Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.04.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189204107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18920410
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18920410
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-10
- Monat1892-04
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.04.1892
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
NbsimemeitlApreW t> da Hsuvtervedltton oder den nn Stadt, dkjtrt und de» Vororte« errichtete» Aus- «tchellea abg « halt: vierteljährlich 4ck0. bei z»»imaligrr täglicher Zusiellnag int hei« >4 5L0. Durch die Post bezogen sür Leelschlaud nnd Oesterreich: vierteljährlich F . Direct» täglich, Krenzbands«nd»»g int Ausland' monatlich -e« 9.—. DieMorgen-Ausgab« erscheint täglich'/,? Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. Ledartio« und LrveLitio«: Jahanursgaß« 8. Dielrvedition ist Wochentags «nnnterbroch»» Msnet von früh 8 bi« «beod« 7 Uhr- Filiale»: ea, Rlemm « Sarti«. <Ulfr«h Hatzaj, UuiverfitLtssrrnß« 1. Laut« L-sche. statdorinnisir. 14. pari, and Kdnigtplatz 7. tMgtr, Tagtblalt Anzeiger. Legan für Politik, Localgcschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. I*sertio«SPreiS Die 6 gespaltene Petttzeile 20 PfK Reklamen unter dem Redactiontstrich (4ga» spulten! 50-^, vor den Familie»Nachrichten (d gespalten) 40 xh. Brötzere Schriften laut unsere» Preis- verzelchnib. Tabellarischer und Ziffrrnsatz nach höherem Takts. t-rtra-vrilagru (ges-lzt). nar mit dn Morgen-Ausgabe , ohne Postbesörderung » SO.—, mit Postdesürdernng 70. ^anahmeschlsß für Inserate: Abead-Autgab«: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- and Festtag» früh 9 Uhr. Lei den Filialen nnd «nnahmestelle» ja «in» halb« Stund« früher. Inserate sind stet« °a di, Grtxditinn »n richte». Druil und Verlag von E. Pol» t» Leipzig Sonntag den 10. April 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Geffentliche Sihnny der Stadtverordneten «ittwach, de» 18. «pril 1897. «bruds «'/, Uhr tm Titzmigssnaie a« Raschmartre. Tagesordnung: I. Bericht des bestellten Reserenten bez. des Gas-, Oekonomie- nnd Berfaffungsausschuffes über: Conto 10 „Wohlsahrts- polizei" Pos. 82—3b, Conto 41 ,,Gasbeleuchtungs-Anstalten" sowie die Specialbudgets: „Gasanstalt I", „Gasanstalt II" nnd „Gasaustalt I und 11" au-schlieblich Pos. bl des HaushallplaneS für 1892. II. Bericht de- StislungSauSschusses über: Ausführung eines Erweiterungsbaues an dein auf dem Areale des städtischen Krankenhauses zu St. Jakob erbauten klinischen Hörioole. HI. Bericht des Finanzausschusses über: ». theilweisen Erlab der von den Ryssel'schen Erden zu entrichtenden Arunderwerbs- abgnben, t>. Verwendung eines Betrage« aus Anlab des hier ftallsindenden elften Longresses für Innere Mission. IV. Bericht de« Oekonomieausschuffes über: pachtweise lieber- lasjuiig der sagen. Äabelwieje an den Verein „Sportplatz". V. Bericht des Bau- und Lekonomic-Ausschusjes über Reguftrung der Fluchtlinien der Waidstrabe in Leipzig-Lindenou. VI. Bericht des Bau-, Oekonomie- und Finanz-Au-schusses über: ». einen Parcellirungsplan sür den östlich hinter der Andreas kirche zwischen der Hardenberg- und Scharndorststrabe ge legenen Baublock und Berkaus des Bauplatzes Skr. 2 daselbst; b. cin Abkommen mit Herrn Architekt Meurer wegen eines ArealauttauscheS an der Bayerischen Strab«: o. Beiliinmnna d«S Areale- der alten Handelsschule und von Ruppert's Hof alS Bauplatz für das Grossi-Museum und Bersielgerung der aus diesem Areale befindlichen Gebäude an? den Abbruch. Bekanntmachung, die Hrranzirhung dcr juristischen Personen z» den persön lichen »trchrnantagrn betresst»». Nachdem durch die mit Allerhöchster Genehmigung und ständischer Ermächtigung, sowie mit Zustimmung des evangeNsch-lulherischen .