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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920208028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892020802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892020802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-08
- Monat1892-02
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Berliner LandtagS- wahlkrei« führte am Sonntag in der im „Sanssouci" rdgebaltenen Versammlung freisinniger Wablmänncr und Urwähler zu sehr lebhaften AnScinankersetzuiiacii. Der Vorstand de« WablvcreiiiS bat bekanntlich den ReichStagS- adgeordncten vr. Alex. Meyer als Kandidaten in Vorschlag gebracht und aus diese lLankidatur zielte auch die Resolution, welche nach der Ansprache des bisherigen Abgeordneten, Bürgermeister Zelle, der Rechtsanwalt Sachs rinbrachle und die wie folgt lautete: „Die Versammlung wolle beschließen, mir solche Wahlmänncr zu wählen, welche sich verpflichten, uur einem Candidaten ihre Stimme zu geben, der parlamen tarisch geschult ist, der unsere städtischen Verhältnisse genau kennt und dessen Vergangenheit gewährleistet, daß er die sreisiningen Grundsätze bei allen wichtigen Fragen zur Geltung bringen wird." In weiteren Kreisen des Wahlkreises ist man dagegen mit dieser Candidatur nicht einverstanden und wünscht mit Hinblick auf das VolkSschulgesey de» Vorsitzenden der All gemeinen deutschen Lebrersckatt und Retaetcur der Preußischen Lehrvrzcituna, Lehrer Klanßni tzer, als Eandidaten ausgestellt zu sehen. Zur Unterstützung dieser Kandidatur waren zahl reich« Lehrer in der Versammlung erschienen. Ein Mitglied teS Wahlvorftande« selbst, der Gürtler Braun, war es, der zuerst vorschlug, der Wablvorstand möge außer Alex. Meyer noch einen anderen Eandidaten Vorschlägen, der das Schul wesen besser beherrsche. Rechtsanwalt Sachs machte dem gegen über darauf aufmerksam, daß Eugen Richter, der anerkaiiiite sichrer der Partei, dessen Bolksschulrede zugleich beweise, daß man auch als Nichtpädagoge sür die Schule eintretcn könne, dringend erklärt habe, die kleine freisinnige Fraclion im Landtage zahle die Tage, wo Abg. Meyer im Parlament er scheinen werde, um die Rechte der freisinnigen Bürgerschaft wabrnehmen zu können. Es sei somit wohl ein Entgegen kommen, da« man dem Führer schulde, wenn man unter diesen Umständen an der Meycr'schen Candidatur fcsthalte. — Rector Hopsch betonte dem gegenüber, daß cS sich nicht darum bandele, den besten, sondern den nützlichsten Candidaten aufzuftcUcn. Die freisinnige Lehrerschaft bade scsi erwartet, daß man bei dieser Wahl aus sie Rücksicht nehmen werde, da eS im Abgeordnetenhaus« keinen einzigen Abgeordneten gebe, der die Volksschule durchgemacht, und da man in Klaußnitzer einen Candidaten präsentire, auf den nicht nur die Lebrerwelt, sondern auch die freisinnige Partei stolz sein könne. Unter den obwallenden Umständen aber sei er autorisirt, auch im Nanven deS Eandidate», lediglich im Parteiinlcrcsse die Vcrzichtle/stung auszusprechen in der Erwartung, daß bei den nächsten Wahlen man sich der freisinnigen Lehrer erinnere. Die Erklärung rief lebhaften Widerspruch hervor und eS scheint fast, >alS ob man sich dieser Verzichtleistung nicht fügen will; wenigstens wurde bei der Abstimmung über die Re solution der Passus, daß der Abgeordnete parlamentarisch ge schult sein rnüssc, abgelehnt, im Uebrigc» aber diese Resolution, sowie eine zweite, die die Abgeordneten der Partei zum energischen Einlreten gegen