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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920205024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892020502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892020502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Seiten doppelt vorhanden, Text schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-05
- Monat1892-02
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Mit Interesse hätte sich der Kaiser über die Eindrücke berichten lassen, welche die Theilnehmer der FriedcnSconserenz in Rom empfangen baben, worüber namentlich der unter den Gästen befindliche Abgeordnete vr. Baumbach (Oberbürgermeister von Danzig) Auskunft geben konnte. Bielsach sei auch von der Bekämpfung der Socialdemokratie und dem wünschenSwertben Zusammenschluß der Parteien zu diesem Zweck die Rede gewesen. Erklärlicherweise erregt die lange und eingehende Unterhaltung zwischen dem Kaiser und dem Abg. v. Bennigsen die allgemeinste Aufmerksamkeit. Selbstverständlich wird Näheres über den Inhalt nicht bekannt, doch wollen Kreise, die dem Abg. r Bennigsen näher stehen, wissen, daß dieser aus der Unter haltung mit dem Kaiser die befriedigendsten Eindrücke em pfangen habe. Auch dir FreizügigkeitSsragc wurde neben der Schulfrage vom Kaiser berührt. * Die „Nordd. Allg. Ztg." erinnert gegenüber dem Erlaß des CommandeurS de« 12. ArmeecorpS, betreffend dirSoldatcn- mißhandlungen, an den nachstehenden, bereit- vor 2 Jahren erschienenen Erlaß Sr. Majestät de- Kaiser«, welcher lautet: Ich habe aus den Mir von den coinmandirenden Generalen eiagereichten Nachtveisungen über die Bestrafungen wegen Miß handlung Untergebener ersehen, daß die Bestimmungen der Ordre vom 1. Februar 1843 noch nicht durchweg in dem Geiste auf- aesaßt und gehandhabt werden, in dem sie gegeben worden sind. In Meiner Armee soll jedem Soldaten eine gesetzliche, gereckte und würdige Behandlung zu Theil werden, weil »ine solche die weienllichsle Grundlage bildet, um in demselben Dienst- ireudigkeit und Hingebung an den Beruf, Liebe und Bertram« zu Len Vorgesetzten zu wecken und zu fördern. Treten Fälle von fort- gesetzten systematischen Mißhandlungen Untergebener hervor, so haben Mir die commandirenden Generale bei Einreichung der Nachmessungen zu berichten, welchen Vorgesetzten die Berantwortung mangelhaiter Beaufsichtigung trifft und was ihrerseits gegen denselben veranlaßt worden ist. Sie haben hiernach da» Erforderliche zu veranlassen uud den commandirenden Generalen auch die Bemerkungen, zu welchen Mir die letzten Nachweisungen Anlaß gegeben haben, zw gehen ,n lassen. Berlin, de» 6. Febrnar 1890. Wilhelm. An den Krieglmlnlster. * Anknüpfend an die von Herr» von Caprivi bei der Schulgesetzgebung im preußischen Abgeordnetenhause auS- gegebene Losung: „Hie Christenthum, die Atheismus" halte tie „Germania" geäußert: „Mögen die Herren, welche so entrüstet sich gegen den Vorwurf des AtvciSmuS wehren, einmal klipp und klar erklären, ob sic sich bekennen znm Klauben an Christus, den mcnschgewordencn Gottc-sobn? Da- ist die Kernfrage, da giebt'S kein Herumdriickcn. Wer kiesen Fnndamentalgrundsatz des Cbristcnthum« leugnet, der hat leinen Antheil mehr am Namen eines Christen " Die „Ham burger Nachr." bemerken dazu: „Daß die „Germania" eine solche Frage nicht an die Examinanden in den Schulen und Seminaren, sondern ans Parlament und an die Presse stellen zu dürfen glaubt, giebt einen Vorgeschmack von den Zuständen^ zu denen man käme, wenn der in der „Germania" und bei deren Gesinnungsgenossen herrschende Geist zur Herrschaft im Staate gelangte. Bis zur Wiedereinführung der Ketzer geeichte und der Inquisition wäre dann wohl kein großer schritt mehr." * Je mehr sich die Ansichten über den VolkSschuIj gesetzenlwurf klären, um so mehr tritt, wie die „N.