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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.11.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-11-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911116026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891111602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891111602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-11
- Tag1891-11-16
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Lrgan für Politik, Localgeschichte, tzaudels- und Nachrichten c6q»iva!>ei0 40 Abend-Aiisgnde: die tlgeivallene Petitzeile 40 Rcclainen nnler dem Redaetionssmch c4geip,illeni I «t, Familiennachnchkeii und Äiizcigen verlorener «yeqenn>inde Mgespallenl l.1> v- lsroßere Schris.'ei, laut uineren, Preis- vcrzcichniji Tabellariicher und Iiffernsay nach I,oberem Tanf. ssrtra-Vcilitgrii (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ob ne Poslbesörderung 60.—, mit Postbejvrdcrniig ^4 ?V.—. ^nnatimelällub für Initiale: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Udr. Morgen-Ausgabe: StaclimiUag« 4 Uhr. Eonn- und Festtags früh 0 Uhr. Bei den Filialen „nd Annadmestellen je ein« halbe Stunde sruder. Inserate sind stets an die Srprtzttt»« zu richten. -M. Montag den 16. November 1891. Fürst Lismarck in Lertin. Berlin, lt. November. Obgleich da- Detter der heu tigen Nachmittag-- und Abendstunden der Entfaltung öffent licher Kundgebungen möglichst ungünstig war, leigte doch die Physiognomie der nach dem Stettiner Bahnhof führenden Etraßenzüge auf den ersten Blick, daß sich ein außergewöhn liches Ereigniß vorbereile. Die Kunde, daß Fürst Bismarck auf der Reise von Varzin nack FriedrichSrub Berlin passiren und kurze Zeit in der Reichshauptstadt Rast machen werde, batte sich gestern Abend aus den Zeitungen wie ein Lauf feuer durch alle Schichten der Bevölkerung verbreitet und beute cinen Massenandrang nach dem Stettiner Bahnhof ber- vorgerufen. Schon eine volle Stunde uud länger vor der in den Blättern mitgcthcillen Zeit füllte sich der Platz vor dem Bahnhofsgebäude, sowie das Innere desselben mit einer großen Menschenmenge, die ohne Unterlaß anscbwoll und bald nach vielen Tausenden zählte und in welcher alle Staude und alle Berussarlen vertreten waren. Die Unge duld der Harrenden hatte vielfach den Glauben hervor gerufen, daß der Erwartete bereits mit dem um 4 Uhr 33 Minuten von Stettin fälligen Zuge eintreffen werde. Die Insassen diese- Zuges waren nickt wenig erstaunt, sich von einer dicht gedrängten Menge in Empfang genommen zu sehen, welche sich, als sic ihres IrrthumS inne wurde, mit enttäuschten Mienen ans das weitere Warten verlegte, obne sich durch die Unbilden der Witterung im Geringsten stören zu lassen. Weil über den geschützten Theil de« ge räumigen Perron« kiirauS stauben die Schaaren. Beinahe balle die Polizei ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, iitdein sie, um zu Verbindern, daß der Andran geradezu lebenSgetährlichc Dimensionen annadm, kurz nctt halb 5 Uhr zur Sperrung des äußeren Thcile- des Bahn steige« schreiten mußte, unter dem Anhcimgcben, daß wer Anspruch auf nähere Begriißung des Fürsten habe, sich durch Lösung eines BabnsteigbillelS einen Platz in der Ansabrts- halle sickern möge. Diese Anordrnmg wurde alsbald das Signal zu einem Sturm auf die