üirchenreginiknts und der Landessynode von dem Ministerium de- EulluS und öffentlichen Unterrichtes erlassene Verordnung, die An wendung der 88- 8 und 21 des Gesetze« vom 8. März 1838 betreffend, «om 7. Mai 1887 bestimmt worden ist, dab auch juristische Personen unter den in der Revidirten Städtevrdnung bez. Revi- dirtcn Landgemeindeordnung über die Zuziehung solcher Personen zu den Gemeindeanlagen enthaltenen Voraussetzungen der Verpflichtung unterliegen, zn den Kirchen- und Schullasleu beizutragen, und nach dem ferner von betheiligten Kirchrnvorständen die Anwendung dieser Bestimmung bei »ns beantragt worden ist, so geben wir hiermit öffentlich bekannt, Hatz von und mit der demnächst erfolgenden Er- debung kirchltcher Anlagen in den Porochien der Stadt Leipzig dieser Bestimmung gemäß verfahren werden wird. Leipzig, den 1. April 1892. Der >atd Ver Stadt Leipzig. Ek.-Reg. IX Nr. S74. Vr. Georgt. F Bekanntmachung. Die Schulcass« und die Schulexvedition bleiben Montag, den II. PP. Mt»., wegen Reinigung der Räume geschloffen. Leipzig, den 8. April 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi.M. Verdingung. Tie zum Pofttzausnenba« auf dem Postgrundstücke zu Glaucha» ersorderlichen 902 Tausend hartgebrannte Mauerziegel, 41 Tausend Klinkerziegel, 4140 bl gebrannten Graukalk, 635 kl . Putzkalk und 962 cdm scharfen, gesiebten Mauersand solle« im Wege de» öffentlichen Angebot» vergeben werden. Anbietungs- und Aussührungs-Uedingungen liegen im Amts zimmer des Postbauratbs Schinedding >n Leipzig, Paßstraße 4, zur Einsicht aus und können daselbst gegen 50 ^ bezogen werden Die Angebot« sind verschlossen und mit einer den Inhalt kenn- zeichnenden Aufschrift versehen bis zum 16. April 1892. Mittags 12 Udr, an den Genannten frankirt »inzusendrn, in dessen Amts- zimmer zur bezeichnet»» Stunde die Eröffnung der cingegangenen Angebote in Gegenwart der etwa erschienene» Bieter statlstnde» wird Leipzig, de» 6. April 1892. Der Kaiserliche Ober-Postdirectar. Walter. Bekanntmachung. von Montag, den 11. April, ab befinden sich die Universitäts-Frauenklinik, das neue Trier'sche Institut und sowohl dt« unentgeltliche Sprechstunde, von 2—3 Uhr Nach, mittags, als Geburtsbülslich« Poliklinik Sttphanstrasz« 7, Ecke der Stephan- und Liebigstraße. Leipzig, den 8. April 1892. Dt« Dtreetto« »er Unioerfitäts-Franenklintk. Pros. Dr. Zweifel. Bekanntmachung, pte Hi «Pler-Sttstnn, betreff»»». Nach den Bestimmungen der von Herrn Nathan Hänpler im Jahre 1886 errichteten Stiftung sollen dl» Erträgnisse des Stiftung». cavitalS zu drei Vierldeilen an Söhne hiesiger unbemittelter iiraeli- tischer Einwohner zur Unterstützung bei Erlernung eine» Handwerks oder lechuischen Gewerbes vertheilt werden. Wir fordern daher die Eltern, Bormünder und Erzieher Der jeiiigen, welch« vorstehenden Bedingungen entsprechen, aus, ihre Be werbungen unter Beifügung der Schulzeugnisse baldigst schriftlich bei uns anzubringen, jedoch vor der Wohl eines bestimmten Ge werbes sich mit unS in« Vernehme» zu setzen. Leipzig, den 81. Mär, 1892. Der vorstanp brr Israelitische» «»lt,to«»,e«e«n»e z» Seift,«,. I. Fortbildungsschule für Knabe». (III. Bürgerschule, Iohannisvlatz 6—7). Die Anmelpung neu rintretender Schüler hat in der Zeit von Ron»«,, »en 2L April, bi» Donnerstag, »en 88. Aprll, zu zeichehen: Bormittag« von 10-12 Uhr haben sich pte aus hiesigen Lchnien