Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.10.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911009023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891100902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891100902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-10
- Tag1891-10-09
- Monat1891-10
- Jahr1891
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
AbonnementSpreiS in der Hauptexpedittoa oder den im Stadt, bezirk und den Bororten errichteten Au«, gabestrllen ab geholt: vierteljährlich./t4.üO, bei zweimaliger t'glicher Zustellung in» Hau« 5.50. Durch die Post bezogen siir Deutschland und Oesterreich: vierteliährlich 6.—. Tirecte tägliche Kreuzbandseiidung in- Ausland: monatlich >1 9.—. Die Morgen-Au-gabe erscheint täglich 6 Uhr, die Abend-Lusgabe Wochentags 5 Uhr. Nednrtion und Lrpedition: JotzamikSniissc 8. Di« Expedition ist ununterbrochen ge öffnet vou früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: Ltto Klemm- Sortim. (Alsrrtz Hahn). Universitätsslraße 1, Louis Lüsche, Katharinenstr. 14, pari, und König-Platz 7. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^ M. Abend-Ausgabe. tiMgcr Tagtblalt Anzeiger. Organ siir Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschLstsverkehr. Morgen- Insertion-Preis »^Ausgabe: dt« 6g«spaltell« Metü« »eil« SöReclamea unter dem Redacnoas» strich (4 gespalten) 50-j. vor den Familie». Nachrichten (6gespalten) 40-L. Abend.Ausgabe: die «gespaltene PetitzeUe 40 Reclamen unter dem Siedactioatstrich l4geipalten) 1 Famtliennachrichten und Anzeigen verlorener Gegenstände sügespalten) 20^. Größere Lchriste» laut unserem Prett- verzeichnib. Tabellarischer und Ziffernsatz, nach höherem Tarif. t-xtra-Beilagen (gefalzt), nur mit de» Morgen-«ueaab«. ohne Postbeförderuo^> » 60.—, m,t Postbesärderung 7V.—>. Änuahmeschtuß siir Jaserite: » Abend-Au-gabe: Bormtttag- 10 Uhr. Morgen-Bu-gabe: Nachmittag- - Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stund« früher. Inserate sind stet« an die Erp-tzM«« zu richten. Freitag den 9. October 1891. 85. Jahrgang. Die Sorialdcmokratie in ihrer wahren Gellalt. i * Wohl nie ist von einer Partei soviel geschrieben worden, wolil von keiner Partei soviel Aufheben- gemacht worden, als von der socialeemokratischen. Hat diese Beachtung eine Berechtigung? Wir glauben nickt. Wobt nirgends ist der AnSdrnck: „Biel Geschrei und wenig Wolle" mebr anwendbar als hier. Zn Nachstehendem wollen wir ein kleines Bild zu geben versuchen: die socialdeinokratiscke Partei wie sie ist, d. h. wie die wahren Anhänger dieser Partei sind. Tic Reickstagswablcn vom 20. Februar 1890 erbrachten den zisfernuiäßigcir Beweis, daß die socialdemokratische Partei betreffs der Stimmenzakl der Wähler die stärkste sei und diese Thatlache wurde von den Führern und ihren Anhängern als ein Wcllercigniß gefeiert und zu ihren Gunsten aus- zubeuten versucht, obgleich sich dieselben darüber klar waren, das; dies nur eine Täuschung sei. Wohl lein vernünftiger Mensch wird glauben, daß die Tausende, die ibre Ttinime auf die socialistischen Eantidatcn vereinigten, Socialtemo- lratc» seien — Sccialdemokraten im wahren Sinne deS Wortes. Und diese Annahme, sie hat ihre Bestätigung ge sunden und findet sie tagtäglich. Als mit dem I. Oclobcr 1590 daS Socialistengesctz siel und der Socialdemokratic die alte Freiheit wicdergegeben wurde, da fand sich unter den Fübrcrn und