-L.C" richtig betont, die Ucbcrzengung hervor, daß eS überhaupt ein Mißgriff und eine Mißkcniiung der inneren Zustände in Deutschland gewesen, im gegenwärtigen Augenblick an die Lösung so schwerer Principienfragen zu gehen. Ein zwingender Anlaß zur Eile lag gewiß nickt vor, nacktem cS Iabrrebntc lang auch ohne „Ausführung der Verfassung" leidlich gut gegangen war, und eine Zeit hochgespannter religiöser und consessionellcr Erregung kann nickt als geeignet für den Versuch betracktet werden, die großen Fragen der Stellung von Staat uud Kirckc zu der VolkSerzichiing auf dauernde, die Gewähr eines befriedigenden Ausgleichs der Gegensätze in sick tragende Grundlage» zu stellen Wenn man geradezu geflissentlich den allmälig erlöschenden oder doch sich be sänftigenden „Culturkamps", den confessioiiclleii Hader in Deutschland wieder hätte anfachen wolle», so hätte es nicht besser geschehen können als durch diese Vorlage, von der Jeder mann voraussehen konnte, daß sie das protestantische Viirgerthuiu bis tief in die konservativen Kreise hinein ausriitteln und zum Kampf rufen inußle. Das Gesetz wäre vielleicht in seinen wesent lichsten Vtslandtbrilcn durch eine parlamentarische Majorisirung mit geringfügiger Mehrheit durchzuzwinaen; wir möchten aber sehr bezweifeln, daß der König ein aus solche Weise zu Stande gekommene- Gesetz vollziehen würde. Zu einer Verständigung andererseits mit Len Liberalen auch der gemäßigte» Richtung und selbst mit den Frciconservativen haben wir in dem bis herigen Verlaus noch keinerlei Anbalt erblicken könne». Odne Zweifel wäre es daS Zweckmäßigste, wen» man sich bei den gegenwärtig herrschenden tiefausgcwüblten Gegensätzen und Leidenschaften unter Ausscheidung der großen zur Zeit unüber brückbarenMeiiiungSvcrschiedenbcilen über die großenPrineipien fragen aus eine Regelung der äußerlichen Verhältnisse des Schulwesen-, insbesondere der DotationSfrage, der Ordnung der Lckrerbcsoldungcn, der Bcrthcilung der Lasten zwischen Staat und Gemeinten und anderer Dinge beschränkte, über vir leichter zu einer Einigung zu gelange» wäre. Freilich baben wir bei der Leidenschaftlichkeit der ReactionSparteien wenig Hoffnung, daß die Angelegenheit diesen Verlauf nehmen wird. Und leider wird, nachdem einmal der Mißgriff brr Einbringung eines solchen Gesetzes begangen worden, nachdem einmal die schroffsten Princtplensragen aufgeworfen sind, ans alle Fälle die aufregende Wirkung der Enlsachung dieses Kampfe- nicht so bald aus der Welt zu schaffen sein. * Einer launigen Plauderei des Berliner Berichterstatter- der „N. Zur. Z." entnehmen wir zu einiger Kurzweil in diesen ernsten Tagen: lieber Nacht ist der neue preußische EnltuSminister Gra Zedlitz-Trützschler eine politische Persönlichkeit geworden. In Preußen, wo die Minister, wenigstens irüher, nur selten wechselte», kann man ja wohl von einem „neuen" jprechen, wenn er erst II Monate im Amte ist. Graf Zedlitz blühte bisher wie ein Veilchen im Verborgenen: doch von nun ab wird sich wenigstens in der inneren Geschichte Preußen« »in großer Strahlenkranz »in sein Haupt siechten, gleichailtig, ob der VolkSschulgesctzcntwurf wirklich zum Gesetz wird oder nicht. Auch der selige Ur. v. Mühler, einer der ! Vorgänger deS Herrn v. Zedlitz, wurde berühmt und zwar wegen I geringerer Ursachen. Er lebt, abgesehen von scinen sroiiime» > SchulreglementS, unsterblich in jedem Berliner Herze», weil er den klassischen