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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.11.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911114023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891111402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891111402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-11
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k d« H«q>t«rp»ditton oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Au«, aabestellen obgeholt: vierteljährlich^4.50. bei ziveimaliger täglicher Zustellung in« Hau« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Dirccte tägliche Kreuzbandieiidung in« Ausland: monatlich X . Tie Morgen-Au-gobe erscheint täglich >/,7 Uhr, die Abend-Busgabe Wochentag« 5 Uhr. —»-s—c»«— Ke-action und Expedition: -«Panne»,affe 8. Tie Expedition ist ununterbrochen ge öffnet von früh 8 bis Abend« 1 Uhr. Filialen: Ott« Slemm'S e«rtim. (Alfred Hahn). UniversitätSstratze 1, L«»ia Lüsche. Latharinenslr. 14, Part, und KönIgSplatz 7. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Sonnabend den 14. November 1891. JnfertionStzreil Aiorge».Aulgab«: dir Sgeipalten« »eile SO Steclamen unter dem Redaktion«. Urich sLgespalteui 50^, vor den Familien- Nachrichten (K gespalten) 40/L. Abend-Ausgabe, die ilgespaltene Petitzeile 40 -E, Steclamen unter dem RedactionSsrrich <4 gelpalten) l , Faliiilieiinachnchle» und Anzeige» verlorener Gegenstände gigespalte») LO ih Ärvhere Schrillen laut vnjerem Preis- oerzeichniß Tabellarischer und Ziffernsatz uach höhere»» Tarif. Extra-vetlagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Au«gabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderuug 70.—. Ännalsmefchluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittag« >0 llbr Marge »-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Lei den Filialen und Annahinestellen je eine halbe Stunde früher. Inserat« sind stets au die Expeditta» zu richte». 85. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 15. November, Vormittags nur bis 9 Uhr s,evsjnet. I-xp6tUt1<m (Ion I.eisi/is/er I'Kxtzlrlntlek. ein Verbrechen, daß sie noch nickt Alles zu schassen im Stande war. Und diesem Zerrbild der (Gegenwart die Utopien einer erträumten Zukunft gegenüber zu stellen, das ind die AuSgangS- und Zielpnnctc, das ist die Methodik der ocialdciuokratischen Wissenschaft! Die Wissenschaft und die Socialdemokrntie. * Wir legten in einem früheren Artikel dar, wie die sociale Wissenschaft des Fundamentes entbehre, wenn sie die Entwickelung und das tatsächliche Fortschreiten des socialen Gedankens nicht bis zur Quelle zurück verfolge. Nur hier durch tritt hervor, was aus diesem Gebiet, im Vergleich von Sonst und Jetzt, bereits erreicht ist und welche Voraussetzungen und welche Schranken für den Fortschritt maßgebend waren. In letzter Instanz führt diese Forschung dann immer wieder auf die incnschliche Natur zurück; der Mensch kann nicht aus seine: Haut heraus. Ob er vor Jahrtausenden oder heute aus die Welt kam, ändert nichts an seinen Natnranlage», seinen Trieben oder Jnstincten; wer ihn anders haben will, muß es init unserem Herrgott ausmachc». Zwei Momente sind es, welche bauptsäcklich die sociale Entwickelung der Menschheit bedingen, einmal der Widerstreit von Gut und Böse, von Egoismus und Menschenliebe