Billetschaltrr, im Ru waren Hunderte von Karten gelöst, so daß den SicherbeilSbeamten, ebenso sehr im Verkehr-intereffc wie mit Rücksicht auf die Sicherheit drS PublicumS nicht« Anderes übrig blieb, als den Zug nur zur Hälfte in den durch Barriören abgcspcrrten Außenperron einfahren zu lasten und so das Publicum eioigermaße» von dem letzten Theilc des Zuge«, welcher durch die fürstlichen Wagen — einen Wagen 1. Elaffe, einen Salonwagen und einen Packwagen — gebildet wurde, abzahalten. Allein die in großen Schaaren anwesende akabeunschc Jugend fand trotzdem Mittel und Wege, um ihre Huldigungen aus unmittelbarster Nahe darzubringen. Kaum verlautete da- Wort „polizeiliche Absperrung", ais die Stu denten auch schon unaufhaltsam über Zäune uud Barriären vottigirtrn und gerade zurecht kamen, um den von zwei Maschinen beförderten, langsamen Tempos in den Bahnhof cinfahrendcn Zug zu begrüßen. Kaum war der Zug zuin Stehen gebracht, als auch schon die Massen herauflutbeten und sich ring- um de» Salonwagen staute». Der Fürst war anfangs nicht sichtbar, sondern hielt sich mit Gattin und Tochter, der Gräfin Rantzau, im Hinter gründe de- Salonwagens: allein die mit elementarer Gewalt die Luft dnrchbrausenden Jubel- und WillkommeuSrusc zeigten ilun in nicht mißzuvcrstebendcr Deutlichkeit uud Eindringlich keit, daß der Begründer der nationalen Einheit nicht unerkannt und unbegrüßt des Deutschen Reiche- Hauptstadt, auch nicht im Dunkel eine- unfreundlichsten Novemberabend-, pasfirrn könne, obne von der getreuen Bevölkerung aus dankbarem Herzen den Willkomm«»-- und den Schcidcgruß entaegenzunchmen. So trug der Fürst dem Drange der Situation Rechnung, trat a» ba« erste Fenster de- Salonwagen- und sckaute freundlich bewegten Antlitze- auf das bnnlbewegte BolkSbild draußen. Donnernde Hoch »nd Hurrabrufc grüßten den eisernen Kanzler, immer wieder ans- Neue aiischwcllenb, wenn sie verhallen zu wollen schienen. Die Begeisterung der Menge durchbrach alle ticherbeitspolizeilichen Schranken: Jeder trachtete die kraftvoll aufgcrichtcte, einfach in grane Rciscjoppc nebst der bekannten Iagdmütze gekleidete Gestalt des großen Manne- au- nächster Nähe zu scben, und es kostete dem bevorzugten Theile der Tausende, der zur Ueberreichuna von Blumensptiidc» legi limirt war, nicht geringe Mühe, sich allmälig nach dem Salon wagen bmdurch zu arbeiten. Doch Beharrlichkeit sübrte zum Ziele und der Fürst selber ließ cs sich nicht nehmen, die ikm von starker, wie von zarter Hand targebrachtcn Sträuße und Blumenarrangement- den Spendern ab- znnehmen und im Innern des Wagen- unlcrzubringcn. (stn durch Zartbcit der Farben-Zusammenstellung wir Lieblichkeit de« Duste- wahrhaft entzückend wirkende- Zadrau wollte Frau von Hanscniann perlönlick der Fürstin tarbeingen, mußte aber schließlich cinen Babnbcamten mit tk» Mandat dam betrauen, weil in dem Gedränge für eine Dune kein Durckikommen war. Unter den sonstigen Blumen- tfkndcn fiele» noch die Gaben einiger Berliner Bürger und ibrer Daiiicn durch besondere- geschmackvolle- Arrangement ans. Nach und »ach legte sich die wogende Begeisterung und machte, als man sah, daß Fürst Bismarck da- Wort zu »clmien sich aiischickle, einer lautlosen Stille Play: „Ich tanke Ihnen — so lauteten die Worte de- Gefeierten — für Ihre» freundliche» Empfang. Ich möchte Sic aber doch