Localschreiern die alle Schaffensfreude wieder. Unternehmungen aller Art traten ins Leben, Geiwssciischaftcn wurden gegründet, die Presse nabm einen nie gesehenen Umsang a», denn unter diesen Tausenden von Wählern und „Genossen" — so sagte man fick — mußten diese Unternehmungen floriren, mußten sic blühen und gedeihen und für viele der Ibäiigcn und lhäkigstcn Genossen eine Existenz und milchende Kuh abwcrsen. Und beute? Alle diese ins Leben gcrusencn Unternehmungen floriren sie etwa? Nein! Es bat sich ge zeigt, daß, wie oben gesagt, der ziffernmäßige Beweis der klärte der Socialtemokratie nichts Weiler ist als eine Täuschung, eine Lüge. Tic in den einzelnen Orten gegründeten Productcn- vcrlhcilungs- und Eonsnm-Bercinc gingen zum Tbeil ein, zum andern Thcit stehen sie auf so schwachen Füßen, daß ihre Existenz nur eine Frage der Zeit ist. Ebenso verhält eS sich mit den Prcßnntcrnehmungcn. Fast alle, um nickt zu sagen alle, arbeite» mit Berlust und viele haben ihr tägliches Er scheinen auf ein dreimal wöchentliches beschränkt, andere ganz eingestellt. Freilich ist nach Ansicht der „Genossen" der schlechte Geschäftsgang schuld, und hieran wieder die heutige „capilalistischc ProkuciionSwcise". Freilich die Wahrheit wollen sich die Herren nicht cingcstcbcn, sie wäre ja auch eine bittere Pille für sie. Tic ganzen Unternehmungen wurden ohne Eapitalien begründet und dort. wo sic schon bestanden, „übernommen", d. h. die Besitzer wurden gezwungen, vbne Entschädigung der Partei das Eigenthumsrcchl zu überlasse» Es hieß zwar be treffs der Preßuntcrncbmungcn, „dem Arbeiter eine geistige Waffe gegen das Bedrückerthum, die Bourgeoisie, in die Hand zu geben", in Wahrbeit aber, um denen, die nicht gern arbeiten und doch gut leben möchten, für vieles Geld ein Unterkommen und Existenzen zu sichern — die Arbeiter wür den es ja schon bczablcn. Aber man hatte sich doch ein wenig verrechnet, die Wähler waren La, aber an „Genossen" fehlte cs, denn cs wäre doch Jedes Pflicht, der sich zur socialbemokratischcn Partei, d. h. zum Programm bekennt, diese Unternehmen zu unterstützen! Ein Gleiches gilt von den socialdemokratischen Versamm lungen, specicll den Partciversammlungen. Hier findet man stets ein und dieselben Wenigen, die sich zusammcngefundcn baben und die Vorschläge und Forderungen zu schmiede», die kann in die Welt binausposaunt werden, als vom Volke, von der Gesammtbeit der Arbeiterschaft ausgehend. Zm Nachfolgenden ein Beispiel so einer „Parteiversammlung". Ter Einberufer eröffnet die Bersammlnng und bittet um Vorschläge zum Bureau. Die Perfoncn sind hierzu im Boraus bestimmt »nd werden selbstverständlich „einstimmig" gewählt. Ans der Tagesordnung stcbt vielleicht eine Wabl zu irgend einem Eongrcß oder einem Eomitv. Der Borsitzcndc liest der Persammluiig die Vorschläge hierzu, die von den „besten der Nation" schon zu Papier gekrackt worden sind, der Ver sammlung vor und diese werden dann wieder einstimmig gewählt. Ankere Vorschläge werten von der Versammlung niemals gemacht, denn das hieße sich gegen die Autoritäten anilebiicii. Selbstverständlich werden nur „hervorragende" 0 enossc» gewählt, da ja so ein Delegirler bekanntlich nicht schleckt bezahlt wird. Wie mit de» Parteiversammlungen, verhält es sich auch mit den öffentlichen Volksversammlungen. Ter Besuch ist ein schwacher und nur wenn ein Rcichstagsabgeordiictcr als Referent fungirt, ist er zahlreicher. Um