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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920218029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892021802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892021802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-18
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Slrötzere Schriften laut uuierem Preis, verzeichniß labeUarischer und Zisserujap nach höherem Tarif. Srtra-Vkilagc» (gesalzt), nur mit der Morgen-Aufgabe, ohne Poslbesürderung >t 60.—, mit Pvslbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Lonnittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Soun- und Festtags früh 0 Uhr. Bei de» Filialen und Aunabinestellen j« »ine halb« Slunde früher. Inserate find stets an die Expedition zu richten. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig 8ti. Jahrgang Lin Brief Kaiser Wilhelm s I. Zn einer vor wenigen Iabrcn veröffentlichten Biographie Lord Job» Russell'» (Tlie Trts ok l^vrck ckotm Itu^oll l»v Spencer ^'alpolo, 2 vols , Tvvckon 1889, T,omnnan^> findet sich ein Brief de» verstorbenen Kaiser» Wilhelm an diesen englischen Staatsmann abgcdruckt, der in gegenwärtiger Zeit besonder» geeignet ist, Interesse zu erwecken. Die Vor geschichte diese» kaiserlichen Schreibens, welche» als Datum den 18. Februar l8?4 trägt, ist folgende. Al» damals der Eulturkanips begann, beschloß eine Anzahl hervorragender Eng länder eine große Versammlung abzubaltcn, um dem deutschen Kaiser öffentlich ihre Sympatkicii in dieser Beziehung auS- trücken zu können. Trotz seine» hohen Alter» erklärte Lord Zehn Ruffell sich bereit, den Vorsitz zu übernehmen, und al» ihm darüber von einem bekannten katholische» Landsmann Vorstellungen gemacht wurde», erwiderte er diesem nntcr Anderm in einem öffentlichen Schreiben Folgendes: „Es thut mir leid, daß ich von Ihnen in Bezug auf meine Zustimmung, den Vorsitz einer solchen Ver sammlung zu übernehmen, abweiche. Ich bin der Meinung, daß der von Sir R. Peel vorauSgcsebcne Zeit- punct gekommen ist, wo die katholische Kirche von Gleich berechtigung nicht» mehr wissen, sondern nur mit der Oberherrschaft zufrieden sein will." Am 20. Dcccmber 1873 schrieb der englische Gesandte am Berliner Hofe, Lord Odo Russell, an seinen Onkel: „Fürst Bismarck machte mir gestern seine Aufwartung, um mir zu sage», ein wie tiefe» Dankgefühl er beim Lesen Ihres Brieses an Sir George Bowyer empfunden bade, und wie dankbar er für die mächtige moralische Unterstützung sei, die Sie ihn, in seinem Kampfe gegen da» unfehlbare Papstthum geliehen hätten .... Ich muß binzufüge», daß Ihr Brief in der liberalen Presse Deutsch land» einen Sturm der Begeisterung verursacht bat." Der Brief aber, den Kaiser Wilhelm bei dieser denk würdigen Gelegenheit a» den englischen Lord schrieb, lautet in der Uebersetzung (er ist in englischer Sprache geschrieben): „Lieber Lord Russell, — Ich habe Ihren Brief vom 28. Januar mit den Beschlüssen der großen Versamm lung in London und mit dem Bericht meine» Gesandten über den Verlauf derselben empfangen. Ich danke Ihnen aufrichtig für Ihre Mittheilung »nd für die Ausdrücke Ihrer persönlichen Sympathie, die Sie hinzzrgcfüyt habe». E» liegt mir ob, der Führer meines Volke» in einem Kampfe zu sein, der schon durch Jahrhunderte von deut schen Kaisern früherer Zeiten aufrecht erhalten wurde, und zwar gegen eine Macht, deren Herrschaft in keinem Lande der Welt mit der Freiheit und der Wohlfahrt der Völker vereinbar ge funden ist, — einer Macht, die, wenn