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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.02.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920220016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892022001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892022001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-20
- Monat1892-02
- Jahr1892
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Tabellarischer und Zisferujatz nach höherem Tarif. Sxtra-Bcilägcn (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesördcrung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annatslneschtuß für Inserate: Abend-Ausgabe; Vormittags 10 Ustr. Morgen.Ausgabe: Nachmittags 1 Uhr. Sonn- und Festtags früh!t Uhr. Bei den Filialen und Annalimcslelleu je eine halb« Stunde früher. Inserate sind stets an di« Expedition zu richte». Druck und Verlag vou E. Polz tu Leipzig ^°S2. Sonnabend den 20. Februar 1892. 8». Jahrgang Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 21. Februar, Bormittags nur bis S Uhr sli'sjliel. kxpeilltlon <168 I-viprirrer ^Edlrrtto^. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Hierdurch machen wir bekannt, daß wir die Visniarckftratze in Lripzig-LinLrnau auf deren Ausdehnung von der Nlbcrtstraße bis mit Kreuzung der Aurelienstraße in lkigenthum und Verwaltung der Sladlgemeinde übernommen haben. Leipzig, den IS. Februar 1892. Der Math der Stadt Leipzig, lc 638d. vr. Tröndlin. vr. Redlich. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebene» Maurerarbeiten für den Um bau de« «rmrnhausr» zu Leipztg-Nannewitz sind vergeben Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden daher ihrer Angebote hiermit entlassen. Leipzig, am IS. Februar 1892. Der Math der Stadt Leipzig. Ib. 573/150. vr. Tröndlin. Cichorius. Bekanntmachung. Das Einlagebuch Nr. 42 der Sparcasse zu Leipzig-Lindenau ist abhanden gekommen. Der Inhaber des BuckiS wird hiermit aufgefordert, bei Verlust seiner Ansprüche sich binnen längstens S Monaten und spätestens bis zum 24. Mai 1892 bei der Sparcasse zu Leipzig-Lindenau zu melden) Leipzig, am 16. Februar 1892. Der «ath der Stadt Leipzig. Ib. S47. vr. Tröndlin. Ass. Lampe. Gesunden oder als herrenlos angcincldct resp. abgegeben wurden in der Zeit vom I. bis IS. Februar 1892 folgende, zum Theil auch schon früher gefundene, oder von verübten Diebstählen verrührende Gegenstände: Ein Geldbetrag von 5 Mark, ein Portemonnaie mit 3 ,4t 80 /H, ei» Leihhausschein, ein Granalohrring, ein goldener Damenring, 4 verschiedene Armreife, zwci goldene Klemmer, ein ebens. init Neusilbergestell, »Met VoraUen lettrn («ine mit Kreuz), »ine gelbe Melallkelte mit Kreuz, ein goldener Ma»scheti.-»knopf, ein Perlmutter- und et» schwarze» Lprruglas, je in einem Plüichbeuiel, eine Note». Mappe mit einer Anzahl Noten, et» rolher Damen-Skawl, ein brauner bergt., ein Papptasten mit 2 Damrilhüteu, ein weißseidrnes HerreN-Halstuch, ein Krimmer- und ei» Plüschmuff, rin Pelzkragen, eine Pelzboa, ü Kragen und drei Paar Manschetten, eine graue Tilchdecke, ein Spazier, stock, einige Regenschirme, eiue Handtasche mit Parzellan- gkgenständen, ein Haudkorb mit Deckel, ein Hackemesser (Flcischbeil), rin Bierfaß, ein« Wagrnbure, eine Leder. Umhängetasche mit Handwerkszeug, eine Anzahl Schlüssel und ein »»ririidriger Handmagr». Die unbekannte» Eigenthümcr dieser Gegenstände werden hier- durch aufgesordert, sich zur Empfangnahme derselben in nnserrm lloinmissariat rechtzeitig zu inclden, ondernsalls darüber nach 8. 239 deS B. G -B- anderweit verfügt werden wird. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welch« während der Aooale Oktober, November und Decembrr 1890 Fundgegenständc bei »ns abgegeben haben, aus, diese Gegenstände zurückzusordern, andernfalls auch hierüber den Rechten gemäß verfügt werben wird. Leipzig, de» 17. Februar 1892. Las Palizriamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Ml. Gefunden wurden in hiesiger Markthalle seit Eröffnung derselben folgend« Gegenstände: ein Pelzmuff, eine Pelzboa, 2 Achselkragen, ein alter Frauen mantel, eine ebensolche Jacke, eine Schürz«, ein Militairkoppel mit Schloß, eine Büchermappe, 2 Taschenmesser, ein Marktnetz, einige Gewichte, mehrere Schirme, eine Anzahl Schlüssel und mehrere Portemonnaies mit Beträgen bt» zu 2 21 BehusS Ermittelung der Eigenlhüiner wird dies hierdurch mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß die Effecten an hiesiger Amts- stelle, Zimmer 64, zu reclamircn sind. Leipzig, den 16. Februar 1892. Das Polizet-Amt der Stadt Leipzig. Ill 688. Bretschneider. Mb Das der Marie ffkauler ans Ällcndorf hiekaints am 2l. Juli 1891 ausgesertigte Dienstbuch ist erstatteter Anzeige zufolge im hiesig:» Stadtbezirke abhanden gekommen und im Ausfindungsfalle «n nnS abzultesern. Leipzig, am 17. Februar 189S. Da« Poltzeiamt der Stadt Leipzig. N. 1038. Bretschneider. Tr. Die Ministerkrifis in Frankreich. Die KrisiS, welche am Donnerstag durch eine dem Mi nisterium Freycinct-Eonstans ungünstige Abstimmung der Ab geordnetenkammer zum AuSbruchkam, leitet ihren Ursprung au« den Vorkommnissen im Octobcr v. I. in Rom der, welche zu dem Verbot der Pilgerzüge führten. Di« Bischöfe wollten diesem Verbot nicht Folge leisten, weil sie c« als einen Eingriff in ihre Rechte betrachteten. Der Erzbischof von Air, GouthS-Soularv, richtete einen Brief an den EultuS minister, welcher zu einer Anklage und zur Bestrafung de« Bischof« führte. Damit war aber dir Sache nicht abgethan Dir moiiarchiscben Journale triumphirtci^nud der „Figaro" veranstaltete eine Sammlung, um den Wchos für die Kosten! te« Proceffe« schadlos zu halten und ihnMic gegen ihn rrkaniMr Geldstrafe zu ersetzen. Am 9. December kam die AngeMe^»t 1 im Senat !ur Sprache. Der Senator Dide erklärte, ra^sich die Geistlichkeit allen durch das Eoncordat übernommene» Verpflichtungen entziehe, e« sei Zeit, daß dieser Anarchie ein Ende bereitet werde, und Goblet forderte die Regierung aus, die Trennung von Kirche »nd eslaat auf dem Wege der Gesetzgebung einzuleiten. FalliöreS erwiderte, daß die Regierung die Politik der Beruhigung forlsctzen werde, ebne etwas von ihre» Rechten zu vergeben. Der Senat nahm darauf eine Tagesordnung a», durch welche die Regierung aufgesordert wird, der Geistlichkeit Achtung vor der Republik »nd ihren Gesehen zur Pflicht zu machen. Im Abgeordneten haus«: inlerpellirte Hubbard die Regierung wegen der Haltung der Bischöfe und verlangte die Trennung von Kirche und Staat, Fallistrcs lehnte diese Forderung ab, stellte aber eine Berlage über die Genossciischaflcii in Aussicht. Diese Zusage hat der EultuSininister vor einiger Zeit eingelöst, und der Gesetzentwurf über die Genossenschaften, welcher den Episkopat in seine Schranken zurückzuweisen bestimmt war, gab die Veranlassung zu dem Streite, welcher mit der Ablehnung einer von der Negierung gebilligten Tagesordnung sein Ende fand. Die Regierung hatte dabei ibren alten iLtandpnnct sestgehaltc», welcher die Politik der Versöhnung mit der Kirche der Trennung der Kircke vom Staate verzieht. Zwar ergab die Tagesordnung, wellbe das Verhalten der Regierung billigte, damals nur eine Mehrheit von 20 Stimmen für diese, aber man würde die Lage nicht richtig aufsassen, wenn man die Ursache de« Sturzes des Ministeriums Frcycinet allein in den kirchenpolitischen Ver hältnissen suche» wollte. Das Ministerium Frehcinet blickt auf eine beinahe zwei jährige Thätigkeit zurück, gehört also zu den dauerbasleste» Re gierungen der dritten Republik, aber ein wirklich fester Zustanv hat sich auch unter ihm nicht gestalten können. DasMinistcrinm, welches amDonnerStag seine Entlassung einreichlc, bat große Er folge auf dem Gebiete der auswärtigen Politik erreicht, ins besondere ist e« ihm gelungen, das Einvcrständniß mit Nnß- aus eine Stufe zu bringen, welche einem Bündniß land gleich zu achten ist, so "daß man heute von einem Zwcibund im Gegensätze zum Dreibund spricht. Dieser Erfolg Hai aber nicht darüber hinweg zu helfen vermocht, daß die neue Wirtb- schaftSpolitik der Regierung in den Kreisen der Exporteure große Erregung verursacht hat. Zahlreiche Stimmen haben erklärt, daß Frankreich einem wirthschaftlichen Sedan zulrcibe, und die Abneigung Spanien-, der Schweiz und Belgiens, ans die Zuinntbungcn Frankreichs einzugehen, in Vcrdindung mit dem mitteleuropäischen Zollbunde, wie er sich unter Führung des Deutschen Reiche- zwischen den Mächten des Dreibundes gebildet hat, haben dieRcgierung in eine schwierigeLage gebracht, welche dir gegenwärtige Krisis wesentlich mit verschuldet. Den Ausschlag haben dabei dicZölle auf die nvIbwendigenLcbenSmittcl gegeben, deren Abschaffung der Socialist Lafargne, der neu ge wählte Vertreter deS NorddeparlcincntS, beantragte. Es kam dabei zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Antrag steller und dem Haupturheber des neuen Zolltariss Mölin bei welchem dieser schlecht abschnitt, denn sein Antrag aus eine neuerliche Bekräftigung der von ihn« vertretenen Schutz zollpolitik wurde von Floguet nach dem Grundsatz uo dis in illem (nicht zweimal in derselben Sache) als unangebracht bezeichnet, und der bekannte Finanz»!»»» L«on Say, der Mit-Eigenthüiner deS „Journal des TvbalS", erklärte, cS sei gut, die neuen Zolle »och einige Monate bestehen zu lassen, bis sic ihr ganzes Unheil angerichtet hätten. DaS ist die Lage, aus welcher die Ministerkrisis entstanden ist. Es kommt noch hinzu, daß die Boulangistcn die größten Anstrengungen gemacht haben, der Regierung Verlegenheiten zu bereiten. Die Ohrfcigen-Angelcgenhcit reicht bis in die Sitzung hinein, in welcher die Krisis auSgebrochen ist. Es war der letzte Erfolg des Ministeriums Freyciliel-ConstanS, daß die Kammer in ihrer Mehrheit den Fall EonstanS Laur durch die Entschuldigung des Ministers EonstanS als abgethan bezeichnet«. Dann kam aber die Ent scheidung darüber, ob die Kammer mit der Gcsainmtbaltung deS Ministeriums einverstanden sei, und diese Frage wurde verneint. Bei diesem Anlaß ist von Ivllr» Feinden des Ministeriums Abrechnung gehalten wordenXund cS laßt sich nicht in Abrede stellen, daß die Regierung NcnnchcS hätte vcr meiden können, was zu ikrcm Sturze beigelragen hat, wie daö Verbot deSSardou'schen DraniaS „Thermidor". Auch die leiden schaftliche Gefühlsäußerung EonstanS' gegen die Boulangistcn hat sicher nicht zur Befestigung des Ministeriums gedient. Die wirthschaslliche Frage ist eine Principienfrage. Ob Frankreich die Herrschaft eines autonomen Zolltarifs der Politik der Handelsverträge vorziehen solle, oder umgekehrt, lonnte nur Sache der Urberzeugung, nicht eines EompromisseS sein Die Regierung hat sich für den autonomen Zolltarif ent schieden und mußte damit stehen oder sallen. Ein neue- System kann nickt in dem Augenblick, da es ins Lebeu tritt, vcrurtyeilt werden, man muß erst seine Wirkungen abwarten, bevor man darüber rin Urtheil fällen kann. Wenn die Exporteure der Ansicht sind, daß die neue Schutzzollpolitik Frankreich Schaden bringen werde, so müssen doch erst Beweise für die Richtigkeit dieser Ansicht vor liegen, bevor man daraus Schlüsse für die Fähigkeit oder Unfähigkeit der Negierung zieht. DaS hat man nicht ge tban, sondern sich durch die Tbatsache da« unbefangene Ur- theik trüben lassen, daß die Zolle auf die Leben-mittel diese vcrlhcuert haben. Mvline schrieb diese Wirkung air den Zwischenhandel, aber auch er ist den Beweis für die Richtigkeit seiner Behauptung schuldig geblieben. Augenblicklich liegt die Sache so, daß die Vertreter der beiden einander entgegen stehenden Ansichten ihren Standpuncl mit gleiche UebcrzcugungSkrcne und Leidenschaftlichkeit verfechten. Wir ersehen au« der gegenwärtigen Lage in Frankreich ans« Reue, daß es unmöglich ist, Berechnungen, die sich theoretisch als unanfechtbar tarstellen. unter allen Umständen als richtig aufrecht zu erhalten. Die Vertreter der neuen Wirtschaftspolitik in Frankreich waren ihrer Sache ganz gewiß, sie ließen sich durch die Abmabnungen der Exporteure nicht irre mache» und huldigten der Meinung, daß Frankreich nur einen neuen Zolliarif auszustellen brauche, uni der Unter wcrsung der übrigen europäischen Staaten unter die neuen Bedingungen deS wirthschaftlichen Verkehr« sicher zu sein Diese Auffassung hat sich als irrig erwiesen, denn die Wirkung de« neuen Zolltarif« war von der Beherrschung aller wirthschaftlichen Verhältnisse Europa» aus dem land> wirthschaftlichen wie aus dem industriellen Gebiete abhängig Frankreich ist ei» reiche- Land, der Ertrag seiner Land Wirtschaft, seine» Weinbaue» vor alle» Dingen ist so bedeutend, daß es nicht nur das eigene Bedürfnis) zu decke» vermag, sondern auch auf dem Weltmarkt als Wettbewerber erscheinen kann. Es ist kaum nötbig, ans die Stellung binziiwciscn, wclckc Frankreich als Er zeugcr in allen Zweigen der indllstriellcn Tbätigkett ei» nimmt, bei denen cö ans Geschmack und auf Geschicklichkeit ankommt. In Bezug auf Mode- und Luxus Artikel wird Frankreich iintcr de» europäischen Bewerber» wie in der ganzen civilisirtcn Welt stet« den ersten Play cinnchmen, o lange cS sich auf den bisherige» Bahnen bewcgl. Man darf aber nicht vergessen, daß die andcrcn Rationen von Frankreich gelernt, n»r> daß sie ans vielen Gebieten beute den Meister beinabe erreicht babcn. Borlänsig wird auch der neue französische Zolltarif a» de» bestellenden Verbällnisse» kaum etwas ändern, aber in Zukunft kann auch darin ein llmschlag eintrctcn. Die französische Ministcrkrisis enthält keineswegs zugleich den Beweis, daß die »cueWirtschaftspolitik Frankreichs verfehlt ist, sondern nur die Befürchtung, daß sic verfehlt sein könnte. Vorläufig sind cS nur die erhöhten Preise für die notwendigen Lebensmittel, welche ibre Wirkung äußern, aber eines Tages wird das französische Volk von der Regierung die Früchte der neuen Wirtschaftspolitik verlangen, sei cS auch, daß diese Politik nur unter der Zustimmung der Mehrheit der Volks vertretung cingeschlagen werden konnte. Frankreich hat dar auf aber nicinalS Werth gelegt, cS hat immer nur dem Er- olge zugcstimmt, gleichviel, ob er von oben oder von unten ausging. So lange Napoleon I. Sieg aus Sieg hänsle, war er der angebctctc Halbgott Frankreichs, als 1812 mit einer Niederlage kam lind Leipzig folgte, wich daS Vertrauen von dem erprobte» Fübrcr in hundert Schlachten und ma» griff auf Personen zurück, die ohne solche Schick- alswechsel niemals in Betracht gekommen wären. Die Fra» zofen von beute sind dieselbe», wie sie vor loo Jahren ge wesen sind. Sie unterwerfen sich jedem Truck, der ihrer Sucht »ach Ruhm und nach materiellem Erfolge Genüge leistet, sic folge» aber andernfalls auch dem Antriebe, der von rgeud einem Abenteurer auSgeht, wenn ihm nur der Schein eines Mannes der Zulunsl anhaftet. ConstanS hat Frank reich von Boulangcr befreit, doch daS ist längst vergessen, denn EonstanS hat sich auch enelgisch gegen jede Ruhestörung ge wekrt. Daö Ministerin», Frcycinet EonstanS ist gestürzt, was nachsolgt, muß die Zukunft lehren. * Leipzig, 20. Februar. * In Berlin will man aus mancherlei Zeichen schließen, das; sich in der entscheidenden Region ein langsamer Gc- innnngSiiinschivlliig vollziehe. Es gebt sogar das Gerückt, daß der Minister Herrsnrth entschlossen sei, aus Gesund heitsrücksichten den Abschied zu nehme», und daß Gras Zedlitz deS EnlluS Portefeuille mit demjenigen deS Innern vertauschen werde. Daö wäre, wie man meint, der „Notb auSgang" für das Schulgesetz. Die Glaubbastigkcil diese« Gerüchtes läßt sich nicht conlrolircn, sic wird auch dadurch nicht erhöh», daß die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bc bauptct, der Reichskanzler Graf Eaprivi trete au« rei» sachlichen Gründen, nicht aber, um den Minister Zedlitz zu decken, für die Schulvorlage ei». Allerdings ist, bevor die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" dies versicherte, die Anschauung verbreitet gewesen, daß Gras Eaprivi vorwiegend einspringe, wo ci» Minister sich in der Enge befinde. So war jüngst erst in cincni Artikel des ossiciöS bedienten „Hamburgischeii Eorrespondente»" zu lesen, daß den Grafen Eaprivi in der Frage des Schulgesetzes der militairische Ge sichlspunel beherrsche, den slart angcsaßlcn Eollcgen mil seiner ganzen Person zu decke», so zwar, daß selbst die lebhaften nnd eindringlichen Vorstellungen süddeutscher Regierungen gegen das Vorgehen der preußischen Regierung ohne Ein druck auf ihn blieben. Und die Münchener „Allgemeine Zeitung" erkennt cS als einen hervortrciendcu Zug an dem Grasen Eaprivi, sich mit seiner Persönlichkeit für lesen seiner Minister Eollegc» cinzusctzc», dessen Vorlage er gefährdet glaubt. So hätte er seinerzeit auch durch sein Eintreten flir die Land gcmeindcn-Ordiiung Herrn Herrsurll, wider den Wunsch des Kaisers im Amle erhallen. Die Tbatsache glaubt indessen das Münchener Blatt verbürge» zu können, daß sowohl der Kaiser als der Minister-Präsident durch die liefe und wachsende Erregung, welche die Schulvorlage nicht minder wie ihre parlamentarische Vertretung durch die Regierung in« Lanke hervorgcrnfcn habe», im hohen Grade überrasch worden seien Um so weniger wäre dann der Mttthcilnng der „Norddeutschen Allgemeine» Zeitung" zu glaube», daß Gra Eaprivi die Annahme des Schulgesetzes in dieser Session wünsche, damit cS nicht einen AgilalionSstoff für die Wahlen bilde. Kommt das Gesetz zu Stanke, so wird eS erst recht die Agitation anrcizen, und schwerlich mit dem der Regie rung erwünschten Effecte. * Die Eommission sür die zweite Lesung de- Entwurfes eines bürgerliche» Gesetzbuches setzte in den Sitzungen vom 15. bis l?. Februar die Bcrathung der Frage fort, ob den Vorschriften über die Gewährleistung beim Vieh- bandel daS deutsch-rechtliche oder das römisch-rechtliche System zu Grunde zu lcgcn sei: Nach längerer Diskussion, an welcher sich die nichljuristlschen Mitglieder der Coinmlsiio» besonder« lebhaft belhelligte», entschied sich die Mehrheit in llebereinstimmung mit dem l?iitwu»-se sür daS deutsch-rechtliche System. Maßgebend waren dabet vorwiegend praktische Rücksichten, insbesondere die Erwägung, daß es bei den Thieren als lebendigen Organismen mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sei, im einzelne» Falle die Frage zu entscheiden, ob ein sich später zeigender Mangel schon zur Zeit der Uebergabe vorhanden und schon damals von solcher Art gcweien sei, daß er nach de» all gemeinen Grundsätzen über Gewährleistung die Haftung de- Käufers begründete und daß es mit Rücksicht hierauf dem Interesse beider Theile mehr entspreche und zur Abschneidung von Streitigkeiten nnd Processen diene, wenn das Gesetz die Mängel bestimme, sür welche der Verkäufer zu hasten habe, die Haftung für diese dann aber zu gleich in der Art regele, daß sie iinincr und »ur dann eintrete, wenn der Mangel sich innerhalb einer beslimmlen Frist zeige. * Sogar die orthodoxe „Evangel. Kirchenzta." be merkt zu drmVolkaschulgrsetzentwurf, dem sie imGanzen zustimmt: „Wem wird da« Brietz, fall» es angenommen wird, »Mer den gegenwärtige» Verhältnissen mehr nützen, der katholischen oder der evangellschen Kirche? Und da dürfe» wir un« nicht verhehlen, daß Rom viel mehr Ehancen hat. Nicht bloS, weil cs größere Fonds bat, besonders nachdem ihm die Sperrgelder geschenkt lind, und daher z. V. die Bestimmungen über die Privalläuile» bechr auonntzeii kann, auch nicht wegen größerer Macht, sonderu vor Allein, weil iu allem gesetzlich sixirtcu und anstalllich geregelte.> Mechanismus die katbolische Kirche ihrem Wesen »ach besser voi wärls komiuk, als die evangelische, deren Wesen nicht (besetz, sondern Freiheil, nicht äußerer Mechanismus, sondern Jnncrlichkcil ist." * Ein Erlaß dcS Fürstbischofs von Breslau schärft den Geistlichen ci», nicht zu gestatte», daß katholische Kinder an dem RcligioilSuittcrricttt einer anderen Eonfession tbeilnehmcu, und die katholischen Ellern darauf hinzuwcise», wie leicht durch Duldung des »»zulässige» Mißstandes religiöse Gleichgiltigkeit und eine gefährliche Verirrung des kindlichen GcmülbcS bcrbcigefiihrt werden könne. * » 4- * Zn dem dein österreichischen NeichSratbe vor- gclcgtcn Gesetzentwürfe, betreffend die Steuerreform, wird, wie uns durch Fernsprecher gemeldet wird, die bestehende Erwerbs- und Einkvmmcnstcucr durch eine Erwerbstteuci, eine BesolkniigSsteuer, eine Rcittensteucr »nd eine allgemeine Personaleinkomiiienskclicr mit einem Existcn;»li»iui>im von 600 Gulden »nd einer ProgrcssionSscala von o,6 bis 4 Procent ersetzt. Der Mehrcrtrag der ersten 2 Jahre soll zu Stcuernachlässcli, nach 2 Jahren zu einer cndgiltigeu Ermäßigung der Grund- nnd ErwerbSsleucr mit Aus nähme der Steuer für Acticngcsellschastcii »nd für das Wandergewerbe verwendet werde». Die ErlverbSsleucr iür Acticngcscllschafteii blcidl ungefähr der biSberigen gleich Im klebrigen wird zwischen der Stabt Wien nnd Orten bis n 1000 Einwohnern, Orten mit loon bis 10 «um Ein wvbucrn und Orten über loooo Einwohner» unterschiede». Von der Reiitensteltcr besreit sind die Zinsen der Staats obligationen, durch Spccialgesetze befreite Zinsen ii»d Renten und Baareinlagcn unter 525 Gulden. Tie Rcntcnsielicr be trägt sür ständische und offene Hantelövbligalioncn l, im klebrigen 2 Procent. Die Personalciiikouiineliilcuer läßt einen Abzug von 25 Gulden sür jedes Kind, soweit deren Zahl 2 in den großen Städten, 4 in Len kleinen Orten uberneig! Die Regierung erwartet von der Persolielieinronimeiisten einen Ertrag von ll,5 bis 17,5 Millionen, wovon >0.1 kw U>,1 Millionen zu den crwähntcll Slcucriiachlässcn vcr ügbar sind. * In der „Constanzer Ztg." vom 6. Februar war eine Mittbeiluiig enthalten, i» welcher cs hieß, „die Schwei; habe vor nicht langer Zeit aus diplomatischem Wege ln. deutschen Negierung die Erklärung abgebeu lassen, daß sic Angehörige» ihrer Armee verhole» habe, in Uniform deutsches Gebiet zu betrete», und derselben gleich zeitig nahcgelcgt, daß sic von deutscher Seite ans ein äbn lichcs Vergeben erwarte". An diese Meldung wirk die Bc inerluiig geknüpft, „cS sei bei der nach wie vor sehr großen Zahl unisormirtcr französischer Mililairpcrsonc», welche an >edeu> Soun und Feiertage iu Gens und ankeren Orten der schweizer Wcstgrcnzc zu sehen wären, nicht anzl»>clu»cn, da» dasselbe diplomatische Verfahren auch Fraulreich gegenüber Anwendung gefüllten bade". Diese Millbeilnug wurde von vielen schweizer Blättern nachgedruelt, so daß sich die schweizc rische Ablheltung deS Auswärtigen unter Anführung des obigen Sachve-halteS zu einer Richtigstellung veranlaßt siebt. DaS Auswärtige Amt erklärt: Ein Bcrbvl, wie das in Frage stehende, war schweizcrischcrscils eben so wenig als deuifchcrseitö erst zn erlassen, da cs in beiden Ländern, wie übrigens auch in Frankreich, Italien und Oesterreich, läng» zu Recht besteht. Tie Beobachtung desselben war jedoch bei teil srcuiiduachbarlichc» Beziehungen zwischen der Schwei; und den betreffenden Ländern, besonders französischer- und dculsiherscitS, eine sehr laxe geworden, in dein Maße, das; sich die deutsche Negierung von selbst veranlaßt fühlte, da« bestehende Verbot den Garnisonen »abc der schweizer Grenze zur püiictlichcn Nachachtuug wieder in Erinnerung ;.l bringen. Der schweizerische BundeSrath tam also gar nicht in die Lage, die dculschcRegierliiig um einendabingchenteilErlaß aml lich ersuchen zu müsse», während er allerdings gezwungen war, die französische, italienische und österreichische Re gierung aus die Völkerrecht«- »nd reglemcittswidrigc klebe» schreitung der schweizer Grenze durch unisormirlc Milttair Personen, die ihrem Staatövcrhaiide augchörc», ausmcrlsam macken. Eö ist ja einleuchlruv, daß ein Mißbrauch wie der in Frage stehende, welcher in die Gepflogenheiten dcS Grcn; verkehr» ühcrzngrhcn drohte, gegebenen Falls zu inte» nationalen Verwickelungen führen mußte. Es mag »och bei gefügt werden, daß die schweizer Mililairpersonen sick von jeher strenge a» das Verbot, in Uniform und Waffen fremdes Territorium zu betreten, gehalten haben. I» jedem einzelnen Falle wurde der betreffende Staat vorher a»> diplomatischem Wege um die betreffende Bewilligung an gegangen. * Der französische Ministerpräsident Frcyeiuct begab sich, wir au« Paris genicldct wird, gestern Vormittag ln Ub nach dein ElysSc, um dem Präsidenten der Republik über die gestrige Kanimersitzuiig und über die Vorfälle in derselbe!: Bericht z» erstatte», welche zur Stellung der Eabincts frage geführt habe». Earnol forderte Freycinct ans, mit den übrige» Ministern Nachmittags 8 klbr zu einer Eonferc»; nach dein Kricgüniinisterium zu fahren Die Minister werden sich dann »ach der Sitzung zu einer Bcrathung mit Earnol in das Elysöe begeben * Aus Paris, 19. Februar, wird ferner gemeldet: Die cingetrctcne EabinetSkrisiS kam völlig ililvcrmntbet zum Ausbruch. Von den 801 Abgeordneten, welche gegen die von der Negierung gencbmigle Tagesordnung stimmten, gc bören 194 den Radicalc», die klebrigen der Rechten an. DaS Resultat der Abstimmung ist eine Folge der Taclik der Rechten, die die Kammer zu einer Reihe negativer Beschlüße vrranlaßte. In den Wandelgängen der Kammer gab man sick unmitieibar »ach dein Schlüsse der Sitzung keinerlei Zweifel» darüber bin, daß die Bildung eines neuen Eabinci» eine sehr schwierige sein würde, da die Kammer bc> der Eoalilio» der Rechten bald mit den gemäßigteu Repul l, kauern, bald mil reu Radiealcn für die Zusammensetzung der neuen Regierung keinerlei Richtschnur gegeben habe. Die Radiealcn rechneten auf eine von Pick»» beantragte Tages ordnung. erlangte» aber dafür nur eine Stinimcnzabl von >91, die nicht au-reicht«. um daraus hin au« ihren Reihen allein
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