bitten, elwa- vom Babnsteig zurückzutretcn, wenn der Zug an- zieht!" Der Fürst sprach diese wenigen Worte mit so humorvoller Wärme, daß er die Menge z» Au-brüchen lautester Fröh lichkeit begeisterte und der Versuch, ein abermalige- Silentium kerzustcUen, scheiterte an der Intonirung de- sosort von vielen hundert Kehlen aufgenommenen Liede- „Deutschland, Deutsch land über Alle«!" Es folgten neue Hochrufe, untermischt mit Bitten: „In dcu Reichstag kommen!" „Auf Wiedersehen im Reichstage!" Schnell enteilten die flüchtigen Momente des Aufenthalt» <wi dem Stettiner Babnbosr. Schon batte sich dir Rangir- majchine vor den fürstlichen Svuberzug gelegt, um denselben »ach dem Lehrter Bahnhöfe übrrznsühren, al« e« dem Fürsten gelang, sich nochmals (Äehör zu wiederholten Mahnungen an tas Publicum, sich in Acht zu nehmen, zu verschaffen: .Bitte, testen Sie zurück: eS wäre mir zu schmerzlich, einen von meinen Freunden missen zu müssen!" In demselben Momente setzte sich der Zug »ach eure« Aufenthalt von nur etwa zehn Minuten in Bewegung, und von den tausendstimmigen Ab schiedsgrüßen der zurückbleibenden Menge geleitet, fuhr er seinem nächsten Ziele, dem Lehrter Bahnhöfe zu. „. .. Wesentlich ander« als aus dem Stettiner gestaltete sich die Begrüßung aus diesem Bahnhöfe. Hier hielt der Wagen de- Fürsten über eine Stunde ES war ein Empfangen und Absckiednehmen, wie cs rührender u»v herzinniger kaum ge dacht werden kann. Zu vielen Hunderten drängte das Publicum, au« allen Schichten der Bevölkerung bestehend. Jung und All, Männer und Frauen, in die Wartesäle, »>» der Hoffnung, zu dem Perron Zutritt zu gewinnen. Ab- sperrungSinaßregcln waren zwar polizeilicherseit« im weitesten Umfange getroffen worden, dieselben bildeten jedoch für einen sehr großenTheil der Erschienenen krinHindcrniß.um den Fürsten zu begrüßen und sich von ihm zu verabschieden. Eine beträcht liche Anzahl der Anwesenden bestieg die Wartesaaltischc. die an die Fenster und Thüren geschoben waren; sie gewannen o wenigstens einen Blick auf den Fürsten und se,ne Familie. Ein anderer Theil eilte zur Casse, um durch tue Lösung cines BilletS nach Wittenberge, der nächsten Haltcstation de« Berlin. Hamburger Schnellzuge-, da« Eintritt-recht aus den Perron zu gewinnen. So Mancher war gewiß unter dieser Schaar, dem diese Ausgabe nicht leicht geworden ist und doch sah man c- Allen an, daß sie beglückt waren, auf diese Weise Gelegenheit zu erhalten, dem Begründer des Deutschen Reich- bei seiner Anwesenheit in Berlin ihre Huldigungen darzu- bringen. . rhrend dieser Borgänge wurden fortdauernd patriotische -jeder gesungen, ertönten anhaltend begeisterte Hockrufe. Der Fürst nebst seiner Gemahlin am Wagrnseiister sitzend, dankte wiederhol» durch Abnehmen seiner Reisemlltze wie durch Iandbewrgungcn. Al- kurz vor 7 Uhr für Alle, die sich „ahrkarten gelöst batten, die Thüren zur Bahnhofshalle ge- öffnet wurden, stürzte die Menge unter lauten Hochrufen auf den Wagen des Fürsten zu. Die Schutzleute waren schnell zur Seite gedrängt und nun ging cS an eine jubelnde Begrüßung, die, wie sie au- tiefem Herzen kam, auch jedem der Theilnehmenden und sicherlich nicht zuletzt der fürstlichen Familie tief zu Herzen drang. Eine große Zahl von Herren und Damen der Berliner Gesellschaft, welche mit der fürst lichen Familie befreundet sind, erschien uud