nun aber doch nickt diese Tbatsacke eingcstehe» zu müssen und die Versammlungen zngsähigcr zu mache», verfällt man aus allerlei Zugmittel, und das muß man eingcstchcn, hierum ist die Socialdemokratic nicht verlegen. Hier eine Probe: Anläßlich des ScdantageS sollten in Ebcmnitz zwei Protestversammlungen statlsintcn. Um diese aber „großartig" zu gestalten, mußte man, so sagten sich die Einberuscr, auf etwas verfallen, um das Publi cum hcrbcizulocken, und dies fand ein findiger „Genosse". Ans den Plaealcn konnlc man nämlich de» Schlußsatz lesen: „Zn dieser Versammlung sind die städtischen Behörden be sonders eingciaden worden." Daß dieser Einladung nickt slaltgegeben werden würde, darüber waren sich die E'nberuscr einig Aber man erreichte damit, was man wollte, das Publicum strömte herbei, nickt etwa, um die phrasenhaften Reden der Referenten zu hören, nein, man war neugierig aus die Tiöeussion, denn glaubte man doch, die städtische Behörde hätte der Einladung Folge gegeben. Am andern Tage konnte man aber lesen von der „großartige» Kund gebung", die stattgesunden batte. Und wie hier, so ist cS überall — der überzeugten „Genossen" giebt cS wenige^ Tic Arbeiterfreundlichkeit, dies Schild, welches die Social- dcmokratie aushängt, um die Arbeiterschaft in ihr Lager zu ziehen, ist weiter nichts als eitel Heuchelei. Man weiß den Arbeiter durch schöne Worte an sich ru locken, ihn von der Seite zu nehme», wo er am schwächsten ist, ihm zu sagen, daß er nur Arbeiter ist, während er doch Capitalist sein könnte, wie jene, in deren Diensten er jetzt steht, und andere schöne Redensarten mehr. Wie aber sieht die Arbeiterfreundlichkeit unter der Social demokratie in ihren eigenen Unternehmungen aus? Einige Beispiele mögen für sich selbst sprechen. Ei» socialdemokra- tischcr Arbeitgeber, der in seinem Orte tonangebend war, that u. A. den gewiß sehr „arbeiterfreundlichcn" Ausspruch, als seine Arbeiter sich weigerten, noch länger die bei ihm übliche „Maximal"-Arbcitözeit von 18 bis 20 Stunden mit- zumacken: „Man muß die Arbeiter ausquetschen bis aufs Blut!" Ein anderer „wertber" Genosse und demnächstigcr Eandidat zu den sächsischen LandtagSwahlcn titulirte die Ar beiter „Bande", die man zum „Teufel jagen solle". Ein Arbeiter erklärte, baß er bei diesem ehrenwerthen „Genossen" nicht arbeiten würde und wenn er die Woche 50 ^ be kommen solle. Und dieser Beispiele gäbe eS noch viele, leider bleiben sie nur vor der Oeffcntlichkeit verborgen, sic würden viel dazu beitragen, dem Bolke die Augen zu offnen. Was will nun aber die Socialdemokratic mit all dieser Schönthuerci und Liebäugelei mit der Arbeiterschaft? Hören wir, was darüber ein hervorragender Führer der Social demokraten schreibt: „Wo die Socialdemokratic sich dennoch an der gewerb lichen Gesetzgebung betheiligl, da geschieht eS ausschließlich zu agitatorischen Zwecken". Und worin bestehen diese Zwecke, die die Socialdemokratic ;n erreichen suckt und welches sind die Mittel? Auch hierüber giebt uns eine Schrift eines bekannten „Genoffen" Auskunft, wo eS u. A. beißt: „Das einzige Mittel ist eine tiefgehende und darum nach haltige Revolution, eine Revolution, friedlich, oder wenn cS sei» muß, blutig, bcrvorgerufen und auSgefochtcn durch den Arbeiterstand." Und weiter: „ES wird unS nicht einen Augenblick einfallen, Arbeiter von der Anzettelung einer Revolution abzureden!" Also die Schrecken der Revolution