da« Volksschulgcsetz aussorkerte, mit großer Majorität angenommen. * Zu der von vielen Seiten gerügten Dbalsache, daß bei der Ausführung von Sudermann s „Ebrc" iin polnischen Theater ;n Posen der Name „Otto Schönkausen" an Stelle des Namens Michalski cingesügt Worten m, bemerkt der „Dzicnuik Poznanski": „Die polnische Uebersetzung des SlückeS ist von Krakau, wo da« Stück schon früher ausgcsührk worden ist, hierher gelang«, und da ist kan» der Name un verändert so geblieben, wie er in der Krakauer Uebersetzung enthalten war, sogar die diesige Tbealercensur bat in dieser Atiiderung des Namens keine Anspielung gefunden. Erst als die Tbraterdircction darauf aufmerksam gemacht wurde, bal sic bei der Wiederholung de« Stückes den ursprünglichen Namen, wie er in dem Sutermann'schen deutschen Stücke enthalte» ist, wieder hergestcllr." * In einer unter dem Vorsitz teS Oberbürgermeister« v. Forckenbcck slattgekabken Sitzung >n Berlin wurde, wie die „VolkSzeitung" meldet, der Entwurf der Petition der Berliner städtische» Behörden gegen das VolkS- schulgesetz definitiv festgeklellt, und eS wird dieselbe unver züglich der Stadtverordneten Versammlung zur Genehmigung unterbreitet werden. In der Petition wird namentlich ans die durch da« erwähnte Gesetz verursachte Zerstörung der in der Schul-Deputation zum Ausdruck gebrachten Selbstver waltung kingewiescn, nachdem die Deputation 80 Jahre ihre segensreiche Thätigkcit entfallet hat. * Graf Lannay, der italienische Botschafter in Berlin, ist, wie gemeldet, am Sonnlag Vormittag 8l,r llhr ge storben. In ibm bat das EorpS der fremden Diplomaten in Berlin seinen Doyen, Italien einen der bewährteste» StaalSmänner und Deutschland einen treuen Freund ver loren. Länger als zwei Jahrzehnte hat Graf Launay sein Vaterland am deutschen Kaiserbof vertreten. Es giebt wenige Diplomaten, die sich rühmen könne», eine gleich lange Zeit »nnnterbrochen auf einem und demselben Pollen auSgeharrt zu haben. Gras Launay diente zwei Königen, und war nach einander bei drei Kaiser» be glaubigt, und bei allen war er pvrxonn cwati»!>imn tzg war kein geringes Zeichen teS Wohlwollen« für den Botschafter von Italien, daß vor einigen Jahren Kaiser Wilhelm I. den Ausschub de« Balle» wünschte, de» der Botschafter und seine Gemahlin zu geben beabsichtigt hatten, um auch mit der Kaiserin auf dem Feste erscheinen zu können. Einige Jahre daraus, im Iabre 1880, erhielt Gras Launay von seiner Regierung eine große Auszeichnung. Eine vom Ministerium des Aenßern inspiririe Rotiz sagte i» Bezug aus die 4Kr- lcibnng des höchste» italienischen Ordens an den Botschafter Italiens in Berlin: „Die Verleihung des Annunziaten, d. l>. teS höchsten Ordens, an unseren Botschafter in Berlin ist ei» Zeichen der Wichtigkeit, welche Italien seiner Vertretung bei dem beute mächligslc» Kaiserreiche Europas bcimißl. Der Graf de Lannay hat bei vielen Gelegenheiten dem Vaterlandc eminente Dienste geleistet. Seine Erhebung durch Seine Majestät den König zum Range eines Ritters der Annunziata ist damit auch eine Auszeichnung sür die ganze italienische Diplomatie, welcher bisher dieser Orden eigentlich nicht zu Tbeil geworden ist. Die Botschastlr General Menabrea und Eialtini haben ihn als MiliiairS. Die Verdienste de« neuen Ritters in Berlin aber sind derart allgemein anerkannt, daß das Eapilcl der Annunziata, darüber dem Gebrauch gemäß beiragt, einstimmig — was nicht sleis der Fall ist — sur de» Grase» als Bruder gestimmt Kat" Wie die höchsten