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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.09.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910928012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891092801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891092801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-09
- Tag1891-09-28
- Monat1891-09
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InsertionspreiS Morgen-Ausgabe: die 6gespaltE Petit- »eile 20 -H, Reclamen unter dem §M>actions- strich )4 gespalten) 50^. vor den Familien- uachrichtea (6 gespalten) 40^. Abeud-Ausgabe: die ügespaltene Petitzeile 40 Recla «ea unter dem Redactiou-rslrjö, t4geipaltea> 1 ^T, Familtenoachrichten ävb Anzeigen verlorener Gegenstände (Ogejpalklkü) 20^. Groffere Schriften laut unserem Prei» verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Daris. (-rtra-Bcilagru (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeiörderuug >t ÜL—, mit Poftbesörderuag -4t 70.—. Ännalsmeschlaß für Inserate: Abeud-Ausgabr: Vormittag» 10 Uhr. Morge u-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn» uad Festtags srüh 9 Uhr. Bet de» Filialen und Annahmestellen je eio« halb« Stunde früher. s»d stet» an dt« Expedition zu richte». 85. Jahrgang. Leipzig, 28. September. * Der Kaiser, welcher sich des besten Wohlseins erfreut, gedenkt bis zum 1. Octobcr in Ostpreußen zu verbleiben. Seiner Rückkehr nach dem Neuen Palais wird zum 2. oder 3. k. M. enlgegengesehcn. * Dem Londoner „Standard" wird aus Wien ge meldet: Für die friedliche Gesinnung des Kaisers Wilhelm gicbt ein Zwischenfall, der sich während seines letzten Be- IncheS in Oesterreich ereignete, einen Beweis. Es war an einem Abend nack den Manövern in Goepsritz, man aß an der Tafel deS Erzherzogs Albrecht, und da kam das Gespräch, rein informativ, aus die Frage, ob cS, vom militairischen GcsichtSpuncteaus, weise sei, einem verdächtigen FeindeZcit zur Erhöhung seiner Kraft zu lassen, ob es nicht vielmehr besser, die Entscheidung herbeizufuhren, ehe es dem Feinde möglich geworden, alle seine Vorbereitungen zu beendigen. Der Name Rußlands war zwar nicht genannt, dock Zeder der Anwesenden wußte, wer gemeint war. Der Tischgesellschaft gehörten der deutsche Kaiser, der König von Sachsen, Erz herzog Albrecht und einige Hobe deutsche und österreichische Ossiciere an. Es wurde» Meinungen für und wider geäußert, da sprach Kaiser Wilhelm mit besonderer Betonung, so daß sic auch von Leuten gehört werden konnten, die nicht an dem selben Tische saßen, die Worte: „Ich bin entschieden der Meinung, daß die ungeheure Verant wortlichkeit, welche der Krieg in unserer Zeit auscrlegt, alle in der Mililairwissenschast angenommenen Theorien zu Nichte machen muß (must^ovorriüo. Ich würde einen Krieg nicht beginnen, wenn ich wüßte, daß ich, wenn ich ihn ausschiebe, noch ein einziges Jahr, nein, einen einzigen Monat den Frieden sichern könnte, ich würde aus den Sieg meiner guten Sache bauen, auch wenn die Chancen aus beiden Leiten gleich wären und ich keinen Vorsprung auf der ineinigen hätte. Es ist viel gewonnen, wenn man einige Monate mehr Frieden hat." König Albert von Sachsen äußerte sich in demselben Sinne und hob hervor, wie oft ein Krieg, der