ApOegansenrn. Nachmittag« von 4—7 Uhr »le »an auswärls >«««snp«> »u melden Z» den angegebnen Stunden werden anch pte Ab«rl»n«gen Huftier <onftr»«n»e« angenommen E. Nächster, Direktor. verkauf. Das an der Ecke der Gemeinde- und Marschallstrobe in Leipzig- Reudnitz gelegene, circa 12l,5 gm umsasseude Areal dcr ParceUe Nr. 166 des Flurbuchs sür dielen Ort (vorm. Baake'sche« Grund tuck, Gemeindestrabe Nr. 2l), ist zu verkaufen und sind etwaige Kaussangebote aus dem hiesigen Rathhauje 1. Etage, Ziminer Nr. 8, einzureichen. Leipzig, den 6. April 1892. Der Natt, Ser Stadt Leipzig. I». 1441. I)r. Georgi. Wagner. Zweite Städtische Fortbildungsschule für Knaben. iSchlettrrftraizc Nr. 10.) Die Anmeldung ne» eintrercndcr Schüler erbittet sich der Unter,zeichnete Montag, de» 25. April, dis Tonuersiag, den 28. April 1892, vo» 10—1 Uhr und von 4—6 Udr, und zwar am 25. und 26. April solcher aus hiesigen Schulen, an, 27. und 28 April der von auswärts kommende». Auch hat zur selben Zeit die Ab meldung der in andere Leipziger Schuft» uberlrcteuven oder »ach auswärts verziehenden Schiller z» erfolgen Leipzig, ken 9. April 1892. 1)r. bitverl. Zur anarchistischen Bewegung. Zn den Ereignissen i» Paris und Madrid und zn de» Verschwörungen von Irres und Walsall ist jetzt der Mord et n fall in Koscielcc getreten, dessen anarchistischer Ursprung ebenfalls außer Zweifel steht. Tie Absicht der Mordgesellcn war darauf gerichtet, die (Geistlichen der Divcesen Posen und Gnese» zu beraube», nin die nölbigcn Mittel zur Organisation dcr polnischen Anarchisten zu be schasse». Obwohl zwei dcr Mörder ans Jnowrazlaw sind, so ist dock der Sitz des Ezeeuliv > Eoniift-s der polnischen Anarchisten anderswo zu suchen, die Mörder hatte» kur; zuvor Berlin verlassen. Tie Leiter des Epeculiv Eomitös haben die Sacke ganz radical betriebe», da die zu Werkzeugen sin die AnSiiihrnng ihrer Pläne auScrsebencn Personen in, Falle des Mißlingens angewiesen waren, sich selbst zu tödicn, und diesem Befehl anch nachgckoinmcn sind, wen» auch der muthigere der beiden nicht im slainpse gctödtctcn Anarchisten seinem Mitschuldigen die Mühe de« Selbstmordes durch einen wohlgezielle» Schuß erspart hat. Ta« gleichzeitige Austrctcn so zahlreicher Anarchisten in weit von einander cntsernien Gegenden ist kaum cin Zufall und läßt auf eine gemeinsame Organisation schließen, welche durch die bisherigen gerichtlichen Untersuchungen auch fcstgcstellt ist. Aber trotz der Verhaftung von Ravachol, Tevac genannt, Deboche und Ferreira ist bisher nichts ermittelt, was über die Ccntralstelle dcr anarchistische» Organisation Ausschluß geben könnte. In Madrid wie in Paris und Walsall ist die Zerstörung aller öffentlichen Gebäude und Wertpapiere als Hauptziel dcr Anarchisten »achgcwiesen worden, cS ist fest- gestellt, daß cs eine kosmopolitische Gesellschaft und einen Verein der polnischen Anarchisten giebt, in Paris ist eine Anleitung für den wahren Anarchisten mit Beschlag belegt Worten, welche dieselben Grundsätze sür die Umgestaltung von Staat und Gesellschaft anerkennt, aber der innere Zujamnienhang der verschiedenen Aeußerungen der anarchistischen Bewegung ist nur eine nothwcndlge Schlußfolgerung aus den bekannlen Thatsachen, die eigentlichen Anstifter der Bewegung sink so wenig bekannt, wie eS die Organisatoren der "nihilistischen Verschwörung sind. Die Mörder Alepander'S H., Cckclja- bow, Michailow, die PerowSkaja und andere sind hingericklel worden, aber die eigentlichen Urheber der Sckantlhat sind nicht entdeckt worden und es scheint, daß wir eS auch bei dcr anarchistischen Bewegung mit