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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.04.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920415026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892041502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892041502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-15
- Monat1892-04
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Ännahmeschlnß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittag« lO Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn- und Festtag» früh 9 Uhr. Vei de» Filialen und Annahmestelle» je rin« halb« Stund« früher. Inserate stad stet» en dt» ErZrAttto» Laut« eSsch«. llefferinknstr. 14» p«1. >u»tz K»»i-Splatz 7. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Druck and Verlag von E. Pol» in Leipzig Z m. Sonnabend den 16. April 1892. 86. Jahrgang Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den IV. April, Vormittags nur bis V Uhr xcösfnet. LxpeiUUon <168 I-elp/lxer Bekanntmachung, »te Anstellung von Lchnlärzte» betreffend. Es sollen an den Leipziger Volksschulen Schulärzte angcstellt and jedem derselben eine oder mehrere Schulen zur ärztliche» Schulaufsicht zugewiesen werden. Die einzelnen Schularztbezirke sind folgende: 1. Bezirk: I. höhere Bürgerschule an derl. Bürgerschule, II. höhere Bürgerschule a» der Lortzingslraße und 111. Bürger schule am Johannisplatz. 2. Bezirk: V. Bürgerschule an der Schlcllerstraße, 1. Bezirks schule an der Glockenslraße und 3. Bezirksschule an der Hohen Straße. L. Bezirk: III. höhere Bürgerschule an der Pcstalozzistraße, VI. Bürgerschule a» der Arndtstrabe und 6. Bezirks schule an der Moltkestraße. 4. Bezirk: 8. Bezirksschule an der Scharnborststrabe, 27. Bezirks- schule in L.-Connewitz und Bezirksschule in L.-Lößnig ü. Bezirk: IV. Bürgerschule an der HiUerslraßc, 2. B.zirksjchule an der Lessingstratze und 5. Bezirksschule an der Elsässer Strotze. 8. Bezirk: Bereinigte Frcischule an der Zöllnerslratze, II. Bürger schule an der äußeren Löhrstratze und 4. VezirkSschule an der Borkstratze. 7. Bezirk: VH. Bürgerschule am Täubchenweg, 7. Bezirksschule an der Platosiratze und 14. Bezirksschule am Täubchen- weg in L.-Rrudnitz. 8. Bezirk: IX. Bürgerschule und 10 Bezirksschule an der Ost strab« in L.-Reudnitz und 12. Bezirksschule in L.- Thonbrrg. ». Bezirk: VIII. Bürgerschule und 9. Bezirksschul« in der Rath bansstratze in L.-Reudnitz und II. Bezirksschul« in L.-Ange»Crotte»dors. 1». Bezirk: Ik. Bezirksschule an der Bogislawstratzc in L.-Volk- marsdorf und 15. Bezirksschule in L.-Sellerhause». 11. Bezirk: X. Bürgerschule an der Conradstratze in L.-Voikmars- dors, 17. Bezirksschule in L.-Neuschöueseld und 18. Be- «rksschule in L.-Ncustadt. 12. Bezirk: XI. Bürgerschule an der äußeren Halleschen Straße in L.-Gohlis, 20. Bezirksschule au der Blumenstraße in L.-Gohlis und 21. Bezirksschule au der Breiten selber Straße in L.-Gohlis. 12. Bezirk: 19. Bezirksschule in L.-Eutritzsch. 14. Bezirk: XII. Bürgerschule an der Postsiraße in L.-Li»denau, 22. Bezirksschule an der Heinestrab« in L.-Lindenau, und 23. Bezirksschule an der Schillerslraße in L.-Lindenan. 15. Bezirk: Xlll. Bürgerschule und 24. Bezirksschule an der Canal- straße in L.