Bildsäulen aus der Berliner Schloßbrücke aus Anregung seiner Frau Adelheid eine- Tage« Blechdosen anziehe» wollte Seit de» letzten 20 Jahren haben wir recht interessante Eharakterköps« als EulluSminislcr in Preußen gehabt. Ta war der Id. Falk, da« kurze, breite, ja etwas plumpe, aber ehrliche Schwert, mit welchem zuerst Bismarck in Leu Culturkamps eintüeb. Tan» kam der lange, schlanke Herr v. Piittkamer als CultuSininisler. Höchst aristokratisch, höchst verbindlich, in der Hand Bismarcks ei» eleganter Degen, uiit dem man eben so gut saluliren wie drohen konnte. Nach itn» folgte Itr. v. Goßter, da» Urbild eines hohe» preußische» Beamte» aller Schule. Hinter Puttkamer witterte etwas wie konservativ - protestantische Selbnsiändigkeit, zwar nur schwach, aber doch nicht ganz erloschen, ein Schimmer von der Kreuzzeitiings- sarbe. So etwas vom Junker und coiiscrvativen Parteimann, der unter Umstände» geneigt wäre, auch einen bohenzoUernjchkn Herr» in den Tops zu stecke». Das pure Gcgenlheil war Goßler, cr war nichts als köuigl. preußischer Beamter, aber einer von jener seinen Torte, die unter dem Aeußeren einer ausgedienten preußischen Wacht- Meisters eine Fülle von Wisse», Arbeitskraft und vernünftigem Coisservatismus ohne blinde Partcilcidenschast verbergen Als der alle Kanzler politisch lobt war. zuckte Goßler noch eine Zeit lang anscheinend lebendig hin und her, um dann leblos »iederznsallen Nun kam Gras v. Zedli tz. Trützschler. Solchen Cultusininister haben wir in Preuße», so lange ich polilisch denken kan», noch nicht gehabt. Alle» andere» hastete cme gewisse steifleinene Würde an; am meiste» puritanischen Ernst hatte Falk, au, wenigsten Pullkamer. Gras Zediitz dagegen, der sitzt aus der Ministerbauk uud der spricht im vauie wie das Urbild eines vergnügte» Lebemanns. Er hat das nicd Uchskc Bäuchlein von allen Ministern. Wir haben außer ihm keinen einzigen fetten Beratber der Krone. Miguel ist dürr wie ei» Huhn »in Neujahr. Gras Caprivi hat kein Loth Fleisch zu viel Der Schatziccretair v. Maltzahn sieht so wehleidig aus wie sein Deficit. Generalposimecster v. Stephan heuchelt manchmal einen kleine» Ansatz zur Corpulenz. aber sie verschwindet regcimäßig nach der erste» Budgetdebatte. Nur Herr v. Poetischer bat eine kleine Fülle, jedoch es ist Kunimerjpeck. Wie rosig blüht dagegen Gras Zedlitz. Das Haupthaar ist vis aus einen winzigcn Nest „weg amüsirl", wie der Berliner sagen würde. Um de» ganze» Mann liegt ein Hauch fröhlichster Beleibtheit. Und wenn er spricht! Es bat seit langer Zeit kein so schlagfertiger und amüsanler Redner ans der preußischen Ministerbank gesessen Er mag ein Reactionair sein. Aber er ist ein verführerischer Reactionair. Wenn Graf Caprivi ausstekt und spricht, so gebt ein Hauch der ehrbarsten La»q>»«>i« von ihm au-5, er ist corrcek, er spricht iunver, cr ist durchgchtig bis aus die Knoche». aber riichrecklich nüchtern. Redet Miguel, so spürt man den sehr seinen Kopn doch hat er etwas Erkältendes, zur grüßten Vorsicht Mahnendes. Mal hat bei ihm das Gesühl, als ob einem ein Aal durch die Hand rutscht. Wie ganz anders geberdet sich der neue Cultusininiskerl Wen» er sich erhebt. In strahl»-c>« Fülle von Vonhommic ans seiner großen r-yaglichrn Gestalt heraus Seine graublauen glanzen schlau hinter dem goldenen Nasenniesser, sein rundliche» Antlitz lächelt, seine kleine Hakennase rümpsl sich vergnügt und aus seinem Miliidc kollern die Sätze wie eine Schaar fröhlicher Gnomen Virtuos zieht er alle Register von der spielenden Ironie bis zum heftigsten Ernst, Selbst wen» er sich jedoch ganz ernst geberdet, liegt etwas dahinter, als wollte er