unfaßbaren Personen zu thun haben. Die einen verlegen den Hanptsih des Anarchismus nach Spanien, die ankern nach Frankreich, noch andere nach England, aber ein Beweis der Richtigkeit einer dieser Annahmen ist nicht geführt, man tappt darüber trotz aller gekcimnißvollen Andeutungen, die immer dann ihr Wesen treiben, wenn eS an dcr nölhigen Äeunlniß der Thatsachen mangelt, im Dunkeln. Im englischen Unterhause ist die Frage der Ausweisung von Anarchisten zur Sprache gekommen, nnd mit vollem Recht, denn diese Frage ist von größter Wichtigkeit. Tie Gefahr, welche den Staaten vom Anarchismus droht, ist eine gemeinsame, und e« kann keinem Staate zugcmuthet werten, die schädlichen Elemente a»S einem Nackbarstaatc aufznnehmcn. Die Ausweisung kann nur in der Weise ge- handhabt werden, daß die Anarchisten dahin befördert werden, wo sie ortSangehörig sind, aber sie einfach über die Grenze zu schaffe», um sie loS zu werden, mag den Interessen de« auSweisenden Staates entsprechen, völker rechtlich ist sic nicht zulässig. Zn England tackte man in diesem Puncte früher anders, dort fanden politische Ver brecher — und zu diesen gehören ja in gewissem Sinne auch die Anarchisten — stet- willige Ausnahme, weil man da« englische Asylrecht hoch hielt und als einen der Hauptvorzüge des InselreicheS ansah. Bei den Anarchisten kommt das eigene Interesse in Betracht, denn die Genossenschaft bat nicht be stimmte Staaten zu Versuchsfeldern ihrer Thätigkeit aus erseken, sondern «bre Feindschaft richtet sich gegen alles Bestehende ohne Rücksicht auf die Nationalität. Die socialistische Bewegung bat der anarchistischen stark vorgearbeitet, dir fortdauernden Angriffe dcr Socialisten gegen die Vertreter des Capital», die stete Verurtheilung de« Elasten- staale-, der Hinweis auf da« Elend der Arbeiter und den Uebrrfluß der Arbeitgeber bat die Leidenschaften der Besitz losen in einem Grade angefacht, daß ihnen Ausstände und Aufzüge Arbeitsloser nicht mehr genügen; fic sind des lang samen systematischen GgngeS der soeialistischen Entwickelung überdrüssig geworden und sehnen Zch nach der gewaltsamen Ausrichtung de« neueo Zustandes. Daher babcn sich die Unab hängigen von den Socialdemokratcn alter Ordnung geschieden und machen jetzt schon in Deutschland dilettantische Versuche, rum Anarchismus tibcrzugekrn Die Agitation, welche die Veröffentlichung im ,Vorwärts" gegen die Mißhandlungen der Soldaten veranlaßt bat, die socialdemokratischen Anträge zur Novelle des KrankencassengesetzeS, der BuchkruckerauSstand mit seinem Mißerfolge haben nur den Appetit der Massen gereizt, aber nicht befriedig«, und jetzt kommen die anarchistischen Aiischläge hinzu, um die Srldstbrberrschung der Social demvkralrn aus weitere Proben zu stellen. Die Socialisten verwahren sich gegen jede Gemeinschaft niit den Anarchisten, aber die Ersabrnngen bei den großen Anssräntcn der Koblenarbciter in Belgien, im rheinisch wcsl- älischen »koblenbczirk und zuletzt in England haben so schlimme Ausschreitungen mit sich gcsiibrt, daß nur die Verschiedenheit de« von Ansang a» in Aussicht genommenen Zwecks sich zu Gunsten tcr socialistischen Arbeiter gellend machen läßt. Es gilt jetzt, mit aller Sorgfalt und Energie die Fäden weiter zu verfolgen, welche nach dem Eentrum der anar- chisiischen Bewegung leiten Tie Proccsse in Irres, Paris, Walhall und die bevorstehenden in Madrid nnd andere» spanischen Stätten, endlich die Untersuchung, welche dcr Mordanschlag vo» Slosciclcc nach sick' ziehen wird, bilden eine Slettc von Einzel Wahrnehmungen, die hoffentlich genügen wird, ui» sich zu einem lichtbriiigeilden