italienischen, so besaß Graf Lannay auch tri: höchsten preußischen Orden, den Orten vom Schwarzen Adler Auch derzWccbsel der zahlreichen italienischen Ministerien vermochte seine Stellung nicht zu erschüttern, wie er sich andererseit- auch der besonderen Freundschaft des Fürsten Bismarck erfreute Geschickt bat er es verstanden, in den Schwankungen, welche die italienische Politik tliickmachte, cbc sie im Anschluß an de» deutsch österreichischen FriedcnSbund den festen Pol and, die Interessen seines Vaterlandes stets erfolgreich wadr- zuiiebmen, so u. A. ans dem Berliner Eongreß; aus dem bekannte» Bilde A. v. Werner« ist auch er verewigt worden Nicht minder Kat der Verstorbene sick, in der Berliner Gesell- chasl allgemeiner Beliebtheit erfreut Er erreichte ein Alter von 73 Jahren und ist seiner am 9. Juli 1891 verstorbenen Gemahlin bald gefolgt. » e- » * Der ungarische Ministerpräsident sprach vor einer Wählcrversammlting in TemeSvar und betonte, er vertbcidigc unabänderlich den Ausgleich von 1807 Spätestens im Herbste werde er im Reichstage die Gesetzeniwürse, betreffend Ver- waltuiigSreform, einbrmgen. Die Vorarbeiten zur Valuta regulirung seien fertig Für deren Durchführung lind Beendigung biete die Arbeitskraft des FinanzmiiiifterS Garantie. «Stürmischer Beifall.) Es sanken Illumination und Fackclzug statt. Ovationen wurden dargcbracktt. * Wie der „Pesti Hirlap" erfährt, gedenkt die unga rische Regierung die großen Staatsgüter, die bisher an Großpächter verpachtet wurden, welche sic an Subpächlcr weiter gaben und damit sehr Incraiive Geschäfte machten, in kleine Wirtbschaften zn 2oo, 5>oo bi- looo und 2000 Joch zu zerlegen. Diese kleine» Güter sollen dann an ärmere Mitglieder der Mittelclasse verpachtet werden, welche die Pacht von Generation zu Generation bcbalten können. * Der bcl gi sckc Ministerpräsidelil Bccrnaert wird wegen deS Referendum- die Eabinelüsragc stellen. * Im Petersburger „Birsckewjo" erschien ein un bedingt beeinflußter Artikel, der von einem angeblichen Stim mungöwechscl der deutschen RegicrungSkreise zu Gunsten Rußlands und dessen Folgen spricht und unter An- derm sagt: „Wir haben Grund anzunehmen, daß sowohl die deutsche wie die russische Regierung die Zeit bis zu dein Punct, wo der auswärtige Handel Rußlands seinen derzeitig einseitigen Ebarakter verliert, dazu auSnuycn wird, für beite Staaten auf Grund gegenseitiger Zugeständnisse einen vivencki im Zollverkebr ausfindig zu machen " Dieser Artikel Wirt hier sehr bestimmt der Feder de« GebcimratbS Witte zugcschriebe». Interessant ist auch die Schlnßbcmcrkung, daß „die begeisterten französisch-russische» Kundgebungen von 1891 »uiittiedr einer nüchternen Berücksichtigung der Wirk lichkeit und der beiderseitigen Interessen gewichen sind". * Wie von insormirter Seite au« Athen berichtet wird, sind die in der griechischen Presse verbreiteten Angaben über einen zwischen dem Könige und den, Minister Präsidenten Del» anny in dessen Eigenschaft als Kriegöminislcr auS- gcbrochcnen Conslicl in hohem Grade übertrieben. Dieser Eonflict retucirl sich tbatsäcklich darauf, daß Herr Telyanny vor einem Monate 5 Lfficicrc zu Beförderungen vor- gcschlagcn bat, unter denen sich einer befand, der durch den vor zwei Jahren slattgesundencn Vorfall in Larissa, bei dein sich bekanntlich mehrere Ossicierc durch eine Art Pronuneiamento gegen den damaligen Kriegsminister Trikupis einer strafbaren Handlung schuldig gemacht hatte», omproinittirt ist. Der König