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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.06.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920604025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892060402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892060402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-06
- Tag1892-06-04
- Monat1892-06
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LtrLiPedttto» M Woche, tag« „„terbrvche, »»»«t «» frtch » A« «b»»d« 7 Uhr. /Male»: Mt, «e»»'s Earti«. <Mfre» chatzn^ ^ U»i«erfität«stnch, I. Luui« L»schr, K^hardmi str. 14, pari, «ch L»»tg«pl«tz 7. Abend.Ausgabe. NMM J«sertso«kSpMF Die 6 gespaltene Petitzeile LO Pfg/ keclam«, unter demNedactto,1ftrich l«g— spalte«) üO^H, oor den Faiiiilienaachrtchte» <8-«spalte») 40ch. GrShrre Echrislru laut «»lere» Prrl-« verzeichaih. Labrllanicher und gifferolatz «ich höhere« larti- Anzeiger. Legan für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Extra-vcitagrn (ges-lrt), »,r ml» der vtorge».Aufgabe, ohne Pojtbeförderung ^ SV.—, wlt Poftbesörderuug 70. ^»nahmeschlaß fsr Inserate: Abeid-BoSgabe: Bonntttag« 10 Uhr. Marge»-Au-gabe: Siachmittag« 4Uhr. kann- und Festtag« früh S Uhr. Lei den Filialen und dlnuahmestelle» je eia» halb« Stunde früher. 8»feratr stud stet» au dt« Ex»r»itt<» I» richte«. Druck und Verlag von E. Pol» tu Lelpjlg Sonnabend dm 4. Juni 1892. 86. Jahrgang Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 5. Juni, Bormittags nur bis S Uhr geöffnet. Lxpeältlon <1«8 I-elp/.lxer 'l'axeblntte». Polittsche Tagesschau. * Leipzig, 4. Juni. Auch die „National-Zeitunz* erwähnt nunmehr die That- sache, daß .man seit längerer Aeit von verschiedenen Seiten bemüht ist, die guten persönlich en Beziehungen zwischen dem Kaiser und dem Fürsten BiSmarck wieder hcrzu- stellkll";^sie fügt dem hinzu, waS wir ebenfalls schon vor cinigen Wochen bemerkten, daß öffentliche Erörterungen kaum etwa« dazu beitragen können, diese Bemühungen zum Hiele zu führen. Wir wiederholen, daß sie eher schaden als nutzen können. Im Uebrigen verweisen wir auf unsere Berliner 2i»Eorr«svondenz, welche die umlaufenden Gerüchte in einigen Punkten richtig stellt, und bemerken noch, daß eS den Anschein gewinnt, als ob der Nachfolger de« Fürsten, GrafCaprivi, zu Denjenigen gehöre, die ein« Verbesserung jener Beziehungen wünschen. Wir haben von vornherein darauf hingrwiesen, daß gerade er und er allein cS sei, der durch Herstellung eines vertrauensvollen Berhällnisse« zu seinem Vorgänger diesen auch dem Kaiser wieder näher zu sichren vermöge. Sollte ihm die« gelingen, so würde er selbst den größten Vorthril davon haben in einer Situation, die nicht gerade benriden«werth ist und von Tag« zu Tage immer weniger b« nrideuswerth wird. Man täuscht sich schwerlich in der Annahme, daß Fürst Bismarck, wenn er noch da« Heft in den Händen hätte, in dir noch immer nicht ganz klare und in manchen Kreisen noch immer zuAgitation-zwecken au-genutzle ,Iude»flinten Affairr längst volle« Licht gebracht und dem Treiben «in Ende gemacht haben würde, da» im AuSlande da« Ansehen der deutschen Heeresverwaltung auf das Schwerste bereit« ge schädigt hat. AuS den gestern milzcthciltea Nachrichten glaubte man schließen zu können, daß endlich «ine feste Hand angegriffen hätte, um die fernere Agitation abzuschneiden und schleunigst bi« in die kleinsten Details fcststellen zu lasten was an Ahlwardt'« Behauptungen falsch und was richtig ist Nach den heutigen