-Plagwitz, 25. Bezirksschule in L -ülcin- zschocher und 26. Bezirksschule in L.-Neuschlcußig. Was di« Bezirke 1—12 und 14 und 15 anlangt, wird ein jähr liches Honorar von 560 .< waS aber den 13. Bezirk betrifft, ein solches von 300 ^l gewährt, es bleibt aber dem Rathe unter Zu stimmung der Stadtverordneten eine anderweite Regelung dieser houorarbezüae jederzeit Vorbehalten. Di« Anstellung der Schulärzte erfolgt gegen zweimonatliche, ihnen sowohl wie dem Rathe zustchende Kündigung. Bewerber um dcu einen oder andere» Bezirk wollen sich bis zum L3. ds. M»s. schriftlich bet uns melden, soweit letzteres nicht etwa schon erfolgt sein sollte. Leipzig, am 13. April 1892. Der Schntan-schus, der Stadt Lethzig. Walter. Jur inneren Lolonisation. In einer Festrede zum Geburtstag des Kaisers hat Pro fefsor vr. Max Gering am 26. Januar d. Js. in der land wirthschaftlichen Hochschule zu Berlin sich einaebend mit der .Arbeiterfrage und Kolonisation in den östlichen Provinzen Preußens" beschäftigt. Die Rede liegt jetzt gedruckt vor. Prosessor Gering empfiehlt als Muster für eine innere colonif'a- lorische Thäligkeit im östlichen Gebiet das Verfahren der Ansiedelungs-Commission für die Provinzen Posen und West- Preußen. Die calculatorischen Fehler der Commission seien nicht so erhebliche gewesen, daß sie sich nicht durch einige Äeldopser ausgleichen ließen. Hingegen habe die Commission den colonialtechnischen Thcil ihrer Aufgave nach kurzer Ver- suchSzeit in vortrefflicher Weise zu lösen gewußt. Wie dringlich geboten eS war, durch das Rentengüter- und Renten- bankcngesetz den Anfang einer allgemeinen colonisatorisckcn Tbätigleit im Osten Preußen- zu machen, zeigt Professor Erring durch eine Scizze der Wirkungen der Agrarreform des 19. Jahrhundert-, die „zwar den bäuerlichen Mittelstand emporgehoben, aber die Zahl der kleineren Stellen stark ge mindert und den besitzlosen Arbeilerstand gänzlich überaaugen, ja, man kann mit geringer Uebertrnbung lagen, erst geschaffen hat." Wir entnehmen dieser interessanten Darstellung Folgende«: Friedrich Wilhelm 1., Friedrich der Große und seine beiden Nachfolger, haben da« bäuerliche Besitztbum vor der politischen und wirthschaftlichen Uebrrmacht de« Adel« zu schützen und km alten Bestand, ohne Ansehen der Person und mit äußerster Strenge wiederberzustellen gewußt, wo immer er gehört war. Sie haben zugleich durch eine umfassende coleni'ttorische Thätigkrit tausende von neuen Bauernstellen geschassen. Allein, wa« noch in den ersten Decennien diese« Jabrbundert« die besten Kräfte unsere« Staat« bewegte, die Befreiung und Festigung de- Bauernstandes, liegt heute al» eine abgeschloffen« Entwickelung hinter nnS. Neue und breitere Schichten der Bevölkerung sehen wir empordrängen zu erhöhter Unabhängigkeit und Thrilnahme an den Früchten ter gesellschaftlichen Culturarbeit. Heute ist rS die länd liche Arbeit erfrage, welche nicht minder dringend eine Lösung erheischt, al« dereinst dir Bauernfrage. Die Wurzeln der ländlichen Arbeiterfrage reichen zurück in jene lag« der aapvleonischeo Kriege, da dir Senker de- preußischen Staate« sich die Aufgabe stellte», daS tiefgebeugte Gemeinwesen durch eine Neuordnung seiner ocialen Verhältnisse wieder