wurde vom ftirst- liehen Paare wie von der Gräfin Rantzau srcundlichst begrüßt. Im Namen von Angehörigen de- l9. hannoverschen Wahlkreise- überreichte Herr I)r. Diedrich Hahn den, Fürsten eine Karte, auf welcher folgende plattdeutsche Berse geschrieben waren: Fürst von Bismarck, lange Johrru Salt de Herrgott Di bcwohreuj Di erholen jung an Moth, Denn hett Dütschtand kerne Roth! Vör dat neie dntsche Rick Wörst und btiwsl Du Damm und Dick! Herr Dr. Hadn laS die Berse laut vor. Fürst BiSinarck dankte dem Ueberdringrr der Karte, bat ibn, seinen Dank und seine Empfehlung an die Landsleute zu bestellen und äußerte, daß ibn vornehmlich die letzten Worte der Berse sympathisch berührt batten, da er ja cbemals Deichhauptmann gewesen wäre. Der Fürst schüttelte Herrn vi. Habn sreund- lickst die Hand. Da erschallte da- zweite Läuten der Babu- bof-glocke »nd nun begau» ein gewaltiger Ansturm an des Fürsten Wagen; eS ging an ein Händeschütteln und Hante- küffkn, das kein Ende »cbmcn wollte und dem Fürst Bi-marck Einhalt zu thun außer Stande war. Unter lautem Hurrak- und Hochrufen, sowie dem schließlich«» Absingen de- Liedes: „Deutschland, Deutschland über Alle«!" fuhr der Zug an der Halle, Ter Fürst ansrechtstebend dankte nochmals und wiederholt für die ihm dargedrachteu Ovationen. Der Fürst sab vorzüglich auS. Geradezu bewunderns werth war die körperliche Elasticität, mit welcher er die ganze lange Zeit binvurch, bald freundlich grüßend, bald i» längerer oder kürzerer Unterhaltung mit den in der Bahn hofshalle versammelten Personen begriffen, am Fenster seine- Wagen« au-hielt. Fürst Bismarck wird gewiß die erneute Uebcrzeugung in sein FriedricluSruher Schloß mitgenommen haben, daß die alte Liebe und Anhänglichkeit in der Reichs- Hauptstadt zu ihm fortbrfteht und daß er stets jubelnd be- willkomutt werden wird, so oft er hier erscheint. Im Eoupö zwischen Berlin und Wittenberge kam I>r. Hahn aus die Idee, zwei Grüße aufzuschrcibcn für seine Land-Icnte und in Wittenberge die Unterschrift de- Fürsten zu erbitten. Aus den einen Zettel schrieb er: „Einen Gruß an den Wriegcrverein Osten a/O. <d>8. dessen Ehrenmitglied der Fürst ist). Wittenberge, 14./11. 1891." Und auf den anderen Zettel: „Eine» Gruß an meine lieben Wähler ün 19. Hannoverschen Wodlkreil«! ^ Wittenberge, d. 1«. November 1891." Mit diesen beiden Zetteln ging Iw. Hahn in Wittenberge an da- Eoupü de- Fürsten BiSmarck und bat Sr. Durch- lauckt, ibln die Zettel doch gütigst zu unterschreiben. Seine Landsleute müßten etwas Sichtbares von ihm haben. Er würde sich die Zettel in FriedrickSruh wieder abbolen Der ,rürst me»ile erst, während der Fahrt würde Schreiben wobl nickt gut möglich sein, e« würde sich nachher aber wohl noch Tinte und Fever finden. Dann fragte der Fürst Iw. Habn „Wo sind Sie denn im l 9. Hannoverschen Wahlkreise zuHanse'? >vab» nannte ihm Osten und erzählte, daß dort eine politisch sehr rege Bevölkerur>b wohne, die sich in hannoverschen Zeiten unter dem König Ernst August politisch hervorgelhan habe. Dort seien im hannoverschen BerfassungSstreit beson der« die Stcuerverwcigerer zu Hause gewesen. Man habe nachher (ich lebhaft an Preußen angeschloffcn und sei jetzt Er. Durchlaucht dem Fürsten Bi-marck freundlich gesinnt und ergeben. Am 2 Ostertage babe der Fürst die erste Depesche mit au-der Wablbewegung