erklärte nun, daß er bereit ei, die Dekrete der übrigen 4 Ossicierc zu genehmigen, weigerte sich jedoch entschieden, der Beförderung des fünfte» ssicicrS zuzuslimmcn. Herr Delnanny ist seither aus diese Angelegenheit nicht mehr zurückgekommen. klebrigen« ver lautet mit großer Bestiminikcik, daß Herr Dclyanny dem nächst seine Stellung als Kriegsminister niederlegen und die elbe in Zukunft wieder mit einem Militair besetzt werden olle, als welcher Oberstlieittcnant EorpaS, ein intimer Freund de« Herrn Delyanni, genamil wird. Ein definitiver Beschluß tsterübcr ist jedoch nicht gefaßt worden * Aus Lissabon wird geschrieben: Durch die cinaebrachten Vorlagen bat daü neue Eabinet sehr bald de» Beweis er bracht, daß c«, unbekümmert um seine Popularität, die Durch- lübrung der unter so schwierigen Verhältnissen übernommenen Mission sehr ernst ausnimmk und seine ganze Kraft dafür einzusctzen entschlossen ist, die wirlbschaftliche »nd finanzielle Lage zu sanire», daS Gleichgewicht im StaalSbanShalle hcr- znslcllen und den StaatScrctit wieder auf ein höhere« Niveau zu beben. Wohl kommt dem neuen Eabinctc hiebei zu statten, daß keines seiner Mitglieder den großen politischen Parteien angckörl, dieselben somit außerhalb jener politischen Verbände sieben, die eine Verantwortung sür den bisherigen Gang der SlaatSgcschäste tragen, und in der Tbat, die .steil ist auch vor über. wo man bloße Parteipolilik treiben konnte, denn zu den Maßregeln, welche der Ernst der Lage crbcischl »nd die Jeder mann große Opfer auscrlegen, müssen alle Factorcn ohne Unter schied der Partei mttwirkeii Dem Anscheine nach bat die- Programm auch de» Beifall der Kammer gesunde», und wenn man den Versicherungen der verschiedenen Parteiführer Glauben schenken darf, sind dieselben bereit, dem neuen Eabinet nicht nur kcinc Schwierigkeiten zu bereiten, sonder» dasselbe auch tbatkrästig zu unterstützen, gleichwohl verhehlt sich da« Eabinet nicht, tag es mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben werde, da es das Odium aus sich genominsn bat, die Sünden der früheren Regierungen wieder gut zu machen und sich hierbei weder aus eine verläßliche Majorität in den Kammern stützen kann, noch die Presse zur Verfügung hat, da dieselbe vollständig in den Händen der ver schiedenen Parteien sich befindet. Reben de» finanziellen Maßregeln des neue» EabinctS dürfte eS im Aus land hauptsächlich intcressiren, zu erfahren, welchen Stand punct da« neue Eabinet in der bandelspolitischcn Frage ent nimmt Bekanntlich hal Portugal seine Handelsverträge mit den meisten Staaten gekündigt und das frühere Eabinet war geneigt, auf den ihm von mehreren Mächte» gemachten Vor schlag einer provisorischen Verlängerung der gekündigten Ver träge einzugeben. Das neue Eabinet scheint nun, mir Rück sicht auf die immer größere Dimensionen ainiebmcnde schütz röllncrischc Bewegung im Lande, diese Absicht vollständig fallen gelassen zu Haren, und will vielmebr den neuen all gemeinen Zolltarif ebcstenS in Kraft treten lassen. Zu diesen Bebuse bat auch der Finanzministcr bereits eine Grsetzcs- vorlage in der Kammer eingebracht, welche die Regierung ermächtigt, den Entwurf des neuen Zolltarife- noch vor dessen Votirung durch die EortcS sofort nach Ablauf der Verträge in Anwendung zu bringen. * Der StaalSsecretair Blaine gab in einem Schreiben an den Präsidenten deS republikanischen National-EomitöS Feuilletsn. Josephine Scheffel, eines deutschen Dichters Mutter. Boa Hermann Pilz. NaSdruL