Mittel zur Ansteckung der Schleichwege dcr anarchisiischcn Be wegung vereinigen z» lassen Noch nie zuvor ist ter iiiter- naliolialc Charakter oer neuzciligen Uiusturzlewegung mit so erschreckender Tcullichkeit hcrvorgctrete» wie heule. Wir batten bisher mit Recht geglaubt, baß Telitsck'land vorläufig von den Anarchisten verschont bleiben werbe, weil bier tcr Boden für solche Bestrebungen nicht bereuet ist. Aber tie letzten Vorgänge in tcr preußischen Provinz Posen baden »ns darüber belehrt, daß auch in unserem straff ecntralisirtc» Slaatsorganismuö Anschläge gegen die öffentliche Ordnung nickt ausgeschlossen sind. Wir sind jedoch bavo» überzeugt, daß dieser bcklagcnswertke Fall Gelegenheit bieten wird, das Ucbcl an der Wurzel zu fassen. Tcr engherzige Standpunct, welcher dazu führt, unbequeme und gefährliche Personen einfach über tie Grenze zu befördern, damit sie dort ihren verbrecherischen Triebe» bie Zügel schießen lasse» können, kann in Teulschland nicht eingenommen werde», weil er seine schädlichen Wirkungc» auch auf unser StaaiSwesc» erstrecken müßte. Internationale Getabren müssen auch von allen Nationen gleicherweise bekämpft werden, und es kan» nicht fehlen, daß Tentschland in dieser hochwichtigen An gelegenheit den ersten Schritt tlmn wird. Ob die Anarchisten zn einer kosmopolitischen Gesellschaft oder zn einer bcson deren Vereinigung in Polen zusauimentrctc», ob sie Spanien, Frankreich, England oder einen anderen europäischen Staat zu ihrer OperationSgrundlage ausersehen haben, kommt nickt m Betracht. Die Beweise, daß dcr Anarchismus eine allgemeine internationale Gefahr darstellt, liegen vor, und demgemäß muß die Abwehr beschaffen sein. Wenn diese Gefahr dazu bient, die Völker einander zu nähern und ihren Beruf, fried lich mit einander zu verkehren, in verstärktem Maße zum all gemeine» Bewußtsein bringt, bann hat die anarchistische Be wegung auch eine gute «eite, die wir im Interesse ter Menschheit zur volle» Wirkung bringen müssen. Die Extreme berühren sich: Wenn Feinde von einer großen gemeinsame» Gefahr betroffen werden, dann vereinigen sie sich zu ihrer Abwehr. * vaterländischer Verein zu Leipzig. 6. Leipzig, 9. April. Am gestrigen Abend hielt der Vater ländische Verein zu Leipzig in Wiegner's Gest'lljchaslshnuS eine öfienlliche Veriaminlung ab, in welcher Herr Prvscsior l»r. zur. Heinrich Lehmann aus Marburg „über die Nvthwendig- keit de» Zusaiilmeugehens der Ordnuugsparteic» bei den Wahle» " sprach. Dcr Vorsitzende, Herr Oberlehrer I>r. Voigt, wies in icincr begrüßenden Aniprache daraus hi», daß das Thema dem Verein »aheliege, habe doch die Nothwendlgkeit des Zusammen, gchens der OrdnungSparteien die Gründung des Vereins veranlaßt Tic jüngste Zeit erft habe wieder gezeigt, daß es nicht überflüssig sei, die« zu betonen. Er gedachte daun dcr bekannten Erklärung der Mitglieder der Ersten und dcr Mehrheit dcr Milglieder der Zweite» iüchsischkii Kammer über das Zniainmengcbe» der Ordnung« Parteien und schloß mit dem Wunsche, Laß die Ausführung der Er klürung den daraus gesetzten Hoffnungen entsprechen möge. Herr Pros. I)r. Lehmann kennzeichncie die von ihm zu be handelnde Frage nicht als eine specieU iächsische, dieselbe sei vielmehr eine sür ganz Deulschland gemeinsame. Die enge Verbindung in Bezug a»s politische Verhältnisse miisse sich nicht blos aus rechtlichem Gebiet, sonder» auch aus dem der Verwaltung zeigen. Tie Partei- griippirnua in Sachsen bilde ein gutes Gegengewicht gegen die Er regung und Erbitterung, die jetzt in Preuße» zwitchen den Mittel Parteien herrscht. Es sei jetzt gerade