in dem Individuum, und zum ankeren die angeborene Ver schiedenheit der geistigen und körperlichen Kräitc, Anlagen und Charaktereigenschaften. Hierin haben die Jahrtausende nichts geändert und werden auch künftige Jahrtausende nichts ander». Wohl aber lehrt uns die Geschichte, wie in jenem Widerstreit das Gute immer mehr die Oberhand behält, wie der Egoismus immer mehr der Menschenliebe Terrain ab- lrclcn muß und hierdurch auch die ursprüngliche Ungleichheit der individuellen Veranlagung in ihrem Einfluß auf die Einzelschicksalc gemildert und abgeschmackt wird. Dies sind aber die ErziehungSresultatc von Jahrtausenden, von Hunderten auseinander folgender Generationen, welche sich in den gesellschaftlichen Sitten und staatlichen Ordnungen verkörpert haben und welche jede neue Generation als Fuß gestell, wie als Weg und Schranke für das weitere Fort schreiten vorfindet.I Aus diesem Weg kann aber der Mensch nicht beliebig ausbrcchen, auch nicht das Tempo über ein gewisses, durch persönliche und sachliche Verhältnisse bedingtes Maß ganz beliebig beschleunigen. Denn der Träger der Entwicklung, der Mensch, ist derselbe geblieben, der er seit Jahrtausenden war, und in jedem Einzelnen wird derselbe Widerstreit der Triebe, dieselbe Ungleichheit der Veranlagungen wieder ge borcn, und lenkt und beschränkt die Entwicklung der Zukunft ebenso wie sie die Vergangenheit gestaltet hat. Wenn cS aber, weil durch die menschliche Natur bedingt, nicht möglich ist, den Entwicklungsgang der Menschheit m beliebig neue Bahnen zu lenken, so fragt es sich in erster Linie auch, ob dies not big ist, ob auf den bisher durch die Weltgeschichte verfolgten Bahnen die socialen und humani raren Ideen nicht so entschieden fortgeschritten sind, daß der Verfolgung dieser Bahnen nicht die zukünftige Weiterentwick lung ruhig anvertraut werden könnte. Und in der Verleugnung dieser für die sociale Wissenschaft grundlegenden Forschung liegt die Verurtheilung der socialdemokratischen Methodik. Wie war cs vor tausend, za wie war es noch vor hundert Jabren mit dem LooS der Arbeiter, der Armen, der Kranken beschaffen, und wie steht eS jetzt damit? Das ist die entscheidende Frage, wenn man ein richtiges Urtheil über die sociale Fruchtbarkeit und Schaffenskraft der bestehenden Gesellschaftsordnung fällen wenn man ein Urtheil darüber gewinnen will, ob auf den bisher eingeschlagenen Wegen auch das noch Unerreichte erreicht werden kann. Dabei räumen wir allerdings der Frage eine große Bedeutung bei, ob für die materielle und sociale Hebung der untere», insbesondere der arbeitenden Classen in absehbarer Zeit fernere wesentliche Fortschritte zu erwarte» und zu erreichen sind, oder ob man zu den unbeliebten Hinweisungen auf die künftige Seligkeit seine Zuflucht nehmen muß, um Staat und Gesellschaft der Gegen wart zu vertheikigen. Aber gerade in dieser Beziehung gestattet wiederum die Geschichte des socialen FortschreitcnS die tröst lichstcn Schlüsse auf die Zukunft. Wir haben schon erwähnt wie das Tempo des humanitären FortschreitenS sich nicht ganz beliebig beschleunigen läßt, wie man nicht mit beiden ,nisten über alle Hindernisse weg in vollendetere Zustände lmieinspringcn kann, wie sowohl die einzelnen materiellen als ideellen Fortschritte stets eine ihrer Tragweite entsprechende Zeit zur Ausgleichung und