au- Osten bekommen. Darüber freute sich der Fürst unk äußerte: „Wenn man so viele Feinte dat wie ich. freut man sich doppelt, von einem Orte zu hören, welchem man so treue Anhänger besitzt, wie bei Ihnen .» Haufe" Or. Hahn fragte bann weiter, ob der Fürst Wohl geneigt sei, eine Teputalwn de- Krieger Verein- Osten a O zu empfangen, die ihm LaS Diplom seiner Ehrcnmilglicd ' t überbrwgen wolle. ,Mtt Vergnügen", antwortete der Fürst, „die Herren mögen nur zu mir komme» Ich »alte selber Ihre LandSleuic im 19. Hannover schen Wabl- reise schon gern besucht, aber cs gebt nickt gut, ick muß zu viel Rücksicht aus meine Gcslindbeit ncbme». Jetzt ist das Wetter ja auch zu schlecht." Iw. Habn mcinie dann: „Wir baden auch schon auf einen Besuch gcbcsst und bereu- iberlegt, welche« Local bei uns wobl groß genug wäre, um alle Anhänger Ew. Turcklaucht zu fassen. Biclleicht haben wir im nächsten Sommer die Freude, Ew. Durchlaucht zu begrüßen." Fürst Bismarck antworielc darauf, er wolle mal sebcn, ob er cS dann nicht möglich machen könne. Weiter äußerte der Fürst: „Sagen Sie nur Ihren Landsleuten, ich könnte vorläufig nicht gut nach Berlin in den Reichstag kommen. Zunächsl liegt ja auch noch keine dringende Beranlassung vor. Außerdem babc ich keine Wob- nung in Berlin." In FricdrichSruh gab dann der Fürst Bi-marck Iw. Hahn die beiden in Wittenberge über reichte» Zettel »nt seiner Unterschrift zurück und bejahte zum Abschied vergnügt die Frage I>r. Habn's, ob er auch dem Abgeordnete» Schoof Grüß: uiilnebmeii dürfe. (H. N.) Leipzig, 16. November. * Auf dem Wege über Bukarest werden jetzt die Trink sprüche bekannt, welche Kaiser Wilbclni und König Earol von Rumänien bei der Galatasct ii» Neuen Palai- u Potsdam ani 26. Octobcr mit einander tauschten und die nSber nicht veröffentlicht worden sind. Darnach brachte der Kaiser das Wohl des Königs aus, indem er ibin mit den wärmsten und schmeichelhaftesten Worten seine »nauSsprech lichc Freude Uber diesen Besuch bezeigte und binzusügte, daß er den König als lieben Verwandten empfange» babc, welcher viele Erinnerungen an diese» Orten wiedeesiiide» würde, wo er einen Theil seiner Jugend verlebt babc, daß leider viele von Denen, die ihn geliebt, nicht uicbr am Leben seien, aber — besten sei der Kaiser sicher — ibr Andenken werte dem Herzen des König« Ibcucr geblieben sein. Dieselbe Liebe, welche der Köniz früher gesunden, und da« gleiche Interesse finde er auch in der Gegenwart wieder, und dies werde ibm ebenso in der Zukunft verbleiben. Hieran knüpfte der Kaiser warme Wünsche sür da- Königreich Rumänien, da- vom Könige mit so viel Weisheit, Liebe und Thalkraft geleitet werde, und schloß,indem er aus die Gesundheit de-Köiiig- und der Königin trank. Die Antwort des Königs lautete: „Ich bitte Ew. Majestät, mir zu gestatten, sofort aus die so schmeichelhaften Worte, welche Sie soeben an mich gerichtet, zu erwidern, indem ich meine warme und innige Dankbarkeit bezeuge für die Gefühle, welche Ew. Majestät für mich hege». Die Worte Ew. Majestät, wie auch der ungemein herzliche und liebevolle Empfang, der mir vier zu Tbeil wurde, werden cinen tiefen und mächtigen Wicderball in meinem Lande finden, da« den höchsten Werlk ans freundschaft liche Beziehungen zu dem Deutschen Reiche legt, welche« Ew. Majestät »lit so starker Hand aus dem Wege des Friedens zu einer bleibenden Entwickelung und gesicherten Zukunft sübrcn. Indem ich den wärmsten Wünschen sür da- Glück Ew. Majestät und das königliche Ha»S, mit dcni ich durch Familicabandc und ebenso zablreichc als thcure Er innerungen innig verbunden bin, Ausdruck gebe, erbebe ich mein Glas aus da-Wobl Ew. Majestät, den Himmel bittend, Sic in seine heilige Lbbut zu ncbmen." * Der „Köln. Ztg." wird Folgende- au- Berlin ge schrieben: „Wie wir erfahren, hat der CultuSministcr einem höheren Schulbeamten bei einer Unterredung die be trübende Nachricht gemacht, daß an die Gleichstellung der Lehrer höherer Lehranstalten mit den Richter» zweiter Instanz nicht zu denken sei, daß eine Gehaltserhöhung nur bi« ziii» Höchstsatz von 5406 stattfinde »nd daß vor allen Dingen von der Regelung der Ascension ganz abgesehen werden würbe. Eine solche Mißachtung brr dem Lchrerstandc gemachten Versprechungen, die durch das Wort de- Kaisers unterstützt in den Kreijen der Lehrerschaft die höchste Freude erregt batten, müßte die tiefste Niedergeschlagenheit und heftigste Erbitterung Hervorrufe». Es möge daher bei Zeilen noch einmal die Regierung mit allem Ernste darauf autmcrk- sam gemacht werde», daß, wenn man wiederum den ganzen Lebrcrstand mit seinen gerechte», jahrelang unerfüllt ge bliebene» Forderungen nickt berücksichtigt, wenn nainciitlich, was gar nickt zu verstehen ist, die AscensionSsragc nicht env- giltig geordnet wird, manche Mitglieder einer für unser zanzcs Volksleben sehr bedeutsame» Elaste der rcgicrungS- eindlichen Opposition »nd Elementen in die Arme getrieben werden könnten, vor denen gerade die Lekrcr die Jugend zu schützen berufen sein sollen." * Wie seiner Zeit mitgetbeilt, batte der preußische Minister der lliiterrichtSangelkgenbeilcii den Universitäten Vorschläge zur Abäntcrung der Ferienordnung zur Begut achtung unterbreitet. Es verlautet, daß die Berliner Universität diese Vorschläge abgelcbnt babe. * Ueber die socialdciuvkratischc Opposition wird un« au« Berlin geschrieben: Trotzdem, daß die Herren Singer, Auer, Bebel, Liebknecht sich in iinzäbligcn Vcrsanim- lungen bescheinigen lassen, baß die „Gciwsscn" mit ihnen zufrieden sind, wächst die Opposition zusedcnd- n„d der neu gegründete Verein der unabhängigen Socialisten dürfte bald aii Stärke jeden der socialkcmokratischen Wablvcrcine in de» Schatten stellen Einen Beweis für die Stärke der Opposition liefert die Thatsache, daß eS ibr in 8 Tagen auf Bon- und Sammelliste» gelungen ist, lvo ^ zum PrcßfondS ziisaliimcn- zubringen; die Mehrzahl der Beiträge setzte sich ans einzelnen Nickeln zusammen; man kann also annehmen, daß weit über >009 Socialisten zum Preßfonb« beigesteuert baden. Wenn in Berlin die Oppositionellen, die, nebenbei gesagt, am Dien-tag, 17. November, ihre zweite Versammlung obbalten, ihre Organisation vollendet baden, werden sic versuchen, in den größer» Städten de- Reiches ebensall- Vereine der Unabhängigen zu gründen Bei der Berichterstattung über den Erfurter Parteitag bat sich in den zahlreichen Städten gezeigt, daß eine ganze Anzahl „Genoffen" mit der Taktik »nd mit der Parteileitung nicht zufrieden ist Die Oppositionellen habe» zahlreiche dahingehende Kundgebungen erkalten An den Wahlen für die gesetzgebenden Körperschaften werden sich die Oppositionellen nicht detheiligcn, sondern 