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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.03.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920312022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892031202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892031202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-12
- Monat1892-03
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81 d« tzanpteMditIo» oder de» im Stadt bezirk u»d de» Vororte» errichtete» A»«. aabesielleii abgeholt: vierteljährlich -<I4ü-0, »et zweimaliaer täglicher Zustellung in« Hau« >l SLO. Durch dl« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertel,ädrlich L.—. Direkt» tägliche Sreuzbandjraduug t»s Luslaad: mauatlich 9.—. Di« Morgen-Bu-gabe erscheint täglich V,7 Uhr, dt« Lbeud-Autgab« Wochentag« b Uhr. Lekrtioa und Lrpeditio«: ÄOtzau»r««asse 8. Dt« Expedition Ist Wochentag« unnn terbrvche» geöfsaet vau früh 8 di« Abend« 7 Uhr. Filialen: vtt» Eie««'« Tarti«. lAlfred Hahn). U»iverfitat«slrah» 1, Laut« Lösche, Eotharinenstr. 1«, pari, und K-uigLplah 7. Abend.Ansaate. ttpriger.Tagtblali Anzeiger. Organ für Mitik. LocalaMicke. Laadels^nndGesUftsverkehr. JnsertronspreiS Die Ogcspaltmc Petttzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactiousstrich <«aa» spalten) vor den Familieanachrichtr» (6 gespalten) 40-^. Größere Cchrislen laut unserem Preis« velzeichniv. 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Ztg." glaubt auf da« Bestimmteste versichern zu können, daß der Kaiser die Summe von 100 000 <e ge geben hat, die zur Entschädigung für die Hinterbliebenen der Küntzrl'schen Expedition nach Witu zur Auszahlung gelangt ist; Fürst zu Hohenlohe-Laugenburg war nur die Mittelsperson. * Dem Vernehmen nach wird die Forderung auf Erhöhung der für die Betheiligung de« Deutschen Reichs an dejr Weltausstellung in Chicago auSgcworfenen Mittel nicht in Gestalt eines Nachtrag--, sondern eine- ErgänzungS- etals an den Reichstag« gelangen, so zwar, daß die im Etat für l892/S3 zu diesem Zwecke bisher ans 900 000.6 angesetzte Summe auf 2 000 000 .6 rrhöhh^vird. ES würben danach bisher für die Weltausstellung 2 l00 000 „6 gefordert sein. Es verlautet nun aber, daß die Gcsammtkosten auf nahezu 3 Mill. geschätzt sind. E« würde also eine kleinere Forderung noch für da- EtatS- jahr 1893/94 nothwcndig werden. Die Erhöhung der Summe erklärt sich, wie bereit- mitgetheilt, in erster Linie au- der regeren Betheiligung, die auS Deutschland erfolgen wird. Ein namhafter Betrag soll indessen auch zu dem Zwecke vor gesehen sein, um die Entsendung hervorragender Sachkundiger zu ermöglichen, welche an den Arbeiten der internationalen Iurie« behaf« Wahrung der Interesse» der deutschen Industrie theilzunehmen haben werden. * Der BunveSrath faßte in dir am lO. d. M. unter dem Vorsitz des Vice - Präsidenten de« StaatSministeriuni-, StaatSsecretairS des Innern, Or. von Boctticher ab gehaltenen Plenarsitzung über mehrere Eingaben in Zoll> und Steuer-Angelegenheiten, sowie über Gesuche um Ge Währung von Ausnahmen von dem durch die Gewerbe Ordnung ausgesprochenen Verbot der FrauennachtS- und der SonntagSarbeit Beschluß. Dem Entwurf eine« CheckgesetzeS und dem Anträge de- Reichskanzlers, betreffend die Ergänzung der Ausführungsverordnung zum Gesetze über die Beurkun dung de- Personenstände«, ertheilte die Versammlung die Zustimmung. * Wir sind selten einmal mit der „Kreuzzeitung" einver standen, aber beute sind wir eS einmal ausnahmsweise. Der preußische CultuSminister Graf Zedlitz bereitet bekanntlich Reformen im UnivcrsirätSstudium vor und beschäftigt sich auch mit der Zulassung voo Frauen zum Studium. Die „Kreuzzeitung", welche das Zedlitz'sche Banner in der BolkSsckulsragc so hoch bLlt, ist jedoch damit gar nickt ein verstanden. Sie mackt indessen nickt offen Front gegen den CultuSminister, sondern feriigr seine Bestrebungen unter Bezugnahme auf einen amerikaniscken Aufruf an die Frauen wie folgt ab: „Wir lehnen alle Bestrebungen, die Zahl der „Blaustrümpfe" zu vermckrcn. höflich, aber ent sckieden ab. In Amerika scheint cs immer mehr Mode zu werden, daß die Männer nicht« lernen, die Frauen aber desto eifriger studire». Da« ist die „umgekehrte Welt". In Deutschland sind alle akademischen Branche» so überfüllt, daß man neuerdings über ein „Aerzteprotelariat", „Pkilologenprolctariat" und sogar „RechtSaiiwaliSproletariat" geklagt bat. Wir müßten geradezu verrückt sein, wenn wir diese Concurrenz »och durch die Weiber vermehren wollten. — Die deutsche» Frauen wollen in ibrer weitaus größten Mehr zahl auch von solchen EmancipationSbestrebunge» nichts wissen. Es sind einige hochgebildete, aber unpraktische Damen, die dafür eintretcn. und daneben eine Schaar sogenannter „unverstandener Mädchen". Was die Amerikaner zu Haus« ihn», ist idre Sache, sie solle» sich als jüngstes Culturland aber nicht heraiisiiebmen, uns in geistiger Weise beeinflussen zu wollen. Dafür fehlt ihnen nicht wcuiger als Alles." * Mit den Verhandlungen der deutschen AdelS- ge»osse nschast sich zu beschäftigen, liegt für weitere Kreise nur selten Veranlassung vor. Auf der diesjährigen Versamm lung ist indessen eine Angelegenheit erwähnt worden, die Beachtung verdient auch über den Kreis der Mitglieder der Genossclischast hinaus. In dem Berichle des Schriftführers über die letzte Berbandlung wird heroorgehoben, daß nach Erledigung des geschäftlichen TheilcS der Tagesordnung der Vorstand über seine Maßnahmen bezüglich bcS Antrags auf Abänterung oder Ergänzung der tztz. 3l und 33 dcS Straf gesetzbuchs berichtet. Diese Paragraphen besagen, daß die Verurtheilung zur ZuchtdauSstrase die dauernde Unfähigkeit zun» Dienste im Heere und in der Marine und zur Beklei dung eine- öffentlichen Amtes zu Folge hat, und daß die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte den dauernde» Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rcchie, iugleicken den dauernden Verlust der öffentlichen Aeniter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen bewirken. Die Adelsgenossenschaft aber will daneben noch die Aberkennung de« Adels wieder eingeführt wissen. DaS A. 8.-R. (Tbl. ll, Dit. 9, tztz. 9l und 92) bestimmte bekanntlich, daß Jemand Wege» grober Verbrechen aus dem Adelsstand auSaestoßcn werden könne, und die Criminalgeseye enthielten Bestim mungen darüber, in welchen Fällen darauf erkannt werde» müsse. Indessen diese Bestimmungen sind durch die oben erwähnten Paragraphen de« ReichSstrasgesetzbuch« beseitigt und eS wird in Folge dessen nicht mehr aus Verlust de« Adelsstände« erkannt und dieser tritt auch nicht in Folge einer Lerurtbcilung zur Zuchthausstrafe oder zu einer mit dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verbundenen Frei heitsstrafe ein. Wenn jetzt der Vorstand der Akelsgenossen- schaft Schritte gctban bat, um den alten Zustand wieder herzustelle», so glauben wir nicht, daß diese von Erfolg sein werden. Die Genossenschaft mag aus Mittel und Wege bedacht sein, ihre Mitglieder bei einem ehrbaren Leben zu erhalten, aber sie darf nicht zu Mitteln greifen, die einer Beleidigung der Träger bürgerlicher Namen gleich kämen und die der Verfassung zuwidertauten, die einen Unterschied zwischen Adligen und Bürgerlichen nicht mehr kennt. 7 suhrung einer . „r> Pen, greise LL' griffe» hat. »»MV stalle», u''b I>ch solä" Erweiterung zugcstandc» «ö'rde'n sei. Rach den Erklärungen der RegierungScom- aesonderlcn Tkeilcn des KirckbosS beerdigt werden können. Auüerdem sprechen auch Gründe rechtlicher Art uud vor Alle», der Zweckmäßigkeit gegen die 'Wünsche des Petenten. Trotzdem Aloß die Pcii.ionScommissio., m.t geringer Majorität <l Stimme), diese Petition der ^ ,ur Erwäaung zu überweise» Es stcbt zu hoffen, daß das Plenum diesem Beschlüsse nicht zustnu.nen w.r^ * In euien, vor einigen Tage» in der .Post "schum'"'" Artikel über das Volksschulgescv. der große Brack,»ng gefunken bat und vielfach als ei» Fiibler au« boben Neg,^ rungskreise» angesehen wurde, waren verschiedene Vorschläge zu einer Verständigung enthallen, die zun, Theil reckt unklar waren, zum Theil den Widerspruch berauSsorderten. Wen» der Gesetzentwurf in seiner Absicht und -'nem Ziel als em Frieden-werk dargestclll wurde, so ist diese «bückt ,edensallS sehr schlecht erreicht worden. Die kirchenpolitischen Gegensätze, die in der Beruhigung begriffen waren, sind durch ,enc GesetzcSvorlagc wieder auf die äußerste Spitze getrieben, der erlöschende „Culturkampf" ist geradezu gewalt,am wieder anaefacht worden, und wir erblicken nirgend« eine Aussicht, au« dieser Lage drrauSzukommen. Wir wollen «wessen diesen Artikel, der praktisch kaum etwa« nützen kann, we,l er den liberalen Widerspruch als reine« Lorurtbeil. als „ungestüme Ucbcreiluug" betrachtet, nur von technische» Mängeln dcS Ent wurf» redet, wo die schwerwiegendsten principielleii Bedenken vorhanden sind, aus sich beruhen lassen. Nur aus einen Satz wollen wir die Aufmerksamkeit noch binlcnken: „DaS Gesetz kann nicht gemacht werken mit Centruin und Kreuzzeitung gegen die Natioiialliberalen; eS kann ebenso wenig gemacht werden mit Natioiialliberalen und Fortschritt gegen Ccntrum und Conservativc." DaS Letztere wird bei der heutigen Lage der Dinge auck kein Mensch ernstlich erwarlen. DaS Zugeständniß aber, daß ein solches Gesetz auch nicht allein mit Centrum und Coa- servativen, und fügen wir hinzu Polen, gemacht werden kann, ist an dieser Stelle bcachtenSwerlb. Wir Kaden noch immer guten Grund zu der Annahme, daß an sehr maßgebenden «teilen diese Ansicht getbcilt, daß ein lediglich durch eine klerikal-conservativ polniiche Mehrheit beschlossenes Gesetz . zurückgewiesen wird, in der richtigen Einsicht, daß ein solches , sicht bat. zu ersprießlicher Wirksamkeit zu gelangen, sondern ' ei» unausgesetztes Ankämpfcn de« liberalen BürgerthumS dagegen zur Folge haben muß. Etwas günstiger für dieienigen, welche das Zustandekommen einer Vvlks- schulacictzgcbuiig in gegenwärtiger Zeit für wünsche»«- wertk und notbwendig balle», wurde sich die Sachlage durch den Hinzutritl der