unvermeidlich geschienen habe, durch irgend welche zufällige Umstände ver eitelt worden sei, besonders wenn die Diplomatie Zeit zur Intervention gehabt habe; in anderen Fällen habe sich der Krieg und in seinem Gefolge daö Elend nicht vermeiden lassen, weil einer der beiden Thrile, in der Furcht vor der wachsenden Kraft seines Gegners, plötzlich einen äußersten Entschluß gefaßt habe. Erzherzog Albrecht sprach gleichfalls über die ungeheuere Ver antwortlichkeit Derer, die zu einem Kriege treiben wollten, in einer Heil, wo die Waffen zu einer so mörderische» Voll kommenheit gebracht worden seien, wie jetzt. Das Gespräch, und ganz besonders der Ernst, mit den« Kaiser Wilhelm davon sprach, die Segnungen des Friedens, sei cs auch nur noch für eine Reihe von Monaten, zu erhalten, wenn einmal der Krieg unvermeidlich erscheine, machte eine» liefen Ein druck aus alle Anwesenden. * Nach der „Post" ist die von der „Kölnischen Zeitung" gegebene Anregung auf Erhöhung unserer Wehrkraft unter mehr ausgedehnter Verkürzung der Dienstzeit angeblich nicht ohne Fühlung mit den an maßgebender Stelle mehr und mehr zum Durchbruch kommenden Ansichten. Vor Ab lauf deS SeptennatS seien jedoch keine tiesgreifenbcn Organi- sationS-Aenderungen zu erwarten. Zm Hinblick hierauf seien auch die Mitlbeilungen über bevorstehende Verstärkungen der Artillerie, wie sie in diesen Tagen durch mehrere Blätter gingen, ohne tiefere Begründung. * Aus Berlin wird geschrieben: »Das Interesse des Augenblickes wird ganz in Anspruch genommen von der überraschenden Neuigkeit, daß die Firmen Mendelssohn und Warschauer den wenig beneidenswertsten Muth gesunden hasten, sich mit einer größeren Summe an der russisch fran zösischen Anleihe zu betheiligen. Die ganze Angelegenheit ist ein traurige« Zeichen für das Fehlen einer nationalen politischen Ueberzeugung in gewissen Finanzkreisen, von denen man doch annehmcn müßte, daß sie die Tragweite ihrer Handlungen zu überschauen fähig sein sollten. Der Grab politischer Naiveläk, der es für denkbar hält, daß Rußland eine Anleihe von 500 Mill. zu Nothstandszwccken ausninunt, ist uni so wunderbarer, als eS hier die Spatzen seit Wochen von den Dächern pfeifen, daß die Anleihe nichts Anderes als eine Kriegsanleihe ist. Kann man auch mit Sicherheit darauf rechnen, daß eine Beteiligung des deutschen PrivatcapitalS an dieser Anleihe nicht stallfinde» wird, so liegt doch die Gefahr vor, daß andere Geldsirmcn dem von Mendelssohn und Warschauer gegebenen Beispiele folgen und daß sich damit das klägliche Schauspiel wiederholt, taS die große Finanz vor dem Kriege von 1870 darbot." Wir bedauern eS auösprechen zu müssen, daß angesichts der unpatriotisckcn Haltung der Berliner Firmen Mendelssohn und Warschauer der antisemitischen Bewegung entschieden neue Nahrung zugeführt wird. * Wir erhalten vom Vorstand des Allgemeinen Deutschen Verbandes in Berlin folgende Zuschrift: „In einem Augenblick, wo Rußland immer größere Trnpxen- masseu an der deutschen Grenze aufbäuft und die russischen Rüstungen eine Gefahr für den Frieden Deutschlands zu werden drohen, kann eine neue russische Anleihe nur als eine weitere RüstungSmaßregel aufgesaßt werden. Wir haben kein Reckt, gegen die Begebung einer solchen neuen russischen