85. Jahrgang. ihre ganze Krask aus den gewerkschaftlichen Kampf verwenden, weil sie der Ansicht sind, daß derselbe am meisten die Massen in Fluß bäli »nd deren Solidiiaritätsgcfühl stärkt. Der Ecnlralisiriing. wie sie von Herrn Bebel nach jeder Richtung bi» aiigeslrebt wird, sieben die Oppositionellen durchaus feindlich gegenüber, ans der anderen Seite bestreiten !c auch aus das Energischste, daß sic Beziehungen mit der „Autononiic" n»d deren Hintermännern haben. Ganz falsch sink die ans dem Bebcl'schc» Lager kommenden Nachrichten über ric Stärke der Oppositionellen; die Zeit wird lehren, daß wir niit unserer Benrtbcilnlig Recht gehabt haben. * Freiherr v. Bnjack in Ostpreußen bat ein größere- Erbe an Landbesitz angetretcn und will seinen neuen Besitz in ein Majorat umwandet». Wie nun gemeldet wird, bat der Genannte beantragt, ibm den Fiteieonimißslcmpcl in Höbe von 60 >>»«>.6 zu erlasse». Die „Nat. Ztg." meint, cS hieße die Pferde vor nnk gleichzeitig hinter de» Wagen spannen, wenn inan durch Stempelcrlasse die Errichtung neuer Fidei- coiiimis s e »ntcrsiützcii, also die Thcilharkeil des Grundbesitze- erschwere» »volle, in einer Provinz, m der die Nvtbwcndigkcit der inneren Evlonisativii, d. b. die Herstellung lleincrcr land- wirtbschafllichcr Besitzungen, allseitig anerkannt ist. Aber auch abgesehen davon, erscheine es dringend nvtbwcutig, da- Princip cst ;n sielten n»k fest zu balle», daß reichen Leuten keine Steuer» zu erlassen sind. Die Staatseassc, welche Heinere Sleucrbeträge durch den Gerichtsvollzieher cinzicbt, darf nicht einem Großgrundbesitzer 6<» i»n> Steuern schenken. Tie Fachbildung der deutsche» Bcrnssconsuln scheint die Reich-regiernng gegenwärtig wieder zu beschäftigen. In HandclSkreiscn glaubt man dies wenigsten- ans verschiedenen Millbcilniigcn schließen zu dürfen, die jüngst ein bobcr Beamter de- deutschen Answärligcn Amtes in dieser Angelegenheit der Berliner Staatswistcnschastlichcn Gesellschaft machte. Es ist bemerkenswerlb, daß man auch in diesem, bekanntlich von hoben Beamten »nd bcrübmlen Gelehrten gebildete» Kreise ich der liebcrzeugniig znncigte, die Ausbildung unserer Bernss- cvnsuln ncbme ans die Bedürfnisse keö dcutschcii Au-subrbandcl- :n wenig Rücksicht. I» großgcwcrblichc» Kreisen kommen (eit Iabrcn die Erörlcrungcu über diese Frage nickt zur Rübe. Und da- ist natürlich. Je böbcr die Zistern unscrer Ausfuhr steigen und je dringender cs fick mit der wachsende» Leiltnilgssähigkeit unserer Großgcwcrbc als iiotbwcndig bcra»«- stcUt, für dieselbe neue Absatzgebiete zu erwerbe» u»b die alten gegen den Mitbcwcrb siegreich zu behaupte», um so höheren Werlk iß inan auch der Tbäligkeil der Berusseonsuli' sür unseren Handel zu geben geneigt. Die Frage wird vor aussichtlich nack Eröffnung de- Reichstage- eine weitere Ocsteiitlichkcit wieder beschäftige» Besonders bcmcrkcnswertb dürsten bei ihrer Entscheidung die Anschauungen der sächsischen Handetskreise sei», Ne in all» ibrc» geschäftlichen Beziehungen weil mebr ans das Ausland als aus ras Inland angcwiesc» sind und sich daher auch mit dein Eoiislilatswcsen in den letzten Jahren eifrig beschäiligie». Es iß dabei zn nächst seslznßetlen, daß man in diesen Kreise» beute nickt mehr wie vor Iabron die Anschauung hegt, cS möge de» Berufsconsut» eine lauf in ä n n ifche Ausbildung cgcbeil werten. Auch wird mir noch vereinzelt die Folterung ausgestellt, man möge den Konsul» in wichtigen Absatzgebieten als Beirätbc sürHantclsaiigctcgcnbeilcn tüchtige Kauslcutc zuordiien. Dagegen hegt man die llebcrzcngung, daß eine zeitweilige Beschäftigung der fick dem Eonsnlatskicnst widmende» Herren i» den Handclskamnicrn für nnser an der AuSsnbr bclkciligtcs Großgcwcrbe durchaus förderlich sei. Die Dresdener Handelskaiiimer weist bei einer Erörte rung dieser Frage daraus hin, daß in Oesterreich bereit- eine ähnliche Einrichtung bestehe. Von dioscr Einrichtung hofft man Bessere« als von einer tbalsächlih »abezn unmöglichen Ausbildung der Eonsulu m lausmännischcn Geschäftszweigen, bei der inan seitens der Rcichsregiernna schwerlich Entgegen kommen finden dürste »nd die, wie gesagi, heule in HandelS- krciscn nicht mehr oder nur noch ganz vereinzelt gewünscht wird. * Auch englische Blätter hringcn jetzt die Nachricht von dem Rücktritt des Ebcss der Mnnieipatverwaltiing in Apia, Freiherr» Sensst v Pits ach. Da von deutscher Seite bisher eine aulbeniischc Millbeitiing nickt erfolgt ist, so wird man im Reichstage bei der Berathnng de- Etat- Veranlassung nehmen, Ausschluß über die widerspruchsvollen Nachrichten von dem Stande der Dinge aus Samoa zu erhalten. * Aus der P salz wird geschrieben: Die Soeialdcniokratcn rüsten fick zur Winicrcampagnc i» die Pfalz. Herr v. Voll- mar wird z» Lndwigsbascn, Speyer, Kaiserslautern sprechen, Herr Bebel vorläufig nur zn Ludwigshafcn. Auf dem Lande blüht ilmen wenig Lorbeer: die national- liberale Partei ist hier zn Lande gut organisirt und die pfälzische» Ockonomcn »vollen von den Locklöncn der modernen Rattciisängcr nichts höre». In den zwei erstge nannten Städten mögen die Socialisten jedoch wobt ihrEonlingent vergrößern, da hier die slucluircudc, bcimatblvsc Bevölkerung in ftelcr Zunahme in Folge »euer Fabriken, Hafenbauten »c. begriffen ist und der Widerstand der „Gebildeten", die viel fach einem Spccialkainpic mit den rücksichtslosen Gegnern ausweichcn, in diesen Städte» nicht viel zu bedeute» hat. l.amüe-r suirc- ist bequem »nd — billig. I» Kaisers lautern jedoch leisten die OrdniiiigSparteic» bessern Wider stand. * Au- Württemberg wird gemeldet: Tie Wabl- angclcgenbcil i» nnserem elften Wahlkreis hat eine sehr unerfreuliche Wendung genommen, »vorüber eine genaue Mittbeilung, um Mißverständnisse» vorziibcugc», uotblvendig erscheint Ursprünglich bestand die Absichi, den früheren Lankwirlbschaslslcbrer, spätere» Regicrnugsraih und jetzigen Universität-Professor Leemann, der den Kreis seit 188l ehren voll vertreten batte, wieder anszustcllcii. Nacktem aber Lecinan» in seinem zum elften WabtkrciS gehörigen Landtagswablbczirk Oehringen am 3. November so gänzlich unterlegen war, erachtete er seine Eandidatur al- aussichtslos, »veil überall da- Landvolk über das Altcrsgcsctz gleich erbittert ist, »nd trat sofort am I. zurück. Daraus beschloß die Partei, den Stadtpsarrcr Bol; von Ilsboscn ibei Schwäbisch Hall- aus- ziistklleii, der als durch.»»- liberaler Mann unk zündender VolkSrcdner, sowie als Vertrauensmann der Vanern. namenl- lic» der Imker, sehr gute An-sichkc» gcbabl hätte. Leider erhob der Hausarzt cimchictenc Einirracke, weU Bötz' Gejm»dhc»k nicht fest ist, uud die Famclic
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