Freiconservativen zu der klerikal» conservativen Mehrheit gestalten Die Zuschrift an die „Post" erwähnt in dem freiconservativen ^)rgan dir Mit glieder gerate dieser Partei gar nicht. In der Commission habe» die freiconservativen Mitglieder bisher meisten» mit den Liberalen zusammcngewirkt und wir haben da« Ver trauen, baß die Partei auch fernerhin fest sieht im Wider stand gegen principiell unannehmbare Vorschläge. Wird diese Erwartung nickt getäuscht, so bleibt eben nur jene conservativ- klerikalc Mehrheit übrig, mit der ein solches Gesetz nach der Ansicht sehr vieler, auck keineswegs liberaler Männer nickt zu machen ist Man sieht, wie gerade die sreiconservative Partei in dieser Frage eine außerordentlich große Bedeutung und Verantwortlichkeit besitzt. * Mit kein Schulgesetze macht Preußen in Deutschland nicht moralische Eroberungen, sondern trägt eS Verwirrung und Groll in diejenigen Parteien, welche in den Einzrlstaaten Preußen« beste Verbündete gegen den ParticulariSmu« sind, und stärkt eS diejenigen Gruppen, welche den Einfluß der nordischen Vormacht nach Möglichkeit beschränken wollen. Die Zeiten tönncn wicdcrkebrc», in denen, wie im alten Bundestage, t,e Mehrheit im BuntcSrathc einen nachhaltigen Kampf gegen Preuße» ausiiiniint. Glaubt die preußische Regierung denn eine sichere Stütze an dem Centrum und seinen Verbündeten zu haben? Und meint der Leiter der auswärtigen Politik, mit einem Gesetze, welche« bei allen Liberalen in der Hab«- burgischen Monarchie und in Italien, bei den besten Freunden Deutschlands, Slaune» »nd Unwillen hervorgcrusen bat, d«n Dreibund zu festigen? Tie Einbringung diese« -Schulgesetze- war ein Fehler, der nicht wieder gut zu mache» ist; sein Zu- slandekomuicil mit einer klcrikal-conservativcn Mehrheit wäre vom Ltaiidpiincle der nationatc» wie der auswärtigen Politik nicht genug zu beklagen. Wir sympalhisiren meist nicht mit Vossischen Zeitung" , aber in den vorstehenden Bk- drr -v . mcrkungen bat sie den Nagel auf den Kops getroffen und sind wir vollständig damit einverstanden. * In conservativen Kreisen wird, so wird auS Hannover geschrieben,das Gerücht mit Eifer verbreitet, Herr v. Bennigsen habe seinen Abschied als Oberpräsident erdeten, und die conser- vative Presse führt eine höchst rücksichtslose Sprache gegen den höchste» Beamte» unserer Provinz, dessen längeres Ver bleiben in seiner jetzigen Stellung von ihnen geradezu al« unmöglich bezeichne! wird. Als sein mulhmaßlicher Nachfolger wird bereit- der Landcödireclor Freiherr v. Hammerstein genannt. Nach den Nachrichten von Personen, die Herrn von Bennigsen »ahestcbcn, ventt derselbe glücklicherweise nicht daran, vor Entscheidung über das Volksschulgescy die Frage, ob er im Amt verbleiben will.ernstlich zu erwägen. Er wird sickvorläusig durch die Angriffe der conservativen Presse in keiner Weise beeinflussen lassen Sei» Rücktritt würde jetzt auch allgemein einen niederschlagendcii Eindruck Hervorrufen, da ein solcher Entschluß nur ein Ausdruck der Ueberzeugung sein könnte, daß das Schulgesetz in einer für Liberale unannehmbaren Form zur Annahme und Ausführung gelangen würde. Diese Anschauung wirb aber von Herrn v. Bennigsen und seinen FeriiHets«,. KI Schloß Lrlenhof. Roman von O. Bach. «r»4dn>a »rrdowl. (Fortsetzung.) V. Fräulein Paula Schirmer hatte man nach langem, ver geblichem Suchen endlich weit vom Schauplatze des Unglücks entfernt gefunden; sie war unverletzt geblieben, aber die Angst um Hertha, die sie verloren hatte, schien einen unheil vollen Einfluß auf sie auSgeübt zu haben, denn als sic au« tiefer Ohnmacht erwachte, vermochte sie ihre Sprache nickt zu gebrauchen. Mechanisch ließ sic sich aus das Schloß führen, aber kein Laut drang über ihre Lippen; nur als sie Hertha gegenüberstand und da« süße Kindrrgcsicht ihr auS den gestickten, schneeweißen Betten zulachette, flog rin freudiger Ausdruck über das starre Antlitz; zärtlich beugte sie sich über die Kleine, deren Mund sie innig küßte, — dann aber deutete sie durch Zeichen an, daß sie nicht im Schlosse bleiben wolle, und so große Mühe sich auch die Baronin gab, da« pflicht- aclreue Mädchen an den ehemaligen Platz zu fesseln, setzte Fräulein Schirmer allen Bitten Widerstand entgegen und noch vor der feierlichen Beisetzung des Grafen Heldbcrg hatte sie da« Schloß verlassen, ohne irgend Jemandem den Grund für ihr eilige« Fortgehen verratben zu haben. Sie war sichtbar leidend, und die verlorene Sprache, die allerdings, wie l)r. Brenner versickerte, bald wiederkebren würde, diese Tbatsachrn boten einen stichhaltigen Grund. Stumm »nd still verabschiedete sie sich von der Baronin; der Abschied von Herlba schien ibr sehr schwer zu werden; die Lippen beweaten sich, als wollten sie sprechen, aber kein ver ständlicher Laut drang über den farblosen Mund. Den Baron Sternau, dessen Zeit vollständig in Anspruch genommen war, hatte sie nicht wiedergesehen. Unter den zahlreichen Leidtragenden, die der Leiche de« Grafen Heldberg folgten, befand sich auch Baron v. Dorn stedt. Die Botschaft von dem grenzenlosen Unglück, da» sich >m Erlenbofer Walde kurz nach seinem Abschiede vom Grafen Heldberg zugetrage», ereilte ihn schon am nächsten Tage. Riedel hatte ibm durch einen besonderen Boten die Trauer- künde ohne jeden weiteren Commentar, aber mit der dringenden Aufforderung, der Trauerceremoni« beizuwohnen, zugesendet. Der junge Mann traf zur bestimmten Zeit im Pfarr haus« rin, wo er au« dem Munde Riedel « die traurige Ge schichte hörte, die der Pfarrer mit den Worten schloß: „In Ihrem Interesse, Herr Baron, ist e« notbwendig, daß Sie Ihrem Schwiegervater da- letzte Geleit geben. Wie ein Lauffeuer bat sich die Kunde verbreitet, daß Sie an jenem Unglllckstage hier waren- Ihre Feindschaft mit dem Grasen war Bielen bekannt, Ihre Aussöhnung mit ibm nur dem Tobten und mir; zu welchen furchtbaren Combinationen es also führen könnte, wenn Sie sich fern hielten, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Die Verleumdung ist da« gefährlichste Gift, von dem ein winziger Tropfen genügt, um Leben, Ehre, ja die Freiheit zu vernichten." Baron v. Bornstedt hatte, wie vom Donner gerührt, stumm, fast regungslos den Worten Riedel s gelauscht; seine Stirnaber schwoll an; eine Blutwellc schien sich vor seine Augen zu legen ; die Rötbc der Entrüstung, de-Zorne« stieg in seine Wangen, als er, sich vor detb innegcbabten Platz in seiner ganzen stattlichen Höbe erhebend, sagte: „Wer dürste eS wagen, mich eine« Verbrechens zu zciben, daS zu abscheulich ist, um eS fassen zu können! Wehe Demjenigen, der eS unternimmt, meine Ebrr anzutasten; wehe dem feigen Mörder, der einem Greise hinterrücks die tödtlicke Kugel nackschickt, anstatt Aug' in Auge einen Streit auSzusechten! Nicht der erbärmlichste Verläumder wird den abscheulichen Muth finden, mich eine« Meuchelmorde-, o! und der Brandstiftung zu zeiben! Selbst Sternau, mein Todfeind, dem ich jede schandtbat zutraue, würde sich hüten, eine solche Vermuthung auszusprechen, aber dennoch danke ich Ihnen für die Warnung, die mir zu gleicher Heit eine traurige Lehre giebt. Wenn sich daS Schicksal gegen >»s verschworen, wenn wir dazu auSrrschcn sind, elend, un- uicklich zu werden, dann nützt weder der Wille noch der Mutt, etwa«, um die feindlichen Mächte zu besiegen; wir sind und bleiben ihnen unterworfen, blinde Werkzeuge einer höheren Hand. Meine arme, süße Hertha", setzte er wcb- mütbig hinzu, „ist mir verloren. Graf Heldberg batte mir die Hoffnung gemacht, sie einst als mein liebstes Gut, als da« einzige tbeuere Vermächtniß meiner Gattin an mein Herz schließen zu können; schon bei seinem Leben sollte ich »beil- weise die Vaterrechte witdrrgewmnen, die er mir nach seinem Tode vollkommen einzuräumen gedachte, da er irre geworden war an Sternau, an dem Wertbe seiner Schwester, — o, und nun kommt da« Geschick in der furchtbarsten Gestalt und raubt mir da« Glück der Gegenwart, die Hoffnung für die Zukunft. Vorbei Alle-, verloren, was dem Leben Wcrtb giebt!" „Nur die Ehre und die Freiheit nicht, Herr Baron", warf Riedel ein „Es sind zwei große, wichtige Güter, deren vollen, ganzen Werth man erst erkennt, wenn sie bedroht sind. Noch ist nicht da« Ende aller Tage gekommen; noch lebt Ihnen da« Kind: hoffen Sie, Herr Baron, denken Sie au die Worte de« Dichter«: Ein letzte- Glück und einen ietzlen Tag. Baren Sternau bat jetzt Ihne» den Sieg entrissen; bat die Macht gewonnen, über Hertka'S Geschick zu l scheiden, allein auch er ist nur ein sterblicher Menfch i mein Glaube hält fest an dem berubigendcn, versöhnen Gedanken, daß Gott gerecht und barmherzig ist und i! kurz oder lang die Menschen da straft, wo sie gesündigt Hai Auck Ihnen wird noch einmal die Sonne de« Glückes c gehen, und Sie werden in der Liebe Ihre- Kinde« geiu von dem Weh, daS Sie jetzt empfinden." Bornstedt schüttelte traurig den Kopf. „Ich werde gestraft, wo ich gesündigt habe", cntgegi er finster. „Ihre Anschauung bewahrheitet sich an mir. habe an der echten Liebe und echten Treue meine« Wei gezweisclt, Verleumdungen geglaubt und mich dabei Eugcnic, der reinsten der Frauen, versündigt! Ick füge > dem Schicksal, da- mich zur Einsamkeit verdammt, nachl ich da« Glück, Gatte und Vater zu sein, kennen gelernt, habe meine» Abschied erbeten »nd erhalten", fuhr er tra, fort, „der Gedanke, meinem Kinde nahe und ibm doch di die Verhältnisse entrückt zu sein, raubt mir die Fähig meinen Dienst zu erfüllen, wie er mir die Ruhe nimmt, neue Zukunft auf dem alten Boden aufzubauen. Ich § zuerst nach England, von da aus nach Indien. Vicll, finde ich dort den Tod in irgend einer Gestalt, der mich Eugenie vereinigt, deren holde« Bild unauslöschlich in nieii Herzen lebt." Riedel schüttelte bedenklich den Kopf; rin unangeneh Gedanke mußte ,n ihm ausgetaucht sein; unruhig strich er die braunen Haare aus der Stirn, indem er leise sagte: „lind wenn man Ihre Abwesenheit dazu benützte, einen schmählichen Verdacht auf Sie zu werfe»? Herr Ba im Namen EugenienS. in Hertha'S Namen beschwöre ich < ^ E" so ^ngc hier, bi« die Untersuchung in Bel de« Morde« und der Brandlegung geschehen ist; entkrä ^ie durch Ihre Gegenwart, durch die Macht Ihrer Per Uchkeit auch die leiseste Anschuldigung, die man von gew ^2'" könnte. Die Welt glaubt gern Voie, selbst wenn der gesunde Menschenverstand sich dag, ff. ^'ückl.chc bat Recht, nicht der Unglück! „NN >st von Leid, dessen Herz von Kum und Elend beschwert ist." Tb-t. man könne mir die eine» solchen Verbrechens ausbürden?" brauste Bornstedt mich nicht wahnsinnig; zwir 7 glauben, vor dem mich schau, ?.ss.r' '' "^''ub'L.er sorl. „Sie haben R-chi, orffer, ich warte die Unterfuchuna ab; aus meinem Nai d.° Eugen., geiragen, den Hertha trägt, darf auch nich. leiseste Schatten ruhen. Also Mutb, wenn auch da- Herz unter der Last zusammenzubrechen droht." „DaS Herz de- Mannes muß hart und rein sein, wie Stahl, wenn eS den Kampf mit dem Leben auSscchten soll", klang es leise von den Lippen des Geistlichen. „Es krümmt sich, aber c« darf nickt brechen, auch dann nicht, wenn da- LebenSschiff in eine Brandung geräth und in den Wogen des Schmerzes, der Leiden, der unbefriedigten Sehnsucht unterzugchen droht." „5ch danke Ihnen für ihren Ratb, dessen Weisheit ick jetzt erkenne und den ich befolgen werde. Aber hier kann und mag ich nickt bleiben, Freund; meine Thatkrast erlahmt bei dem Gedanken an das Einst und Jetzt; ich muß fort, weit, weit von hier, um meine verlorene Ruhe zu suchen; ob ich sie finde? Die Zukunft wird es lehren. Ich bleibe, bi- Sie mir selbst sagen: „Jetzt ist eS Zeit, jetzt gehe!" Dann will ich rastlos wandern, rastlos streben, um den Namen, den man zu verunglimpfen gesucht, den man vielleicht besudelt hätte, wenn Sic nickt die warnende Stimme erhoben, zu Ehre» zu bringen. Doch die Zeit drängt, — sehen Sir, die schwarze Flagge weht vom Schlosse berad; 0, ich fürchte mich vor der Begegnung mit Arthur und Arabella Sternau, und doch muß ich hinauf, um dem Grafen Heldbcrg die letzte Ehre zu erweisen." „Und dem Baron Sternau den Beweis zu liefern, daß Sie das Recht und die Verpflichtung dazu haben", siel Riedel lebhaft ein. Bald daraus schritten die beiden Männer, Bornstedt in der Uniform seines Regimentes, Riedel in schwarzer Amt«- trackt, dem Schlosse zu. Sic mußten dabei da« Gastbaus ,Lum Fuchsbau" passiren, da« jetzt nur noch als ein Trümmerhaufen erschien; ring« herum lagen verkohlte Holzstücke, angebranntc Acste; der Erd boden war wie anSgedorrl; daS frische Grün, daS ihn vor wenigen Tagen geschinückl, war verschwunden. Mit leisem Schauder zeigte Dornstedt auf die schwarze Ruine, indem er leise sagte: „Eine halbe Stunde früher und auch mich hätte das Geschick ereilt, dem Heldberg zum Opfer gefallen. Viel leicht war mir per Schuß zugedacht, der ihn getroffen." „Vielleicht", klang es ernst zurück. Der Schuß ist mir erklärlich, der Ausbruch des Feuers kann nur eine Folg« jener Thal sein. Eilen wir, Daro», — die Glocken läuten, — ich will meines Amte« walten " Mit beflügelten Schritten wanderten sie durch de» öden Wald. Kein Laut unterbrach die feierliche Stille: nur da« Laub raschelte unter den Tritte» der beiden Männer, ein paar zwitschernde Vogelslimuien mischten sich in den dumpfen Klang der Glocken, der in leisen Schwingungen da- Ohr d«r Männer traf, die stumm neben einander berschritten. I Auf dem Schlosst herrscht« ein lebhafte« Treiben. Di«
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