Anleihe an ausländische» Börsen Einspruch zu er beben, aber wir baden ein Recht, zu fordern, daß das deutsche Eapital sich von einer solchen direct oder indircct gegen Dcuschland gerichteten Anleihe fernhält. Wenn cs wastr ist, daß ein Berliner Bankhaus sich an dieser Anleibe betbciligt und wenn etwa der Versuch gemacht werden sollte, einen Tbeil dieser russischen Anleihe in Deutschland nnterzubringen, so ist cS Pflicht der öffentlichen Meinung, Lurch die schärfste Stellungnahme daS vatcrlandSlose Gedabren eine- ThcilcS der Bankwelt in Schranken zu kalten. Würde es ein fran zösischer Bankier wagen, in diesem Augenblicke sich an einer deutschen Anleihe zu betheiligen ? Wann endlich wird daS Nationalgesühl auch bei uns so erstarkt sein, daß, wer den Schutz unserer Gesetze genießt, auch — und sei es auch nur au» Furcht — so handelt, wie es dem gemeinen Besten frommt, und nicht den Privatvortheil über die Interessen des Lande« stellt." * Der „Franks. Zeit." wird aus Berlin gemeldet: »Die Haltung de« Reichskanzler« gegenüber der Auslegung der russische» Lmleihe in Berlin dürfte etwa darin bestehen, daß er auf Befragen erklärt hat, er habe keine Veranlassung, dem russischen Fiiianzininistcr Schwierigkeiten zu bereiten. Wir bezweifeln ganz entschieden, daß Herr von Eaprivi eine solche mit der Anschauung der großen Mchrbeit dcS deutschen Volkes sicher in Widerspruch siebende Erklärung abgegeben hat, sondern erblicken in der Mitthcilnng der „Frankfurter Zeitung" nur ein weiteres unlauteres Börscnmanöver. * Auf der Insel Helgoland wurden kürzlich vier Krnpp'sche I5-Ccnliincter Kanonen gelandet, welche, sobald der Tunnel vom Unterland nach dem Oberland fertig ist, in die während des Sommers gebaute Batterie gestellt werden sollen. An einer Stelle der Küste wird eine Oasenmole ge baut werden, um den Kriegsschiffen einen Anlegeplatz zu schassen. * Uebcr Nordschlcswig hat der deutsche NeichStaaS- abzeordnete für HaterSlcbcn Herr Iobannscn ani 20. d. M. in dem „südjütischcn" Verein zu Horsens einen Vortrag ge- ballcn. Dänischen Blättern zufolge schilderte der Redner die Hosfiinngen der „Südjütcn, d. i, der Rordschleswiger, welche anch die Hoffnungen der nördlich der Grenze wohnenden Dänen sein müßten; dock wollte er NordscklcSwig nicht mit Waffengewalt zurückcrobern, was völlig aussichtslos sei; ausschließlich mit gesetzlichen Mitteln müßten die Nord- schlcSwiger den Kampf um die Bewahrung ihrer Nationalität und für die Wiedervereinigung mit dem „Mutterland«" führe», „formell als preußische StaatSbürg«r". Warum nicht als deutsche Reicksangebörige ? Hat der Redner daö Wort „preußisch" für polemisch wirksamer gehalten? Auf jeden Fall ist der ReichslagSabgcordnete für Hadersleben ein vorsichtiger Herr. * lieber die badischen Landtagswahlen erhalten wir folgende Meldung: Bei den Wahlmänncr-Wahlen zum badischen Landtag verloren die Rationallibcralen 14 von ihren 28 zur Neuwahl siebenden Sitzen und zwar 7 an die Ultraniontanen, 3 an die Demokraten, 3 an die Conserva- tiven und 2 an die Socialistcn. Dagegen gewannen die Nationaltiberaleu ei» bisher von einem Demokraten inne- gehabtcS Mandat. Bekanntlich fanden die Neuwahlen für eine Hälfte der Kammer-Mandate statt; dabei hatte der Zufall die NatiouaUideralen sehr benacktbeiligt, indem von den znnl Ausscheiden bestimmten Abgeordneten 28 Nationallibcrale waren, so daß diese Partei einen großen Besitzstand gegen die bunte Coalition der Gegner zu vcrtheidigen, aber fast gar keine Gelegenheit hatte, den Besitzstand dieser anzugrcisen. Durch den Verlust von 13 Mandaten ist die »ationalliberale Mehrheit der zweiten Kaninier erheblich geschwächt, aber sie ist noch vorhanden. Tie Kammer besteht ans 03 Mitglieder». Von ibnen gehörten auf dem letzten Landtage 40 der nationalliberalcn Fraction an, 13 dem Eeutrum, 2 der Demokratie, 1 dem Deulschfreisinn, 1 der conservativcn Partei. Es waren, wie schon bemerkt, im Ganzen 32 Neu- wablen vorzunebmen; unter den erledigten Mandaten ge störten 28 den Rationalliberale», 3 dem Eentrnm, eines der Demokratie. In der Kammer verblieben 18 National- liberale, 10 Klerikale, 2 Demokraten bezw. Deulschfrei- sinnigc und 1 Conscrvativer. Die neue Kammer wird auö 34 Nationalliberalen (unter 03 Mitgliedern), 20 Kleri kalen, 5 Demokraten und Freisinnigen, 2 Eonservativen und 2 Socialdcmokraten bestehen. DaS immcrbin bedauerliche Wahlergebniß ist wieder, wie bei den jüngsten badischen Rcichs- tagöwablen, dem Zusammengehen dcS EentrumS mit allen radicalcn Richtungen zuzuschrciben. Man darf gespannt sein, was für eine Politik der „wahren Frcibeit" jetzt diese bunt usammen gewürfelte Opposition im Karlsruher Landtags aal unter ullramoulaner Führung treiben wird. Wenn bei den Demokraten und Tentschsresiinnigen nicht schon längst jede politische Scham abhanden gekommen wäre, dann müßten es ihnen angesichts der Tkatsache, daß sie den Ullramontanen auch im gegenwärtigen Wablkampse die Schleppe getragen und zu dem Löwenanthcil des Erfolges verhvlfcn haben, doch einigermaßen bedenklich werden. Indessen über solche Gewissens regungen sind die radicalcn Parteien, die nur ein Ziel, den ver haßten Nationalliberalcn eins auszuwischen, verfolgen, längst erhaben und so stimmt z. B. die „Frankfurter Zeitung" ein förmliches Freudengcheul über den Ausfall der badischen Landtagswahlen an, indem sic zugleich ihre Leser dadurch zu belügen sucht, daß sie behauptet, eS sei in der badischen zweiten Kammer keine nationalliberale Mehrheit vorhanden. Nun, die Zeiten werden sich auch wieder ändern, die Periode, in welcher cS den radicalcn Hetzern möglich ist, den politischen Unverstand der Massen sür ibre Parteizwecke auszubcuten, wird ihr Ende erreichen und für die gemäßigte liberale und reichötreue Partei wird ganz bestimmt wieder die Zeit des Aufschwunges kommen. * Aus München wird vom 20. September gemeldet: Der preußische Gesandte beim Vatican, von Schloezer, stattete beute Nachmittag dem päpstlichen Nuntius Agliardi einen Besuch ab, welchen derselbe alsbald erwiderte. Herr von Schloezer folgte Abends einer Einladung zum Souper in der Nuntiatur. . * Ter österreichische Ncich-rath isi ans den 8. Oktober einberufen. — Es verlautet, die Regierung gehe mit der Absicht um, das Pulvermonopol aus alle explosiven Stoffe auszudehnen. * Die Fahrt des Kaiser« von Oesterreich durch die Straßen von Prag gestaltete sich zu einem großartigen Triumpbruge. Begeisterter Jubel schallte dem Kaiser ent gegen. Die zum Tbeil eingestürzte und provisorisch wieder hergcstelllc Karlsbrücke war in eine Blumenavcnur ver wandelt. Waisenkinder streuten Blumen. Die Ovationen der Kinder erfreuten den Kaiser derart, daß er zum Statthalter äußerte: „Der Empfang ist außerordentlich schön. Die Aus schmückung ist prachtvoll, ick bin sebr zufrieden. InS- hcsondere überraschten mich die Kinder, die in so großer Zahl zu so srüher Stunde erschienen sind und mich in so begeisterter, inniger Weise begrüßten. ES war wirklich herrlich." Zum Empfange waren Hunderte vor dem Schloß erschienen, welche sich vor dem Eintritt in den deutschen Saal in dem spanischen ausstellten. Bor dem allgemein» Empfang« wurde di« Erzherzogin Aebtissio Margaretbe mit den Mitgliedern des TamenstislcS in Privataudicnz empfangen. Der Eardinal kielt an den Kaiser eine Ansprache, in der er ibn der Treue und Ergebenheit dcs Adels versickerte. Ter Kaiser sagte: »Ich freue Mich, daß der Adel so zahlreich erschienen ist und nehme den Ausdruck Ihrer treuen Gesinnungen gerne entgegen." Hierauf sprach der Kaiser mit jedem öinzelnen. Der Adels-Cercle dauerte dreiviertcl Stunden. In der An sprache an daö gesammlc LsficiercvrpS Kob der Kaiser die ausgezeichneten Leistungen der Truppen bei den Manövern hervor, welche von vorzüglicher Durchbildung derselben Zcugniß ablegten. Hieraus zeichnete der Kaiser ciuzclue von dem coinmandircnden General Griinne vorgestellte General" durch Ansprachen aus. — Ter Kaiser tras am Sonn, abend Nachmittag 2 Uhr unter enthusiastischen Kund gebungen in der L a n d e s - A u S st c l l u n g ein . wo selbst die EomitöS, die Würdenträger, der Clerus, zahlreiche Abgeordnete und die Aussteller versammelt waren. Ans die Ansprache deS Vorsitzenden der AuSstellungs- Eommission, Grafen KinSky, welcher den Gefühlen der Huldigung und Loyalität in böhmischer und dann in deutscher Sprache Ausdruck gab, erwiderte der Kaiser erst in deutscher und dann in böhmischer Sprache, er sei gern nach Prag gekommen, um sich von den erfreulichen Fortschritten in seinen! geliebten Königreich Böhnien zu überzeugen; der Erfolg der Ausstellung möge den gesunden Sinn der ganzen Bevölkerung ausmunlern, alle Kräfte für daS Aufblühen deS herrlichen Landes einzusetzen, welches nur durch ein einträchtiges Zusammenwirken beider Bolksstämme zum vollsten Ansschwunge gelangen werde. * Wie die „Tribuna" meldet, haben die Minister und Unterslaatö-Secretaire die durch den französischen Botschafter Billot übermittelte Einladung zur Tbcilnahine an der Eut- hüllungsfeier des Garibaldi-Denkmals dahin be antwortet, daß sie wegen GeschästSüberbürdung an der Feier nicht thciluckmcn können und als Stellvertreter den italie nischen Eonsul in Nizza delegirt hätte». * Die „Opinionc" bestätigt, daß Rudini in Mailand zu einem ihm zweckmäßig erscheinbcn Zciipuncte sprechen werde. Ter Finanzminislcr als Dcpulirter der Stadl Mailand wurde brmächtigt, die- dem Bürgermeister vou Mailand schristlich mitzutheilen. * „Fanfulla" erklärt, in der Lage zu sein, auf da« Be stimmteste versichern zu können, der Papst wünsche lebhaft, die Messe am künftigen DicnStag in St. Peter bei offenen Thüren zu lesen. Er habe auch bei der Be hörde anfragcn lassen, ob sic die Verantwortlichkeit für Auf- rechtbaltung der Ordnung übernehmen könne, worauf eine bejahende