aufzuriäilcn. Die GuISuntcr- thänigkeit wurde im Jahre 1807 aufgehoben, und nunmehr handelte es sich darum, durch Beseitigung der Fronden und durch Umwandlung der unsicheren Bcsitzverhällnissc der Bauern im Cigenthui» am Boden die Grundlage zu schasse» für eine ungehemmte Cutwickeiung ihrer wirthschafliichcu Kraft und ihres couiinunalen Zusammenleben«. Die Bauernbefreiung durfte aber nicht zum Ruiu der Gulslicrren sichren. DaS forderten nicht nur Erwägungen der Gerechtigkeit, sondern zugleich politische und wirlkschasllichc Gründe. Sollte nun aber der Großbetrieb erhalte» bleiben, so genügte cS nicht, wenn man de» Bauern eine Geld- oder Lankentschädigung für die wegfallcnde» Spann- und Handdienste anscrlegte, — man mußte Sorge tragen, de» Rittergüter», deren Flächen gerade durch die Laudcntschädigungen noch eine wesentliche Vergrößerung erfuhren, die erforderlichen Arbeiiskräsle zu sicher». Die« geschah, indem inan, entgegen den wcitcr- achcnden Wünschen der Ritterschaft, alle Diejenigen von Fer Reform zunächst auSschloß, welche schon bisher mehr die Stellung von Gutöarbeitcrn als von eigentlichen Bauer» gehabt batten. Das waren die zu Haiidricnsten verpflichteten Inhaber kleiner, nicht spaniifähigcr Stellen. Beklagcnö- werthcr Weise gab man zugleich auch einen, freilich nur zeringen Thcil der spaunsähige» Ackeniahrungcu dem 5lasse»intcrcsse der Gutsherren durch die Declaration von 1816 preis. Die nichtspannsähigen Stelle» batten nun ei» verschiedenes Schicksal, je nachdem sie bereits zu Erbpacht und Eigenthum besessen wurden oder eine« festen BesitzrcchteS entbehrten. Die crstcrcn haben ihre Fronde» bis zum Jahre 1850 fortgelcistet, sind aber in ihrem Bestände unverändert geblieben und habe» seil jener Zeit die Dienst pflichten abgelöst. Die andere Elaste aber, die der ans Kündigung oder auf Zeit augesetzten sogenannten Lassitcn, verlor infolge des cingesührle» PrincipS des freien Güter verkehrs den polizeilichen Schutz, vermöge dessen im vorigen Jahrhundert auch ihre Stellen fortdauernd besetzt gehalten werden mußten. Von der bäuerlichen Eigcn- thumSrcgulirung ausgeschlossen, find dieselben in den Jabren 1816—1818 größtcntheils zum Gulslande cingczogen und ihre Inhaber in GntStagclöhner verwandelt worden. Als inan im Jabrc 1850 auch den spannlosen Lassilen das Recht verlieh, ans ihre» einseitigen Antrag das freie Eigcn- Ihum an ihren Stellen zu erwerben, kam diese Maßregel zu spät für die große Masse derselben. Die ehemaligen Besitzer bildeten bereits den Kern der neuen Arbeitöversasfung, welche die Großgüter inzwischen auSgebildct batten. Das Wesen dieser Verfassung liegt darin, daß sie sich nicht mehr stützt, wie in alter Zeit, auf die erzwungenen Spann- und Hand fronden eine« zahlreichen Kleingrunbbcsitzcs, sondern auf die im freien ArbeilSvertrag gedungenen Dienste des um Hundert tausend« vermehrten Standes gänzlich besitzloser Tagelöhner. Gewiß hat sich mit Hilfe dieser Entwickelung der Ueber- gang der Gutswirthschaft in die neuen Verhältnisse ohne Erschütterung und der bedeutende Ansschwung der letzteren vollzogen, den wir bis in die siebziger Jahre hinein beobachten löiiiien. Aber heute erkenne» wir in jenen Vorgängen zu gleich den wesentlichsten