Einbürgerung bedürfen. Allein innerhalb dieser unabwcislichen Schranke, in welcher stets beschleunigten Progression sind die letzten Zeiten voran geschritten, insbesondere seit durch die großen Versicherung« acsctzc und die Fortschritte in der Arbeiterschntzgesetzgebung die doktrinäre Schranke beseitigt ist, welche jekcS positive Eingreifen^ des Staates auf humanitärem Gebiet beinmen wollte! Sebcn wir nicht, wir »n planmäßigen Fortschritten immer mebr die freiwillige in die gesetzliche Hunianität übcr- gesührt wird und wie die Erkenntniß der socialen Pflichten immer entschiedener in allen Grsellschastsclaffcn zum Durch druck kommt? Die Verleugnung der Geschichte des socialen Fortschreiten des Vergleichs zwischen Sonst und Jetzt, beraubt die so genannte Wissenschaftlichkeit der socialtemokratischen Lehren jeder haltbaren Grundlage, jede» Fundaments. An Stelle gerechter, objektiver Würdigung des positiv Erreichten tritt eine drastische, sensationell übertriebene Schilderung de« Nichlerreichten und eine überschwengliche Schilderung er träumter Herrlichkeiten. Nicht von dem Guten, was erzielt, sondern von dem Unvollkommenen, was noch nicht erreicht ist, geht die socialdemokratische Logik aus Und die Unvoll lominenhetten, welch« da« ürbtheil des armen Mrnschensohn» lind, werten zu einer Sünde der Gesellschaft gestempelt Der heutigen Gesellschaft wird eS nicht als ein Verdienst «mgrrechnel. wa« aus ihrem Boten geschaffen ist, sondern al« Leipzig, 14. November. * Der BundeSrath hat in der gestern Abend 8 Uhr iattgebabten Plenarsitzung dem Gesetzentwürfe, betreffend die Feststellung des Reichshaushaltsetats für 1892/99, sowie betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Ver waltungen des RcichSheercs, der Marine rc. zugestimmt. — Der Antrag Auer, die strafrechtlichen Maßnahmen gegen Mitglieder des Reichstags während der Ver tagung desselben betreffend, wurde von der Tagesord nung abgesetzt. Es handelt sich um den vom Reichstag im jüngsten ScssionSabschnttt einstimmig angenommene» Antrag, zu erklären, daß die de» Rcichstagsabgeordnctc» zustehendcn Immunitäten während jeder Vertagung sortdauern und den Reichskanzler zu ersuchen, bei den verbündeten Re gierungen dahin zu wirken, daß die zur Durchsübrung dieser Auffassung geeigneten Anordnungen getroffen werden. Die Angelegenheit wird alsbald im Reichstag von socialdemo kratischer Seite wieder zur Erörterung gebracht werden. Es wäre wünschenswerth, daß der BundeSrath schlcnnigst zu einer festen StcUnngnabmc gelangte. Im Interesse der Rechtssicherheit und Recht-Übereinstimmung muß die Frage jetzt zu einer endgiltigcn Lösung gebracht werden. * In dem Vordergrund der publicistiscken DiScussion steht das gestern an dieser Stelle erwähnte Wort: snpromn lex renis volunlas. (Der Wille deS Herrscher- ist das höchste Gesetz.) Die „Post" schreibt: „Die gestrige Meldung von einer Einlragung Sr. Majestät des Kaisers in das Frcmdeiibmy der Stadt Mimchcn wird von den „Münchener Neuesten Nachrichten" unter Angabe soigender Einzel- steilen bestätigt: „Der Kaiser trug im RailibauS seinen Namen in das Fremdenbuch ein und sollte auch gebeten werden, auf ein Blatt des sogenannten Goldenen Buches einen Spruch niederzuschreiben. Gleichzeitig mit diesem für den Kaiser bestimmten Blatte wurde das Fremdenbuch in die Residenz geschickt, damit sich der Reichskanzler lind die übrigen Herren des Gefolges eintragen möchten. Das für das Goldene Buch bestimmte Blatt kam nicht mehr zurück, dagegen fand sich im Fremdenbuch über dem Namenszug des Kaisers der von dessen Hand geschriebene Satz vor: Suprema lex reusis voluuUis." Es macht sich überall in der Presse ein Mißbehagen über den Spruch bcmerklich, das in einzelnen Blättern sebr un- verbobicn ausgesprochen wird. Wie der „Freist Zig" ge schrieben wird, hat im Münchener Magistrat ein Mitglied in der geheimen Sitzung am Dienstag an den Oberbürger meistcr die Anfrage gerichtet, ob cS wabr sei, daß Kaiser Wilhelm bei seiner letzten Anwesenkeit i» München im Scp tcmbcr d. I. einen solchen Ausspruch in das Gcdcnkbnck der Stadt eingetragen habe. Der Oberbürgermeister bestätigte darauf diese Thalsache, indem er die nachher von den Blättern wicdergcgebenc Mittheilung machte. * Ueber die vom Staatsminister von Bötticher im BundeSrath gerügte vorzeitige Veröffentlichung von Gesetzvorlagen und von deren amtlichen Aktenstücken durch die Presse bemerkt die „Kreuz Zeitung": „Diese Frage ist schon wiederholt im Bundesratbe zur Erörterung gelangt, den gewünschten Erfolg haben dieselben niemals gebaut: dock verdient die Sacke wohl eine nähere Betrachtung. Wie Herr von Boetticher dazu kommen sollte, die Mitglieder des Bundes rathcS dagegen zu verwahre», daß sic BniidcSrathS Druck suchen durch Millheilnngen an die Presse geschäftlich ver- werthetcn, ist nicht ersichtlich. Das ist aber auch nickt der HauptgesichtSpunct bei der Sacke. Tbatsächlich beniübt sich der Bundesrath seit länger als 10 Jahren, die Vcrösfrnt lichung seiner Drucksachen zu verhindern, aber immer ver geblich. Häufig ist cS vorgekommcn, daß der Vor sitzende Geheimhaltung einer Vorlage empfahl, und in demselben Augenblicke stand dieselbe schon in hiesigen unk auswärtigen Blättern. Wurden früher die BundeSratbS Drucksachen in loyaler Weise in einzelne ofsiciöse Stellen z. B. das literarische Bureau, gegeben, so kamen sie seit der geplanten Geheimhaltung auf beimlichem Wege immer noch in die Hände einzelner Berichterstatter und es bildete sich der eigentbümlichc Zustand keranS, daß die Veröffentlichung von Entwürfen, die der BundeSrath verheimlichen wollte, ei» Privilegium von einigen Juden wurde, die »»gestört von allen Verboten die Sachen stets in den Händen batten. Dem könnte man in unanfechtbarer Weise sofort ein Ende machen, wenn man die Vorlagen ohne Weiteres im „Reichs-Anzeiger" veröffentlichte." * In den Manövern der letzten Jabrc sind vielfach Ver suche mit vollständigen Zeltausrüstungen für die Mann schäften gemacht worden. Dieselben haben so günstige Resul täte ergeben, daß cs in der Absicht liegen soll, mit der Anschaffung von tragbaren Zeltausrüstungen für die ganze Armee vorzugehen. Jedenfalls ist es zweifellos, daß der durch die Zelle im Bivouac während des Krieges gewährte Schutz gegen Nässe und Kälte sowohl die Gesundheit als auch die Schlagserligkeit der Truppen zu erhalten in hohem Maße geeignet ilt. * Der „Apotheker-Zeitung" zufolge dürfte eS nach dem gegenwärtigen Stande der Vorarbeiten ausgeschlossen sei» daß die gesetzliche Regelung des Ge de im mittel wesen schon in dem bevorstehenden ReichStagstagungsabschnitte er folgen könnte. * Die „Freisinnige Zeitung" bestätigt, daß die Diäten frage in der bevorstehenden Tagung des Reichstag« wieder zur Verhandlung gebracht werden wird. Die freisinnige Partei habe zwar darüber noch leinen Beschluß gefaßt aber daß die Frage in irgend einer Form in der bevor stehenden Tagung zur Entscheidung des Reichstags gebracht werden müfse, unterliege wohl kaum einem Zweifel Damit wird eine Streitfrage erneuert, die den Reichs tag von Anbeginn an mit kurzen Unterbrechungen immer von Neuem beschäftigt bat. Zuletzt war cs in den Sessionen 1884—80, daß der Reichstag aus freisinnige bezw socialdemokratische Anregung sich mit der Angelegenheit ein gehender befaßte. Der Antrag auf Diätengewahrung wurde damals gegen die Stimmen der conscrvativen Parteien und der Mehrzahl der Nationalliberalen (in einer namentlichen Abstimmung mit 180 gegen 99 Stimme») angenommen, wie es auch in früheren Jahren wiederholt der Fall gewesen. Zwar unternabnieii anck später, im Februar 1888, die Deutschsreisinnigen noch einmal einen Vorstoß in dieser Rich tung, indem sic den Diätenantrag mit dem Gesetzentwurf über Verlängerung der Legislaturperioden verkoppeln wollten. Indessen entschied der Reichstag, daß der Antrag mit dem vorliegenden Gegenstand nicht in einem wesentlichen Zn ämmenhang siebe und seine Vcrbandlung bei dieser Gelegen heit darum unzulässig sei. Es ist kaum daran zu zweifeln, daß der Diätcnaiitrag auch jetzt wieder eine Mchrbeit im- Reichstag findet, eS müßte denn gerade da- Cesttrum seine Ansichten in diesem Punci geändert haben. Ebenso gewiß aber ist cS, daß der Bundes ratb, wie er cs bisher stets gethan, den Antrag zurück- wZsl, und bei der sicheren praktischen Erfolglosigkeit ist ein Nutzen von einer erneuten Verhandlung in, Reichstag nicht einzuscbcil. Man kann für und gegen die Zweckmäßig keit der Diätenzahlung an RcickstagSabaeordncle ganz gute Grpnde beibringen; d!e nationallibcrale Partei ging bei dieser Abstimmung stets auseinander. Indessen gilt nun einmal die Diätcnlosigkeit den Regierungen als das einzige „Cor- recfiv" gegen die Schrankenlosigkeit des allgemeinen Wahl rechts, und eS ist keine Aussicht, daß ihre Beseitigung zu- gesipndcn wird. k* Aus Berlin wird geschrieben: Eine der am heißeste» umstrittenen Forderungen der protestantischen Orlkodorie dem st>«tlichen Kirchenregiment gegenüber betrifft bekanntlich die Besetzung^-cr Lehrstühle an den theologischen Facul- tätzen. Einer der bekanntesten Fälle ans neuester Zeit, in dcnpr der Streit um diese Forderung mit besonderer Heftig keit entbrannte, die Berufung dcS Marburgcr Professors Ha«iack »ach Berlin, führte bekanntlich sogar de» damaligen Reichskanzler Fürsten Bismarck persönlich, wenn auch nur in indirekter Form, i» die Schranken. Die Vertreter des Antrags v. Hammcrstein - Kleist-Retzow verlangen, daß kein theo logischer Lebrslubl mit einem Docenten besetzt werde, dessen Berufung nickt auch die Zustimmung des Generalsynodal vorHandcS erhallen habe, mit andern Worten: nur An bä"Her der ertrcm kirchlichen NichtunD im Stöcker-Kögel scheu Geiste sollen zur Ausbildung künftiger evangelischer Geistlicher zugelasse» werde». Gegenwärtig wird die Be stimmung darüber vom Cultusminisler in Gemeinschaft mit dem Evangelischcii Oberkirchenratb getroffen. Schon früher indcß batte die Generalsynode ihre Wünsche in der oben bc- zcichiicten Richtung entscheidenden Ortö zur Kenntnis! gekrackt und neuerdings ihren Antrag wiederholt, „der Kirche einen wirksamen Einfluß aus die Besetzung der theologischen Pro scssurcn zu erwirken." Aus diesen Antrag ist jetzt eine Er widerung des Obcrkirchenraths ergangen, welche de» Gegensatz zwischen de» Anschauungen dcö Kirchcnregimcnts und der Synode abermals um ein Beträchtliche« erweitert. Der Oberkirchenrath erklärt sich trotz erneuter Erwägung außer Stande, von seiner bisherigen ablehnende» Haltung dem Anträge gegenüber abzugebc». * Bezüglich dcS in der Presse neuerdings viel erwähnten Entwurfs einer deutsche» Militair-lLtrasgcrichtS- ordnung kört man. daß ein solcher in der Tbat böbcrcn Orts bearbeitet wurde und, nachdem sämniUichc General Commandos und CorpSanditcure, ergangener Aussordcrnnf gemäß, ihr Gutachten über de» ihnen zngcgangenen Entwurf ausgesprochen babcn, zur Feststellung gelangen dürste. Man ist, wie ich vernehme, an entscheidender Stelle mit dem zur Zeit vorliegenden Entwurf einverstanden. Was die Ocffcnt- lichkeit des Verfahrens betrifft, so wird dieselbe nur eine be schränkte sei», und der Gerichtshof wird eS völlig in der Hand bebakten, falls im Interesse der Discipli» der Ausschluß der Oesfentlickkeit geboten erscheint, diesen Ausschluß cintretc» zu lassen. Da die militairischcn Gericktslocalc meistens in de» Mililairarrcstbäuscr», Coininanvantnrgebäuden oder Eascr neu rc., d. b »i Baulichkeiten liegen, welche militairischcr Bewachung durch Posten und wachthabende Unterosficiere niilcrstcllt sind, so läßt sich annchmc», daß der Zutritt des Publicum- z» de» MilitairgcrichtSverbandlnngen Voraussicht lich an die Ertheilung besonderer Erlaubnißkarten zum Be trete» dcS betreffenden Gebäudes geknüpft und daher lein sehr lebhafter sei» wird. * DaS Projcct, in Ostpreußen einen neuen Regie rnngS bezirk zu schaffe», macht i» dieser Provinz, wie von dort berichtet wird, wieder viel von sich reden. Der Wunsch nach einer solche» Aendcrung besieht in gewissen Kreisen schon seit dem Jahre 1888, bisher bat sich jedoch da- Ministerium ablehnend dagegen verhalten. Ostpreußen ist 200 Ouadratnicilen größer als die Rbeinprovinz, hat jedoch nur zwei Regierungsbezirke, während diese fünf hat. Der Obcrpräsident Gras zu Slolbcrg hält die Errichtung eines 9. Regierungsbezirks für durchaus nothwcndig,weil die Arbeitslast der beiden derzeitige» Regierungen kaum mehr zu bewältigen sei und auch die Räume sich als unzureichend erwiese». Die Vorarbeiten zur Einrichtung dcS neuen Bezirkes sind deshalb in letzter Zeit erheblich gcsördcrt worden. Die Pläne baden bereits zweimal dem Ministerium Vorgelegen. In dem bereits vom Oberpräsidentcn von Schlieckmann entworfenen Plan ist als Sitz der Regierung dcS neue» Bezirkes die i» den letzten Jahren merklich aufgeblübtc Stadt Meiistem vcrgescklagen und als Grenze die Linie in südöstlicher Richtung von Pr. Holland nach Rastenburg gedarbt. * Fürst BiSmarck wird beute Nachmittag gegen 5 Ubr von Varzin a»S in Berlin aus dem Stettiner Bahnhof an kommen. Wie im vorigen Jahre, so wird auch wahrscheinlich dieses Mal der fürstliche Wagen nach dem Lehrter Bahnhof« übergeführt werden. Tic Abfahrt nach FriedrichSruh dürste von dort gegen 7 Uhr erfolgen. * Ueber die angebliche Erschießung eines Marine soldatcn im FestunqSgesängniß Köln-MUngerStors schreibt man dem „Schwab. Äerk" and Köln: Der Gouverneur hat eine eingehende Untersuchung anstelle» lasse» und forscht eifrig nach dem Urheber der falschen Nachricht. Der Maiinesolkat Eschniann au« Kalk wurde vor etwa sechs Wochen zur Ver dnßung einer anderlhaldzahrigen Festung«hast, wegen Ge horsamSoerweigerung im Dienst ihm zuerthcilt, nach dem Festungsgckäiigiiiß Köln-Müngcrstors mit einem größeren GesaiigenentraiiSpvrt durch die Stadt geführt. Der Trans portsührer, der wahrscheinlich annahm, Eschniann könne einen Versuch machen, nach seinem nahe gelegenen HcimatbSorte Kalk ausznrcißc», ließ rechts und links eine der Begleitmannschaften neben diesem »>arschircn. Be kannte des Kalkcrö glaubten in diesem so bewachten Marine vldalcn einen schweren Verbrecher vermutben zu dürfe» In dem nabcgclcgenen Kalk wurde zuerst vor 4 Wochen die Nach richt von der Erschießung rundgetragcn, aber »irgendwo ge glaubt. Während die unglaubliche Geschichte in de» Wirtk jchafieu von Tisch zu Tisck crzäblt wurde, erhielt da« Märchen auch immer weitere Ausschmückung. Einige Militairpcrsoncii olle», als sie darum mehrfach angegangen wurde», ini Scherz geäußert haben, eS sei wabr, sie seien selbst dabei gewesen. -Lv hat denn allmälig die Nachricht Eingang in die „Köln Volksztg." gefunden Der Vater Eschmann's bat heute noch einen Brief seines Sohnes erhalten, worin dieser die ganze Geschichte als erfunden bezeichnet. * In der Versammlung der Berliner Hausbesitzer wurde die Mittheilung gemacht, daö Ministerium des Innern plane die Aufhebung des sogenannten Knppelparagraphcn (8- t80 dcö Straf Gesetz Buchs). * Aus der dem Reichstag vorgclegten „Ucbersicht der Er gkbnissc des HeercscrgänzungSgeschäfis für das Jabr 1890" erfährt man, daß in diesem Jahre die Aushebung in Deutschland sehr erheblich verstärkt worden ist Bekannt lich war i» dem Gesetz von 1890 eine Erbökung des RccrutcnconlingcntcS um 000» Köpfe vorgesehen. Späterbin bat Herr von Caprivi erklärt, daß er unter gleichzeitiger Vermehrung der DiSposttionSurlanbcr nach zweijähriger Dienstzeit die Ausbebung noch um weitere oooo Köpfe erhöhen werde. A»S der jetzt mitgcthcilten Uebcrsicht hebt die „Freisinnige Zeitung" bcrvor, daß im Herbst 1890 die Aushebung gegen da- Vorjahr nickt um 12 000, sondern um mehr als 29 000 Mann verstärkt worden ist. Es betrug nämlich die Zahl der Aus- gehobenen 1889 159 270, 1890 dagegen 182 896. Ob diese starte Aushebung nur für die erste Durchführung der Hccrcs- verstärkung von 18 000 Mann beabsichtigt ist, ober auch später fortgesetzt werden soll, ist nicht bekannt. I» Folge der starken Aushebung bat sich die Zahl der überzählig ge blicbencn, welche 1.888 »vck 27 458 betrug, »ns 5910 ,m Jahre >890 verringert. Neben den 182 890 Ansgekodenen de« Jahres 1890 sind l2 000 ttn inilitairpflichtige» Alter freiwillig eingctretcn. Außerdem sind freiwillig eingetrcten 12 015 vor Beginn de« »nittairpflichtigen Alters. Im Ganzen also haben Heer und Marine im vorige» Jahre eine Ergänzung a» neuen Maniischaslcil erhalten von 208 l >7 Mann. Auf die Marine entfallen hiervon circa 1000 Mann. * Tic Gcsammtzalfl der währcnd der Monate April bis Scplcinbcr 1891 bei den >0 der preußische» Conliiigcnts- vcrwallnng angebörigc» Armcecorps vom Hitzschlag bc sallcncn Mann schäften betrug >21. Bon den Erkrankten starben 0. Im vorigen Jabrc betrug die Zahl der während dcS gleichen Zeitraums vorgckommcnc» Erkrankungen 82 mit lO Todesfällen. Ans die Zeit der Hcrbstübungen, die Monate August und September, entfielen »> diesem Jal ee 55 Er krankungen mit 2 Todesfällen gegen 48 mit 4 Todesfällen im Vorjahre. » * Mit Bezug aus ein in Wien verbreitet gewesenes Ge rücht, daß außer den in de» Vorlagen »anihafl gemachten Ansprüchen der Heeresverwaltung noch mit einer weiteren Forderung an die Delegationen herangetreten werden soll, schreibt man aus Wien von verläßlicher Seite, daß dieses Gerücht ans der Lust gegriffen ist. Dasselbe kann nur durch gewisse absichtliche pessimistische Deittungcn, die von mancher Seite der Thronrede gegeben worden, gezeitigt worden sei». Hätte man an maßgebendster Stelle nichk erkannt, daß man für das nächste Jahr mit de» geforderte» Snmincn das Auslangen finden werde, so wäre in die Vorlagen eine höhere Forderung aufgenoinine» worden. Von neuen nachträglichen Ansprüchen ist aber selbstverständlich nicht im Entferntesten die Rede. * Der Angriff auf die Einheitlichkeit des Staats bahnnetzcS in Oesterreich, den die Polen unternahmen und den nach ihnen die Slowenen und Czeche» versuchten, ist cndgtttig abgeschlagen, und wie in allen Fragen, welche das Interesse des GesammtstaatcS betreffen, war es der Kriegs minister, welcher den Forderungen der „Nationen" gegenüber fest blieb, der die militairischc Schlagfertigkeit i» den Vorder grund stellte, der keinen Bahnbetrieb nnt zehnerlei »nab hängigenDircctioiieiiundfastcbcnsoviel verschiedenen Sprache» brauchen kann Allerdings mußte schließlich anck hier wieder der Kaiser eingreise», da die einzelne» Minister, dem „WlirstigkcitSprincip" dcS Grafe» Taaffe Rechnung tragend, vielleicht doch dem allmächtige» Pvlcnelub Zugeständnisse ge macht hätten. Ueber de» sialtgesnndciicn Miiiistcrrath wird gemeldet: Wien, 19. November. Der gestrige Ministerratb unter Vor sitz des NaijerS und ini Bestem des gemeinsame» Kriegsministers entichied endgillig über die Denkschrstt des galizische» Laiidesaus- schust'eS und des Polcnclubs wegen Deceiilralisatio» der SlaatSbahne» in Galizien. Die Auflassung der Belriebsdirection Krlilaii und die Erweiterung der Direktion Leinberg zu einer Lentraldirectivn wurde abgelehnt, ebenso die Forderung wegen Einführung der polnische» Die» stfv rache auf den galizische» Staaisbahnen. Dagegen beschloß der Ministerratb, den stimmtliche» Betriebsdireetionen der öster reichischen Staaisbahnen das Ernennungsrecht sür die uiiierstc» Be- amienclasseii linier gewissen Vorbehalten, ferner daS Recht zur An- schaisung von Materialien und ^nvenlargegenslanden, ausgenommen Waggon«, Locomotive» »»d schiene», einzuräliinen Nach dem Ministerratb empfing der Kaiser den Obmann des Polenclubs JaworSki. Mit dieser Audienz bangt eS zusammen, daß der Eisenbadnousschuß die Vorlage über Verstaatlichung der Galizische» Karl-Lntwigbalm. deren Annahme die Polen bisher verweigerleu, heute Abend erledigte. * Der Wiener Polenclub Hai in einer gestern statt gehabten Zusammenkunft mit Einstimmigkeii folgende» Beschluß gefaßt: Indem der Polcnclub mit Vertrauen sich in drin Willen des Monarchen fnlstt, nimmt derselbe dir Regie runaseoncejsivu, betreffend die Eisenbahnvcrwaltung in Galizien, zur üeontniß.
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