Antwort erfolgte. Als jedoch die Intransigenten im Vatican hiervon Kcniitniß erhielten, setzten sie alle Hebel in Bewegung, um den Papst von seinem Vorhaben abzu bringen, was ihnen auch gelang, so daß die Messe wie ge wöhnlich bei verschlossenen Thüren gehalten werden wird. * Eine Reihe Schweizer Zeitungen ist wegen ver zögerter Ablieferung deS neuen Insanterie-GewehreS beunruhigt. Nach der „Berner Zeitung" war es ein Fehler, daß die Fabrikation anstatt an große ausländische Fabriken an 28 einheimische Industrielle vergeben wurde, welche die Lieferfrist nicht erfüllen können. Bis Ende des Iabres werden 28 000 Stück fertig; der Gesammtbebarf be läuft sich aus 150 000 Stück. Zm Falle einer Mobilisirung würbe in diesem Jahre die ganze Armee mit dem alten Ge wehre auSrücken. * Bei dem Schlußbanket des internationalen Con- gresseS für Arbeiterunfätle dankte Linkers (Frank reich) dem BundeSrathe; Droz und Dcucher scierten die Erfolge des EongrcsieS. Der deutsche Gesandte v. Bülow hob hervor, er beglückwünsche die Herren zu dem, wa« sie erreicht. Er freue sich, daß seine deutschen Landsleute bei der Vorbereitung einer menschenfreundlichen Idee erfolgreich mitgcwirkt hätten. Der Congreß habe außerdem der Milderung der Gegensätze und der Annäherung der Personen gedient. Die Schweiz sei ein Vorbild der Verbindung von Romanen und Germanen, von Vaterlandsliebe und von Fürsorge für Arbeit. Möge ein langer Friede die noch bestehenden Gegen sätze mehr und mehr beseitigen und dem Werke des Ccngresies förderlich sein, das auf schweizerischem Boden so bedeutend vorgeschritten sei. Der Gesandte erinnerte sodann an die Mitwirkung der Schweiz bei der vorjährigen Arbeiterschutz- Eonscrcnz und bemerkte, eS solle der Regierung ihr Ent gegenkommen nicht vergessen sein. Sein Hoch gelte der Schweiz. Seitens der sranzösischcn Delegirlcn antwortete der ehemalige Polizeipräscct von Paris, Gigot, in gleichem Sinne, gab der Hoffnung Ausdruck aus ein Fortdauern der freund schaftlichen Beziehungen und betonte, sie (die Franzosen) hätten viel gelernt, insbesondere von d«n Deutschen. * Die letzte Nummer des „United Service Magazine" enthält den zweiten Artikel General Lord Wolfe len'S über den verstorbenen Feldmarschall Moltke. »Der Artikel ist zwar sehr lang", schreiben die „Times", „enttäuscht aber, wenn man ihn als wissenschaftlichen Beitrag zur modernen Strategie betrachtet. Wenn ein Militair die Strategie eines solchen Mannes wie Moltke bespricht und verlbcidigt, so sollte er sich weniger oft wiederholen nnd mehr logische Argumente Vorbringen. Wir entncbmen Lord Wolselev'S Anssatz, daß es immer noch Leute giebt, welche meinen, Moltke hätte 1300 keinen Erfolg haben sollen, weil er einen vonRapolcon ausgestellten Grundsatz verletzte. Dieser große Feldherr er klärte cs sür ein Cardinalprincip, daß die Vereinigung ge trennter Armeen oder Divisionen niemals in Gegenwart des Feindes stallsinden soll, von Moltke setzte diese Regel bei Seite und gewann Königgrä» Wie Lord Wolseleh aber zeigt, war eigentlich nichts Reue« in Moltke'S Ver fahren Napoleon « schließlicher Sturz bei Waterloo wurde gerade dadurch bewirkt, daß Wellington zu dem Manöver seine Zuflucht nahm, welches Napoleon verurtheilte. Napoleon hatte die Gelegenheit, die