sind das Ziel der Socialdemokratie und die Arbeiterschaft gut genug, die Kastanien für sic aus dem Feuer zu boten. Und wenn diese Revolution zu Gunsten der Social demokratie auSsallcn würde, dann würde das „Morgenroth einer neuen Zeit" anbrechen, der „einige, brüderliche, soeia- listische ZukunstSstaat." Wie eS in diesem Zukunstsstaat ausseben würde, davon geben die letzten Borkommnisse in der Partei, specicll in Berlin, einen Borgeschmack! Leipzig, 9. Oktober. * Sc. Majestät der Kaiser gab, als er sich am TienStag Abend auf der Rückreise nach Berlin von Tbeerbude nach Trakebnen begab, unmittelbar ehe der Zug Marienburg passirtc, die M'sicht zu erkennen, dem Hoch schloß, daS der Bollendung seiner Rcnovirung cnlgegenfieht, einen Besuch ab- zuslattcn. Kurz vor 8 Uhr Morgens hielt der Zug in Marieuburg. Von der Absicht des Kaisers schien Graf Dohna, Burggraf zu Marienburg, unterrichtet zu sein, denn derselbe batte zwei Equipagen entsandt, welche Se. Majestät nebst engstem Gefolge benutzte. Die Besichtigung des Schlosses nahm Stunden in Anspruch. * Der Kaiser traf mittelst Extrazugs Donnerstag Abend 5 llbr 51 Minuten in Würz bürg ein und wurde von der auf dem Bahnhöfe angesammelten, nach Tausenden zählenden BolkSmcnge mit enthusiastischen Kundgebungen empfangen. Der Kaiser dankte freundlich »ach allen Seilen und setzte »ach einem etwa 5 Minuten dauernden Aufenthalte, während dessen die Maschine gewechselt wurde, unter stürmischen Hochrufen der Versammelten die Reise nach Stuttgart fort, wo der-Kaiser um 9 Uhr Abends eintras und vom König Wilhelm ani Bahnhöfe empfange» wurde. Zum Empfange des Kaisers waren außer dem Könige noch die Prinzen des württcmbcrgischcn Königshauses, sowie Prinz Heinrich von Preußen, ferner die Generalität auf dem Bahnhöfe anwesend. Eine Ebrcncompagnie war der Trauer wegen aus dem Bahnhöfe nicht anwesend. Beide Majestäten begrüßten einander auf daS Herzlichste und begaben sich daun zu der im Schlosse aufgebahrtcn Leiche weiland König Karl's. Hier legte der Kaiser einen Kranz nieder und verrichtete ein stilles Gebet. Aus dem Wege zum Schlosse wurden die Mon archen von dem zahlreichen Publicum cbrcrbietigst begrüßt. Ferner trafen zu den Lcichcnfeierlichkciten in Stuttgart ein der Erbarvßhcrzog von Baden, Erzherzog Friedrich und der Herzog Philipp von Württemberg. Aus den Straße» stand ein Kopf an Kopf gedrängte Volksmenge, da der Lcichen- conducl sich auf den kleinen Raum des Residcnzschlosics und alten Schlosses beschränkt. * Gestern bat der BundeSratb seine Sitzungen wieder ausgenommen. Auf der Tagesordnung standen außer dem TrunksuchtSgcsetz nur kleinere Gegenstände. * Die ReichSrcgierung wird sich demnächst mit der Frage einer großen Industrie-Ausstellung in Berlin zu beschäftigen baden. Die Gutachten der vrcußiscken Handels kammern, welche über diese Frage durch die Handelskammer zu Osnabrück im März 1891 eingesordcrt waren, liegen jetzt fast vollständig vor. Verschwindend klein ist die Zahl der jenigen Handelskammer», welche sich ablehnend verhallen. Die Mebrzahl der Gutachten ist für eine deutsch nationale, eine immcrbin bcachtenöwcrlhe Anzahl für eine Weltausstellung in Berlin. Innerhalb der verbündeten Regierungen dürfte auch zumeist der Wunsch nach Veranstaltung einer deulsch- nationalc» Ausstellung, vielleicht unter Huizuziehung Oester reichs, zahlreiche Anbanger finden. Tic Stellungnahme der ReichSrcgierung wird für die Frage, ob eine Weltausstellung oder deutsch - österreichische Ausstellung veranstaltet werden soll, maßgebend bleiben. In diesem Augenblick läßt sich indessen noch nicht erkennen, wie die Entscheidung auSsallcn wird. Innerhalb der deutschen Industrickrcise macht man Alles von der Stellungnahme der Reichsregierung abhängig. * Da- „Armcc-VerordnungS-Blatt" veröffentlicht folgenden Armee-Bcfebl: Leine Majestät König Karl I. von Württemberg ist beute all dem Leben geschieden. Mit Mir betrauert die ganze Annee den Heimgang eiucS deutsche» Fürsten, der tu dem glorreichen Kriege 1870/71 Meinem verewigten Großvater. Kaiser Wilhelm I., treu zur Seite gestanden hat, während Württemberg- Söhne, dein Belebt ihre- Königs folgend, in enger Waffengemenischast mit ihren deutschen Brüdern gekämpft habe». Seit jener große» Heit hat des dahingeschledencn König« Majestät nicht ausgehört, diese Waffengeineinschast zu pflegen und zu sürdern. Um Meiner und Meiner Armee Trauer einen sichtbare» Ausdruck zu geben, bestimme Ich, daß die Lfficiere der Armee drei Tage »nd die des Jnsanterie- RcgimentS von Lützvw (I. Rheinische-) Nr. 25, welche« mit König Karl seinen hochverehrten Ches verloren, acht Tage hindurch den Trauerflor um den linken Unterarm anzulegen haben. Jagdhaus Rominten, den 6. Lctober 1891. Wilhelm. * Die „Post" schreibt: Unsere Notiz über die Besetzung höherer Eommandostcllcn der Armee erfordert eine Richtigstellung in der Weise, daß nicht der General-Lieutenant von Krosigk, sondern General-Lieutenant von Blume zum commandircnden General des ll. Armeecorps auS- ersebeii ist. * DaS Dircctorium des Centralverbandeö deut scher Industrieller hielt am Mittwoch in Berlin eine Sitzung ab, in welcher beschlossen wurde, den Ausschuß dcö CcntralvcrbandeS zum 14. November nach Berlin zusammen- berufcn und auf die Tagesordnung von dessen Sitzung die Novelle zum KraiikenversicherungSgeseY, sowie die AuSstcllungS- fragcn zu setzen. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bemerkt in einem Artikel über den Ausfall der diesjährigen Kar toffelernte in Deutschland Folgendes: „Waö jedoch das Resultat der erntcstatistlschen Erhebung des Kartoffelertrages anlangt, so wird nunmehr wohl auch den hartnäckigsten Pro pheten einer totalen Mißernte in dieser Frucht ihr — Jrr- tkum klar geworden sein. Sind aber wirklich die Erträge dieses Jahres geringer als der zehnjährige Durchschnitt, ob wohl sie nickt unwesentlich höher sind als die des letzten Erntejahres, so sollte dabei doch nicht »»beachtet bleiben, wie nur ein sehr geringer Tbeil der erbauten Kartoffeln zu Zwecken der menschlichen Ernährung Verwendung finden kann. Der Haupterlrag dieser Frucht findet zu Brennerci- zwecken, zur Herstellung von Kartoffel-Stärke und -Eyrup und als Viebfutter Verwendung, und kann davon gar keine Rede sein, daß ein Mangel an Kartoffeln für Menschcn- nahrung zu befürchten wäre. ES erscheint daher auch gänzlich ungerechtfertigt, wenn unter Voraussetzung eines solchen Mangels neuerdings wieder ein Heraufschraubcn der Roggen- Preise versucht worden ist. Der Ausfall der Kartoffelernte »nd die im ganzen Lande gemachte sehr günstige Ernte an Hafer uns sonstigem Sommergetreide werden sogar ein erheb liches Ouantum a» Roggen für Brodzweckc frei machen, das sonst andere Verwendung zu finden pflegte." * Bekanntlich sind auf der im Jahre 1889 in Washington abgehaltenen