nicht, je »ach Be lieben, und die Orientalische Frage sich selbst überlassen." * Es wird in Rom versichert, daß die Mission des Generals Gandolfi nach Afrika nur eine temporäre sei und daß der General in kurzer Zeit nach Italien »uückkebrc» werde. — „Eapitan Fracassa" kört, daß der französische Botschafter Billok, welcher nach Nom zurückgekebrt iss, den Auftrag habe, bei der italienischen Regierung Schritte zu tyun, damit sie sich osficiell bei der Feier in Nizza ver treten lasse. * Aus Rom wird vom 20. dS. Mts. telegraphirt: Die Führer der Pilgcrzüge haben auf hohe vaticanische Anregung die Pilger aufgcsordert, heute, als an einem Traucrtage sür den Papst, nicht öffentlich anszutrelcn. Einige Blätter fordern die Pilger, welche gestern mit dein Ruse: Es lebe der Papst, der König des Vatikans!" durch die Straßen zogen, aus, der bentigen Kundgebung bei der „Porta Pia" bcizuwohne», uni sich von den Gesinnungen der Römer zu überzeugen; Andere sprechen ihre Gcnugthiiung darüber auS, daß die Pilger gerade heute in Rom seien. Man werde ihnen zeigen, daß Luldsamkeit die Tugend des Starken sei. Die Ouästnr hat dem Fcstcomite erklärt, daß nur mit der Feier in Ver bindung siebende Knndgcbungc» geduldet werden würden. Das Manifest deS Syndicus von Rom fordert die Be völkerung auf, den Jahrestag der Befreiung Rom» würdig zu feiern. Der Syndicus sandte an König Humbert ein Telegramm, welches den Gefühlen der Treue und Dankbarkeit der Bevölkerung Ausdruck verleiht. Desgleichen schickte er dem General Cadorna, welcher mit den Truppen m Rom einzog, ein Glückwunschtelegramm. Die Stadt ist beflaggt, die Stimmung eine gehobene. * Die „Agenzia Stcfani" meldet aus Salonichi, das dortige italienische Geschwader habe jederzeit den Salut aller Schiffe durch Senken der Abmiralflagge erwidert. Auch der Flaggellsalut' deS französischen Schiffes „Amörigue" sei mit der Commandantcnflaggc in der bei Admiralschiffcn üblichen Weise beantwortet worden. * Nach einer Meldung der „Riforma" gestattete der Minister deS Innern auf Ansuchen der Klerikalen, daß die der Vereinigung der katholischen Jugend angchvrenden Pilger am 30. September im Dante-Saal m Rom einen Congres; abhaltcng * Nach einer der „Politischen Corrcspondenz" von unter richteter Seite aus Madrid zugehendcn Meldung sind von den Acußerungeu, die dein Munster-Präsidenten EanovaS del Castillo in einer von dem „Imparcial" veröffentlichten Unterredung in den Mund gelegt wurden, nur diejenigen als wahrheitsgetreu anzuschcn, in welchen Herr EanovaS, in Uebereinstimmung mit seinen mehrfachen früheren Kund gebungen, die Haltung besprach, welche Spanien im Falle einer europäischen Verwicklung beobachten würde und die eS als defensive Neutralität kennzeichncte. Dagegen sei eS völlig unrichtig, daß Herr EanovaS erklärt habe, Spanien würde sich zu einem Eingreifen in Portugal veranlaßt sehen, falls daselbst eine StaatSnmwälznng cintretcn und die Republik proclamirl werden sollte. Eine derartige Intervention sei von der spanischen Negierung schlechterdings nicht ins Auge gefaßt worden. ^ Aufsehen erregt eS, daß das „Journal de St. PüterS- bourg" eine» Artikel der „Moskauer Zeitung" übernimmt, welcher in schärfster Form als Anfang aller Reformen fordert, daß den Bauern der Boden zu persönlichem Eigentbnm überlassen werde. Bände kaffen sich füllen mit einer Schilderung der Nachlhcile, welche das System des Gcmcinde-EigeiilbninS gezeitigt hat. Der Bauer wirthschaftet sinnlos, an die Zukunst denkt keiner; da die große Masse faul ist, werden die bessern Elemente verdorben. Es nützt nichts, daß sich einer quält, dem verwahrlosten Boden abzuringcn, waS er bei sorgfältiger Bearbeitung geben kan»; denn cs kommt eine neue Vcrlhcilung, wobei gerade die Fleißigen de» schlechtesten Bode» erhalten. Wenn »n Westen von der Aufhebung des persönlichen EigenthumS daS Heil der Zukunft erwartet wird, so ist das eine unsinnige Meinung. Wir haben die trefflichste Widerlegung in den Äerhältnisscn des russischen Bauernstandes. Daß man das Hebet zu er kennen beginnt, ist anerkcnnenSwerth. Wird aber das Heil mittel auch angewandt werden? Schwerlich! * Nach einer Meldung deS „Standard" auS Konstan tinopel vom 20. d. M. sind dort Nachrichte» cingegangcn, wonach die Hauptstadt von Aeme», Sana, von den Insurgenten genommen worden sei, dieselbe» hätten ein allgemeines Blutbad unter den Christen a n g c r i ch t e t. * Die Ncw-Dorker „Post" hat auS Washington das nach stehende Telegramm empfangen: Herr Morcno, der Washing toner Agent der Nationalpartei von Hawaii, hat Präsident Harrison einen ihm auS Honolulu zugegangene» Brief vor gelegt, in dem eö niit positiver Bestimmtheit versichert wird, daß England von dem Königreich Besitz zu ergreifen gedenkt. Die Königin Liliuokalani sei, so heißt eS darin weiter, den britischen Interessen außerordentlich gewogen und jeden Augenblick zu dem Schritt bereit. Der Verfasser des Brieses wünscht, daß die Vereinigten Staaten in der Sache cin- schrcitcn möchten. Präsident Harrison gab sein Interesse an den Miltkcilungen zu erlcnncn und ersuchte Herrn Moreno, sich mit Herrn Blaine in Verbindung zu setzen. Militairisches. --- Vocholt, 19. September. Bei dem kürzlich in Borken statt- gehabten Kriegerseste ereignete sich eine Episode, welche auf iäinmtliche Zeugen derselben einen tiefen Eindruck inachte. Der Vicepräsident de» Kaiser Wilbelin-Kriegcrvercin-, Fabrikant Buden- berg, »velcher al» Unterosficier den Feldzug von 1870—71 nsst- gemacht und wegen seines ausgezeichneten Verhalten» in der Schlacht bet Saarbrücken am 6. August 1870 da» eiserne Kreuz erhalten hoi, saß »ach beendigtem Festzug« durch die Stadt im Kreis« von Kameraden im Garten de» FestlocaleS. Da trat ein Mitglied de» Borkener Kriegervereins an ihn heran und begrüßte ihn mit den Worten: „Guten Tag, Herr Unterosficier, kennen Sie mich noch ? Ich bin einer von denen, welche Sie bei Sptchern geführt und weichen Sie das Leben gerettet haben. Als ich Sie heute Mtttag in den Saat einniarschiren sah, hal>« ich Sie gleich wieder erkannt und freue ich mich sehr, daß ich Sie im Leben noch inai wiederiehe. Ich bin der Landbrieibote Hellcnlamp hier aus Borken." Budenberg, der de» alle» Kameraden zwar nicht kannte, lud ihn ein, Platz z» nehme», »nd »u» erzablle Hessenkamp den betreffenden Vorfall. „Als bei Spichern der letzte Lsficier unserer Compagnie, Lieutenant Koch, dem schon die Spitze vom Helm weggeschossen loar, durch einen Schuß in die Brust gelobtet war, da ries uns der Unlerossicirr Budenberg zu: „Von letzt ab auf mein CommanLo hören". Cr setzte sich dadurch ganz besonders der Gefahr a»S, daß er ungeachtet deS schreckliche» Kugelregens von einem erhöhten StanL- puncte an» den Feind beobachtete, um unser Feuern zu leiten. Es war dieses nolbwendig, weil das Terrain sehr conpirt war und dem herannabenden GegncrTkciviig bot, derselbe also sonst nicht gesehen werden konnte. Wir Halle» großen Mangel anPalronen, deshalb ermahnle »ns der Unlerossicier immer wieder, erst zu schießen, wenn wir das Weiße vom Auge der Feinde sehen könnle». Er lies auch unausgesetzt zu den Gefallenen, nahm ihnen die Munition ab und vertheilte sie an uns. Dadurch inachte er unsere aus Mannschaften deS :>3., 77., 39., 74. Regiinenls bestehende Truppe so widerstandsfähig, das; es möglich war, den Feind iinnier zurückzuschlagen. Ter schrecklichste Moment war es für uns, als die Franzosen »ns ganz dicht von der linke» Flanke her aus den Leib rnckien. Wir glaubten alle, daß wir verloren wären, aber unser Unterosficier cornmandirte Schnell- lener und eS gelang n»S dadurch den Feind so lange anszuhalten, bis wir durch eine» Theil des 7. Iägcrbalailloris abgelöst wurden. Wir gingen dann ins Bivouak zurück. Wir wären sicher alle ge fangen oder gefallen, wenn der Unterosficier nicht bei unS gewesen wäre, er Halle ein Coinmando wie der beste Hauptmann. Nach der Rückkehr tnS Bivouak stellte sich heran», daß unsere Truppe pro Kopf kaum noch drei Patronen halte". Alle in der Nähe sitzende» Kaineradcn waren mit lebhastem Interesse der beiden Theilcn zur Ehre gereichenden Erzählung gefolgt, stießen mit dem Helden von Spichern und seinem ehemaligen Untergebenen herzlich an und feierten mit ihnen das unerwartete Wiedersehen. * Di« in der Wiener Schießschule mit dem klein- kalibrigen Gewehre und dem rauchschwachen Pulver gemachten Erfahrungen, insbesondere aber der Umstand, daß alle arüßerea Armeen Len Fußsoldaten mit einer größeren Anzahl von Patronen ausrüsten, während der österreichisch-ungarische Infanterist und Jäger nur mit 100 Patronen ins Feld rücken, sollen di« Erkennt nis nahe gelegt habe», daß di« Vermehrung der Munition eine un bedingte Nothwendigkeit sei. Man beabsichtigt, wie das „Armee- blatt" mittheilt, dem Soldaten wenigstens noch 40 Patronen zu geben, so daß er mit 140 Patronen ins Feld rückt. Zu diesem Zwecke müßte die im Palroncntornrstcr bisher untergebrachle Fleischconserve iin Packtvrnisier oder im Brodsacke verwahrt werden, damit der Paironentornisicr ausschließlich für die Munition verfügbar bleibe. Freilich werde hierdurch das von de». Manne zn tragende Gewicht, wenn man auch die hierdurch be dingte Mehrausrüstiing um 8 Magazine »nd 4 CartonS in Rechnung zieht, ein um anderthalb Kilogramm größeres als bisher. Ta der Soldat überdies auch ein Zell zu tragen haben wird, so Ist nian jetzt darauf bedacht, diese Gewichtt-vermehrung durch eine Erleichterung des anderweitigen Gepäcks zn paralrssirc». Unter allen Umständen ist der Fußsoldat derart bepackt, daß nian bestrebt sein muß, den- selben ohne Tornister ins Gefecht eintreten zu lassen. — Welche starken Märsche bei den diesjährigen Kaisermanövern in Oesterreich ausgeführt wurden, beweise» u. Ä. die Auszeichnungen, die für das vierte Bataillon des 28. Jnsantcrie-Negimcnis nach dem Schritt messer, einem jeden Schritt markirenden Uhrwerk, vorgenommen wurden. Die stärkste Marschleistung wurde am 7. September, am letzten Manövcrtag, erzielt, indem das Bataillon an diesem Tage 51 702 Schritte zurücklegte. Die nächststürkste Leistung war die am 21. August, an welchen. Tage 44 352 Schritte verzeichnet wurde». Im Ganzen wurde» vom 21. August bis einschließlich 7. September 409 627 Schritte zurückgclcgt. Lolonialpolilisches. * Die Borchcrt'sche Expedition wird angesichts der jüngsten bedanerlicheii Vorgänge in Lstasrika, denen die Zelcwski'sche Exp» dilion zum Opfer gesallen ist, nnler einem stärkeren mililairischcn Schutz marschircn, als ursprünglich beabsichtigt war: denn cs unter- liegt für Kenner asrikanischer Verhältnisse keinem Zweifel, daß die erste Folge des Untergange« des Zelewskisschen Corps die iei» wird, daß die in den nächste» Monaten in das Innere ausbrcchenden Karawanen sicherlich von de» eingeborenen Slämmen ernste» Be lästigungen ausgejetzt sein werden. Es erscheint daher dringend raihiain, daß hierauf, ebenso wie die Borchen'jche Expedition, die jetzk aus dem Wege nach AsrÜn befindliche Ukerewe-Vorexpedilion und die später nachfolgende Wifimann-Expedition Rücksich: nehmen und eine möglichst starke mililairischc Deckung Vorleben, damit nicht gleich betrübende Vorfälle wie derjenige von Uheha sich wiederholen können. * Lissabon, 20. September. Demnächst erscheint ein Regie- rungsdecret, durch welches einer wohliundirlen Gesellschaft die Concesjion zur Ausbeutung desDistrictSCapTelgardo ertdeilt wird. Dieser Distrikt wird im Norden durch den Flu;, Rovuma, im Westen durch den Nyassa-See, im Süden bis zum Chirona-Sce durch den Fluß Laureo, i», Osten durch den indischen Lcean begrenzt. Eine andere Concession wird sür daS Dreieck am oberen Zambesi zwischen Sena »nd Zumbv ertheilt werden. Uni letztere Concejsio» sollen sich auch dcuische Gesellschaften bemüht haben, da die Gegend des oberen Zambesi ci» DurchgangSpunet sür den centratasrikanischcii Handel zu werden verspricht. Nach Erihei- lang dieser Concessionen wird ein Erlaß zur Reorganisation des Verwaitlings^Lystcins in Osiasrikn publiclrt werde». Die neuen Bcrwattungsceiitre» sollen Ouiliiiiane, Cap Delgardo, Beira, Lanrcnco Marques werden. Tie portugiesische Regierung hofft, durch diese Maßnahmen die Finanzlage Portugals zu heben. * Der Geologe I)r. Lieder beabsichtigte, im August eine Reise in das Hinterland von Bagomoyo, insbesondere in die Gegend von Usungula, Tunuitguo und Mpnapua anzutreten, um die ge- nannten Landschaften auf dar Vorlviiimen von Kohlen und Mine ralien zu untersuchen. Zu seiner Bedeckung sind ihm ein schwarzer Unlerossicier und zwölf Mann bcigegeben. Locialpolitisches. * Me bereits gemeldet, sind die preußischen Landräthe an gewiesen worden, fortan Strcikslatistikcn aufzustellen und dabei auch die Belhciligung der,niiider,ährigen Arbeiter an den Arbeit», einstcllnngen zu constatiren. Es würde damit nur eine einmal bereits vvrgenvminene Arbeit zu einer dauernde» gemacht. Als die Reichstags- cemniissio» znrVorberatlmng der letzte» Gewerbeordnungsnovelle in ihrer ersten Lesung weit über die Rkgiernngsvorloge htnausgegangen war und Beschlüsse yesaßt hatte, welche eine starke Erschwerung des Gewerbe» hatten lm Gefolge haben müssen, wurden die einzelnen
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