sic zu unserer Zeit siegreich wäre, nicht in Deutschland allein die Seg nungen der Reformation, der Gewissensfreiheit und da» Ansehen der Gesetze gefährden würde. Ich nehme den Kampf, der mir aufgedrängt ist, in der Erfüllung meiner königlichen Pflichten und nn festen Vertrauen auf Gott auf, zu dessen Hilfe zum Siege wir emporsehen; aber auch in jenem Geiste der Rücksicht auf das Bekenntniß Anderer und im Geiste evangelischer Duldung, der von meinen Vorvätern den Gesetzen und der Verwaltung meine» Landes ausgeprägt ist Die letzten Maßregeln meiner Regierung beeinträch tigen nicht die Rechte der römischen Kirche oder die freie Ausübung ihrer Religio» seitens ihrer Bekenner; sie geben »nr der Unabhängigkeit und der Gesetzgebung de» Lande» einige der Garantien zurück, welche andere Lander längst und Preuße» einst auch besessen hat und die damals von der römische» Kirche nicht al- unvereinbar mit der freien Ausübung ihrer Religion gehalten wurden. Ich freue mich über die mir durch Ihren Brief ge währten Beweise, deren ich übrigen» sicher war, daß die Sympathien de» englische» Volke» mir in diesem Kampfe nicht sehlcn würde» — de» englische» Volle», mit dem mein Volk nnd mein königliches Hau» durch die Erinne rung an manchen harte», ehrenvollen und gemeinsame» Kampf seit den Tagen Wilhelm'» von Dramen eng ver knüpft sind. Ich bitte Sie, den Inhalt dieses Briefes mit meinem herzlichen Dank zur Kcniitniß der Herren zu bringen, welche die Beschlüsse unlerzeichneten, und bleibe Ibr aus richtiger Wilhelm." Leipzig, 18. Februar. * Die Genesung der Kaiserin von dem »eulichcn In fluenza Anfall macht rasck'e Fortschritte. Die hohe Frau dürste binnen Kurzem völlig wieder hergestelll sein. * An dem parlamentarischen Essen bei dem Reichskanzler von Eaprivi nahmen, außer dem Kaiser, welcher umOllhr mit dem Prinzen Heinrich cintras, die Minister, die Mit glieder der VolkSschul Eommissio», das Präsidium des Ab geordnetenhauses »nd Abgeordnete, im Ganze» 60 Personen, Tbeil. Bei Tische wurde eine lebhafte Unterhaltung gepflogen, welche sich auch nach Tische forlsctzte und sich über die ver schiedensten Gegenstände verbreitete Es verlautet, daß über ein politische» Thema nicht gesprochen wurde. Um 12 Uhr kehrte der Kaiser noch dem Schlosse zurllck. * In der gestrigen Gesammtsitzung de» ReichSpost- amtS hat Staalssccretair v. Stephan die Mnibeilung gemacht, daß da» finanzielle Ergeh» iß de» laufenden Elalsjahrcs teil Voranschlag noch nicht erreicht bat. Die etatmäßigen Einnahmen bi» Ende November sind um 4 720 000.4k, der Uebcrschuß ist um 1576000— zurück geblieben. Die Ursachen hierfür sinket SlaatSsecretair v. Stephan in den üblen Nachwirkungen der Arbciter- an»ständc, den Vorgängen an der Börse, de» politischen Wirren nnd besonder» in der neuen amerikanischen Zoll gesetzgebung. * Berliner Morgenblätier melken den Tod de» Bezirks- hauptmaniiS Krenzler von der deutschen Schutztrnppe am Fieber in Bagamoyo. — Das „Kl. Jour»." meldet, der Großherzog von He sscn-Darmsta dt ist an einer Darm entzündung erkrankt. ^ * Alle uns vorliegenden Nachrichten stimmen, so schreibt die „Köln. Ztg", darin überein, daß der Kaiser den c»t schicdcneii Willen bat, da» VolkSschulgcsetz im Einvcr- ständiiiß mit den Freiconservativen unk Nationalliberalen zu Stande zu bringe». In der Evmmission haben die Eonser- vativcn bisher allerdings keinerlei Neigung bekundet, vom Eenlrnm abzurücke». Dennoch werden sich zahlreiche confer- vative Abgeordnete überzeugt haben,,daß sie im Sinne ihrer Wähler handeln, wenn sie dazu Mitwirken, das Ministerium von der Sandbank abzubriiigcn, aus der cs mit seiner klerikal conservativcn Politik festgesahren ist. Um so anssälligcr ist c», daß der Ministerpräsident Graf Eaprivi sich »och immer für den verunglückten Entwurf in die Bresche stellt. Die Herren, die mit der Vorlage stehen und falle», suchen »liii offenbar den Schrecken vor der „großen liberalen Partei" für ihre Zwecke auSzunntzen und tischen deshalb immer wieder da- längst abgcibaiic Vcrschwörungsmärchell ans. Wer be hauptet, die Nationallibcralen hätten sich nach einer Vcr- söh»l»ig mit de» Denlschfrcisinnigc» gesehnt nnd die Scbnl- vorlagc als willkommene» Vorwand zu der Rütlisceiie be trachtet, der stellt den Thatbestand doch einfach aus den Kops. Wer diese Vorlage kannte nnd darnach ihre Wirkung ans die öffentliche Meinung nicht voranSzusehcn vermochte, der besitzt keine» staatöiiiännischc» Blick und keine Fühlung mit den großen Strömungen unsere» nationalen Empfindens. Tic An Näherung der liberalen Parteien, da» Erstarken de» liberale» Gedanken», die Wiederbelebung der freien individualistischen Weltaiischaunng war der naturgemäße Rückschlag gegen dieEapi tulalivn vvr dem UltramoiitaiiiSmn», gegen den Versuch, de» Kamps einer weichenden »nd einer ausstcigendcn Tcnkwcise durch äußere staatliche Machtmittel i» Widerspruch mit den nationalen und staatlichen Interesse» zu enischeide». Wir können nur wünschen, daß die obige Annahme der „Köln. Ztg." in Bezug aus die Stellung de- Kaiser» zum Volks sch»lgcsctzc»ttvurf sich bewahrheite» möge. Vor der Hand ist aber davon noch nicht viel zu verspüren " Die Schulgcsctzcvmmissivii de» preußischen Ab geordnetenhauses Kat gestern einen der wichtigsten Paragraphen der Vorlage, den von den consc ssioiiellcu Verhältnissen der Schule handelnde» tz. 14, mit der bekannte» cvnser- vativ klerikal polnische» Mehrheit angenommen, unk zwar »och mit einer von den EeiitrttmS-Abgcvrdiictcn beantragten Ver schärfung. Damit sind die Aussichten, in dieser Eommissio» noch irgend wesentliche Verbesserungen an dem Gesetzentwurf rurchznbringcii, gänzlich geschwunden. * Der „Krcuzztg " ist die Ankündigung, daß sich auch im Oberkirchcnrath Bedenken gegen de» Volküschulgcsetzentwurs geregt habe» sollen, sebr unbequem. Sie meint: Da» Nähere über jene .Bedenke»" werte abzuwarte» sei», bevor sich ein sichere» Unheil darüber sällen läßt.' „Aus die Hauptsache töimeii sic sich kaum beziehen; denn der Entwurf entspricht in seinen Grundsätze» durckau» den Beschlüsse» der General snnodc der cvangclischeii Landeskirche, und es ist bisher nicht bekannt geworden, daß in der Synode von Seiten des Kirchcn- regimcntö irgend ein Widerspruch laut geworden wäre. Sollte etwa bei dem jetzige» angeblichen Einspruch des Obcrtircheii- rath-Z eine gewisse „Verstimmung" darüber mitgewirlt haben, daß nicht vorher sein Gutachten eingcholt worden ist, so würden wir diese Empsindnng ja verstehen nnd würdigen können; cS darf aber als Thatsache gelten, dass auch die katholischen Bischöfe nicht befragt worden find, die Parität also in diesem Falle keine Berleynng erfahren hat." * Die Stellung der natioiiaUibcralcii Partei gegen über den Angriffen von cvnservativcr Teile wahrt der „Hannvvcrschc Eourier" in folgender Weise: „Gerade die bannoverschc» Nationallibcralen sind sich ihrer eigenartigen Stellung in Folge der besonderen Verhältnisse der Provinz stclö bewußt gewesen. Sie haben manchmal ihren Ton bc deutend hcrabgesliminl in Erwägung der Rücksichten, welche ihnen durch ihre Stellung zu den übrigen Parteien in der Provinz auferlcgt sind. Sie protesiiren auch jetzt sehr nach trücklict, gegen die Behauptung, welche lliikcnntniß oder böser Wille stets von Neuem wiederholt, daß sie zu einer „systema tischen Opposition" übcrgcgangc» seien. Die Opposition, zu welcher man die Nationalliberalen gedrängt hat, beschränkt ich aus die Zedlitz sche Schnlvorlage, und wir hoffen, daß die Beschränkung bestehe» bleiben kann. Nickt ein politischcr Fehler ist diese Opposition, sonder» eine politische Noth Wendigkeit; der Febler ist auf der Seile begangen, die das Gesetz eingebrachl »nd unsere Partei in die Opposition ge drängt hat" * In ihrer Besprechung der letzten RcichSIagSdebatten sagt die „National Zcitnng": Graf von Eaprivi scheint eine ungewöhnliche Leistung fertig zu bringen, nämlich die Dentschsreisiniiigen, welche die größten Gegner BiSmarck s waren, nnd die Nationalliberalen, die diesen am andauerndsten unterstützte», zu einer Opposition gegen die jetzige Regierung» Politik zu vereinigen, obwohl beide Parteien eine Zeit lang geneigt waren, Eaprivi zu unterstützen. Eaprivi muß dafür, daß er diese beiden Parteien in die OppositionSstcllniig drängt, Grünte stärkster Art haben. Sie liege» darin, das; l802 eine conservativ-klerikale Politik getrieben werden soll, nachdem 1800 01 ein Anlauf zu einer liberalen Politik gc nommen war. Solche Unbeständigkeit bedarf der Rechtser tigung, und diese soll geliefert werte» durch die wiederholte Andeutung, daß die Nationalliberalen eine große liberale Oppositionspartei anstrebc» Man will zu einer Politik ge zwungen scheinen, »ach welcher der Zug dcS Herzens geht. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt gegenüber dem von u»S in der Morgeninttnincr mitgcthcilteii Artikel de» „Hambnrger Eorrcspcndcnt" ossiciöS: Wir sehe» nicht ab, was dazu berechtige» kann, dem Minister präsidenten andere at» in der Lache leibst liegenden und an« seiner versünltchen Stellung zu derselben stiebenden, bei der ersten Be- rathnng der Vortage im Abgeordnetenhause genügend klar gelegte» Motive »nlerzulegen. Ter MlnillerprSsideiit hat die Lclniworlaae eingebracht und ist für dieselbe parlamentarisch clngetr-eten, weil er deren Inhalt für sachlich begründet htttt, und weit er die Volksschule vor Partei- einsiüsien bewahren will, welche ans dieselbe sich geltend machen würden, falls der Llreit um die Regelung de» VolkaschulweienS zu einem dauernden Erisapsel zwischen den Parteien werden sollte Würde etwa die Vorlage nicht in der lausende» Session ihir Erwoignng sinken »nd der Vernich der gesetzliche» Regelung d>>- VolkKchnlwelens in der kommenden wiederholt werden müssen, io würde diese Angelegenheit damit auch niedr und medr der Wahl agitalio» preisgegeben werde», ein Gesichlsvnnct, ivetcher sicherlich vollständig ansrcicht, um den Ministerpräsidenten zu veranlasse», seinen Einst»» dafür einzuietzen, daß die Vvlksschittvortage in dieser Session durch die pariameiitarischc Behandlung hindurchgeiührt und zuiii Gesetz erhoben wird. Zn den vorstehenden Darlegungen ist wobl die Frage gc stattet, ob nicht etwa gegenwärtig seitens der Eonscrvativen und der llltramontancn „Partcicinflüssc" in Bezug ans das Zustandekommen eines VotkSschnlgesetzcS nach ihre» Herzens wünschen gellend gemacht werden? Der Kamps, wie er um dieses Gesetz entbrannt ist, stellt sich als ein Parteikampf im schlimmsten Sinne des Wortes dar, zu dem aber die gc nannte» Parteien, im Bunde mit der Regierung, den Anlaß gegeben haben. * lieber die Verhandlungen, welche, wie erwähnt, mit dem Herzog von Eumberland und zwar durch Len Landes dircctor vv» Hannvoer, v. Hainmcrstcin Loxten, gepflogen werde», hört man, daß cs sich zunächst »»» die Stellung Feuilleton. Die VennharLtsbrii-er. 4j Socialer Roman von A. LütetSbnrg. «r-ewiuik vnd»ie». (Fortsetzung.) ,,Die Ihnen nicht gewährt wird, Brenner, davon dürfen Cie überzeugt sein, wenn es sich nickt um eine Verbesserung für Sie handelt. Eine solche aber können Sie täglich hier erlangen, denn wir sckfätzen Arbeitskräfte, wie Sie eine solche sind —, von denen da geht ei» Dutzend aus Sie. Wa» Sic nach dem „Dennhardt" gebracht hat, tann nicht Ihnen, sondern nur Ihrer Erziehung zur Last gelegt werden. Kinderstreiche, die bei einem Menschen, der sv treu und redlich seine Pflicht erfüllt und zuverlässig ist, wie Sie, vergessen werden können. Heben Sie an Ihre Arbeit, Brenner, ich werke Ihnen wahr scheinlich in diesen Tagen einen andern Posten »»weisen — „Sie aber", wandte er sich an Röhnisch nnd Genossen, „sind i» der That entlassen, sobald eine einzige Klage über Ihr Benehmen diesem jungen achlungSwcrthcii Manne gegenüber mein Ohr erreicht." Ter Inspector ging, Jakob kehrte an seine Arbeit zurück, euch die Gescholtenen, diese aber mit finsteren Drobblicken auf den ersteren. Der Fabriksaal füllte sich wieder mit den Ar beitern, und bald ging die Mittheilung von dem Vorgefallrnrn ron Mund zu Mund. Brenner war von dieser Stunde an noch mebr al» zuvor der Gegenstand allgemeinster Ausmerk- jamkeit. Die Art, wie er von dem Inspcctor am heutigen Morgen gelobt war, rief eine große Aufregung hervor, und man war ziemlich ausnahmslos entschlossen, dazu beizu tragen, Brenner zu vertreiben. E« würde keine allzu fchwierige Ausgabe sein, die man sich mit diesem Vorsatz gestellt. Wenige Tage nach diesem Vorgänge verbreitete sich in der Fabrik da» Gerücht, Herr Karl Brenner werde im Laufe de» Tages die Raume besichtigen und da» Arbeiter-personal einer eingehenden Prüfung unterwerfen. Jakob hörte zuletzt davon, erst in dem Augenblick, al- der Erwartete den ArbcitSranm betreten hatte, in welchem auch er beschäftigt war. Bei Nennung de« Namen» seine« Herrn war er zusammengezuckt, scheu wandte er den Blick zur Seite, aber er sah nur eine verschwommene Gestalt unrer dem Thüreinaang inmitten ihm bekannter Herren, denn e» wurde ihm dunkel vor den Augen nnd er fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Jetzt war der Augenblick, der heiß- ersrbnte und gefürchtete, gekommen. Vor ihm stand eine hohe Mannesgestalt mit einem blaffen, ernsten, aber wohlwollenden Gesicht. An seiner Hand führte er ein kleine», blonde» Mädchen, da- sich zärtlich und schein bar gcängstiat von der ungewohnten Umgebung an ihn schmiegte, kessen blaue Auge» jetzt denen Jakob Brenner » begegneten, indem er die seinen von dem Fabrikherrn ab wendete. ^Brenner!" — „Brenner!" Der Inspektor hatte den Namen gcnannt, der Fabrikherr ihn wiederholt. Jakob körte etwa» von einer „staunenS- wertben Arbeitskraft", von „»ncrmüdlichcm Fleiß", von „glänzenden Aussichten für die Zukunft". „Jakob Brenner!" wiederholte der Fabrikhcrr noch einmal. „Wo sind Sie gebürtig ?" Nun erhob der Angercdctc den Blick. Er begegnete dem nickt nur forschend, sondern, wie e» ikm scheinen wollte, mit einem Ausdruck von Angst und Unruhe auf ihn gerichteten Auge dcS Fabrikherrn. „In dieser Stadt, Herr Brenner!" lautete die leise Ent gegnung. „Als! Ick spreche noch weiter mit Ihnen. Gehen wir, Herr Wicdekind." Noch einen Augenblick stand Jakob und schaute dem sich entfernenden Principal nach, der in sichtlicher Hast den Arbeit-raum verließ. Aber der kleine Blondkopf an seiner Seite drehte sich im Ausgang um und die Hellen Kinder- augcn suchten den Platz Jakob Brenner'». Nickend bewegte sich das Köpfchen, al» ihre Augen den seinen begegnete». Das Läuten der Fabrikglockc führte den jungen Mann in die Wirklichkeit zurück. Er athmctc tief nnd schwer auf, wie aus einem Traum erwacht, indem er sein HandwerkS- gerälh niederlegte, um sich in eine benachbarte Restauration zu begebe», wo er sein Mittagessen einzunehme» pflegte. Endlich batte sein Wunsch, Karl Brenner zu sehen, Ersiillung gesunden, und wie wenig befriedigt fühlte er sich! Seine ingcndliche Phantasie batte ihm ein anderes Bild vor die Seele gezaubert. In seinem Herze» lebte bisher heimlich die llebcrzengung, daß ein Blick m da» Gesicht de» Fabrikherrn all seiner inneren Sorge »nd Angst für immer ein Ende machen würde, denn in diesem mußte er den Beweis finden, daß Karl Brenner ein elender, erbärmlicher Charakter war, wohl fähig, niedrig und grausam an seinem Bruder zu handeln. Die Wirklichkeit batte derartigen Träumen und unbe stimmten Hoffnungen für immer ein Ende gemacht. Blei schwer lastete es aus seinem Herzen, da- nun nie mehr freier werden würde. Im Geist sah er da» gütige Gesicht te» Fabrikherr», wie e» sich ihm voll warmer herzlicher Tbeil- nabme zugcwendet. Wohl hatte er geglaubt, vorübergehend in dessen Augen, al- sie den seinen begegnet waren, einen Ausbliy zu srbcn, aber da« Erschrecken de« bösen Gewissen« hatte nicht in ihm gelegen, und diese Ueberzeugung drückte Jakob Brenner sörmlich zu Boden. Wenn der Fabrikherr an dem Schicksal seines Vaters unschuldig war, so konnte nur dieser ein schuldiger- sein, nnd kann erst war er in Wahrheit ein niit dem schwerste» Fluch Beladener. Die nächsten Tage ging er einher wie ein Träumender Er sah »och finsterer als gewöhnlich ans, dabei batte er viel von seiner straffen Haltung eingebüßt, und die Arbeits- freudigkcit schien ihm abhanden gekommmen. Dem Mutter- augc war die anssäUige Veränderung in der äußeren Erscheinung dcS Sohnes nicht verborgen geblieben. und sic yatte besorgte Blicke ans it>n gerichtet, aber keine Frage laut werden kaffen. Sie mochte eines Tages da» Zusammenleben mit dem ältesten Sohn, der ei» williges und folgsames Kind gewesen war, sich wohl anders gedacht haben — es war etwas zwischen ihr und ihm, das sic nie zu einer innere» Freudigkeit über seine Erfolge ge langen ließ, obwohl sie die Zukunft ihrer Kinder gesichert und mehr erreicht zu haben glaubte, wie sic je zu erreiche» nur geträumt. Hatte Jakob Brenner vordem wenig Theilnahme für seine Kamcradc» i» der Fabrik gezeigt, so war er in diesen Tagen »och glcichgiltiger gegen das, was uni ihn her vorging. Er bemerkte darum auch nicht, daß die unfreundliche Äimmung seiner Mitarbeiter, die sich längst gegen ikn bemerkbar gemacht, allmälig einen Ausdruck von Feindseligkeit angenommen hatte, der ihn mit Besorgnis hätte erfüllen können. Zuerst waren cS mancherlei kleine Vorkommnisse, die daraus hindeuteten, daß man bemüht war, ihm diese und jene Unannehmlichkeit zu bereiten. Sein Handwerksgeräth, da» er stets in musterhafter Ordnung gehalten, zeigte häufig Lücken »nd immer zu einer Zeit, wo der Ersatz einc» ver loren gegangenen oder beschädigten Stücke- mit Schwierig keiten verknüpft war, die mindestens die Verzögerung einer schleunigst zu vollendenden Arbeit bedingten So gewann e» ten Anfchcin, al« ob er nachlässig geworden sei. Anderen Arbeitern abhanden gekommene Gegenstände wurden zufällig bei ihm entdeckt, wobei dann nicht selten Worte sielen, die einc offene Wunde berührten und ihn mit neuem verzweif- lungsvoUcn Schmer; erfüllten. Eine» Tage» wurde Brenner in da» Arbeitszimmer des Inspektor» Wicdekind bestellt. In der Meinung, daß e» sich um irgend einen Auftrag handeln würde, den man ihm zu geben wünschte, begab er sich «»verweilt dahin Er war nicht wenig überrascht, noch mehr aber bestürzt, al- er von dem ihm besonder« wohlgesinnten Herrn sehr ernst empfangen wurde. „Brenner, sind Ibnen dir Bedingungen, welche unsere Arbeiter zu erfüllen haben, wenn sie auf dauernden Aufent halt in der Fabrik rechnen wollen, unbekannt? Sie waren gestern in der Versammlung im Z 'schen Locale", redete der Inspector den jungen Mann an. „Nein, Herr Wiedckind, ich war nicht dort", lautete die mit fester Stimme gegebene Entgegnung. „Hin, hm, meine Mitthcilungen, die ick darüber empfangen habe, sind ziemlich zuverlässig. Tie werken doch nickt ick meine — ein offene» Zugeständnis; würde am besten sein. Leider fehlt es ja nicht an Elementen, die bemüht sind, die Saat der Unzusricdcnhcit in die Herze» unserer junacn Arbeiter zu säen und sie dadurch auf Irrwege zn sichren. Ich habe Ihnen beute nur zu eröffne», das; es unteren Arbeitern verboten worden ist. >,ch an derartige» Versammlungen zn belhciligc» und daß selbst die sälngste» und brauchbarsten ihre sofortige Entlassung zu erwarten haben, sobald es zu unserer Kcnnlniß gelangt, daß sie ei» solche» Verbot im Wiederholungsfälle unbeachtet lassen. Wolle» Sie sich das inerte»'?" Der junge Mann verließ das Zimmer und kebrtc finsteren Anllitzeö in de» Arbcitsraui» und an seinen Schraubstock zurück Vergeben» fragte er sich, wodurch bei dem Inspcctor die Meiiiniig entstanden sein könne, als bade er sich an Agitationen oder Versammlungen betkeiligt. Inslinctiv fühlte er, daß cS sich um eine Verleumdung bandelte, aber — warum glaubte man seinen Worten nicht? Jakob Brenner halte an diesem Abend ein Gesicht von Müdigkeit. Ibm war aber auch im Lause des Tage» nicht einmal der Gedanke gekommen, sich Recht zn verschaffen. Wenn nicht seine Vergangenheit gewesen wäre, würde man gewiß nicht gewagt haben, Zweifel i» seine Worte zu setze» Daheim erwartete ib» frohe Botschaft i» Bezug auf seinen Bruder. Die künstlerische Begabung deffctbc» sollte ibn aus eine vielleicht glänzende Lansbabn sichre». Sein Lchrbcrr hattc zunächst für seine Ausnahme i» der Kunstgcwcrbcschute Lvrge .zctragcn, um später seinen llebergang nach der Akademie zu bewirken. Er war überzeugt, daß Hans Brenner eines Tages ei» großer Künstler werten würde. Tie Mntter halte erwartet, den älteren Sohn durch die Mittheilung von dem Gluck des jüngeren aus einer scheinbar wachsenden Gleichgiltigkeit anfzuriittclii; sic war erstaunt und erschrocken, ihn ihre Nachrichten so ruhig ansnchmcn zn sehen „Han- kann sich freuen, eine» so guten Lchrhcrrn gesunden ;n haben", sagte er nur. „Für Dich wird cs einc große Freute sein, Mutter, daß Deine Sorge um seine Zukunft so rasch gelöst worden ist Ich wünsche ihm Glück." „v, Jakob, der Gedanke, Euch eine» Tage» in einer Stellung zu sebcn, die nicht dem Stande Deines Vaters ent sprochen haben würde, war mir immer ein schrecklicher." Jakob wurde dnnkclrolb. „Sprich nicht davon", sagte er beinahe hart. Drittes Eapitel. Woche» war?)i seitdem vergangen, für Brenner eine wenig angenehme Zeit. Seine Lage unter seinen Mitarbeitern war
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