verboten. Auf unsere großen Dichter und Denker bat das Wesen »nd Wallen der Mutter in der Regel einen sebr bedeutsamen Einfluß gehabt, ja eine ganze Reihe dieser begnadeten 'Mnschcnkinder verdanken das, wa« sie geworden sind, der Mutter, unter deren Schutz und Schirm sie cmporgeblüht sind, durch deren Anregungen und Anschauungen ihr Geist auf die Bahnen der Unsterblichkeit gelenkt wurde. Bekannt ist der hervorragende Einfluß, den „Frau Aja", wie sie ini Kreise der Genies und Derer, die welche sein wollten, genannt zu werken pflegte, den die Mutter Goethe « aus die Entwickelung ibreS Sohnes gehabt hat. „Vom Vater kab' ich die Natur, deS Leben« ernste« Führen, vom Mütterchen tie Frobnatur, die Lust zu fabulircn", sagt der Dichter in jenem liebenswürdigen Monument, da« er seinem Elternpaar errichtet hat. Ich habe seiner Zeit in meiner Scheffel- Biographie* *'), der ersten, welche nach kein Tode dcS Dichter- erschien, d«S Näheren auSgefükrt, welche merkwürdige Aebn- lichkeit der LebenSgang Lchesscl'S mit demjenigen Goethe« gehabt. Da» gilt auch hinsichtlich der Einflüsse, welche ihre Mütter auf sie gehabt haben. „Wenn Sie meine dichterische Art begreifen wollen, dann müsse» Sie den Grund nicht in meinem Leben suchen", schreibt Scheffel an einen Freund, „das ist sehr einfach verlaufen, es kam Alles von innen heraus. Meine Mutter hätten Sie kennen müssen, was ich Poetisches in mir habe, da« habe ich von ibr." Während nun di« „Frau Rath" eine bekannte Persönlich keit nickt nur bei der Mitwelt war, sondern auck bei der Nackwrlt geblieben ist, während man ihre eigenartigen Briese eifrig gesammelt, ihrem Lcbensgange, dem erst kürzlich wieder ein umfangreiche« Werk: „Goethe s Mutter" von Or. Karl Heiuemann gewidmet wurde, nackgespürt ha«, ist die Mutter Scheffel s, Iosrpbme Sckeffcl geh. Kreterer, bisher noch nickt zu der Beachtuua gelangt, die sie nicht nur als Mutier eines unserer besten Dichter» sondern auch nm ihrer selbst willen verlangen kann. Denn Ioscphine Scheffel steht an geistiger *) Victor von Scheffel. Ein deutsche« Tlchterleben, dar- geiiellt von Hermann Ptlz. Leipzig, Verlag von Edwin Lchlvemp. 1887. Bedeutung weil über der verständigen, lebcnskundigen, biterben Hausfrau am Franksurtrr Hirsckgrabcn. Ioscphine Scheffel war am 22. Oclober 1803 in Obern dorf als die Tochter des dortigen Handelsherrn und Schultbcißen Franz Joseph Kredercr geboren worden. DaS elterliche Haus war vom Zauber der Romantik umschwebt. ES war ein alter Etelsiy gewesen, auf dem da« Asylrecbt, der sogenannte „Burgfriede", geruht batte. Die herrliche Natur teS NrckarlandeS übte schon früh einen gewaltigen Ein druck aus da« an sich geweckte Kind aus, dem eine sorgfältige, kerndeutsche Erziehung zu Tbeil wurde. Bei einer Tante in Gcngenbach sab sie im Iabre l82l zum ersten Male den Hauplmann ä In nuitv Philipp Jakob Scheffel, mit dem sie noch im selbe» Jahre eine glückliche Ehe einging, die 4l Iabre wäbrte und die erst der Tob trennte. Der Hanptmann Sckcffel hatte viel von der Eigenart des „Herrn Rath" in Frankfurt am Main. Er war am 29. Juni >789 in Gcnacn- back geboren und widmele sich dem Ingciiienrberuse. Mit 23 Jahren war er, den eine eiserne Arbeitskraft und Willens stärke auSzeichnete, bereit- Ingenieurpraklikant. >8l l trat er als Ingenieurgeograph in das fünfte Landwebrbataillon „KinzigkreiS" ein und zeigte sich namentlich im Geseiht bei Kcbl so tapfer, daß ihm der Karl- Friedrich-Verdienst orden »nd der russische Wladimirorden zu Theil wurde. 