dcr richtige Moment, da die Verhältnisse so liegen, daß wir die Verständigung drinnend wü»sck>en. In Preußen sei gegenwärtig kein Rau,» tür solche Be- slrebunge», da die Gegensätze durch das Bolksschulgejetz zugelpitzt wurden. Tic Erbitterung sei noch geschärft worden durch die Re gierung. Tie von, damaligen Ministerpräsidenten auSgeaebene Losung »Hier Christeittliui», dort Atheismus" Hab« wie Gift ge- wirkt. Tic Erregung habe sich nicht gelegt durch die Zurückziehung des Volksschulgesetzes. Vielleicht Hütte ein« freie Erörterung desselben bis zum Schloß anders gewirkt, da im preußischen Herrenhaus die evangelischen Mitglieder den Enlwurs jedenfalls abgclehnt hätten. Handelte eS sich doch nicht um einen Angriff aus Chrlsieitthum und Religion, sonder» um die Verlheidtgung der Recht« des Staates gegen die katholische Kirche. In Preußen sei man gegenwärtig weit davon, mit Erfolg für eine Versöhnung der Ordnung-Parteien reden zu können, sei doch sogar m der conservativen Partei «in Zwiespalt entstanden. Mit um so größerer Freude habe er die Erklärung sämmllicher Mitglieder (außer den sonaldemokrailschenj des sächsischen Landtag« begrüßt, sie giebt ja die eigenttich, Grundstiinwung des Volkes wieder. Taß man auch in Preußen, in Deulschland da» Bedürsniß de« Zusammen- aehen« hat, baden die Ovationen gezeigt, die unser», Fürsten Bismarck zu seinem Geburtstag dargebrachl wurden. Sie sollen der Tank de« Volkes sür den Gründer der deutschen Einheit sein, sie enthalten das Gelübde, zuianimenzuftehen, wie gegen den äußeren Feind, so auch gegen den inner«. Zu Ansang dieses Jabrhunderts stand die nationale und liberale Richtung der particularistischen und conservativen tckroff gegenüber Tie Letztere siegle, weil fremde Mächte, die deutsches Gebiet durch Personalunion besaßen, keine Ceniralregieruna wünschten. Ta« Volk hatte gehofft, mit der Befreiung von dcr Fremdherrschast auch die politische Freiheit gewonnen zu haben und iah sich nun getäuicht In dem Streben nach Freiheit und Einheit sah man eine Ver- icdwörung gegen die Regierung Ter Gegensatz zwischen beiden Richtungen war aus den Höbepunet gestiegen, als 1848 in Paris di« Revolution ausbrach. Die noltonaten und liberalen Elemente in Leutschland schaarten sich zuiainnien und die reactionairen erschienen wie weggesegt. Bald aber kam der Rückschlag, ans die Tage von Frankfurt folgte der von Llmütz. Erbitterter denn >e war der Gegensatz. Man sah iu den nationalen und liberalen Männern revolulionaire Elemente, in Dresden hatte sich zum ersten Mal« neben der ichwarzrotbgoldenen die blut-roihe Flagge gezeigt. Es blieb dieser Gegeniatz, bis Bitmarck erschien, dessen staats- männische Weisheit es fertig brachte, eine Einrichtung zu schaffen, mit der sich di« Regierung, die conservattv« und di« uattoualltberal« Partei einverstanden erklären konnten. DaS Mittel war schmerzhaft,, eS war dcr Bruderkrieg, der Preis aber war des Mittels Werth, er bestand in dcr Einheit Deulschlands, in der Versöhnung der frei- heillich Nationale» mit den Conservaliven. Müglicy geworden ist diese Versühnung nur durch die weis« Mäßigung, welch« Bismarck bei dcr Errichtung des Norddeutschen Bundes, der die Grundlage sür das Lettische Reich bildet, gezeigt hat. Gemeinsam habe» die Eonservalivcn und Nationalliberalcn sür di« Verfassung des Norddeutschen Bunde- gestimmt. Auch bet einer großen Reih« von grundlegenden Gesetzen sind sie Hand in Hand gegangen, so bei der Reich-Verfassung, beim «eptennoiSgesetz von 1874 (Vermittelung-Vor schlag Bennigsens). beim Gesetz über dieLtellvertrelung deSReich-kanzlerS vom