Meldungen ist Ahlwardt bereit« wieder fckrigrlassrn und seine Verhaftung bat mit den .Jude» flinten" nicht« zu thun gehabt. Dir letzteren und ihr Brr saffer sind nun in den Augen der fanatisirten Menge aber mal« rehabilitirt: »Held Ahlwardt" wird abrrmal« in zahl reich besuchten Volksversammlungen gefeiert und seine Frei laffunq gilt al« neuer Beweis dafür, daß »doch etwas faul sei i« Staate Dänemark". Mit der verbaftung und Enthaftung hat ja allerdings der Reichskanzler nicht« zu schaffen; wob aber steht ihm Einfluß genug zu Gebote, sowohl gefährlich« Agitationen einzndämmen, al« auch Untersuchungen über rein militairisch« Angelegenheiten zu beschleunigen und die Staats anwaltschaften auf da« im staatlichen Interesse Nöthige hin zuweisen. Vom Grafen Eaprivi kann man nicht verlangen, daß er i« Amte schon jetzt die Routine besitze, die sein Vor» zanger allmälig sich angeeianrt hatte; um so näher aber liegt ür ihn der Wunsch, Vortheil aus jener Routine durch ein vertrauliche- Verhättniß zu seinem Vorgänger zu ziehe». Wir haben bereits de« sonderbaren Auftretens dcS Brünarr Bischofs Bauer gedacht, der iüngst aus einer BisitationSreise zwei Schulen des deutschen SchulvcreinS besuchte und, weil er in diesen Schule» einige czcchische Kinder antras, deren Leistungen zu wünschen übrig ließen, charfe Ausfälle gegen den deutschen Schulvcrein richtete. Es ist richtig, daß in den Schulen dcS deutschen SchnlvercinS mit unter aucb mchldeulschc Kinder Ausnahme sinke». In den ge mischtsprachigen Gegenden, wo in den meiste» Familien Deullch und Ezechisch gesprochen wird, ist eS iür den Schulleiter nicht leicht, zu entscheiden, ob eine Familie deutsch oder czcchisch ist, und außerdem suchen manche czechische Ellern dringend um die Aufnabme ihrer Kinder in die deutsche Schule an. Weun czechische Eltern, die einsichtig genug sind, die Bedeutung der deutschen Sprache für das Forlkemmcii ihrer Kinder zu er kennen, ihre Kinder in deutsche Schulen schicke», so kann sie weder eine staatliche noch eine kirchliche Behörde daran bindern. UcbrigeuS abmen sic damit nur das Beispiel der czcchischcn Eltern des Bischofs Bauer nach, die ihr Söhulcin eine deutsche Schule besuchen ließen. Da« bat ihm sebr viel genützt, de»» ohne Keniiluiß der deutsche!« Sprache hätte er nicht Bischof werden können. Er macht sich einer Undankbarkeit und einer Uugerechligkeil schuldig, wenn er die Ausnahme czeehischer Kinder iu deutsche Schulen beklagt. Wenn ein Bisckos so ungenirt de» nationalen Eiferer spielt, so kann ma» sich vor- slcllen, von welch' blindem nationalen Fanatismus erst der niedere Klerus erfüllt ist. Dem deutschen Echulverci» wird das feindselige Auftreten deS Brünner Bisckwss kaum schaden. Vor weniaen Tage» erst, gelegentlich der Jahresversammlung, hak der Statlhaller von Nicderöstcrreich die verdienstliche Thätiakeit de- deutschen SchulvcreinS auerkauitt, der die staat liche Anerkennung schon deshalb verdient, weil er eS den in die entlegenen Gegenden der Monarchie verschlagene» Lssi eieren und Beamten ermöglicht, ihre Kinder iu der Staat- und Armresprache erziehen zu taffen. Die Feste von Nancy stehen vor der Thür, und eS ist begreiflich, daß die Pariser Blätter immer wieder ans sie zurÜcklvmiiien. Dir »RSpnbliqne Frautzaise" versichert urucr- dingS, eS würde dort kein Wort gesprochen werden, Weiche- Deutschland verletzen oder gar herausfordern könnte. Mau dürfe dir« schon der Elsaß-Lothringer wegen nicht tb»n, welche für jede unbedachte Arnßerung büße» müßte». Der »Gauloi«" erzählt in sehr erheiternder Weise, daß die viel besprochene große Tr»vpr»rev»c von dem FestcomilS in Nancy geplant ward. Der DivistonS- »ud der EorpScomman dant erklärten, sie hätte» keine» Befehl. Dann telegraphirte man nach Pari« an Herrn v. Freycinct, und dieser ant wortete: »Ich babe keine Befehle zu geben, da nian mich von uichtS verständigt hat, und da man, ohne meine College» von den Finanzen und vom Ackerbau zu befragen über die Zoll- und Waldwächtrr, welche von ihren respcc tiven Departements abhängcn, verfügt hat." DaS soll die wahre Geschichte von der angeblich beschlossenen und später abgesagten Revue sein. Inzwischen haben die czechischen Turner, wie schon kurz gemeldet, in der von ihnen ge- wöbnlen geräuschvollen Weise ihre Abreise auS Prag bewerk stelligt und sie sind bereits auf französischem Boden eilige troffen, wo nun dir weiteren Dummheiten vo» Statten gehen können. ES ist liuzweiselhaft, daß, wenn trotz aller seitens der französischen Regierungspartei getroffenen Vorkehrungen, man dem Landfrieden doch noch nicht so recht traut, sondern unliebsame Demonstrationen befürchtet, diese Eventualität in der Hauptsache auf das Conto der böhmischen Sokolisten geschrieben wird. Bon französischer Seite ist inzwischen noch etwas geschehen, um einen mögliyst friedlichen Verlauf der Festlichkeiten berl'kizusühren. Professor Lariffc, der in diesen Tageu z»m Mitglied der Akademie Fraiitzaise gewählt wurde, bat de» Vorsitz beim Sttidenteilbanket in Nancy überiiomme». Lariffe ist als ein viel zu besonnener, mit den deutschen Ver hältnissen z» genau vertrauter Mann, als daß er in Nancy eine chauvinistische Rede halten könnte. Wenn er auch dem ranzösische» Patriotismus Rechnung tragen wird, so kann man von ibin bestimmt erwarten, daß er Maß hält. — Uebcr den Empsang der czechischen Turner in Luneville wird trle- gravdisch gemeldet: Luneville, 4. Juni. Die czechischen Turner, die sich zur Thkilnnhiue an dem Turnfest» n ch Nancy begaben, sind gestern hier tingeliosse» und vo» der Vcvöttcrung lebyciit begrüßt worden. Der Präsident der „TociötL" in Nancy, Lorain, überreichte der Ab ordnung eine czechische Fahne. Bei dem vom Municipalrathe ver anstalteten Feslcssen hielt dcr Czeche Padlivnq eine Ansprache, tn der er für de» warme» Empfang dankte und hinzusügte, die Ab ordnung sei zutamniengeietzl aus Mitgliedern eine- kleinen BolkS- staiumes, dessen Aiertti aber groß sei, da er zu der großen slawische» VStkeri'amilic zähle, dem auch das große russische Neich augehvre. «eine Macht dcr Erde könne verhindern, daß Frankreich und da- Slaweiiihttin sich die tr-and reichte». Die Nede wnrde von dem N»fe „ES leb» Frankreich", „Es lebe Böhmen" begleitet. Die Verlobung des rumänischen Thronfolgers mit der Prinzessin Marie von Edinburg wird in Rumänien von allen ausrichligen Anhängern der Dynastie, welche in der Befestigung derselben die beste Bürgschaft für die Zukunft des Lander erblicke», sowie im Auslände von allen Freunden deS Königreich« mit lebhafter Genugthiumg begrüßt werten, lluzweiselbaft wird damit ein verkittender Schritt zur Festigung der innern und äußern Lage Rumäniens gethan, dcr um so driugeiider schien, je schwankender und iuizuverlässizcr daselbst die politischen Verhältnisse in den letzten Jahren Ware». Wenn auch dir Thronsolge-Fraar schon seit t88t> gemäß dem rumänischen StaalSrecht endgittig g:> ordnrt war, so war doch die den russisch-französische» Losungs worten folgende Agitation u»auSgesetzt bemüh», diese „Frage" als eine offene zu behandeln und in den Volksmassen den Glauben an die Dauerhaftigkeit der Dynastie zu erschüttern. Eine» gewissen Nährboden fanden diese Wühlereien in dem Umstande, daß sich die dauernde Niederlassung de« Krvn- pr«n'»n in Rumänien uliverbällmninäßig verzögerte. Es ge schah die» au« lxgreifluhcr Rucksichtnabme auf die König»,, die sich nur schwer in den Gedanken finden konnte, daß ihr ein dircctcr Thronerbe versagt sei. Erst am l. Mai l88ü trat Prinz Ferdinand, nach einem feierlichen Einzug in Bukarest, in seine verfassungsmäßige Stellung als Kronprinz Ihatsächlich ein und nahm seinen dauernden Wohnsitz an der Seile de« König«. Dieses Ercigniß wurde damals von der russischen Presse mit wüthrnden AuSsLllen gegen da« Königs haus »ud Rumänien begrüßt, wodurch die politische Be deutung deS vollzogenen Schrittes für die gesammte Lage im Osten wohl am besten gekennzeichnet wurde. Thalsache ist, daß man nach wie vor in Petersburg n»d MoSkan Rumänien mit scheelen Augen ansiehl und der Vermählung deS Kronprinzen von Rumänien mit der Prinzessin Marie von Edinburg, wegen der damit verbundenen Befestigung dcr Dynastie, mit nicht- weniger als wohl wollenden Gefühlen cntgegeiislehl. Denn di« künftige Königin von Rumänien ist nicht nur die Nichte deS Zaren, sondern auch die Enkelin der Königin vo» England, die Nichte dcr Kaiserin Friedrich »»d die Cousine dcS deutschen Kaisers. Sie bringt also ibrem neuen Batcrlande Fa»iilleubez>cb»»ge» mit, welche dcr Gcmeilisamkeit der Interessen Nuiliäniens mit denen der friedlich gesinnten Mächte in Europa culsprechci, und diese Interessen wesentlich mitsördern werden. Daß die Verlobung unter den Auspiciea de- deutschen Kaiserhauses stattfindet, erhöbt noch für Rumänien die politische Bedeutung dieses Ereignisses. , Deutsches Reich. ^ Berlin, 3. Juni. Die schönen Tage de« Mai haben sich diesmal sehr spät eingestellt, und auf einen ungewöhnlich kalten Frühling ist ganz unvermittelt die beiße hochsommer liche Temperatur gesvlgt. Kein Wunder, daß die Phantasie die tollste» Früchte zciligt. Der so ost bloßgestcllte Märchcii- ersiiider der .Rheinisch Wests. Ztg." weiß wieder Allerlei darüber zu erzähle», daß der Karser den dringenden Wunsch habe, sich »iit Fürst BiSmarck auSzusöbnc» und daß bereit« relegeiittlch der Reise nach Kiel oder von dort zurück eine Begegnung des Kaiser« und de« Fürsten BiSmarck unter vier Auge» stallsiiidc» werde. Ja — eS war' so schön gewesen I Doch i,t leider an der Sach« auch nicht ein wahre« Wort. Die Ersiutuiig ist augekiiüpst an die Anwesenheit des Grasen Rautza», welcher wegen der Anwesenheit der niederländische» Königinnen dienstlich, als deutscher Gesandter im Hag. nach Berlin befohlen worden war. Aber Ihatsächlich hat der Kaiser im Gespräche mit dem Schwiegersohn des Fürste» BiSmarck de« Altrcichskantlcr» nicht mit einer Silbe gedacht. So wird u»S wcuigstens an« der unmittelbarcn ttiuaebling des Kaiser« versichert vo» Leuten, welche eS wissen »lüsten. Auch der Pta», den demnächst frei werdenden Bot- chastcrposten in Petersburg dem Grasen Herbert BiSmarck anzulrage», ist weder bei Hose, noch im A»S- wärtigeu Amt auch nur angeregt worben. Der .findige" Journalist wird sich also wohl — und eS wird ihm ja so leicht! — bald wieder anderen Stoff .zur Bearbeitung" für sei» so wohlwollend gläubige« Publicum suchen müssen. — Da wir gerade dabei sind, feiste Enten zu lobte», wolle» wir noch »iittheilen, daß dcr socialdemokralische Abg Bebel, welcher angeblich in Zürich bei seinem Schwiegersohn vr. Simon sich aushallc» und von diesem wegen hoch gradiger Nervosität behandelt werden soll, frisch und gesund ist und in Berlin verweilt. Er ist sogar geistig so .klar", daß er versichert, wenn er sich einmal krank fühlen werde, wolle er sich niemals von seinem Schwieger sohn brbandelii lassen. Dessen geistige und medicinische Quali täten schätzt nämtich Herr Bebel ebenso niedrig ei», wie andere Sterbliche. Herr .Doelor Simon" hat e«, zum lebhaften Bedauern de« Herrn Bebel, uiemal« vermocht, ein deutsche« Abiturienten- und »och viel weniger «in medicinische« Staats examen abznlegen. Er ist lediglich .amerikanischer Doelor" mid „freier Arzt" — wie sie da« tyrannische Deutschland Gott Lob »och nicht anerkennt. Herr Bebel empfindet keines wegs Befriedigung Uber die Wahl seiner Tochter, welche auch mich ihrer Verdeirathuna noch „naturwisseiischaftlick^cn Studien" in Zürich obliegt. — uebrigcnS ist Bebel zur Zeit mit der Abfassung einer „Geschichte der drutiLen Social» de »iokratie" beschäftigt, welche im September im Berlage von Dictz (Stnttgart) erscheinen soll. — Dcr Abg. Kuncrt, gegen den eine große Zahl von Processen schwebt, ist bekanntlich aus der Untersuchungshaft, i» welche er nach Schluß de« Reich-tagS vom BreSlauer Gericht wegen Fluchtverdacht« genommen worden war, entlasse» worden, da die Mehrzahl der an hängig gemachte» Processe — cS sind Preßvergehen — durch die üoerlauge, zweimal vertagte Session ihm den Bortheil dcr Verjährung bringt. Doch wird noch genug .übrig bleiben", auch ist er wegen MajestätSbeleidigung «»geklagt. Ailü der Redactiv» dcS BreSlauer socialdeiiivkratischen Organ« wurde er durch die .Genossen" herauSgcbrängt. So ist er denn unter die Dichter gegangen und hat ein Bändchen „Sociale Weckrufe" verbrochen. Ob ihm da- dazu verhelft» wird, ihn bei dem „Proletariat" — diesem ist da» Büchlein /««illstsn. Verkommen «nd verloren. Trtmtaal-Novelle«« vo» Smaada Klock 7I»»dr,<k «er»»«». (Fortsetzung.) Während der Secirung ihre« Charakter« durch den Staatsanwalt hatte Mathilde Cchallrr die unerhörte Keckheit, stolz aufgerichtet ihren Platz auf der Zeugen bank zu behaupten, nur die sonst so schwärmerischen Augen erhielten einen bitterbösen Ausdruck, wenn sie da« Gesicht de« Sprecher« stressten; sie hatte wohl von so distinguirten Herren mehr Galanterie im Hinblick auf ihre Schönheit erwartet und sah sich aun von allen Seiten in der unrittrr- lichsten Weise angegriffen. Zuweilen blickte die junge Frau auffällig mit scheinbar aelangweiltrm Ausdruck auf die kleine, mit Edelsteinen besetzt« Uhr, welche sie an einer langen, um de» Hal« geschlungenen Kette trug. Ganz ander« verhielt r« sich mit dem Angeklagten. Seine bleichen Züge röthrten sich allmälig, da« Blut in den Wangen pnlstrt, heftige,. Wen« ihn di« vernichtend« Kritik de« Präsidenten beinahe faflunaSlo« gemacht, so glaubte er sich jetzt wieder der Hoff nung hingebrn »» dürfen, denn schon in der Bvrnntrrsuchung batte sich de, Staat«anwalt nicht unfreundlich gegen ihn bewiesen. Allmälig kam ihm dir Erkrnntniß, welcher Seifenblase er nachgreilt, al« er der Geliebten Alle« — Alle« geopfert, ond wa« er st» bi« jetzt niemal« gesteht» wollte — der Mann mit dem klugen, zungen Gesicht hatte r« auSgrsprochr» — str war der böse Stern seine« Leben« geworden. .Meiner Meinung nach", fuhr der Staat«anwalt fort, beging der Angeklagte dir schlechteste Tha», al« er seinem Amte, seiner Familie untreu wurde, und r« gäbe überhanvt kria« Entschuldigung dafür, wenn er gemeiner Habsacht gehandelt hätte — aber Verblendung, Leidenschaft, angestachelt durch die Hemmnisse, welch« dir Verhältnisse schufen — diese Faktoren wären im Stande gewesen, auch einen phlegmatischer angelegte» Mensch«, ans Irrwege ,» führen. Der Angeklagte» meine Herren Geschworenen, ist eben auch nur ei» Mensck, und als solcher ließ er sich von mensch lichen Empfindungen ubcrmannen. Hmükriffcn von den wilden, unseligen Trieben seine« Herzen«, that er den ersten Schritt zum Abgrund» al« er mit der herzlosen, habsüchtige» Frau entfloh, die rbeufall« den eigenen Gatten ruhig aufgeben konnte, nicht weil er sie schlecht behandelte, sondern weit sein schmaler Gehalt ihr keine Aussicht bot, jenial« eine so ver gnügte Zeit, wie die vor ihr liegende, genicben zu können. So langr Ferdinand Korn die Mittel besaß, seiner Ge liebten ein angenehme« Dasein zu bereiten, hielt sie bei ihm a»S, als aber die Noth einzog, als der Angeklagte trotz an- grstrengtrster Thäligkrit nicht mehr so viel erwerben konnte, um ihre luxuriösen Wünsche zu befriedigen, da verkaufte sie einfach den kleinenHauSralh, dcr doch sein Eigenthum war, und wollt« ihn verlassen, um bei einem sogenannten Vetter in Berlin ihr Au«saugesystcin forlzusetzen!" .Ich muß den Herrn Staatsanwalt ersuchen, doch nicht vom Thema abzuschweifen!" unterbrach ihn der Präsident, welcher schon mehrmals durch heftige Bewegungen de« Kopfe« seinen Uninuth angedeutet. .Der Herr ««aatSanwalt er wähnten ja vorhin selbst, daß eS sich hier nicht um die Zeugin Schaller, sondern um den Angeklagten Korn handelt. Ich bitte dringend, die« nicht vergessen zu wollen." .Ich werde mich weder in meinen Rechten beschranken lassen, noch darüber hiuauSgehcn", erwiderte der An- geredete mit fester Stimme, .und ich mache deshalb den Herrn Vorsitzenden daraus ausmerksam, daß eS »» den Pflichten der Staat-auwaltschaft gehört, soviel Material al- möglich zur Klärung de« fraglichen Falle« den Herrn Geschwornen, und zwar nach eigenem Ermessen, zu unterbreiten." .Und ich bitte noch einmal", sagte der Präsident, »den Begriff ,.eigene« Ermessen"" nicht über die Gebühr auS dehnen zu wolle» und Dinge hinrinzumischeu, welche lieber dem Herr« Bertheid'ger de« Angeklagten überlassen blieben. DeSbalb" — Eine kreischende Stimme hinter keinem Stuhle ließ ihn erschrocken «bbrechen und jäh emporsavrrn. — .S« werden vrrheiben, Herr Gerichtshof, wenn ich Se stere von hier hinten, aber vorn steht die hohe Potißei mit « «eladene Bajonett, wo mer nich laßt 'rein, obgleich ich doch Hab' 'ne nottzwendigr Verrichtung. Aber die felge Memme Hst gesägt: Abrahamche, hat sc gesagt, wenn Se Dir schmeißen ßu einer Thir rau«, kommst Du ßur andern wieder 'rein — sagt se. Dc-Halb Hab ich mer gemacht mnS Gebeid« rum und bin über de Hintertreppe auch gekommen ßu meinem Szweck. .Malhildchr, willst de wvl kommen nach Ha»«'?" leiste er plötzlich mit der ganzen Heftigkeit augcsammelten AergerS yoch und schrill durch den Saal — .lägt mer unten warte» vergebens und sttz'st noch immer da vorn dran, daß er sich kan» grindlich abkucken an Dir, dcr ZnchlhaiSlerl" .Kannst aleih hier durchkommen." .Na, niechrS de nich so gut sein endlich und Heren?" Der Schall einer Glocke, vom Vorsitzenden mit wütbender Schnelle in Bewegung gesetzt, verschlang beinahe die letzten Worte und Paradies sab sich deshalb gezwungen, binter dein Rücken dcr Richter aussorderndr Grimassen nach seiner, ih» starr betrachtende» Maitresse zn schneiden. Von dem durchdringenden Ton dcr Klingel herbeigelockt, erschien atheniloS rin Diener, ebenfalls durch die Thür hinter den Richtern. .Wie kommt der Mensch hier herein?" donnerte der Prä sident ihn a». .Ich brachte Acten nach Nummer neunzeb», Herr Obcr- landcSgerichtSrath, den Augenblick meiner Abwesenheit auf dem Corridor muß er benutzt haben I" Dcr Präsident winkte einem im Saale anwesende» Gen darmen. .Dieser Mann hat sofort «inen vierundzwanzigstündigen Arrest anzulrelen, führen Sie ihn ab!" .Aber worum, Herr Präsident", schrie der Klein« außer Fassung, «ich Hab' ja nur gerufen de Frau Schaller! Mein Gott m dem kurzen Moment werden Sr doch nischt ver leimen, S« kennen ja nu reden weiter so viel S« wollen. WaS machen S« au« solche Kleinigkeit sür'n Herzpoll" Der Gendarm bedeutete ihm, daß er ihm folgen müsse, aber in der Thür wandte sich Paradie« noch einmal nach dem Vorsitzenden um und rief in höchster Angst mit zitternden Lippen: .Goldenste«, trautste« Herr Präsidrntchr, erbarmen S« sich und nehmen Sr ßurick de virrundßwanzig Stunden: Ich schwer' S« ßu, ich werd' mer verketten, wer mer boten ReimatiSmu«. Setzen Sie sich mal selber rein in« Kittchen, in« saichle, graurigr — Sr werden sehen. .Südlich war »» hinan«gedrängt und sein nochmalige« Erscheinen durch irgend eine andere Thür braucht der Leser nicht mehr zu befürchten. Der Staat-anwait konnte fortfahren: .Rach Allein, wa« der Angeklagte sür die Schaller gethan, wie er sür sic gearbeitet und Noth gelitten, wie er sie Wahrend einer schweren Krankheit gepflegt und geschützt, hatte er sich ei» dauerndes Anrecht an ihr Selbst erworben." Daß Beide nicht das Band der Ehe verknüpfte, war, be sonders sür die Schaller, durchaus kein Grund, sich al- voll ständig frei anzusehen — sie blieb dem Angeklagten ver pflichtet, wir er sich ihr verpflichtet fühlte. Ihr hartnäckiger Widerwille, zu ihm zurückzukebren, nachdem er ihr eine Existenz biete» konnte, mußte wohl oder Übel seinen Zorn heraus- fordcrn und ihn inißtraiiisch machen, und wenn bei einer so deftigen Leidenschast, wie di« de« Kor» zur Schaller, Eiscisiicht i» solche», Maße angestachelt wird, so muß jeder Unbefangene ei» schlechtes Ende vorauSsehe». Dennoch, meine Herren, ist das Attentat de« Angeklagten aus seine einstige Geliebte unter keinen Umständen zu nit- schuldigcn. Denn sür ihn durfte sie überhaupt keinen Schuß Pulver mehr Werth sein! Daß er ihr dessenungeachtet aus verschmähter Liebe nach dem Leben trachte» konnte, ist nach meiner Ansicht nickt eine brutale, jämmerliche Handlung, sondern nur ei» Beweis, wie wenig er in seiner wirklich seltenen Verblendung ihren Eha- rakter erkannte. ,Lur Sache, zur Sache!" warf der Präsident unwirsch dazwischen. „Da« ist eben mein Zweck", antwortete der Staat-anwalt unbeirrt, aber scharf. .Ein Jeder wird mit mir der Dkeinnna de« Herrn Vor sitzenden bcistinimen, wenn ihm die Sicherheit de« Menschen nach derartigen Ueberfällen besonder« gefährdet erscheint; nur finde ich den Ausspruch auf den vorliegenden Fall nicht ganz passend. Der Angeklagte wollte ja nicht di« Behausung de« Paradies nach vorhergegangrner ILdtuiig alle« Lebendigen einer Plün derung unterweise», sondern nur seinem gekränkten Herzen Geuugtbuuiig verschaffen. — Der Ort der Au«flihrung war ihm gleichgittia. Leider bleibt gerade die« »in sehr erschweren der Punct sür ihn Der Zeuge Paradies wußte den Angeklagte« durch Hoh»
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