beiden Flügel der Verbündeten einzeln zu vernichten; Wellington hatte aber berechnet, daß er eS nicht konnte, und Wellington hatte Reckt. Bcnedck batte dieselbe Aussicht wie Napoleon, von Moltke berechnete aber, daß Benedek keinen Gebrauch davon machen würde und von Moltke hatte sich nicht geirrt. Große Generale werden nicht durch dir Studie» sogenannter Gruodsätz« geschaffen. Im Gegensag sind die Grundsätze zeitweilige und proviso rische Deducttonen aus der Praxis großer Generale. Diese Khre will Lord Wolseleh namentlich einsckärfen. Die Um- tände ändern sich heutigen Tages mit beispielloser Schnellig keit und modificircn die Strategie von morgen, ehe die Theoretiker sich über die Strategie von gestern schlüssig gemacht babcn. Diese Umstände liegen aber nickt immer auf der Oberfläche. Gewisse polemische Bemerkungen in Lord Wolscley's Artikel legen die Frage nahe, ob unsere höchsten militairischen Autoritäten ganz frei sind von den Fesseln der Tradition und Autorität. Es giebt eine zeit genössische Geistesknechlschast ebenso gut, wie eine geschichtliche. England befindet sich in besonderen Verhältnissen, welche jede Deduclion von der Wissenschaft und Praxis anderer Nationen gründlich inodificircn. Wir sind nicht sicher, ob selbst Lord Wolselcy ibre Bedeutung ersaßt und mechanische Nachahmung völlig vermieden hat." * Tie Führer der liberalen Partei Englands entfalten allmälig im Hinblick auf die koniinenden allgemeinen ParlamcntSwahlen große Rührigkeit und setzen dabei die Thatsache ins Licht, daß der Hauptpunct der Gladstone'schen Politik, Homerule für Irland, nach wie vor auch als Hauptpunct im Programm der Partei bestehen bleibt. In dieser Beziehung ist sonach eine Klärung eingetreten. Parncll wird von den Liberalen dem An schein nach als ein Mann betrachtet, der bei Herstellung irischer Hvmcrulc in Zukunft außer Frage und ohne Einfluß bleibt. DaS Schlagwort der liberalen Partei bleibt, gaiiz im Gladstone'schen Geiste: Die irische Frage bindert allen Fort schritt in der gesetzgeberischen Entwickelung Großbritanniens und muß daher durch eine entschlossene, freisinnige Maßregel deS britischen Parlaments auö der Welt geschasst, d. h. den Irländern muß ein eigenes Parlament in Dublin gewährt werden, welches daS Parlament in London von der Be schäftigung i»il rein irischen Angelegenheiten entlastet. Gleich John Mörlen hat nun auch Sir William Harcourt kiese Forderung als den Kcrnpunct der liberalen PiAttjk bei den Wahlen hingestillt. * Wie an- Bukarest berichtet wird, erkält sich dort nicht mir da« Gerücht, daß König Karl dem Kaiser Wilhelm einen Besuch abstattcn werde, sondern cs beißt, daß er bei diesem Besuche von dem Ministerpräsidenten FloreScu begleitet sei» werde. Seite»« der rumänischen Blätter wird auf letzteren Umstand besonderes Gewicht gelegt, indem sie hieraus Schlüsse aus die politische Bedeutung diese« Besuches ziehen, die sie in Parallele mil jener bringen, welcke der Reise des König- Karl nach Italien und der Thcilnabme des Generals FloreScu an dieser bcigemcssen worden ist. * Der „TimeS"-Correspondent in Pallanza berichtet, in der Umgebung des Königs von Rumänien sei von Ab- dankungsabsichten de« Königs niemals etwas bekannt gewesen. * Die „Russische Eorrcspondenz" veröffentlicht eine halb amtliche Note, worin erklärt wird, aus der Richtbegcgnung der Kaiser von Deutschland und Rußland dürsten keine nachtheiligen Schlüsse gezogen werde». Die letzte Petersburger Reise deS Kaiser« Wilhelm wäre auf besondere Einladung de« Zaren bebufS Theilnabnie an den große» russischen Manövern erfolgt; der Zar werde seinerseits den nächsten großen deutschen Manövern beiwobncn. DaS persön liche Berhältniß zwilchen beiden Kaisern sei ein äußerst herz liche«. (?) — Betreff« der Dardanellenfraae erklärt der Petersburger Correspondent deS „Nord", Rußland werde jede Elnmischung der übrigen Mächte ablehncn, auch keine fremden KriegSjchiffe im Schwarzen Meere dulden. An gesichts der Thatsache, daß da« «schwarze Meer zu einem großen Thcil von den Gebieten der Türkei, Bulgariens und Ruinänicu« begrenzt wird, erscheint diese Drohung Rußland« als eine starke Anmaßung. * Der persische Gesandte in Wien, Merriman Khan, ist aus politischen Gründen nach Teheran berufen worden. * Wie die »Eentral News" erfährt, sind in China in den Orten, wo die jüngsten Unruhen stattgefundcn haben, vier Haupträdelsführer bingerichlrt und 2l Uebel- thäter zur Verbannung auf längere oder kürzere Zeit ver- urtheilt, süns Mandarinen, welche nicht rechtzeitig Maß nahmen zur Ausrechterhaltung der Ordnung ergriffen haben, sind zur Verantwortung gezogen worden. Die chinesische Re gierung habe ihre Verantwortlichkeit für die Wahrung der Ruhe ,m Inner» des Landes völlig anerkennend, de» Vice- königen von Chilhi und Nanking anbefohlen, daS Nord- und Südgeschwader der chinesischen Flotte nach dem Gelben Flusse zu entsenden, um den Europäern Schutz zu gewähren, wo immer sie bedroht sein sollten. Bon einem gegen das Arsenal von Foochow geplanten Handstreiche sei nichts bekannt, aber eS seien unzweifelhafte Beweise von der Thätigkeit geheimer Gesellschaften anderwärts an« Licht gekommen. MMairisches. * Nach der „Post" hat e« den Anschein, als ob die Veränderungen in der Besetzung de« Gen«ral-Lomi»andoS, welche schon iin Frühjahr avisirt waren, in Kürze sich vollziehen würden. Es handelt sich ui» da« VII., Harde- und II. Armee-Corps, deren commandirende Generale in den Ruhestand übertreten wollen. DaS Garde-LorpS wird nach aller Wahrscheinlichkeit Gras Waldersee bekommen, dessen Corps llX.) an Gencrallieulenant v. Blomberg, Lominaiideur der 5. Division in Frankfurt a. O. übergehen dürste. Generallicutenant von Blume, Coinmandeur der 8. Division in Erkürt, gilt al« Nachfolger des Generals von Albedyll an der Spitze de« VII. Coro«, Aenerallteutenant v. Krosigk, Chef de« Mititair-Ncit-InslitutS, als Nachfolger des Generals v. d. Burg an der Lpitze de« ll. Corps. Hieran knüpfen sich rin« Reih« lonjllger Veränderungen, die zum Tbeil aus der Hand liegen, z. B. Hatz Oberst v. Wiltich LH«) de« Militalr-Rett- Instituts wird, Oberst Freiherr v. Bissina, Coinmandeur der Garde« du Corp«, die 3. Garde-Cavallcrie-Brigade bekommt. Der Tirector de« Allgemeinen Krieg«-Devartement«, General-Lieutenant Bogel von Falcken stein, dürste wohl an die Spitze der 5. Division treten; al« sein» Nachfolger vermuthet man de« General major v. Goßler, Lonnnaadeuk der 4L. Injaatrrie^vrigad« 1» Lav«ll
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