Grund für alle die socialen und wirthschaftlichen Schwierigkeiten, nnter denen die östlichen Provinzen und nicht zum mindesten die dortige GutSwirtb- schaft gegenwärtig zu leiten haben. Tenn nun erst vollzog sich die classenmäßige Scheidung des Arbeiter- vom Bauernstände. Bis zur Agrarreform dienten die Bauernkinder im Gc- sindedienst mit den Tagelöhnern zusammen, die Bauern halfen mit aus dem Gut, und der ärmste Jnslniann sah die Möglichkeit vor sich, daß ibin zum Lohn für tüchtige Leistungen eine erledigte lassitischc Bauernstelle zusallcn werde. Heute ist der Jnslniann persönlich frei, aber feine Stellung in der Gesellschaft hat sich nicht gehoben, sondern ver schlechtert. Heute trennt den Tagelöhnerstand im Osten von den übrigen Volksschichten seiner Heimakh eine tiefe Kluft, die zu überschreiten auch den Besten kaum möglich ist. Wen» auch eine größere Zahl von Büdnern und Häuslern fauS früheren Jahrhunderten überkommen und durch Tbeilungen von Bauernland der Klein-Grundbesitz eine gewisse Ver mehrung erfahren hat, so ist es doch eine Thatsache, daß dem fleißigen und sparsamen GulStagclöhncr im Osten nur selten die Gelegenheit geboten ist, sich ein kleines Grunk- eigcnthunl zu erarbeiten und so innerbalb seines Be rufe- gesellschaftlich emporzusteigen. Tic materiellen Lebensbedingungen ter GulStagelöhncr haben sich inner halb rer letzten 50—80 Jahre ungemein geboben. ihre Löhne vielleicht verdoppelt, ihre WohnungSoerhällnisse ge bessert. Aber ihre gesellschaftliche Stellung ist unverändert geblieben. Unter den Industriearbeitern fand die hierdurch entstandene Unzufriedenheit ihren Ausdruck ui einer gewaltigen politisch-socialen Bewegung, unter den Landarbeiten in der immer mächtiger anschwellenden Auswanderung. Alle Ver suche, den Zug nach den Städten und die Auswanderung etwa durch Einschränkung des Rechts der Freizügigkeit aus lage in ihren inneren Zusammenhängen übersieht, kann nicht zweifeln, daß die einzige durchgreifende Hebung der vorliegenden Schwierigkeiten in einer Ausfüllung der jenigen Lucken zu finden ist, welche die ältere Agrar gesetzgebung gelassen hat; eS handelt sich darum, den fehlenden Uebergang vom besitzlosen Arbeiter zum spannfäbigcn Bauer durch Vermehrung des Kleitegrundbesitze« herzu- strllen. Dies ist nicht so zu verstehen, als ov eS darauf ankämc, die GulStagelöbner sämmtlich zu kleinen Grund- eigenlhümern zu machen, ihnen Stellen zu geben, groß genug, ui» ihnen im Alter einen Platz zu sichern, wo sie ihre In validenrente verzehren können, aber doch klein genug, um sie zum Aussuchen von Arbeit auf dem Gute zu zwingen, so lange sie arbeitSsäbig sind Woraus eS ankomml.ist, eine solche Stufen leiter von kleinen und mittleren Besitzungen zu schaffen, daß den energischen Elementen ein Weg zu den oberen Schichten der ländlichen Bevölkerung eröffnet wird. Weber aber die be deutenden Flächen nehmen, welche für dir erwünschte Colo- nisaticn erforderlich sind - Außerhalb der Moorcolonien siebt uncultivirte« Areal nicht zu Gebote. Werden sich dir Guts besitzer freiwillig zu Parzcllirnngc» versieben? Gewiß wiker- 'treben dem gewichtige Vorurtheile. Aber die wirthschaftlichen Interessen sind inächliger als die Vorurtheile. Und das Interesse gebietet die Parcelliruiig nicht nur in Rücksicht auf die Sicherung der Arbeitskräfte, sondern auch in» deswillen, weil die meisten unserer Großgüter angesichts der Anforderungen der intensiven Cnltur zu groß find — zu groß sowohl wegen der bestehenden Verschuldung, und des Ma groß des Mangels an ausreichendem Betriebscapitai, zu . namciiilich ader auch in technischer Hinsicht: Die Außen- schlägc find für den Besitzer oft gan^wcrtblos, weil „ter Ertrag am Wagen bängen bleibt." Lbun mebrc''c benach barte Gutsbesitzer ibre anciuanderstoßeiiten Außknschtäge zusammen, so ist damit daS Areal für eine künfligc Land gemeinde gegeben; in anderen Fällen wird die Parcelliruiig eines wesciillichen TbcilS der einzelnen GulSseltmarl genügen, >» anderen wiederum die Zerschlagung des gaincn Gnis als eine sür alle Thcilc nützliche Maßregel sich erweisen. Dadurch werden die Besitzer ihre Schulden niiiitern, oft genug werden sic von der zurückbchallcncn Fläche vermöge der Conceutriruiig ihrer Mittel einen Reinertrag erzielen, der dem früheren nicht nachstebt. Die abvcrkansten Parzelle» aber bringen den doppelten Ertrag wie srübcr, weil jeder der neu errichteten Höfe gleichsam eine» kleinen Thünenfchen Kreis für sich bildet. Von der Voraussetzung, daß die Gutsbesitzer freiwillig zur Parzclliruiig schreiten werden, wenn inan ihnen die Wege dazu ebnet, gebt bekanntlich das neue Gesetz, dctr. die Beförderung der Errichtung von Reiiteiigüterii, aus, und der Gesetzgeber scheint hier de» Erfolg auf seiner Seile z» haben; wie die neuesten Berichte Hielten, sind bereits weil über >00 000 Hcctar Land zu kolonisatorischen Zwecke» zur Verfügung gestellt. Es wird sich jetzt nur darum bandeln, daß sich die Gencralcommissionen ihrer Aufgabe gewachsen zeigen. politische Tagesschau. * Leipzig, 15. April. Alle Meldungen, die über die angeblich in Aussicht stehende neue Militairvorlage durch die deulsche Presse ginge», haben die „Nordd. Allgeni. Ztg." und ibre Inspiratoren nicht bewegen könne», ibr Schweigen Uber diese« Thema zu brechen. Jetzt bringt die Meldung französischer Blätter, daß eine »cuc Militairvorlage im Entwurf bereit« fcstgestellt und zu ihrer Prüfling eine Spccialcommissio» unter dem Vorsitze de« Kaisers eingesetzt sei, daS ofsiciöse Blatt zum Rede». Und zwar erklärt cö: „Ob diese Nachrichten wirklich aus Berlin stamme», vermögen wir nicht zu controtiren: ist es der Fall, io wurde daniit nur von Neuem bewiest», daß sraiizöstiche Journalisten, auch wenn sie in Berlin ihren Wohnsitz nehmen, über deutiche Vcrhnltnijie und Vor gänge in Deutichtand genau ebenso unwissend bleibe», wie sie vorher waren. DerEntwurf einer neuen Militairvorlage exislirl überhaupt nicht, cbeiisotveuig eine Specialcommiisio», die folglich auch ihre Arbeiten nicht beginnen konnte. Unseres Wisst»« ist die Frage, ob eine dem Anwachsen der Bevölkerung Teulichlands und der Vermehrung anderer europäischer Heere entsprechende Steigerung »»strcr Wehrkraft eriorderlich sei, seit langer Zeit Gegenstand der ernste» sortgesetzten Priikung der hierzu bcrusenen Stellen; ob und für welche Zeit daraus der Entwurf einer neue» Militairvorlage erwachsen, welche Vorstadien eine solche durchlaufen und welchen Inhalt ste haben wird, darüber ist zur Zeit keinerlei Bestimmung getroffen. Sicher ist nur, das,, wenn eine Militairvorlage Gestatt gewinnen sollte, die hiesigen Korrespondenten ffanzösischer Blätter die Letzten sein werden, die von ihrem Inhalte etwas erfahren." Diese Erklärung schließt natürlich nickt a»S, daß die „fort gesetzten Prüfungen" demnächst zum Abschluß gelange» und zu einer Vortage sich verdickte», mit der der Reichstag zu Beginn des nächste» Jahres sich zu beschäftige» habe» wird. Trotzdem bat die Erklärung das Gute, daß sie manche Lü.zcn- bildung über die Natur der zu erwartenden Vorlage zerstört. In den Gedanke», daß mit der Ernennung des Grafe» Enlcnburg zum Ministerpräsidcnte» ebne Portefeuille und des l)r. Bosse zum CultuSniinistcr die preußisckeMinister- krisis abgeschlossen sei, kan» sich die öffentliche Meinung noch nicht sinken. Immer wieder tauche» Gerüchte aus. dag dieser oder jener Minister scheide. Bald ist cS Herr Herr surtb, dessen Rücktritt anaekündigl wird, bald Herr v. Heyden, für den auch schon ein Nachfolger in der Person des Herrn v. Rauchhanpl gefunden sein soll. Daneben wird aus die zwingende Nothweiidigkett hingewiesen, daß Graf Enlenburg ein besonderes Fachministerium bekleide, >k»i also Platz geschafft werden müsse, und endlich wird von einem Gegensätze im Ministerium gesprochen, der kurz »lit den Namen Enlenburg und Miguel gekennzeichnet werde» kann. Nach eine», Artikel des „Hamburger Corr ", der sicherlich in einem amtlichen Raume Berlins geschrieben worden ist, liegt min nicht der mindeste Anlaß zu der An- nabme vor, als müsse sich zwischen dem Grase» Enlenburg und Herrn I)r. Miguel ein politischer Gegensatz Herausstellen. Beide seien nicht allein von ihrer früheren Stellung bcr per sönlich befreundet, sondern auch zu maßvolle und gewiegte Politiker, um nicht die Erfordernisse der politischen Lage zn würdigen, die aus die Jnnebaltnng einer mittleren, nicht in Gegensätzen auSIausendcn Linie Hinweisen, und dementsprechend ihr politische« Verhalten einzurichte». UeberdicS biete die ge mäßigt conservative Richtung Graf Eulenburg'S »nd der ge mäßigte Liberalismus Herrn I>r. Miguel'S so zahlreiche Be- rübrungSpuncte, daß ihr Zusammenwirken auch sachlich nicht zu schwierig sein dürfte. „Was die Ueberuabme eine- Ressortministeriums durch den Grasen Eulenburg betriff», so ist man zwar überwiegend der Ansicht, daß die Einrichtung eines besonderen preußischen Ministerpräsidiums ohne Portefeuille, obwohl tu Preußen keineswegs neu. nur von vorübergehender Dauer sein wird; allein es gilt noch immer für ungleich wahrscheinlicher, daß der Ausgang deS Provisorium« die Wiedervereinigung des Reichskanzleramte« mit de: preußischen Minist erpräsidium sein wird. Wstnn in de Motiven zu dem preußüchen Nachtragsetat die Einrichtung eines besonderen preußischen Ministerpräsidiums als dauernd charakterisirt wird, so geschieht die» natürlich in der Absicht, Gras Caprivi'S Vcr- bleiben im Reichskanzleramte alS gesichert erscheinen zu lassen. Ju Beziehung auf da« dem jetzigen Uebergongsstadium folgende Tefinitivnm besteht jedenfalls noch einige Unsicherheit, »venn auch behauptet wird, daß nicht» für di« latente Fortdauer der Krtfi« spreche." Wie die Socialdeniokraten, die Ultramontanen und die Pole», so bat auch die „Kreuzzeitung" herauSaebracht, welche Leute den Anarchismus und seine Schandthaten aus drin Kerbbolz haben; die bösen National liberalen tragen nämlich im tiefste» Grund auch hier die Schuld. Der Beweis ür diese cigenarlige Bcbaupluiig wird mit einer Sauberkeit „ld Eleganz gcsiibrt, an der jede« logisch veranlagte Geuillth eine Frendc habe» muß. Plan höre: Anarchl-muS und Socialdcmvkratie wachse» bekanntlich auf demselben Halm; die Vorfrucht beider ist der Dcutschfreisinn, der wieder mit NationalliberaliSiiiuS verwandt ist. Folglich ist ter Anarchismus anö dem NationalliberaliSiiiuS hervor- gcwacbscn. Tie „Kölnische Zeitung" schlägt vor, die Echlußkelle noch etwas weiter zu versvlgen. Nicht weit von den Nativiialliberalen haben die Freicvnservativen ibre Zelle aufgcschlagcn; unweit vom sreiconscrvativc» Lager flattert das Fäbnlein der Helldorsf'schen Conservative»; am Schluß der ganzen Reihe endlich in einer entlegenen Ecke lagern die Slockconiervalive», die rcactionaircn Ilmstürzler, die daS Capital nur in der Form des LatisundienbesitzeS als berechtigt anerkennen und allen modernen geschichtlichen Mächten, dem Wisse», der Technik, der Freiheit, dem libe ralen Bürgerthu», den Krieg ansagen. Folglich sind die Slockconservaliven nach kreuzrittcrlicher Logik die schuld beladenen Väter des Anarchismus. DaS Erkenntnis;, welches kürzlich in London in dem Anarchistenproccß gefällt wurde, verdient besondere Beachtung um deswillen, weil in demselben ausgesprochen wird, daß cS sür die Bestrafung der Angeklagte» vollständig gleichgiltig sei, ob die von ihnen angesertiglen Sprengbomben zum Gebrauche sür das Ausland oder für England bestimmt seien. Bisher halte die englische Rechtsprechung angenommen, daß ein gegen das Ausland gerichtetes Verbrechen im Inland »ich! strafbar erscheine, wie ,a auch bas englische Recht daS Einschreiten wegen eines außerhalb Englands verübten Ver brechens stets ablchnt. In dieser Gleichstellung des Auslandes und Inlandes in Ansehung des Rechtsschutzes gegenüber anarchistischen Unlhale» komnit die Erkeiinlniß zum Ausdruck, daß an der Verfolgung dieser Verbreche» alle Culturstaaten da« gleiche Interesse haben, wenn sic ^ich gegen da« eigene Land oder ein anderes Land richten. Es ist als ein großer Fortschritt in der Richtung der Ausbildung einer Wclt- rcchlSpflcge anzuschen, daß die englische Rechtsprechung, welche bekanntlich »ul größter Zähigkeit an den überlieferten An schaumige» festbält, sich zu dieser RecbtSauülcgung entschlossen hat; hoffentlich wird dieselbe allgemein herrschend. Bei unseren StammcSgenoffe» in Oesterreich steht gegenwärtig das von den deutsch-böhmischen LandtagS- Abgc ordneten an daS deutsche Volk in Böhmen erlassene Manifest im Vordergrund deS ösfcnttichcn Interesse-. Der Ausruf erinnert a» die vom dcnlschcii Volke mit Rücksicht auf daS große patriotische Endziel, die die gesammte öffentliche Lage iin Reiche und Lande zersetzenden und vergiftenden nationale» Zerwürfnisse unter das Zeichen einer friedlichen Aus einandersetzung zn stellen, gebrachten Opfer, mit welchen daS Zuriickweichen der Allczechen und des Adels, daS seineSteigerung z» einem unvcrschlcicrten Vertragsbruch in dem bekannten aller Motive entkleideten nackten VcrtagungSantrag erhielt, im flagrantesten Widerspruch stehe. Der unverhohlene Unmutb, die tiefgehende Entrüstung und Erbitterung, welche da- dcutschböbmische Volk allenthalben in der letzten Zeit zum widerballcndcn Ausdruck brachte, kämpft in ^eder Zeile der Kundgebung, um jedoch zum Schlüsse Ubertont zn werden von der Eingebung Hoher politischer Einsicht, über de» er regten Augenblick hinaus die Interessen deS deutschen Volkes und des Reiches auf dem Wege einer geduldigen unb^besoniicnen Standhaftigkeit wahrzunehmcn. Der Aufruf entfernt sich von unfruchlbaren Klagen und bemüht sich, da» politische Denken des Volkes neuerlich der beharrlichen prak tische» Anstrengung zuzuführen »nd man muß sagen, daß er an dieser Stelle den Sieg der kühle» Vernunft über die an und für sich gewiß berechtigte Empörung über die an dem deutschen Volke begangene Treu losigkeit bedeutet. Die praktische Anstrengung aber soll be stehen in der Organisation der nationalen Arbeit und der Zusammenfassung der nationalen Kräfte und in dem Ein- steben sür die Fortführung deS AuögleichswerkeS, al- dessen bleibender Erfolg sich die verbriefte ofsicielle Anerkennung der Reckte des deutschen Stammes sortpflanzcn wird. Sv stellt sich den» daö Manifest dar als ei» erneutes Opfer, welches die Deutschen wiederum aus dem Altar der ReichSinteresscn »ieter- gclegt. Es ist der Ausdruck einer Selbstbeherrschung, wie sie wohl das czechiscke Volk in einem solchen Augenblicke nicht bewiesen hätte. Diele Mäßigung aber bedarf der Anerken nung »nd des Preises, denn wenn die praktischen Resultate dieser Halliing auSbleiben würde», dann inüßle nalnrgeniäß ein Augenblick kommen, wo daS deutsche Volk, in seinem Ver trauen auf die Führer erschüttert, beruhigenden Schlagworlen nickt mehr zugänglich wäre. DaS kann aber tcinc öster reichische Regierung wünschen, nicht wünschen im Interesse einer gedeihliche» Entwickelung des Reiches, und darum liegt cS an der Regierung, endlich auch durch Tbalen »nd Ent schlüsse zur Beilegung de« Streites beizutragen, in dem sich die Deutschen siel« noch als die alleinigen Hüter deS StaatS- gedankens bewährt haben. Wie aus Paris gemeldet wird, wendet sich die öffent liche Aufmerksamkeit, nachdem in Folge der Vertagung der Kammer im Innern eine gewisse politische Ruhe eingetretcn ist, der projcctirten Maifeier der Arbeiter zu. Die socialistischc» Agitatoren strengen sich ganz aiißerordentlich an, die Eisenbahnbediensteten. sowie die Droschken- und Omnibuskutscher aus ihre Seile zu bringen und zur Bctkeiliguiig an der Feier zu veranlassen, damit am l. Mai in Paris und seinen Vororten der ganze Verkehr stocken würde. Dieser Plan eatspricdt den Absichten, welche der Arbeiterkund- gebung am I . Mai zn Grunde liegen. ES besteht kein Zweifel, daß diese Knndgebungen weniger dazu diene» sollen, die Forderung betreffend die Einsübrnng des Achtstundentages zu unler- stiitzen, als sie darthun follen, welche Macht den Arbeiter- maffen innewohnt. Deshalb wollen die Arbeiter der Welt an einem Tage den Beweis liefern, daß cS in ihrer Gewalt steht, da« wirthschaftlichr Getriebe zum Stocken zu bringen.
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