internationalen SchifffahrlSconferenz die Bor schriften zur Verhütung des Zusammenstoßes der Schiffe aus See Gegenfland der Verhandlungen gewesen, und es wurde eine anderweitige Gestaltung dieser Vorschriften vorgesehen, welche vor Allem die Aufgabe bat, die in diesem Betreff zwischen den einzelnen Staaten noch bestehenden Ver schiedenheiten zu beseitigen. Wie wir nunmeyr aus dem soeben erschienenen Bericht der Handelskammer für Ostsrics- land ersehen, ist schon vor einiger Zeit im ReickSamt deS Innern aus Grund der damaligen Feststellungen ein Entwurf zu neuen Vorschriften der genannte» Art auSgearbcilet und den betbeiligten wirtlffchaftlichcn Eorporationen in den See städten zur Begutachtung vorgclegt worden. * Die Dcutschfreisinnigen in Berlin empfangen jetzt eine merkwürdige Lehre. Für die im November bcvorstebenden Stadtverordnetenwahlcn treten die Socialdcmokratcn in eine umfangreiche Agitation gegen die jetzige Mehrheit der Stadtvertretung und den Magistrat ei», weil diese einen Nolhsta nd unter der Berliner Arbeiterbevolkerung nicht aiierkennen wollen. Die Berliner Stadtverwaltung, sowohl der Magistrat als die Sladtverordnetcilversammlinig, sind be kanntlich zum weitaus größten Theilc dcutschfreisinnig, und nun denke man an den ungeheuren Lärm und Schwindel, der von freisinniger Seite mit dem Nothstand und der Thcucrung getrieben worden ist, um die ganze drastische Komik des Vorganges zu verstehen, daß die Deiilschfreisinnigen dort, wo sie in der Herrschaft sind, eben wegen ibrcr Gleichgiltig keit gegen diesen „Notbstand" mit gutem Erfolg bekämpft werden. Fortschrittler im Regiment und solche in der un verantwortlichen Opposition sind freilich zwei sehr verschieden artige Begriffe. * Der Wirkliche Geheime KriegSrath Engelhard von der Verpflegungsabtbeilung des Kriegsministeriums in Berlin und der Landwirthschaftsmiiiistcr versprachen in einer Zu sammenkunft mit dem amerikanischen Ackerbauvcrwaltungs- vertrctcr Murphy diesem, daS von ihm als Ersatz für Brodstoffc empfohlene Maismehl einaebend zu prüfen und probeweise Verkalkungen dieses MchleS vornehmen zu lassen. * Die „Hamburger Nachrichten" veröffentlichen solgeuven bemerkenswcrthen Artikel: „Eine Thatsache, die »ns mit Sorge ersüllt, liegt in der Ucberlcgenbcit der Taktik, welche die europäische Schulung der internationalen Fractionen, des EeiitrumS und der Socialdemokratie, der spccisisch deutschen, ressortmäßig oder provinziell abgegrcnrten KampseS- weisc der Burcaukratic gegenüber besitzt. Unter letzterer begreifen wir auch die vo» ihr abhängige oder mit ihr taktisch gleichwcrthigc Presse, die nach ihren öffentlichen Kundgebungen sich befriedigt und beruhigt fühlt von der „neuen nationale» Haltung der EcnlrumSpartei": Wir haben bei den Kämpfen zwischen dem „Osservatore Romano" und den nationalen Proteste» a»s dem Eentrum und bei der plötzlichen und lärmende» Demaskirung der reichsfeindlichen Batterie dcS „Fränkischen VolkSblattcs" und Genossen nicht umhin gekonnt, uns die Unterlagen mancher romantischen Er zählungen und Lperntexte aus älteren Zeiten zu vergegen wärtigen, in welchen der Bewerber um die Braut eS cinzu- richten weiß, daß diese oder der widerstrebende Schwiegervater von Räubern angegriffen und dann durch rechtzeitiges Ein schreiten des Bewerbers die Tugend des Letzteren in Helle- Licht gestellt wird. Wir vermögen den Verdacht nicht los zu werden, daß die französircudcn Stimmen im „Osservatore" und die brutal reich-feindlichen im „Frank. Volksbl." und anderen Blättern» welche jo überraschend auf der Bildfläche erschienen sind, nicht ohne den Hintergedanken thatsäcklich wurden, der Ecntrum-politik Gelegenheit zur Be« thätiaung ihrer Regierungsfähigkeit zu liefern. Der Mangel an DiSciplin, der innerhalb der ultramontancn Partei, im Brücke mit der Vergangenheit, eingerifsen sein müßte, wenn die Kämpfe, welche sich in der Presse abspielen, ernsthaft sein sollten, ist u»ö nach allen früheren Er-, fahrungen nicht glaublich. Die Haltung des Eentrums als regierungsfähige Partei hat ja in der neuesten Zeit erhebliche Fortschritte gemacht, nur lastet auf ihr noch immer die Er innerung an frühere Eindrücke, als ob daS deutsche National- gesühl der EentrumSleitung sich nicht mit hinreichender U»ab- ^ bängigkeit von römischen Einflüssen bewege. Für daS Bedürfniß, heute derartige Eindrücke zu verwischen, wird der politische Scharfsinn der leitenden Kräfte schwerlich blind gewesen sein, und es liegt ihnen sehr nahe, die geistigen Beziehungen deö EeiitrumS zur EtaatS- und ReichSleitung dadurch zu fördern, daß man schärfere Gegner des Reichs in Gestalt einer sranzosenfreund- licken Curie und offen reichsfeindlicker Pnblicistik im „Frän kischen VolkSblatt" auftreten läßt, um durch ein Pronnnciamiento des germanischen Elements im Eentrum die eigene Regierungs- fäbigkeit in helleres Licht zu setzen. Der berrschendcn Leicht gläubigkeit und der fortschrittlichen Eonnivcnz gegenüber braucht ein derartiger Operaiionsplan gar nicht einmal sehr undurchsichtig zu sein, um den gewünschte» Effect hervorzu bringen. Wir glauben nicht an die Ernstkafligkeil der fran- zösirenden Politik des „Osservatore", wir kalte» sic für „be stellte Arbeit". Ebensowenig glauben wir an die Be kehrung einzelner Strcitkräsle der Socialdemokratic zu einer nalionalcn und staatlich möglichen Politik, welche in jüngster Zeit die staatlichen Etcineiile, die den Kamps scheuen, veran laßt, auch gegenüber der Sccialtcinokratie ein, auch nach Um ständen zwei Augen zuzudrückcn, und sich dem beruhigenden Gefühle von Voltaires Eandite hinzugcbcn, daß „in dieser besten der Welte» Alles zum Beste» eingerichtet sei". Wir können uns der Besorgnis; nicht verschließen, daß nicht nur, wie bei jeder belagerten Festung, die natürlichen strategischen Bortkcile, sondern hier auch die strategische Gewandtheit größer ist, als die der Bertheidigung. Wir glauben nicht au staatliche Bersöhiiuiig der srükerc» Reicksgegner und miß trauen der Gefälligkeit, mit der sie ikrc Stacheln in der Hoffnung auf die Zukunft vorläufig cinziekcn." * In der Ansprache dcS Königs Wilhelm H. an daS württembcrgischc Volk, welche wir mitgetheilt haben, heißt cS: „Ich verspreche, die Verfassung deö Landes getreu zu wahren . . . und Meine Stellung als Regent eines deutschen Staates in unerschütterlicher Treue zu den Verträgen, die unser große« deutsche» Vaterland begrün- teten, wahrzuiiebmen." Diese AnSdrnckSwcise, welche die „Verträge" als die jetzt geltende staatsrechtliche Grundlage des keuligcn Zustandes im Deutschen Reiche bezeichnet, ist neuer dings mehrfach und an verschiedene» Stellen ofsieicll gebraucht worden ; cs braucht dakcr nicht notkwentiger Weise vermnthct zu werden, daß ihrer Anwendung in dem wnrllenibcrgischeu Schriftstück eine Absicht zu Grunde liegt. Aber ein fvrt- geseylcr unrichtiger Sprachgebrauch taun leicht falsche Vor stellungen erwecken: deshalb und weil nachgerade eine Generation hcrangewachscn ist, welche nicht aus eigener Erinnerung die Entstehung bcs Reiches kennt, scheint e-, wie die „National-Zeitung" betont, nolhwenbig, wieder einmal fcstzusteUcn, daß die „uncrschütlerlichc Treue" de- deutschen Volles und der deutschen Fürste» der Verfassung eines Nationalstaates, nicht „Verträgen" gilt,mit denen möglicher Weise die Vorstellung verknüpft werden könnte, daß unter irgend welchen Voraussetzungen auch deren Auslösung er- crsolgcn dürfe. DaS Rcichögcfcy vom l«>. April 1871, durch welches die neue Rcdaclion der Rcichsvcrfassung verkündet wurde, besagt, daß diese Verfassung an die Stelle der zwischen dem Norddeutschen Bunde, Baden und Hessen ver tragsmäßig vereinbarten Formulirung der norddeutschen Verfassung, sowie an die Stelle der mit Bayern und Württemberg über den Beitritt zu dieser Verfassung ge schlossenen Verträge tritt. Der Eingang der Reichöverfafsung conslatirt kurz diese geschichtliche Entwickelung, deren Ergebnis; eben die Verfassung ist. Ihr gebührt die Treue des deutschen Volkes und der deutschen Fürsten. * Das amtliche „Dresdner Journal" schreibt Fol gendes: Bekanntlich wird bei imS der hohe Stand der Flcisch- preise heute noch durch die Biehzölle zu motiviren gesucht, da die Einfuhrerlaubnisse, die sonst als BerbilligungS- maßregeln verwertbet wurden, kein Sinken der Fleischpreise zur Folge gehabt haben. Daß aber die Viehhändler und EngroSschläckter cs sind, welchen wir die seit zwei Jahren anhaltende Theuerung verdanken, wird von den Freihandels- blättcrn durchaus nicht zugegeben. Wie oft hat die demo kratische Presse daraus bingewiesen, daß das Fleisch jenseits unserer Grenze» bedeutend billiger sei, als bei unS zu Lande, wie osl ist von jener Seite an dergleichen Meldungen die Bckauptung geknüpft worben, auch in Deutschland werde das Fleisch so billig werden, wenn man mit den „vcr- tkcucrnden Zollen" anfräumc Nun kommt eine Nachricht aus Wien, welche diese ganze srcikändlerilche Bcwei-führung über de» Haufen wirst. In der österreichischen Kaiserstadt wurden »ämlich vor einige» Tagen im Gemcinderathe Inter pellationen wegen der Fleischtkeuerung cingcbracht, in welchen aus den Unmuth und die Beunrubigung der Bevölkerung über die zunekmcnte Bcrlhcuerung bingewiesen und der Bürgermeister zu energischen Bemükungeii bei den maß gebende» Factoren ausgefordert wird. NöthigenfallS soll auch der Kaiser um Abkilfc angegangen werden. Die plötzliche Steigerung beträgt 5—10 Kr. pro Kilo, und eS sind auch die Vororte durch diese etwa durch »langelnden "Austrieb an Schlachtvieh gar nickt gerechtfertigte Maßregel in Mitleidenschaft gezogen Dieser Bericht, den auch drutsch- sreisinnigc Zeitungen harmlos wiedcrgebc», beweist auf daS Schlagendste die Trüglichkeit der freihändlerischen Behaup tungen In Wien „hemmen" die Bildung der Fleischpreise weder Zölle noch Einfuhrverbote; Wien liegt jenseits der Greuzpfähle, hinter denen die Freisinnigen uns das Land deS billigen Fleische« schildern, und doch: „nicht gerechtfertigte zu nehmende Fleischverlheuerung!" Es ist also in Wien ganz so wie bei uns. Die Flrischverthcuerer sind die Vieh- und Großhändler, und deren Treibe» findet dort wie hier durch die liberale Freihandelspresse ausreichendste Unterstützung.^,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite