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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.03.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920322023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892032202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892032202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-22
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.««ü- '»> S', «L « io», ri»tk NUr. SL«I ' 1 1A.- ickdr »<Ul- ior- . >s»ci> sk.l — SSÄ sosr iso.- »»cd -k. KLIIll» Vulk.n b'.Visäe »r»rlel.> . l0i!! Ab»m»e«e«tSprerA H> bn Hauptexpeditton oder de» im St»d^ deriri und de» Vororten errichteten An», «teftell«»«bgetzolr: »iertetiLdrtich^ls^O, bei zweimaliger «Sglicher Zustellung in« Heu« » b.S0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertel,Schlich L—. Direct» täglich» Sreuzdandlrnduug in« Ausland: monatlich 9-. Ne Morzcn-Ansgab« erscheint »glich '/,7 sich, dir Abeud-Äusgab« Wochentag» b Uhr. »rdarlio« >»d Srprdition: Aehennesgassr 8. Abend-Ausgabe. WWr DdErprdition ist »Sffaet von > nnnnterbrochr» LH 8 bi»'«dend» 7 lltze. Filiale«: vtt» Ar««'« Terti». lNIfre» Hayn». Untversitütsftrah« 1, Laut« Lösch«. lletharinenstr. »4, vart. und «dnig-zilatz 7. Anzeiger. SW« für Politik, LocalgeMte, Handels- und Geschäftsverkehr. JnsertiouSpreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg? Reklamen unter dem Redactionsslrich <»ge» lpatte») üv^t. vor den FamtlienaachrichteN (i> gespalten) 40^. Gröbere Schritten laut nnjere» Preis« verzeichuib- Lobellaritcher und Ziffer»!»- nach höherem Laris. 8rtra-vrila«r» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung mit Poslbesördernng u« 70.—. Ännahmeschluß f«r Inserate: Abend-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine Halde Stund« srüher. Inserate sind stet» an di» Grdeditian zu richten. Druck und Verlag von <k- Polz in Leipzig Z W. Dienstag den 22. März 1892. 8«. Jahrgang lXL M- irr,« i«.- i»- srul.Is» llMUUN» llv-ia» >.-k»de »r«l US- 317! SS,- 81,- 171,« 170.70 205.70 20Z- 284.10 >re», mt« > M« 1S2.- 1 177« !MA> ISS« '»»> 72-, 21Z-. II«'- ios,s; 202. 177« SS'. ISV.« 177« ISS,'» I»0« 12S« 101,- 1SL20 lös« «du -eure 101« Zur Krisis in Lerlin. * Eint endailtige Entscheidung der Krisis ist auch zur Stunde noch nicht ersolgt, obgleich die naheliegenden Bedenken gram eine allzu lange Hinausschiebung derselben veranlaßt «avrn, daß am Sonntag in Hubertuöslock eine Eonfcreiiz des Srascn Eaprivi mit dem Kaiser stattfand. Als feststehend mit, daß Gras Zedlitz zurücklritt; er soll seine Entlassung remis Montag früh erhallen haben. Als Nachfolger wird »ul mit ziemlicher Bestimnilheil der Oberpräsident der Rheinprovinz. Nasse, genannt, der von 1888 bis 1890 llnlerstaatssecretair im EultuSininisterium war. Das Ver bleiben de» Grafen Eaprivi mindestens an der Spitze der Reichsregierung gilt auch heute als wahrscheinlich, doch hat es den Anschein, als ob die Modalitäten noch nicht fest- stunden, Wie uns berichtet wird, steht der Plan in Er wägung, daß Graf Eaprivi Reichskanzler bleiben, aber kas Amt des preußischen Ministerpräsidenten ab geben würde. Die Trennung der Aemter de« Reichskanzler« und de« preußischen Ministerpräsidenten ist schon zur Zeit des Fürsten Bismarck wiederholt in Frage gekommen; es ist auch im Zehre 1873 ein praktischer Bersuch von kurzer Dauer damit gemacht worden: Gras Roon fungirtr damals. als Fürst Bismarck daS Amt deö Ministerpräsidenten abgegeben hatte, als solcher Die Trennung der beiden Stellungen kan» manche Bortheile darbieten. Zunächst — worauf gerade die jchige Sachlage hinweist —, daß der Leiter der Reichs- Politik nicht in alle Wechselfälle der preußischen Politik hinein- geiogen wird. Dann, daß auf Preußen nicht so leicht die politische» Kosten der Reich-pvlitik abgewälzt würden, wie es wiederholt geschehen ist, indem dem Erntruin in Preuße» Eoncessionen, die eS in keinem anderen Einzelstaate erhielt, gemacht wurden, damit e« im Reiche sich willfährig erwieS: vngl, Gesetz Huene, VolkSschulgesetzentwnrf,c. Die Schwierig keit einer Trennung der veiden Aemter liegt hauptsächlich in der Verfügung über die preußischen Stimmen im BnndrSrath, Hier ist der Reichskanzler obne diese Stimmen ziemlich machtlos. Als preußischer Minister präsident dagegen wirkt er in erster Reihe aus ihre Znstniirung em, wenn er nicht schlechthin über sie orrfkgt. ES fragt sich, ob in dieser Beziehung «in Ausweg dadurch gefunden werden kann, daß der ReichS- laazler, etwa als Ehcs de« bekanntlich noch bestehenden preußischen Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, Mitglied des preußischen StautSministeriumS und al« solide« aa der Instruiruna der preußischen BundeSrathSstiminen ve- lheiligt bliebe. Vorbedingung einer Trennung der beiden Armier wird jedenfalls immer sein müssen, daß der jeweilige Rrichskanzler und der jeweilige preußische Ministerpräsident betreffs der RrichSpolitik durchaus einverstanden sind. Unter dieskr BorauSsetzung ist aber ein Gelingen des Ber-suche- mindestenS nicht ausgeschlossen. Daß er im Jahre 1873 bald wieder aufgegeben wurde, beweist nicht«, da damals die Persönlichkeit des Fürsten Bismarck mehr in« Gewicht siel, als jede wie immer geartete Gestaltung der Eompete»z-Ver- dälluiffe. * Wir gebe» nachstehend eine Reihe von Mittheilungen und Preßsiimmen zur Lage: Die „Nationallibrrale Eorrespondenz" schreibt: »Zur Ministerkrisis sind heute die mannigfachsten und zum großen Theil auf ihre Ricktigkei schwer zu prüfenden An gaben und Eombiiialioiieii im Umlauf, Festste!,e»d ist, daß Graf Zedlitz jetzt seine Entlassung erhalten Kat und bereits nach Karlsbad abgerein ist. Eine Sitzung der Volksscknlgcsetz- commisslon findet vorläufig und wohl überhaupt nicht mehr statt. Al- mnthmaßlichc Nachfolger werden die verschiedensten Name» genannt: der frühere Minister von Puttkaiiier, der ReichStagSabgeordnetc von Manleusfel, der StaalS- secretair Bosse, die Regierungspräsidenten Nasse und Gras Eulenbnrg, der Minister Herrfurth u. s. w.; wir rcgistriren dies einfach. Der Name des Herrn v, LueanuS ist wieder in den Hinpergrmid getreten. WaS die Stellung des Grafen Eaprivi betriff», so scheint sicher, daß er da« Amt des Reichskanzlers bcibchält, dagegen das Amt des preußischen M-nistet Präsidenten niedcriegl, waö allerdings immerhin sach liche Schwierigkeiten nach sich ziehen dürste. Auch für die Nachfolge im Ministerprasikinni werden bcrcilS allerlei Namen genannt, so der de« Fürsten Radoli». Ter frühere Eultusmmister v. Goßler soll dem Kaiser eine Denkschrift gegen daS BolkSschulgesetz überreicht haben. Im Haupt quartier de« CenlrumS, welches heule Bcrstärknng durch Herrn v. Schorlemer-Alst empfangen hat, herrscht die größte Aufregung und Unruhe." * Der Verricht auf das BolkSschulgesetz in seinen gegenwärtige» Grundlagen bedeutet, so schreibt dieselbe Eor- respondcnz, aus alle Falle, wie- immer die Krisis auch sich weiter entwickelt, einen wichtigen Wcntepunct in unserer inner» Politik. Aus dies Gesetz oder ein neues mit ganz ähnlichen Grundsätzen wird gewiß nicht mehr zurückgekomme» werden. Die Eonsequen; der jüngsten Borgänge, mag sie auch nicht gleich in nächster Zeit klar bervortrelen, ist der Bruch mit einer auf eine klerikal - cvnscrvative Mehrheit gestützten Politik. Es ist durch die jüngsten Entschließungen von maßgebendster Stelle anerkannt worden, das; eine gesunde deutsche und preußischePoliliksich nicht ausschließlich oder auch nur vorzugsweise auf diejenigen Kreise des BvlkS stütze» kann, welche durch die hochconjervative und ullramontane Partei vertreten werden. Die ungemein große sociale und geistige Bedeutung des gebildeten, besitzende» und slaatserballenden Bürgerlhum« hat bei dem Berzicht aus da» vorliegende BolkSschulgesetz ihr Recht verlangt und erhalten. Wir wollen keineswegs Triumphlieder anstinimcn, zu solchen ist vorläufig kein Anlaß gegeben. Manche Namen, die für die Nach folge im Erckliismiiri,stumm m,«hr oder weniger verbürgt genannt werden, bieten keineswegs Sicherheit für einen dort einziehenden freiheitlicheren Geist. Immerhin ist einer der unheilvollsten Gesetzentwürfe preisgegcben, und das be rechtigt einigermaßen zu der Hoffnung, daß noch rechtzeitig in einer Bahn innegebaltcn wird, die nvthwcndig zum Ver derben batte führen müssen, indem die wichtigsten und zu verlässigsten Volksschichten in eine gefährliche Opposition gegen den Staat gedrängt worden wären. Hoffentlich sieben sich taö Eentrum und die Reactionspartei der äußerste» Rechten auö diesen Vorgängen eine Lekrc. Sic kaben ihre vermeintliche Herrschaft in der rücksichtsloseste» und schroffste» Weise auSzuuützen begonnen. Die llcberhcbuiig in der Sprache ihrer Redner und Blätter, die Ausnutzung eines winzigen UebergewichtS in der BvlkSschulgcsetzcommissivn zur Niederstimmung der Minderheit, der auch daS geringste Entgegenkommen verweigert wurde, ließen ahnen, wa« wir noch Alles zu erleben gehabt hätten, wenn den Bestrebungen dieser Verbrüderung nicht Einhalt geboten worden wäre. Mag das Eentrum immerbin wieder in die Opposition ab- schwcnken, wir sind überzeugt, daß die Regierung dafür wieder Kräfte gewinnt, die ihr vollen Ersatz bieten und die sich mehr und mehr verstimmt und entniulhigt abzuwenden begonnen hatte». * Die osficivsen „Berliner Politischen Nach richten" schreiben: Die Krisis ist, soweit bisher ersichtlich, ans das EulluSmittisterium beschränkt. Selbst hier dlirfien die Verhandlungen, wenn auch ohne Aussicht aus positive» Erfolg, noch schwanke». Was über die Person des Nach folgers a» Gerüchte» eursirt, ist daher mindesiknö verfrüht und beruht auf Eombination, l ans thatsäcblichcr Unter lage. Tic Entschließung dürste vielmebr erst in einigen Tagen zu gewärtige» sem. Waö die Einwirkung des Ber zicht« auf kas BolkSschulgesetz auf die Dauer der Land tags session antangt, so kommt dabei in Betracht, daß die Session mit Rücksicht auf die voraussichtliche starke Belastung tcr nächsten Session mit gesetzgeberischen Ausgabe» zur Erledigung de« für sic bestimmten gesetzgeberischen Pensums ausgenntzt werden muß. Außer den dem Landtage bisber vorliegenden znm Theil noch unerledigte» Entwürfe» sind deren noch etwa sechs rück ständig. Man nimmt daher in Regierungskreisc» al« be stimmt an, daß das Abgeordnetenhaus »ach etwa dreiwöchiger Osterpausr noch etwa «> Wochen zur Erledigung seiner Aus gaben brauchen wirk und daß demzufolge der Landtag gegen Psingstc» wird geschlossen werden könne». Bei Schluß der Redactio» geht uns die Mittheilung zu, daß die Bekanntgabe der königliche» Entscheidungen über die schwebenden gesetz geberischen sowohl wie persönlichen Fragen für morgen zu erwarten steht. * Bei manchen Verschiedenheiten bietet der Verlauf der vorjährigen Schulgesetzcainpagne und der diesjährigen, so schreibt dieselbe ossiciöse Eorrespondenz, übcreinsliiiiincnke Züge von Bedeutung. Sowohl die v. Goßlcr'schc wie die Graf Zcdlitz'sche Vorlage sind von der Regierung ausgegcbcn worden, obwohl sie Aussicht boten, mit einer sicheren Mehrheit angenommen zu werten. Wenn der letztere ktmstand als ein besonderes Kennzeichen de« dies jährigen Verlaufs bezeichnet wird, so wird übersehen, daß da« Gleiche im Vorjahre stattsand, und zwar hatte cer vor jährige Entwurf nach de», Ergebniß der EommissioiiSbrrathungeii, bei welchen die entscheidenden Beschlüsse durchweg mit mehr al« Dreivicrlel-Mehrhcit gefaßt sind, Aussicht, mit ungleich größerer Mehrheit angenommen zu werden, als der dies jährige, bei^ welchem in der Commission in der Regel 16 gegen 12 Stimmen standen. Ucbercinstimmcnd ist ferner der Entschluß zur Zurückziehung der Vorlage in beiden Fällen wäbrcnk der Conimissivnsbcratbung, sowie der Umstand, baß er auö der allgemeinen politischen Erwägung erfolgte, daß der Entwurf ein Hinderniß für die Sammlung aller staatSerhaitcndcn Elemente bildet. Endlich verlaufen die Dinge auch nach der Richtung ähnlich, daß mit der Gcsetzc-vorlage der dafür m erster Reihe verantwortliche Minister fallt. Abgesehen davon, daß neben den in beiden Fälle» betheiligtenEonsei-vativen, dieSmalda-Eentrum, im vorigen Jahre die Mittelparteien die Leidtragenden waren, gestaltet sich die Sache insofern ander«, al« Herrn v. Goßker'S Rücktritt äußerlich dem Verzicht auf die Vortage voranging und somit dieser formell sehr erleichtert war. Dieser Unter schieb ist aber re>» äußerlich. Denn Herrn von Goßler'ö Rücktritt bing ursächlich mit dem Entschlüsse zusammen, von tcr Durchführung des Volksschulgesetzes nach seinem Entwurse abzusehen. Es geschieht daher heute dem Eentrum nichts Andere«, als was den Mittelparteien im Vorjahre geschehen ist Mithin hat das Eentrum sich nicht mehr zu beklage», als jene dazu Ursachen kalten, und es würde eine weder formell »och materiell berechtigte Ucberspannung der politischen Ansprüche bedeuten, wenn das Eentrum trotz gleicher Verhältnisse eine abweichende Behandluiigprätcndircn wollte. Die Cviiservalivcn endlich sind beide Male in der zleichen Lage. Sie baden in diesem Jahre so wenig oder ;o viel Urjacke zur Verstimmung, wie im vorigen. Es ist dabcr gar kein Grund zu einer pessimistischen Auffassung. Wen» der erste Eindruck erst überwunden ist, dürften die Gemüther auch in diesen beiden Parteien sich bald wieder beruhige» und die Dinge so ziemlich in dem alten Gleise weitergchen. * Sehr trübe und wild ist selbstverständlich nach wie vor die „Kreuzzeilung" gestimmt. Dieses sonst so hochmüthige Jnnkerblall schreibt: „Tie MinisterkrisiS hat ihren vor läufigen Abschluß gesunden. Graf Eaprivi, welcher zum Kaiser nach Hnbcrtnssivck besohlen war, ist gestern Abend von dort zurückgekchrl und hat die Lösung mitaebracht: Gras Eaprivi bleibt als ReichStaniler vorläufig im Amte, legt aber das Präsidium tcü preußischen StaalSnunisteriumS nieder; das Abschiedsgesuch des Grasen Zedlitz ist genehmigt; ein Ministerpräsident ist noch nicht ernannt, man nennt noch ver schiedene Namen, u. a. die Fürsten Radvlin und Stolberg. Wir bedauern Liesen Ausgang lebhaft. Zunächst, weil Graf Eaprivi sich damit in eine schon an sich unhaltbare, nach der Entlassung de« Grasen Zedlitz aber, nach der eine Mcbrhcit für die Regierung im Reichstage nicht mehr denkbar ist, in eine geradezu unmögliche Stellung begeben hat. Vor Allem aber sind wir überzeugt, daß die allgemeine» Folgen dieser jüngsten MinisterkrisiS sich für die Krone wie für den preußischen Staat verhängnißvvN erweisen müssen. ES ist eine Heuchelei, wenn die „Post" heute, wenn auch unter den» Deckmantel eines begeisterten Lobhymnus aus feine staatS- männische Veranlagung, dem Kaiser allein die Initiative und damit die Verantwortung für die Vorgänge der letzten Tage zuschreibt. Wir bleche» dem gegenüber bei unserer schon m der Sonntags-Morgennummer ausgesprochenen Bcbaup- tung, daß unehrliche Rathgeber, die sich dem Monarchen als politische Beichtväter aufdrängcn, den Kaiser über die wahre Lage und Stimmung ,m Lande getäuscht haben. Sie tragen die Verantwortung für die bochbedaucrliche Thatsache, daß in diesen Tagen die preußische Regierung vor den, Ansturm des neu- preußischen und süddeutschen Liberalismus in einer die Grund lagen des ganzen preußischen Staates entscheidend berührenden Frage capitulirl hat. Daff dabei auch sogenannte Conservative detbeiligt sind, indem sie dem Monarchen vorgelogen haben, daß selbst die conservative Fraction deö Abgeordneten hauses nicht bereit sei, den Grasen Zedlitz nntcr allen Um standen zu unterstützen, ist leider Thalsache, kann aber a» unserem Gcsammlurthcil nicht« ändern. Wahr bleibt trotz alledem und läßt sich an« der Zusammensetzung deö Ab geordnetenhauses beweisen, daß die Eonscrvativen in dieser Frage recht eigentlich da« Altprenßenlhnm gegenüber dem süd- und westdeutschen Liberalismus vertreten haben, und 107.S1 L«,N IN.7S 20L»Ü 182.7! «l» (».> 34LL0 4SS- 2LI.- 20«.- 1I1««> S.W LS.SO ,. korr«»p»r wullr: k>»c e» >rr Lw tliöitl »nmi 8» .. cko. d»iLi>t«r«» »cki-pp«iul I»» « V«. - »ri*. > 2> ö«r v»t»r- emi>l« .Uaot' p»8It»»r I» : Vs» >r»i>»xii»" von »w 20 Ü»rr » >»«»»»' Vl>» .Qi/ „lixtr»" ro» i» >>»ct> Null. »»ei, v«»- x>rou/rd- 2«i> »»« « U»r1«- 121 s!»chd>»<t »ertstr». »r r ük ö» 2 " ^ I 2t>1 W ' 127 W l V W u > » 42 L2 426 2 8 7» 114 D 777 ss 8 Fi Feuilleton. Schloß Lrleuhof. Roman von O. Vach. (Fortsetzung.) Einen Moment stutzte sie; der Ton, in dem der junge Edelmann gesprochen, hatte ihr Ohr unangenehm berührt, als sie jetzt aber seinen lebhaft glänzenden Augen, dem heitere» Ausdruck seines schönen Gesichtes begegnete, flog rin glühende» Roth über ihre Wangen! ihre Augen blitzten auf; von ihrer Eitelkeit betrogen, flüsterte sie ihm zu: „Wollen Sie sich meiner Führung auvertrauen?" Allein noch che er zu einer Antwort gezwungen war, die ihm jetzt fatal gewesen, da er die Wahrheit nicht sagen durfte, dir rüge ihm aber trotz de« edlen Zwecke» verächtlich erschien, öffiirte sich die Thür, und Hertha, die von ihrem Besuche bei RirbelS hcimkchrte, trat ein, indem sie einen raschen, un ruhigen Blick über daS junge Paar gleiten ließ, das sich bei ihrem Eintritt erhoben hatte, um ihr entaeaenzugehe». „Graf Bredow bat mir in Deiner Abwesenheit Gesell schaft geleistet", meinte Nora, di« rasch ihre Verlegenheit be mustert batte und sehr harmlos lächelnd, da« junge Mädchen »eben sich auf« Sopba zog. „aber Dein Geist hat un« um schwebt, wie der Geist Gotte« über dem Wasser schwebt, wir haben fast nur von Dir gesprochr», und wenn der Aberglaube nicht trügt, so müssen Dir die Ohren geklungen baben Gras Bredow, sehen Sie jetzt Hertha an, kann da« Glück ander« anSsehen, al« meine dolde Eousine?" Ja der Thal hatte Hertha « Antlitz einen froheren Aus druck War eS die Unterredung mit dem alten, bewährten sreiutde, der ihr seinen Schutz versprochen, war e» die un erwartete Gegenwart de« geliebten Manne«, der bei ihrem Eintritt mit dem unverkennbaren Ausdruck der Freude ihr eiNgezengeeilt war. wa« sie glücklicher, zuversichtlicher stimmt«? Tie kälte e« nicht zu sagen vermocht, aber ungeachtet de« peinlichen Eindruck«. den sie empfangen, al« sie Nora mit Bredow allein gefunden, fühlte sie, daß sie an ihm eine Stütze finden würde gegen die Bestrebungen ihrer Barwandten, di« >br jetzt, wo sie sich von Neuem in dem Banakrri« seiner Persönlichkeit sah, verhaßter, widerwärtiger dann ie erschienen Tie im Fluge verging dir Zeit, die der Graf «och iu Gesellschaft der beiden juogru Damen varlebte; al« er sich »on ihnen verabschiedet batte, lag auf Nora'« Antlitz rin sebr nachdenklicher Zug; die luge« blickte« finster, al« sie, nachdam Hertha sie vrrtaffen, »m »hrr Zimmer aufzusuchen, vor sich hinflüsterte: .Hertha stahl zwischen «ir «ud memnn Glück« Hat er sie unrettbar verloren, bann gekört er mir, oder er müßte kein Mann mit heiße,» Blute und heißen Sinnen und ich nicht Nora Sternau sein! Der Bau stürzt zusammen, wenn der Schlußstein nicht gut cingefUgt wird. Rudolf muß handeln, oder wir haben umsonst di« Karten gemischt." 0 ^ ch .Ich bringe Ihnen Grüße von meinem Bruder, Baron Rudolf v. Sternau" Mil diesen Worten führte sich wenige Tage darauf Nora bei Felicie Dupreti« rin, deren genaue Adresse ihr Lieutenant Baumann, den sie damit beauftragt, die Wohnung der Italienerin zu rrsorschen, verschafft hatte. Die junge Frau, die seit ihrer damaligen Begegnung mit Sternau in fieberhafter Unruhe gewesen, da sieb Rudolf »och nicht wieder gezeigt und ihr nur in kurzen Briefen andeutete, daß e« in ihrem und seinem Interesse geboten sei, einander fern zu bleiben und ihr Geheimniß streng zu hüten, empfing die elegante, schöne junge Dame, die ihr im zoologischen Garten ausgefallen war, mit aufrichtiger Freude Sie war also die Schwester Rudolf«! Er sendete sie zu ihr und gab ihr damit einen Beweis seiner Liebe, seiner Treue, au der sie in den letzten Woche» gezwciftlt batte. Uebcr das reizende Antlitz Felicien« flog ein Roth der Freude, de« Glücke«, al« sic in ihrem gebrochenen Deutsch Nora bewillkommnete und in ihrer lebhaften, kindliche» Weise die junge Dame, die ihr Grüße von dem Geliebten brachte, neben sich aus« Sopha zog, indem sie meint«: „Endlich ein Mitglied seiner Familie! O, ich kam mir schon so einsam, so verwaist und verlassen vor, und nun senket mir Rudolf sein Liebste«, seine schöne Schtvester, von der er nur oft erzählt und dir