I I. Marz 1878, über de» dritte» Directvr im Auswärtigen Amt, RcickiSstrasgesetz, GerichlsversassnuaSgesetz. Slrasprocebordnung, Livil- proceßvrdnung, Concursordnung. Preßgesetz, Sociatislengesktz, Kuchen- gc»tz, Kranken- und UnsoUversichcrungSgesetz u. s. w. Dadet soll aber nicht verschwiege» werde», daß bei einigen Gesetzvorlagen sich Coinervalivc und Nationalliberale gegenüberstanden, so namentlich bei Frage» handelspolitischer Art, die jo selbst in der national, liberalen Partei nicht als Parleisache angesehen werden, bet der Samonsrage, dem Tabakmonopol, de» Vorrechten der Innungen ,c. Es reichen aber diese Gesetzentwürfe in Bezug auf Wichtigkeit nicht an die gemeinsam dnrchgesülirlen im Entferntesten heran. Wen» aus die Frage: „Soll diese« Zusammengehen aufhören?" gegenwärtig in Preußen mit „Ja" beantwortet wird und der „Conser- valivc LandcSverein" ebenfalls „Ja" gesagt hat, die Mehrheit im sächsi- Ichcn Landtag hat die Frage verneint, und es ist dies auch die Meinung de» Volke«. Wenn die OrdnungSparteien wieder zu Gegnern würden, so wäre eine Majorität im Reiche und i» Preuße» auS Conser- valiven und Cenirum nicht möglich ohne Zugeständnisse an da« letztere. Daß dem Eentruin ats Regierungspartei Zugeständnisse zu machen sind, haben die Reden gciegcittlich de« Bolksschulgesetzes ge- zeigt. Wenn aber die Hochconservativen meinen, was der einen Kirche bewilligt wird, das kommt auch der andere» zu Gute, sg verkenne» dieselben vollständig Len Charakter beider Kirchen. Eine Majorität aus Freisinnigen und Nationalliberalen würde sich aber in schroffen Gegensatz zu den Conservativen stellen und »ameittlich emen zähen Widerstand t» den ersten Kammern finde». Tic dritte Möglichkeit, vielleicht die wahrschein lichste ist aber die, daß überhaupt keine feste Majorität zu Stand« kommt, daß die Geietzgcbniig hi» und her schwankt, daß hier und dort Evnceffionen gemacht werde», so daß vo» einem festen Cur« nicht die Rede sei» kann. Ein sehr großer Theil der evangelischen Bevölkerung würde aber hierdurch mißtrauisch gegen die Regierung. Freuen über den Zwiespalt würden sich nur bas Ceulrum. di» Socialdemokrate» und die Feinde im Ausland«. Es erscheint darum nothwendig, daß die OrdnungSparteien nicht allein bei der Gesetzgebung iui Reiche nnd in den Einzelslaatei!, ,andern anch bei den Wahlen zusammengehen, und es muß dieses Zusammengehen ein dauerndes, nicht aus bloßer OpporlunilätS- polilik beruhendes sein. Las schließt isicht auü, daß sie in Fragen untergeordneter Bedeutung verschiedener Meinung sein können »nd i» Wahlkreise», die ihnen sicher sind, eigene aandidatra ausstellen und ohne Verhetzung in den Wahlkamps gehen. Ta aber, wo einem Drille» gegenüber ein Wahlkreis zu vertheidigen ist, müssen sie Hand in Hand gehen, denn nur in dem allseitigen Ent gegenkommen ist die Bürgschaft sür die weitere fruchtbringend« Thäliateit gegeben. Lebhafter Beifall lohnte am Ende seiner interessanten Aussübrnngcn dem Redner, dem vom Vorsitzenden noch besonders der Tank deS Vereins gezollt wurde. In der sich an den Vortrag schließenden kurzen Debatte brachte Herr Redacteur Erdmannsdürscr seine» deulsch-socialen Standpunct zum Aus druck und bemängelte, daß dcr Herr Redner der deutsch-socialen Partei gor nicht gedacht habe. Seine Au-sUhrungcn wurden aber von Herrn Pros. llr. Lehmann auf da» Schlagendste widerlegt. Folgende Resolution fand durch Acclamation Annahme: „In der ljcberzeugnng. daß das Zusaiumengchen aller slaatserhaltende» Par teien bei den Wahle» nach wie vor nothwendig ist, begrüßt die Ver sammlung die von den Mitgliedern