mit Laune lagen: Kinder, nach 30 Jahren sind wir voraussichtlich doch Alle tvdt und der preußische Staat lebt noch, also wozu die Aus reguilg? * Der Regierungspräsident von Hossman» in Aachen ist zum Direclor der Hauptverwaltung der preußischen Staats schulden mit dem Amtscharalter als Präsident ernannt. * TaS NeickSlagSpräsidium bat im Einvernehmen mit der Negierung, wie man hört, die Absicht, die Geschäfte so zu ordnen und einzutheilen, daß der Schluß der Session vor Ostern erfolgen kan». Cs erscheint die« auch wohl möglich, namentlich wenn auf die Turchbcrathung einiger spät eingebrachlcn und minder dringlichen Vorlagen, wie z. B. daS TrunksuchtSgcsctz, für jetzt Verzicht geleistet wird. * DaS Schicksal deS sogenannten ComptabilitätSgesetzcS chciiil »ach den jüngsten Auslassungen des Finanznunistcrö, o schreiben die „Berliner Politischen Nachrichten", nicht ganz sicher zu sein. Iinnicrbin mag der Umstand, daß dieser gesetz geberische Plan die Aushebung der Instruction für die Obcr- rechinmgskainincr zur Folge baden würde, Anlaß geben, den Blick auf die gegenwärtige Organisaliou deS Rech- CentralstcUen ciilzicbl. Denn die von den Provinzialcassen zu legenden Rechnungen geben in der Regel nach erfolgter Vorprüfung durch tie Provinzialdchörte direct an die Ober rechnuiigskanimer. Letztere ist daher die Stelle, welche nickt dloS die RcchnungSsübrung auf ihre formelle Richtigkeit prüfe», sondern auch die aus der Rechnung zu ermöglichende Prüfung der Verwaltung ans Sparsamkeit und Wirthschaftlich keil allem vornebmcn kann. In der Tbal erstreckte sich bestim mungsmäßig die Ausgabe derLberrechiiungskammer auch aus die materielle Seite der Sacke. Die OberrechmingSkammer hatte im absoluten Staate die Aufgabe, dem LandcSberrn als Controlorgan bezüglich der finanziellen Seite der ganzen Verwaltung wie der einzelnen Vcnvaltungszwcigc zu diene». Sie batte demzufolge auch hierüber dem Könige regelmäßig Bericht zu erstatten, und hat dabei tbatsächlich auch viel sack, wichtige Anregungen auf kein Gebiete der materiellen StaatSwirtbschaft gegeben. Zum Theil im ursächlichen Zusammenhänge mit der Vcdentnng des formalen Etats reckt« im VcrfassiingSstaat und den, wesentlich formelle Bestimmungen enthaltenden OberrcchnungSkammergesetzc von 1872 ist inzwischen die formale Thätigkcit der obersten RcchnniigSbcliörte mckr und mehr i» den Vordergrund, die materielle Seite derselben aber mehr und mehr in den Hinter grund getreten. Tic Bemerkungen der OberrcchniiilgSkaminer zu den dem Landtage vorliegenden Rechnungen habe» eine» vorwiegend sormalen Cbarakler. Auch gegenüber der Ver waltung bewegt sich, soweit bekannt, die ObcrrcchnungS kam»>»> aus formalem Gebiete. Cs fcblt daher namentlich, soweit cs sich nicht um Einträgen, sondern n»i daS Gcsammturtbcil über die finanzielle Seile der Verwaltung bandelt, an einem srüber sehr wirkiuigSvollcn Glicde in der Kette des preußischen Rechnungswesens. Die Entwickelung der formale» Seile dcr Sache ist aber alcichbcdculend mit »in--,- ,'«h- ..Et lichen Vermehrung des Schreibwerks, welche häufig außer Verbällniß mit dem zu erreichenden Zwecke steht uud sehr wesentlich zu dem steigende» Bcdürsniß an Bureau- personal re. beiträgt. Es liegt daher namentlich auch im Hinblick aus die bei der Generaldebatte über den Etat betonte Nothwendigkeit größter Sparsamkeit nahe, die bestehende Ordnung de- preußischen Rechnungswesens »ach dcr Richtung wirksamerer Controle auch dcr materiellen Seile dcr Finanzwirthschafl und Beschränkung de« rein formalistische» Schrcibwesens einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. * Nach dcr „Krcuzzcitung" handelte cö sich bei den am Sonntag in Berlin stallgchablcn Haussuchungen und Verbast »ngen um einen von den „Jungen" der Social dcmokratie organisirten Gebcimbund von anarchistisch revo- lulionairer Tendenz. * Das preußische Abgeordnetenhaus wählte am I Donnerstag durch Znruf an Stelle des verstorbenen Abg. > Milhosf den Abg. Llzem znm Schriftführer und setzte daun «I Fenilletsn. Die schöne Polyxena von Freiberg. Historische Novelle von Adolf Lippold. «aSdiuck »nlere». (Fortsetzung.) „So sei eS!" sagte Claus. Euer Herz unk Verstand hat daS Richtige getroffen, Herr Georg! Gott wird bei Dir sein, Polypen», reinige Dein Her) durch Gebet und strenge Buße, und die Heiligen werden Dir gnädig sein, mein Kind!" „Und die- ist Euer letztes Wort?" fragte Polypen» finster. „ES ist entschieden — und am besten so — darum geht »nd rüstet Euch, in einer halben Stunde reiten wir — ehe cS zu spät wird!" Festen Schrittes wandte sich Polyxena, ohne ein weiteres Wort zu sprechen, und schritt nach ihrer Stube. Auch Günther eilte hinaus, die Rosse zu satteln und vorführen zu lasten, sowie die anderen Knechte den Bestimmungen deS Junker- gemäß anzuwcisen, indeß Claus bei Georg verblieb, bis Günther reisefertig erschien und zum Aufbruch trieb. Der Junker, bereits zur Abreise fertig, steckte da« Schwert in da« Wcbrgehängc und setzte das Baret auf, Rüstung und Helm führten die Knechte für ihn mit gen Prag, dann schritten er und Clan« auf die Nebenthür zu, um Polyxena zur Abreise zu rufen. Claus klopfte an und rief, daß Alles bereit sei — aber keine Antwort ward ihm zu Theil. Da öffnete er hastig die Tbür de- Gemache«, aber Beide blieben erschrocken auf der Schwelle desselben stehen — daS Gemach war leer — Polyxena ver schwunden. Da« weit geöffnete Fenster zeigte innen aber alsbald den Weg, den die Unglückliche genommen hatte. Am Kreuz desselben hing da« in Streifen gerissene und zum Sri! verbundene Laken de« BetteS, an welchem Polyxena die Erde gewonnen hatte; die Mauer war dann von ihr überstiegen worden und durch den zwar tiefen, aber auSgetrocknelen Graben hatte sie dann, wie sicher anzunehmcn, den drüben liegenden Wald erreicht. Starr standen die beiden Männer. WaS batte da« »n glückliche Weib vor? Trachtete sie darnach, sich da« Leben zu nehmen? — Gewiß, so mußte e« sein. Völlig ralh- lo« kehrten sie in die Stube des Junker» zurück, und erst nach längerem Gespräch setzte sich Clan- allein zu Pferde, um, ohne viel Aussehen zu erregen, nach dem Verbleib Polyxena'« zu forschen. Düster, säst unheimlich lag daS stattliche WobnhauS de« Herrn Andrea« Böhme auf der großen Meißnerischen Gasse :u Freiberg da. Tie vielen Neugierigen, welche bis an den sereinbrechenden Abend vor dem Hause gestanden und hinauf gestarrt hatten nach dem hell erleuchteten Gemach, in welchem »er eines so jähen Tode- Verblichene aufgebahrt lag, hatten ich verlaufen und der vom hohen Ratb gestellte Wachtposten aus der Bürgerschaft hatte sich eben aus einige Minuten in daS Hinterhaus begeben, um in der Stube der Braugesellen einen Trunk Biere- zu thun, als ein schmaler dunkler Schatten geräuschlos in den Thorweg schlüpfte und schnell die nur schwach erleuchtete Stiege kinaufeilte. Kein Mensch war oben zu sehen, denn das Hausgesinde, welches abwechselnd bei dem Todten bis zu dessen niorgen stattsindendem feierlichen Bcgräbniß wachen öllte, saß ebenfalls inSaesammt im Hinterhaus in der Ge- ellenstnbe beim Bier. Wußte doch das Gesinde, daß virl- eicht schon morgen ihr Reich hier zu Ende sei, und cS saß ich dahinten im Kreist der Andern angenehmer al» oben bei der Leich« der Herrn Andrea» Böhme. Schauergeschichten, wie die verschiedensten Vermnthungen über den Mord ihre- Gemahls durch Polyxena, sowie deren Verschwinden, halfen nebst reich lichem Biergenuß die Zeit vertreiben und so war eS kein Wunder, daß der erwähnte Schatten ungesehen da« erste Stockwerk erreichte, an der Tbür des LeichrnzimmerS vorüber und in da- Gemach Polyxena« glitt. Hier athmete derselbe hoch auf, verriegelte die Tbür, schlug Feuer und setzte rin auf dem Tische stehendes Nachtlicht in Brand. Es war Polyxena, welche jetzt wieder an derselben Stelle stand, von welcher sie vor noch nicht 48 Stunden entwichen war. Hastig streifte sie die IüngiinzS- kleider ab und legte dunkle Fraucngewänder an, dann zerschnitt sie die JünglingSkleider sorgfältig in kleine Stücke, so daß solche nicht mehr als sie erkannt werden konnten, verbarg die Stücke, einzeln vertheilt, in Eommode und Schränken, dann wusch sie sich ruhig und ergriff das Licht, öffnete die zum Gemach ihre- Gatten führende Thür und trat ein. Endlich erinnerte sich der Bürgerposten seiner Pflicht wieder, er stand leicht seufzend vom Biere auf, versprach auf Bitten der ungetreuen Lrichenwäckterinnen auch einmal nach dem Toden zu sehen, nahm die Qellebarde aus der Ecke und schritt wieder nach dem Vorderhause. Er lehnte sich in die Ecke des Thorslügel« und schaute gedankenlos auf die Straße hinaus. „Hm!" brummte er nach einer Weile „säst war eS mir doch, al« ginge oben eine Thür — eS wird sich doch Niemand hinausaeschlichen haben, vielleicht gar ein Spitzbube — ist doch, Gott sei « geklagt — solchem Gesindel selbst der Tod nicht heilig!" Er horchte noch einmal am Treppeneingang und begann dann, die Spitze der Hellebarde vorsichtig vor sich bin ge senkt, die Trippe Stuf« für Stufe zu ersteigen Niemand war »den auf rem Flur zu sehen, da tönte au« dem Gemach, wo der Leichnam des Brauhcrrn lag, ein dumpser Fall. Ent- 'etzt hielt der wackere Bürger seine Schritte an. „Alle guten Geister " stammelte er vor sich hin, indem er sich hastig bekreuzte und dann rückwärts die Treppe wieder zu gewinnen trachtete, „sollte dcr verblichene Herr Andreas " Weiter kam cr nicht in scinen Vermnthungen, denn zu einem nock größeren Entsetzen öffnete sich plötzlich die Thür des Lcichenzimmers und — blaß wie eine Leiche, aber hoch aufgerichtel trat Polyxena auf die Schwelle de« Gemaches. Ties war aber dein Guten zu viel — Polyxena — die seil fast zwei vollen Tagen auö diese»! Hause ver schwundene Mörderin ihres Gemahls — jetzt aus einmal im Leichenzimincr, bei vorgerückter Nachtstunde — eS konnte nicht sein — gewiß batte die Unglückliche sich entleibt und ihr ruheloser Geist erschien nun an dcr Stätte des begangenen Verbrechens, um ehrliche Bürger zu erschrecken. — — — Diese Reflexionen flogen dem guten LürgcrSmannc durch Len Kopf» als cr, die Hellebarde fallen lassend, mit einem Satze die Treppe erreichte und in wilder Eile hinab- ranntc. Todlenblcich berichtete er alsbald im Trinkstübcl des ' interhanses den daselbst noch immer Versammelten von der rscheinung deS angeblichen Geistes. Doch batte cr sich »ach seinem Berichte kaum durch einen Trunk Bicreö wenigstens etwas wieder gestärkt, als eine Patrouille der Scharwackc erschien, welcher cr aufs Neue sein Abenteuer berichtete. Der Führer derselben war aber gerade heute Herr RcnatuS Schorler, dcr zweite Obermeister dcr Brauerzunst. Mit scharfem Auge knrchscbaute cr die Situation de« hier ver sammelten Kreises, dessen Angehörige lieber den Lockungen de» GottcS GambrinnS als ihrer Pflicht gefolgt waren. Er stützte zwar ebenfalls über das angebliche Er scheinen Polyxena'S, gebot aber sofort eine Durchsuchung der oberen Räume des Vorderhauses, indem er selbst energisch voranschritt. Die Männer gelangten die Treppe binauf, ohne Jemand zu begegnen, festen FußeS schritt Herr RcnatuS auf die Thür des LeichenzimmerS zu »nd öffnete sie. Ein Aus ruf, halb de» Erstaunens, halb des Schreckens, entfuhr seinem Munde, denn — vor dem Sarge de- Herrn Andrea« Böhme lag auf ihren Knien Polyxena und wendete da« lhränenlosc Auge auf die eintretenden Männer. „Ihr kommt, mich in da» Gcsängniß zu führen?" fragte sie leise, aber gefaßt, indem sie aufstand und Herrn Renatus entgegentrat „Ich bin bereit, Euch zu folgen." „Ich muß da« allerdings thun", antwortete Schorler, die Unglückliche mitleidig betrachtend, „da ein bobcr Rath geboten hat, Euch gefangen zu nehmen, wo man Euch findet. Gern geschieht e« nicht und ich will von Herzen hoffen, daß Ihr e« vermöget, die wider Euch erhobene schwere Anklage zu widerlegen. Gern ließ ich Euch bi« zum Morgen hier, allein die Bevölkerung ist sehr gegen Euch aufgeregt, jctzl kann Eure Abführung ohne alles Aufsehen erfolgen. Wenn Ihr also bereit seid ?" „Gewiß, laßt uns gehen!" Noch einmal sank Polyxena am Sarge auf ihre Knie und küßte die erkaltete Hand des von ihr Erschlagenen, dann -olgle sie der auf einen Wink Schorlcr'S voranschreilenden Scharwache. * ^ * Die guten Bürger der altehrwürdlgcu Bergsladt kamen a»S den Ucbcrraschiingen gar nicht licrauö. Erft vor wenig Wochen da« Vcrlöbniß Polyxena'S mit Herrn Andreas Böhme, dann die Hochzeit, daraus dcr Mord des Braukcrrn und Poluxcna s spurloses Verschwinden und nun jetzt wieder deren plötzliche« Wictcrauflanchcn im Hause ibres Gallen und ihre Gesaiigeulichmiiiig. Zn Huiidcrlcn standen sic in Gruppen am Morgen nach dcr letzteren auf den Straßen oder vor dem Gesäiigniß hinten im Schlosse »nd besprachen die über raschende Ergreifung Polhxcna'S, zumal da gegen Mittag bekannt würbe, daß daS peinliche HalSgericht über die Mörderin bereit« nächster Tage znsaiiiincntrctcn werde. Polyxena aber saß in ihrem Kerker, äußerlich ruhig und auch innerlich abgestumpft gegen AllcS, waö auch komme» möge. Der, dem sie Alles geopfert hatte in heißer, un bczwiiiglichcr Liebe, hatte sich von ihr abgewendet, alles Andere war ihr glcichgillig; sie Halle mit dem Leben ab geschlossen und fürchtete de» Tod nicht, ja — er war ibr willkommen und sie sehnte ibn herbei. Es wäre ihr ein Leichtes gewesen, vor ihrer Gefaiigcnnabmc daS Leben von sich zu Wersen, aber sie dachte gar nicht daran, sic wollte ibre Tbal büße» und dadurch wenigstens versuchen, der Barm Herzigkeit Gotte« thcilbastig zu werden. Sv saß sie auck wieder in dcr zweiten Nacht ikrrr Grsangenschast auf dem einfachen Slrohsack ibrcS Lagers, da« schmerzende Haupt a»> die Rechte gestützt, odne die ersebntc Ruhe de« Schlafes finden zu können. Finstere Nacht umgab sie und an das kleine hoc!» oben angcl'rachle, vergitterte Fenster ihrer Zelle schlug der Regen, denn draußen war ein bestigcS Gewitter nieder- gegangen und trieb All und Jung in die Häuser, so bas; alle Straßen mciischenlcer erschiene» Da rasselte etwa« an der Thür, vorsichtig wurde dcr Schlüssel in das mächtige Schloß geschoben, geräuschlos drehte sich die Tbür in ibre» Angeln und eine hohe Männcrgcstalt, tief in ihren Mantel gehüllt, eine brennende Laterne in dcr Rechten tragend, trat, die Pforte wieder binter sich beranzicbend, zu Polyxena in den Kerker. Tic junge Frau schaule empor, dcr Ankömmling setzte die Laterne aus die Erde und schlug den Mantel zurück, e« war Georg von Lauenstein. „Was wollt Ihr?" fragt« Polyxena finster, „warum stört
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