ich lieb gewonnen, noch ekr ich sie gekannt. O, vitte, haben Sie mich auch ein wenig lieb! Die Schwester meine« Rudolf ist ja auch meine Schwester." Sie bemerkte nicht Len verächtlichen Au-bruck, der in Nora'« Autlitz auszuckte. aber schnell wieder verschwand, um einem theilnehmenden Lächeln zu Weiche», aber dem Fräulein Schirmer, dir stillschweigend am Fenster saß, mit einer Näh arbeit beschäftigt, war er nicht entgangen. Sie batte das spöttische Lächeln und den befremdete» Blick der schwarzen Augen aufgesangen und während ihr« junge Herrin üoer dem Glücke, endlich eine nave verwandte Rudolf'« bei sich zu sehen, Vorsicht und Klugheit vergaß, nadni sich Paula vor, den ihr widerwärtigen Besuch zu prüfen und zu erforschen, wa« Nora Sternau beabsichtigte, al« sie jetzt mit dem süßesten Lächeln und dem Sirenenblicke, der sich wie der Blick der Schlange an sein Opt«r heftet, sagte: „Es ist unrecht von Rudolf, daß er mich nicht früher mit Ihnen bekannt gemacht. O, jetzt müssen Sir mir aber erzählen, wo und wie er sie gesunden und wa- Sie hierher nach Berlin eführt hat", worauf Felicie schüchtern entaeanete: .Hat er rn deou Da« nicht gesagt? der döst Mann, der selbst vor seiner holde», gütigen Schwester ein Geheimniß aus unserem Glücke macht! Aber nicht wabr, er hätte Sie nicht zu mir gesendet, wenn er nicht wollte, daß ich an der Schwester meine« Mannes eine Freundin, eine Stütze fände!" Nora war bei den sanften, leisen Worten der jungen Frau wie von einer Viper gestochen aufgeschreckt; ihre Augen schienen sich zu erweitern; in stummem Entsetzen hingen sie einen Moment an den glücklich lächelnden Zügen Felicien«, dir dadurch erkannte, daß ihre Worte einen unheilvollen Eindruck aus Nora gemacht, und daß sie wohl zu früh ihr Geheimniß verrathen habe. Angstvoll sah sic zu der schlanken, stolz emporgcrichtctc» Frauengestalt auf, die sich hastig von ihrem Platze erhoben balle und sich mühsam zur Ruhe zwingend, spöttisch meinte: „In den Kreisen, in denen Eie sich bewegen, nimmt man cs wohl mit den« Worte „Mann" nicht so genau, und man bezeichnet, wie ich gehört habe, Denjenigen damit, der für die Bedürfnisse einer schönen Freundin sorgt und dafür das Glück hat, ihr näber zu stehen, als die andere Männerwelt, oder", fuhr sie erregt fort, indem sie Felicie» näher trat, die sich gleich ihr erhoben hatte und todtenbleich, von den hämischen Worten Nora'« bi« in« Innerste verletzt, dastand, die Hände abwehrend gegen das Mädchen gestreckt, „oder sollte eine tiefere Bedeutung iu Ihren Worten liege» — sollte Rudolf —" In dir fast starr erscheinende Gestalt der jungen Frau kehrte bei den letzten Worten Leben wieder; eine rasche Rötke flog in das süße Gesicht; die Augen sprühten in teidenschast- licher Erregung, al« sie, ohne eine Silbe aus die beleidigenden Worte Nora'S zu entgegnen, rasch auf ihren Schreibtisch zu- lrat und, da« un« bekannte Ebcnholzkästchen öffnend, aus- schluchzend sagte: „Gott verzeihe cö Rudolf, daß er Ihnen nicht die Wahrheit gesagt. Hier die Beweise, daß ich sei» Weib, sein rechtmäßiges Weib bin." Ein rascher Blick auf die in französischer Sprache auS- gescrtigten Dorumente bewiesen Nora, daß Felicie die Wahr heit gesprochen und Rudolf — sie Kälte ihn in diesen« Moment vor Zorn und Entrüstung tödten können — damit unaus- tö«lich an die junge Sängerin gekettet, die jetzt als ei» un- überstcigbare« Hinderniß zwischen ihn und die schlau ein- grsädelten Pläne seiner Angehörigen trat. Nora s Hände, die sich krampshaft uin die verhängniß- vollen Papiere geschlossen, zitterten, ihr Gefickt erinnerte durch die fahle Blässe, durch den gehässigen, zürnenden Aus druck a» da« Haupt der Medusa; sie schien mit einem ent setzlichen Gedanken umzugebe», allein langsam kehrte die Farbe wieder, die Züge glätteten sich; sie zwang sich zu einem Lächeln, und mit gut ßebeuckelter Rührung ergriff sie die eiskalte Hand Felicien«, ,ndem sie sanft abbittend sagte: „Bergieb Felicie! Daß Rudolf Dich liebt, hat er mir ver traut, daß Du ihm aber bereits angchvrsl, verschwieg er mir, wie Du c« auch noch ferner verschweigen mußt, um Misere« Glücke-, um Eurer Zukunft halber. Kannst Du mir verzeihen? Willst Du in mir die Schwester sehen, mir ver trauen ?" Zitternd blickte die junge Frau zu der schlanken Mädchen- acstalt aus: zitternd ließ sic die schmale, weiße Hand in der Nora'S ruhen, aber eine tiefe Sorge lag aus der Stirn und die in Tbränen schimmernden Augen verriethen den Sturm» der in ibrem Innern »och nicht zur Ruhe gekommen war, wen» sie sich auch äußerlich dazu zwang Mit einem seltsamen Lächeln legte Nora die Papiere aus den Schreibtisch; ei» tiefer Seufzer hob ihre Brust, als sie, die zierliche Gestalt Felicien« an sich pressend, meinte: „Ge duld, Kleine. Jetzt, wo ich Euer Bundesgenosse bin, soll eS bald ander« werden. Ich war erschreckt, überrascht", fuhr sie bastig fort, „denn ich sehe da« drohende Gewitter über Euren Häuptern ansgehcn, mein Vater ist ein harter, starrer Mann, Rudolf hängt sinaiiziell ganz von ihm ab, aber, wenn Du Vertrauen, volles, ganzes Vertrauen zu mir hast, dann werde ich für Deine Rechte eintreten und damit mein heute an Dir begangenes Unrecht sühnen. Für jetzt lebe Wohl, darf ich bald wiederkomnien?" Sie zog die zarte Gestalt näkcr an sich; Felicie lehnte in halber Bewußtlosigkeit ihren Kops an die Brust Nora'S; eS war ein kurzer, stiller Kamps, der den leise geflüsterten Worten: „Ick vertraue Dir, hilf unö Beiden", voranging. Nora'S Züge veränderten sich furchtbar, nachdem sie die Wobnnng ikrer Schwägerin verlassen; finster blickte» die Augen in Boden, eine tiefe Falte hatte sich zwischen den feinen Augenbraue» gebildet: ein hämisches, bitteres Lächeln zuckle um ibrcn Mund, während sie die erlebte Scene noch einmal vor ihren Augen vorübcrgleiten ließ Rudolf vermählt! Er, auf dein die ganze Zukunst seiner Familie beruhte, hatte in frevelhaftem Leichtsinn sich an ein Geschöpf gekettet, da« in Nora'S Angen so tief unter ihr stank, daß der Gedanke, eS sei berechtigt, »eben ibr zu weilen, den vornehmen Namen Sternau zu tragen, ihr Schaudern erweckte. Rudolf war für die so fein ersonnenen, mit teuflischem Geschick vorbereiteten Pläne verloren, wenn eS nickt Nora gelang, den gordischen -knoten durch eine rasche Thal zu zer» yaucn. In Nora'S Augen blieb Felicie TupreliS trotz der Beweise einer rechtSgilligcn Ehe nur die Geliebte ihre« Bruder«; man mußte ihr ru beweisen suchen, daß Lie Hcirath ebne Giltigkeit sei. Rudolf batte sie ohne Genehmigung der Eltern, ohne ausreichende Mittel zu einem eigenen Hausstande geschloffen. Es konnte nicht schwer werden, Felicie zu einer Verzicht leistung zu bewegen, wenn man sie dafür reichlich entschädigt».
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