18U) wurde er in den Generalquartiermeisterstab berufen und im nächsten Iabre der sogenannten „Rkeingrenzr- BcrichligungScomniission" zugcwicsen, welche in Ausführung de« Pariser Friedens die Rhcingrenze regulircn sollte und von 1817 bis >820 in Basel, von 1820 bis 1823 in Straßburg tagte. Scheffel'« Verdienste um diese Arbeiten waren so bedeutsam, daß ibm nachmal« noch das Ritterkreuz und das Ossicicrkreuz der Ehrenlegion als Anerkennung ver liehen wurde >82l konnte Hauptmann Scheffel, der später bi« zum „Herrn Major" avancirte, den Waffenrock ausziehen. Er trat in die Wasser- und Slraßenbaudireclion in Karlsruhe ein. an deren Spitze Oberst Tulla stank, dem er später einen schönen Nachruf gewidmet hat, als ihn in Pari« der Tod ereilte. Scheffel zog mit seinem feschen „Schwarzwaldkind" zunächst in da- Hau- Spiralplatz 47 (jetzt Steinstraßc 25) in Karls ruhe, erwarb sich aber schon bald darauf ein eigene- Heim in der Stcphanienslraße 10, da« Hau«, in welchem der Dichter deS „Trompeter von Säkkingen" seine glückliche Kindheit ver lebte und nr welchem er a», 9. April l887 zum ewigen Leben einging In diesem Hause waltete Frau Ioscphine Scheffel al« wackrre Haulfrau, liebende Gattin, treu sorgende Mutter und gesellige Freundin aller Derer, welche in dem gastlichen Hause Unterkunft nahmen. Au» der Ehe waren drei Kinder hervorzeganzen. Ein älterer Bruder unseres Dichters, Karl Scheffel, blieb körperlich und geistig schwächlich und starb nachmals, vom Dichter treu und ausmerksam verpflegt, im Pfründnerhause zu Karlsruhe. Eine Tochter, Marie Sckcffel, raffte der unerbittliche Tod in der Blülbe ihrer Jahre dahin. Sie war der Liebling de« Dichter«, und ihrem Tode ist e« zuzuschreibrn, daß er den begonnenen Roman „Tizian'S Ende", in dem er der Schwester ein Denkmal setzen wollte, nicht vollendete und auch da« frag mentarische Manuscript vernichtet hat. Frau Ioscphine Scheffel war ganz die Müller, welche da- Herz de« kleinen Joseph»« der Kunst öffnen konnte. Sie besaß nickt nur ein feines poetische» Empfinden, sondern auck eine nicht zu unterschätzende dichterische Gestaltungskraft. Wenn Karl Emil Franzos da« Elternpaar Scheffel „knorrige Schwaben" »eniil, so trifft er zweifellos damit hinsichtlich der Mutter das Reckte nickt. Frau Iosepbine Scheffel bcbcrrsckte den mündlichen wie schriftlichen GedankenauStruck in voll endeter Weise. Ihr LieblingSaufcnthalt war die „Gcißblatt- laube" im Garten am Hanse. Hier versammelte sie gern tie Jugend nm sich, um ihr Märchen zu erzählen, wie Carmen Sylva am Meeresstrante. Als ihr Sohn längst ein „berühmter Mann war", saß sie noch immer unter den, ehrwürdigen Eastanienbaum, der seinen Blüthenschnce aus taö Laubcntach beninterwehle, und erzählte fremden Kindern die seltsamen Geschichten, mit denen sie vordem die Phantasie ihrer eigenen geweckt hatte Eine Freundin de«' Echesfel'schcn Hause«, Alberta von Freydorf, hat nachmals diese sinnigen Märchen gesammelt und für die Nachwelt aufbewakrt*). Die besten darunter sind das „Strickeikkel" und „das Märchen vom Hirse- brci".^Zcr»in erzählt in seinen Erinnerungen an Joseph Victor von Scheffel, daß die poetische Veranlagung der Müller dem Knaben besonder« zu Gute gekommen sei, wenn c- ge golten habe, Ausgaben der deutschen Berökunst zu lösen, denn merkwürdiger Weise bade daS Talent bei Scheffel, wenn er deutsche Verse „dickten" sollte, versagt, während ibm lateinische überaus leicht wurden. Da eilte er denn hilfesuchend und bilsefindend zu seiner vcrSgewandtcn Mutter, der eS nicht schwer fiel, in Jamben zu reden und fclbst die prosaischsten Dinge leicht und spielend in Rhythmus zu bringen. Tie Erziehung, welche die „Majorin" ihren Kindern an gedeihen ließ, war eine von echtem deutschen Geiste durch wehte. Gesund wie ibr Wesen, dem jede Sentimentalität fern lag. sollte auch da« ihrer Kinder sein. DaS Dcittsch- tbum liebte sie so sebr, wie sie da- „Welschparlircn" haßte. Französische Gouvernanten mit ihrem „Gethu" waren ihr in der Seele zuwider und sie wußte es in Karlsruhe durch- *) „In der Weibblattlaub«", »in Marchenstrauh von Alberta von Freyborf, Tre-den, Verlag von Meinhold und Södne. zusetzc», daß man sie mit „Frau" und nickt, wie damals überall üblich, „Madame" anredcte. In einem Briese an ihre junge Freundin Alberta von Frrydorf schreibt sie in einem Postseriptum die charakteristischen Worte: „Sckön ist die französische Sprache, — aber bleibe Labei im Herzen nur immer recht deutsch." Auch die Liebe zur Thicrwelt impfte sie ihren Kindern srübzcitig ein. Man iennt de- Tichterö Vorliebe sür da« Geschleckt derer von .Mäuse fang" »nd „Leiseschlich". Im „Hirtigeigei" hat er es sür alle Zeit glorificirt. Auch diese Vorliebe hat im Elternhause Wurzeln geschlagen. Für di« Katzen lag der „Burgfriede" aus diesem Hause. Kein Kahlem durfte ertränkt werden, die, welche nicht bei Fremden unlergebracht werde» konnte», de hielte» HcimatkSrccht in Garte» und Haus. So kam es, erzählt Alberta von Frcydors, daß zu der Zeit, als ick aus der Pension zurückkam, mehr den» zwanzig tickgeschwänzle, langhaarige Katzen und kleine Kätzchen im Garten herum- liefen; ja eS waren ihrer noch viel mehr gewesen, wenn die Nachbar», oft genug belästigt durch die tollen Frühjahr« conccrle, nicht heimtückisch manch eine nächllichcr Weile weg- gefangen oder weagcschoffen hätten. Man sicht daraus, daß der reflcctircnde Kater im „Trompeter von Säkkingen" eine Erinnerung an die LieblingStbicre der Frau Majorin war. Außer de» Märchen derselben waren bislang nur noch einzelne lyrische Getickte, GelcgenhcitSdichtunge» und Theater stückchen (darunter ein prächtiger, schwungvoller Dialog zu Hebel s loo. (YeburlStag) bekannt. Ihre» Theatcrstückche» wohnt eine gesunde Moral inne, und sic hatte auch daS Geschick, eine Aufführung in Freundeskreisen zu leiten. Wurde dock unter ihrer „Regie" sogar einmal aus dem großen Speicher de« Hauses „Götz von Berlickingen mit der eisernen Hand" — frei nach Goethe von der Jugend zur Ausführung gekrackt Ein Lustspiel von ihr. „Lorlc und Dorle", wurde am Karlsruher Hofthcater mehrfach mit gutem Erfolg gespielt. Neuerdings ist aber die Kenittniß von" dein poetischen Wirken der Frau „Majorin" ganz bedeutend erweitert worden. Der Sohn des Dichters, Victor von Scheffel in München, bal eine Sammlung der Gedichte seiner Großmutter erscheinen lassen und uns damit einen vollen Blick in das reiche Geistes leben dieser bedeutenden Frau vergönnt*». Die Form ihrer Dichtungen ist immer sauber abgerundet, virtuos auch da debantclt, wo sie dem Ausland entstammt. Aber was will die Form besagen! Den Inhalt muß man kennen unk man wird ihn lieben lernen. Welch' eine gesunde Frömmigkeit, welch' eine tiefe Lebenserfahrung, oft in sinnige Allegorie („Tie ') Gedicht« von Iojephine scheffel. «tutlaart, Verlag von Adolf Bon, L Lo. Mit Bildlich und Facsimil« derselben, heraut« gegeben von Victor von Ichefsel.
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