beider Kammern des sächsischen Landtags erlassene Erklärung mit großer Freud« und hofft, daß ans allen Seiten vermieden wird, was die- Zusammengehen störe» könnte." Gewerblicher Unterricht in Frankreich. II Leipzig, 8. Avril. Im VereinSlocal zur „Bayrischen Krone" sprach et» Mitglied des „Leipziger Technikervereins", Herr Lart Dörsel, in längerem, interessantem Vortrag über «den ge werblichen Unterricht in Frankreich". In seinen Eingangsworte» erörterte zunächst Redner dir hohe, leider noch nicht genügend gewürdigte Bedeutung, die der gewerb- lichc Unterricht für das Wohl der arbeitenden Bevölkerung, wie sür das Gedeihen der Industrie und des Handwerks Hab«. Wenn es auch dankbar anerkannt werden müsse, daß die Fortbildungsschulen der deutschen Großstädte — die von Leipzig an erster Stelle mit — gegenwärtig die gewerblichen Interessen im hohen Maße berücksichtige», io sei doch eine noch wettere Ausgestaltung unsere« Fortbildungsschulwesens dringend erforderlich. Rach welcher Richtung hin dieser Ausbau etwa zu erfolgen Hab«, könne mit großem Nutzen an der Bolksschnlorgantjalion Frankreichs beobachtet werden, deren seit dem letzten Jahrzehnt gesetzlich sestgestellte Grundsätze alS ein wesentlicher Fortschritt gegen unser« Verhältnisse zu bezeichnen seien. Ter Vortragende führte sodann etwa Folgend,» au«. Die sür den sranzösischen BolkSunterricht bestimmten üffentUchen Schule» werden riiigelhrilt in Kindergärten, Bolksetrmentar- schulen, höhere Volksschulen, Lehrlings- unh Fach- schulen. In allen diesen Anstalten ist der Unterricht vollständig unentgeltlich Ter Schulzwang erstreckt sich aus Kinder von 6 bi« 18 Jahren. Die KtnberaSrte», in denen Kinder von 2 bi» 6 Jahren Ausnahme finde», bezwecken, ihren Zöglingen dt» Pstege zu geben, dt« ihre körperliche, geistig» und sittliche Erziehung erfordert. Die französischen Bolkselementar- schulen unterscheiden sich von den »nsrtgen wesentllch durch ihre» erweiterten UnlerrichtSplan. In dtesnn hat man mit Glück di« Bürgerpflichten, die ersten Rechlsgrundsätze, di« Anfangsgrüad« der Voltswirthschastslehre »nd de» Handsertigkeltsunterricht als Lrhr- gegenslände ausgenommen. Tie Einsüdrung des HandsertigkcitS- uniernchts in dir Elementarschule (Besetz vom 28. März 1882) geschah, nachdem die tett 1873 angestelllen Versuche sehr günstige Resultate ergeben hatten, nicht nur von dem praktischen Standpunct», die Kinder frühzeitig an den Gebrauch der Werkzeug« zu gewöhnen, ihr Augenmaß zu bilden und di« Hondgeschickltchkeit »u entwickeln, sondern auch au- dem idealen Gesichtsvuncte, von Ansang a» den Kindern Respect vor der Handarbett einzuflößea und somit eine erziehliche und moralische Wirkung zu erreichen. Der Unterricht lehnt sich nicht an gewerbliche Specialttäken an, sondern lehrt elementare Arbeiten, dte dir Grundlage für möglichst alle Gewerbe bilden. Die Schüler, die von Meistern unterrichte» werden, beschäftigen sich mit Papp-, Traht-, Kordmacherarbeiten, Arbeiten in Holz und Eisen und anderen mehr. 1888 waren in 100 Pariser Volksschulen bereits 1118 Hobelbänke, 378 Drehbänke und 89 Schraub- slöcke in Gebrauch. Tie Fortsetzung de» Elemrntarnnterrtchte« wird in erweitertem Maße in den höheren Volksschulen ge- geben, deren Zöglinge nicht untn 12 und nicht über 18 Jahre alt sein dürfe» Einen ausgesprochen technischen Charakter tragen die LedrltngS- und Fachschulen. Sie bezwecken, junge Leute, die sich einem Handwerk widmen wollen, mit den für ihr Gewerbe er forderlichen praktischen und theoreiischen Kenntnisse,» onsznstntte».
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite